Film | |
Originaltitel | Leere Netze |
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Produktionsland | Deutschland, Iran |
Originalsprache | Farsi |
Erscheinungsjahr | 2023 |
Länge | 101 Minuten |
Stab | |
Regie | Behrooz Karamizade |
Drehbuch | Behrooz Karamizade |
Produktion | Uschi Feldges, Ansgar Frerich, Eva Kemme |
Musik | Saba Alizadeh, John Gürtler, Jan Miserre |
Kamera | Ashkan Ashkani |
Schnitt | Anne Jünemann |
Besetzung | |
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Leere Netze (internationaler englischsprachiger Titel Empty Nets) ist ein Filmdrama von Behrooz Karamizade. Der Film erzählt die Liebesgeschichte eines jungen Paares im Iran. Der Film feierte Ende Juni 2023 beim Filmfest München seine Premiere und soll im Januar 2024 in die deutschen Kinos kommen.
Handlung
Der Iraner Amir ist Anfang Zwanzig, lebt in einer Stadt an der Küste des Kaspischen Meeres und stammt aus armen Verhältnissen. Als er seinen Job als Kellner verliert, muss er sein Leben als Fischer bestreiten. Der junge Mann ist in Narges verliebt und sie in ihn, sie müssen ihre Beziehung jedoch geheim halten.
Um die Oberschichtsfamilie von Narges für sich zu gewinnen und eine angemessene Mitgift zu zahlen, braucht Amir Geld, und zwar schnell, denn Narges Eltern haben eine arrangierte Ehe für sie geplant. Daher beginnt er seine Arbeit in einer örtlichen Fischerei, wo er in das gefährliche, aber lukrative Geschäft des Kaviarschmuggels verwickelt wird.
Produktion
Regie, Drehbuch und Filmförderung
Regie führte der deutsch-iranische Filmemacher Behrooz Karamizade, der auch das Drehbuch schrieb. Leere Netze ist sein Langfilmdebüt. Sein Kurzfilm Bahar im Wunderland, ein Flüchtlingsdrama, wurde beim Deutschen Menschenrechts-Filmpreis mit dem Bildungspreis ausgezeichnet. Karamizade wurde 1978 im Iran geboren, lebt aber seit 1985 in Deutschland. Nach seinem Schulabschluss war er zwei Jahre lang Assistent des Fotografen Gerhard Kley und begann nach Auslandsaufenthalten im Iran und in China ein Studium an der Kunsthochschule Kassel im Fachbereich Visuelle Kommunikation mit der Spezialisierung auf Film und Fernsehen.
Karamizade besucht regelmäßig seine Verwandten im Iran und erkannte hierbei das größte Problem, das die jungen Generationen dort haben. Man nehme ihnen die Lebensperspektive, da es selbst für gut ausgebildete junge Menschen aufgrund der Inflation, Sanktionen und gesellschaftlichen Restriktionen schwierig sei, ihre Träume zu verwirklichen. Auch würden junge Menschen schon sehr früh in die Ehe gedrängt, ohne Zeit zum Kennenlernen, weshalb der Iran eine sehr hohe Scheidungsrate habe. Über die Mitgift sagt Karamizade, diese sei zur Zeit ihrer Einführung keine schlechte Sache gewesen, da sie eine finanzielle Absicherung für Frauen im Falle einer Eheauflösung bedeutete. Leider habe sich daraus mit der Zeit etwas anderes entwickelt, da es nur noch ums Geld gehe. In seinem Film sei die Liebe zwischen Amir und Narges anfänglich rein und aufrichtig, doch sobald Geld zum Thema wird, entfernten sie sich immer weiter voneinander. Letztlich zerstöre das Geld die Liebe und die Beziehung der beiden.
Der Regisseur wollte die Dinge in seinem Film nicht schwarz-weiß zeigen, sondern in vielen Grautönen. Es sollte ein Film über Menschen sein, die sich so gefangen fühlen wie Fische in einem Netz, da Fische wie junge Menschen seien, die versuchen, sich zu befreien.
Der Film erhielt Produktionsförderungen von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien in Höhe von 400.000 Euro, vom Deutschen Filmförderfonds in Höhe von rund 125.000 Euro, vom Kuratorium junger deutscher Film in Höhe von 50.000 Euro und von HessenFilm und Medien in Höhe von 350.000 Euro. Von HessenFilm und Medien erhielt der Film zudem 40.000 Euro Verleihförderung.
Besetzung, Dreharbeiten und Filmschnitt
Hamid Reza Abbasi und Sadaf Asgari spielen in den Hauptrollen Amir und Narges. Die im Iran erfolgreiche Nachwuchsschauspielerin Asgari war bereits in den Filmen Ta farda von Ali Asgari und Yalda, a Night for Forgiveness von Massoud Bakhshi in Hauptrollen zu sehen. Für Abbasi handelt es sich um die erste Filmrolle. Dies war Karamizade wichtig, da er die Rolle mit jemandem besetzen wollte, der unberührt wirkt und eine gewisse Unschuld und Naivität ausstrahlt. Keyvan Mohamadi spielt Omid, einen jungen Intellektuellen, mit dem sich Amir in der Fischerei eine Baracke teilt und ein guter Freund wird. Pantea Panahiha spielt Amirs Mutter. Ali Bagheri, ein bekannter Schauspieler im Iran, spielt Rahim, der die Arbeitskräfte für die Fischerei rekrutiert. Mojtaba Bahmani ist in der Rolle von Masoud zu sehen.
Der Film wurde in Farsi gedreht. Die Dreharbeiten fanden zwischen Oktober und Dezember 2021 im Iran statt, in den am Kaspischen Meere gelegenen Städten Rascht und Bandar Anzali im Norden des Landes. Einige Szenen entstanden in einer echten Fischereianlage, andere Szenen, die auf dem Wasser spielen, in einem Schwimmbad und in einem Studio, weil das Meer dort sehr rau ist. Als Kameramann fungierte der Iraner Ashkan Ashkani, der zuletzt für Mohammad Rasulofs Filmdrama Doch das Böse gibt es nicht tätig war.
Filmeditorin Anne Jünemann arbeitete zuletzt für die Politsatire Curveball von Johannes Naber und Byambasuren Davaas Filmdrama Die Adern der Welt.
Filmmusik und Veröffentlichung
Die Filmmusik komponierten der deutsche Jazzmusiker Jan Miserre, der Saxophonist und Filmkomponist John Gürtler, mit dem Miserre häufig zusammenarbeitete, unter anderem auch für Die Adern der Welt, und der im Iran geborene Musiker Saba Alizadeh, der Sohn des iranischen Komponisten und Radif-Bewahrers Hossein Alizadeh.
Die Premiere des Films erfolgte am 25. Juni 2023 beim Filmfest München, wo er in der Sektion Neues Deutsches Kino gezeigt wurde. Ab Anfang Juli 2023 erfolgten Vorstellungen beim Internationalen Filmfestival Karlovy Vary, wo der Film im Wettbewerb um den Kristallglobus konkurrierte. Im August 2023 wird Leere Netze beim Locarno Film Festival gezeigt. Ende August 2023 wird er beim Fünf Seen Filmfestival gezeigt. Im September 2023 wird er bei der Filmkunstmesse Leipzig gezeigt. Anfang Oktober 2023 wird er beim Zurich Film Festival gezeigt. Der Kinostart in Deutschland ist am 18. Januar 2024 geplant.
Rezeption
Kritiken
Guy Lodge von Variety schreibt, Behrooz Karamizade gehe in seinem Drehbuch nicht so vertrackt mit politischen Einzelheiten um, wie es in Arbeiten seiner Landsleute wie bei Mohammad Rasulofs Doch das Böse gibt es nicht der Fall ist. Er kontrastiere Archetypen, wenn er korrupte Ungeheuer und tugendhafte Opfer einander gegenüberstellt, wodurch der Film etwas Fabelartiges habe. Weiter bemerkt Lodge, Kameramann Ashkan Ashkani tauche die Bilder in nur wenig, kaltes Licht, lediglich die Kopftücher von Narges in ihren leuchtenden Weinrot- und Kurkumatönen wirkten warm.
Elena Lazic vom Online-Filmmagazin Cineuropa schreibt, man könne Leere Netze als eine Tragödie beschreiben, in der Amir auf der Suche nach Geld für Narges‘ Mitgift immer mehr seiner moralischen Prinzipien aufgibt, während sie sich zunehmend Sorgen über sein verändertes Verhalten macht. Das Wort „Tragödie“ jedoch impliziere ein gewisses Maß an Übertreibung, während diese Geschichte allzu plausibel wirke, da es nur wenige Schritte vom Alltag des verliebten, jungen Mannes hin zu einem gefährlichen Kriminellendasein seien.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung zeichnete den Film mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ aus. In der Begründung heißt es, auch wenn der Fokus auf Amir liege und die Charakterisierung von Narges etwas zu kurz komme, werde damit womöglich zum Ausdruck gebracht, wie sich eine toxische Männlichkeit aus einem Regime heraus entwickelt, das die Wünsche von Frauen in keiner Weise respektiert. Wie gekonnt und zugleich einfach erzählt und das Verhältnis der beiden Liebenden in Bilder gefasst wird, beweise der Anfang des Films, der im Grunde auf geniale Weise den Inhalt von Leere Netze fast schon vorwegnehme.
Auszeichnungen
- Auszeichnung für das Beste Drehbuch (Behrooz Karamizade)
Filmfest München 2023
- Auszeichnung mit dem Förderpreis Neues Deutsches Kino – Produktion (Uschi Feldges)
- Nominierung für den Förderpreis Neues Deutsches Kino – Regie (Behrooz Karamizade)
- Nominierung für den Förderpreis Neues Deutsches Kino – Drehbuch (Behrooz Karamizade)
- Nominierung für den Förderpreis Neues Deutsches Kino – Schauspielerische Leistung (Keyvan Mohamadi)
- Nominierung für den Förderpreis Neues Deutsches Kino – Schauspielerische Leistung (Hamid Reza Abbasi)
Hessischer Filmpreis 2023
- Nominierung als Bester Spielfilm
Internationales Filmfestival Karlovy Vary 2023
- Auszeichnung mit dem Sonderpreis der Jury im Wettbewerb um den Kristallglobus
Zurich Film Festival 2023
- Nominierung im Fokus Wettbewerb
Weblinks
- Leere Netze in der Internet Movie Database (englisch)
- Leere Netze bei crew united
Einzelnachweise
- 1 2 3 Empty Nets / Toorhaye khali. In: kviff.com. Abgerufen am 5. Juli 2023.
- ↑ Behrooz Karamizade bei crew united, abgerufen am 7. Juli 2023.
- 1 2 3 4 5 6 7 Marina D. Richter: Interview With Behrooz Karamizade: I Burned to Make a Movie About People Who Feel As Trapped As Fish Caught in Net. In: asianmoviepulse.com, 5. Juli 2023.
- ↑ Ilse Romahn: Hessische Filmförderung für 23 Film- und Serienprojekte. In: frankfurt-live.com, 5. Oktober 2020.
- ↑ https://www.kuratorium-junger-film.de/presse
- ↑ https://wissenschaft.hessen.de/presse/mehr-als-drei-millionen-euro-foerderung-fuer-filme-serien-und-wanderkinos
- 1 2 Teresa Vena: Behrooz Karamizade's love story 'Empty Nets' is in post-production. In: cineuropa.org, 13. April 2023.
- ↑ Leere Netze bei crew united, abgerufen am 7. Juli 2023.
- ↑ Leere Netze. In: filmfest-muenchen.de. Abgerufen am 5. Juli 2023.
- ↑ Leere Netze / Empty Nets. In: locarnofestival.ch. Abgerufen am 6. Juli 2023.
- ↑ Jochen Müller: Fünf Seen Filmfestival legt Schwerpunkt auf den Iran. In: Blickpunkt:Film, 10. August 2023.
- ↑ Filme auf der 23. Filmkunstmesse Leipzig 2023. In: filmkunstmesse.de. Abgerufen am 3. August 2023. (PDF; 545 KB)
- ↑ Leere Netze. In: zff.com. Abgerufen am 14. September 2023.
- ↑ http://www.insidekino.com/DStarts/DStartplan.htm
- ↑ Guy Lodge: 'Empty Nets' Review: An Involving Iranian Drama About Diving Deep to Climb the Class Ladder. In: Variety, 6. Juli 2023.
- ↑ Elena Lazic: Review: 'Empty Nets' In: cineuropa.org, 4. Juli 2023
- ↑ https://www.fbw-filmbewertung.com/film/leere_netze
- ↑ Deutscher Drehbuchpreis 2021: Goldene Lola für „Leere Netze“. In: bundesregierung.de, 14. Juni 2021.
- ↑ Förderpreis Neues Deutsches Kino 2023: Die Nominierungen stehen fest. In: bavaria-film.de, 12. Juni 2023.
- ↑ Leere Netze. In: hessen.de. Abgerufen am 6. Oktober 2023.
- ↑ Andreas Wiseman: Karlovy Vary Reveals Award Winners: 'Blaga’s Lessons' Takes Key Prizes. In: deadline.com, 8. Juli 2023.
- ↑ https://zff.com/de/filme/leere-netze