Ladanum oder Labdanum, auch (im Spätmittelalter schon fälschlich) Laudanum genannt, ist ein Harz, das im Mittelmeerraum aus verschiedenen Arten (so Cistus ladanifer, Cistus laurifolius oder Cistus creticus) von Zistrosen gewonnen wird. Im Sommer tritt unter Sonneneinwirkung das ölige Harz aus den Blättern und Zweigen, als würde die Pflanze schwitzen.

Im Alten Ägypten war Ladanum beliebt und Bestandteil der bekannten Räuchermischung Kyphi. Das Harz wurde unter anderem als Räucherwerk verwendet.

Wegen seines ambra-artigen, balsamischen Aromas wird es als Rohstoff für die Parfumindustrie verwendet. Gutes „Labdanum“ hat einen lieblichen, dezent an Honig erinnernden Duft, den man aus vielen Chypre-Parfums leicht herausriechen kann. Labdanum ist wie die meisten in der Parfumerie eingesetzten Harze zugleich ein gutes Fixativ.

Die Bezeichnung Ladanum oder Labdanum (gelegentlich auch noch Laudanum) hat ihren Ursprung im syrisch-phönizischen Sprachraum (vgl. assyrisch ladanu). Dort wurde die Pflanze als Ladan (klebriges Kraut) bezeichnet. Es wurde zur Schönheitspflege sowie als Heilmittel benutzt. Abgeleitet wurde der Name vom semitisch-griechischen Wort ládanon bzw. ledanon bzw. vom griechischen lēdon (entspricht arabisch lādan und persisch laden) und bezeichnete schon in der Antike das Harz von Cistus-Arten wie Cistus creticus und Cistus × cyprius.

In der Antike wurde vor allem das Harz der Kretischen Zistrose (Cistus creticus) verwendet. Der griechische Gelehrte Dioskurides beschrieb, wie Hirten ihre Tiere in das dichte Buschwerk trieben und anschließend die Harzklümpchen aus dem Fell (insbesondere aus dem Ziegenbart) herauskämmten.

Diese Gewinnungsmethode findet sich auch in Otto Warburgs Buch Die Pflanzenwelt, in dem er beschreibt, wie man das angenehm duftende Harz „aus den Bart- und Schenkelhaaren der Ziegen, die in den Zistrosengebüschen weideten und ihr Fell mit den Drüsensekreten beschmierten“ auskämmte. „Auch zog man Stricke durch die Zistrosenbüsche, um das klebrige Harz daran aufzufangen, was man auch jetzt noch in Kreta tut, nur dass man sich anstatt der Stricke dünner Lederriemen bedient.“

Anders als von der Antike bis in die Frühneuzeit, wird das Ladanum heute meist aus der Lack-Zistrose (Cistus ladanifer) gewonnen, weil sie bedeutend mehr Harz als andere Arten produziert. Sie kommt im westlichen Mittelmeergebiet (Südfrankreich, Spanien, Portugal, Marokko) vor. Die Ladanum-Produktion ist überwiegend in Spanien konzentriert. In Frankreich ist die C. ladanifer aber nur eine Kulturpflanze und damit nicht frei zugänglich in der Landschaft zu finden. Im Massif de l’Esterel gibt es in Privatgärten kleine Plantagen. Allerdings verströmt auch die wild wachsende Montpellier-Zistrose mit ihren kleinen Blüten – die Blätter dieser Art sind nur wenig klebrig – einen ganz ähnlichen Duft. Eine echte C. ladanifer erkennt man an den großen, weißen Blüten, die im Ansatz kleine, bräunlich-schwarze Flecken haben. Die klebrigen Blätter sind lanzettlich geformt.

Auch in der Bibel wird es erwähnt (Gen 37,25 , Gen 43,11 ).

Aus dem Harz wird durch Wasserdampfdestillation das Ladanumöl gewonnen, das auch in der Parfümerie und Seifenindustrie Verwendung findet. Die Inhaltsstoffe wie z. B. Pinen, Camphen, Myrcen, Phellandren u. a. wurden isoliert und analytisch charakterisiert.

Literatur

  • Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch. 6. Auflage. Walter de Gruyter Verlag, Berlin / New York 1986, S. 612 (Ladanum).
  • Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 145 (Ladanum: das aus den Blättern und Ästchen von Cistus creticus L. ausschwitzende Harz).
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Einzelnachweise

  1. Hieronymus Brunschwig: Dis ist das buch der Cirurgia. Hantwirckung der wundartzny. Johann Grüninger, Straßburg 1497, Blatt 239 („Laudanum: ein dick gedert safft einß krutz uber mere her“).
  2. Karl Hiller, Matthias F. Melzig et al.: Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen. In: Area Verlag (Hrsg.): 2 Bände in einem. Area Verlag, Erfstadt 2007, ISBN 978-3-89996-508-7.
  3. Eucharius Rößlin: Der Swangern frawen und hebammen roßgarten., Worms 1513; Neudruck Berlin o. J., O Iv („Laudanum: ein schwartz gumi wolriechend“).
  4. Theodor Husemann: Ladanum und Laudanum. (Schluss) In: Archiv der Pharmacie. Band 227, Heft 24, 1889, S. 1105–1132 (PDF-Online).
  5. Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. Birkhäuser, Basel/Stuttgart 1976, ISBN 3-7643-0755-2, S. 215 und 219.
  6. K. Kuchta, K. Grötzinger, C. Birkemeyer, H. W. Rauwald: Labdanum from mediterranean Cistus species: GC-MS fingerprints and relative quantification of antispirochaetal manoyloxides. In: Planta Med. Band 78, 2012, PA10; doi:10.1055/s-0032-1320325.
  7. Werner Dressendörfer: Spätmittelalterliche Arzneitaxen des Münchner Stadtarztes Sigmund Gotzkircher aus dem Grazer Codex 311. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des süddeutschen Apothekenwesens. Königshausen und Neumann, Würzburg 1978 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 15), S. 233.
  8. Petrus Uffenbach (Hrsg.): Pedacii Dioscoridis Anazarbaei Kraeuterbuch ... (ins Deutsche übersetzt von Johannes Danzius), Frankfurt am Main (bei Johann Bringern) 1610, S. 59 („Ladanum: Es ist noch ein geschlecht des Cisti, von etlichen Laden genennt, ein Staeudtlin wachsend wie der Cistus [...]. Auß diesem wirdt gemacht das Ladanum, denn wenn die Geyssen unnd Geyßboeck die blaetter dieses Cisti abweyden, so bleibt ihnen an den Baerden und harechten Fuessen die zaehe feystigkeit augenscheinlich bekleben [...].“) und 472 (Laudanum im Register).
  9. Otto Warburg: Die Pflanzenwelt. Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig, Leipzig/Wien 1921, S. 465–467.
  10. perflavory.com: Labdanum gum.
  11. L. Roth, K. Kormann: Duftpflanzen Pflanzendüfte - Ätherische Öle und Riechstoffe. ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg 1997, ISBN 3-609-65140-7.
  12. K. Thefeld: Untersuchung der etherischen Öle von Cistus ladaniferus L. (Labdanum-Öl), Tanacetum fruticulosum Ledeb. und Hedychium gardnerianum Sheppard. Dissertation, TU Berlin 1997, DNB 953221911.
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