Der Landkreis Bergreichenstein (tschech. Mestys Kašperské Hory) gehörte in Folge des Münchner Abkommens mit der erzwungenen Abtretung des Sudetenlandes von 1939 bis 1945 zum bayerischen Regierungsbezirk Niederbayern und Oberpfalz. Verwaltungssitz des Landkreises war die Stadt Bergreichenstein (tschech. Kašperské Hory).
Geschichte
Mit der Gründung der Tschechoslowakei 1918 wurde eine lokale Selbstverwaltung der ansässigen Deutschen verhindert. Das Münchner Abkommen vom 30. September 1938 wurde vom deutschen Reichskanzler Adolf Hitler, dem britischen Premierminister Neville Chamberlain, dem französischen Ministerpräsidenten Édouard Daladier und dem italienischen Diktator Benito Mussolini geschlossen. Die Tschechoslowakei und die mit ihr verbündete Sowjetunion waren zu der Konferenz nicht eingeladen. Das Abkommen bestimmte, dass die Tschechoslowakei das Sudetenland an das Deutsche Reich abtreten und binnen zehn Tagen räumen musste. Der Einmarsch der Wehrmacht begann am 1. Oktober 1938. Der Landkreis Bergreichenstein wurde aus den Gerichtsbezirken Bergreichenstein und Hartmanitz des Okres Sušice gebildet.
Im Zuge der Neuordnung der Verwaltung des annektierten Sudetenlandes wurde er am 25. März 1939 dem Regierungsbezirk Niederbayern und Oberpfalz angegliedert. Er umfasste:
- zwei Städte (Bergreichenstein, Unterreichenstein)
- einen Markt (Hartmanitz),
- 20 Gemeinden.
Bereits 1942 erklärte der britische Außenminister Anthony Eden, ein Gegner der Appeasement-Politik Chamberlains, Deutschland habe das Abkommen „mit Vorbedacht zerstört“, weshalb das Vereinigte Königreich sich an seine Versprechungen nicht mehr gebunden fühle und die Regierung Seiner Majestät sich bei der künftigen Grenzregelung freie Hand lasse. Einige Wochen später schloss die französische Exilregierung sich dem an. Auch die weiteren Alliierten stimmten dem in Folge zu.
Nach der Kapitulation Deutschlands im Mai 1945 wurde der Kreis Bergreichenstein sofort wieder der Tschechoslowakei zugeordnet und wurde auch wieder in den Okres Sušice eingegliedert. Im Rahmen der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei wurden auch die meisten deutschsprachigen Einwohner des Landkreises vertrieben.
Landräte
- 1938–1939: ?
- 1940–1941: Kurt Günther Braun
- 1941–1945: Kurt Günther Braun
Gemeinden
- Albrechtsried (unter Erweiterung um den Ortsteil Rock der Gemeinde Podmok und den Ortsteil Zalusch der Stadt Schüttenhofen aus dem Gerichtsbezirk Schüttenhofen)
- Bergreichenstein (unter Erweiterung um den Ortsteil Zosum der Gemeinde Nezditz aus dem Gerichtsbezirk Schüttenhofen)
- Duschowitz
- Filippshütten
- Großhaid
- Hartmanitz
- Innergefild
- Kochet (unter Eingemeindung von Mochau sowie Erweiterung um den Ortsteil Unterkochet der Gemeinde Petrowitz aus dem Gerichtsbezirk Schüttenhofen)
- Kumpatitz
- Kundratitz
- Langendorf (unter Erweiterung um den Ortsteil Brabschow der Stadt Schüttenhofen aus dem Gerichtsbezirk Schüttenhofen)
- Nitzau (unter Erweiterung um den Ortsteil Reckerberg der Gemeinde Stachau aus dem Gerichtsbezirk Schüttenhofen)
- Rehberg im Böhmerwalde
- Rothsaifen
- Stadln
- Stepanitz
- Stubenbach
- Swina
- Teschau (unter Zusammenschluss der Gemeinden Oberteschau und Unterteschau)
- Unterkörnsalz
- Unterreichenstein
- Watetitz
- Ziegenruck
Literatur
- Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte. 1799–1980. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7.
Siehe auch
Weblinks
- Michael Rademacher: Landkreis Bergreichen (tschech. Kasperské Hory). Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- Landkreis Bergreichenstein Verwaltungsgeschichte und die Landräte auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 23. November 2013.
Einzelnachweise
- ↑ Hans Lemberg: „München 1938“ und die langfristigen Folgen für das Verhältnis zwischen Tschechen und Deutschen. In: Jörg K. Hoensch, Hans Lemberg (Hrsg.): Begegnung und Konflikt. Schlaglichter auf das Verhältnis von Tschechen, Slowaken und Deutschen 1815–1989 (= Veröffentlichungen der Deutsch-Tschechischen und Deutsch-Slowakischen Historikerkommission 12), Klartext, Essen 2001, ISBN 3-89861-002-0, S. 103–118, hier S. 115.