Die lexikalische Semantik (auch Wortsemantik und Lexikalik genannt) ist ein Teilbereich der Linguistik. Sie beschäftigt sich mit der Bedeutung der einzelnen lexikalischen Elemente (Wörter, Morpheme, Lexeme).

Anwendungsbereiche

Sie behandelt unter anderem:

Geschichte

Viele Theorien der lexikalischen Semantik machen Gebrauch von lexikalischer Dekomposition, welche ihren historischen Ursprung teils in der französischen Linguistik (Algirdas Julien Greimas, Bernard Pottier), teils in der generativen Semantik hat. Wortbedeutungen werden demnach aus einer Anordnung primitiver Bedeutungsbausteine (semantische Merkmale, Seme) abgeleitet. So ist beispielsweise die lexikalische Struktur des Verbs töten komplexer als die des Verbs lesen, weil töten als kausatives Verb aus den Konstanten CAUSE(x) und BECOME(DEAD(y)), lesen hingegen lediglich aus einer Aktivitäts-Konstante DO(x,y) besteht. Die Variablen x und y repräsentieren also die Argumente des Verbs. In neueren Ansätzen sind Dekompositionsstrukturen auch syntaktisch reflektiert, womit sich das kombinatorische Verhalten lexikalischer Einheiten systematisch aus dem Zusammenspiel syntaktischer und lexikalischer Prinzipien ergibt.

Relation zu Sätzen

Unter der Voraussetzung, dass Bedeutungen von Wörtern erfasst sind, wird die Frage gestellt, wie sich die Bedeutung eines Wortes zur Bedeutung des Satzes verhält (Stichwort: Frege’sches Kompositionalitätsprinzip). Dazu werden die kombinatorischen Eigenschaften lexikalischer Einheiten untersucht, die diese befähigen, sich zu komplexeren Einheiten – wie Komposita, Phrasen oder Sätzen – zu formieren. Ein wesentlicher Bestandteil einer aussagefähigen Theorie der lexikalischen Semantik muss daher die Abbildung lexikalisch-semantischer auf syntaktische Strukturen – das sogenannte Linking – sein. Es stehen also Syntax und lexikalische Semantik in einem Wettbewerb, welches der beiden Systeme bestimmte Komplexe produziert bzw. generiert. So ist zum Beispiel ungeklärt, ob komplexe Verben des Typs anlehnen als ein Produkt syntaktischer Strukturbildung (dafür spricht beispielsweise die Abtrennbarkeit der Partikel) oder aber der lexikalischen Strukturbildung (dafür spricht der Wortstatus solcher Partikelverben) anzusehen sind. Einen ähnlichen Schnittstellenstatus nimmt die lexikalische Semantik hinsichtlich des morphologischen Moduls der Grammatik ein. Hier stellt sich die Frage, ob sich morphologische Operationen prinzipiell als Mechanismen des Systems der Grammatik auffassen lassen – damit würden morphologische und lexikalisch-semantische Operationen zusammenfallen – oder ob zwischen beiden Typen grammatischer Strukturbildung strikt zu unterscheiden ist.

Siehe auch

Literatur

  • Manfred Bierwisch: On the nature of semantic form in natural language. In: F. Klix, H. Hagendorf (Hrsg.) Human Memory and Cognitive Capacities – Mechanisms and Performances. Elsevier, Amsterdam, S. 765–784.
  • A. Blank: Einführung in die lexikalische Semantik. Tübingen, 2001.
  • A. Blank: Prinzipien des lexikalischen Bedeutungswandels am Beispiel der romanischen Sprachen. Niemeyer, Tübingen 1997.
  • D. A. Cruse: Lexical Semantics. Cambridge University Press, New York 1986.
  • J. Pustejovsky, B. Boguraev (Hrsg.): Lexical semantics: the problem of polysemy. Clarendon Press, Oxford 1996.
  • M. Rappaport-Hovav, B. Levin: Building verb meanings. In: M. Butt, W. Geuder (Hrsg.) The projection of arguments. CSLI Publications, Stanford.
  • Dieter Wunderlich: CAUSE and the structure of verbs. In: Linguistic Inquiry. 28-1, S. 27–68.
  • W. Müller: Zur Praxis der Bedeutungserklärung (BE) in (einsprachigen) deutschen Wörterbüchern und die semantische Umkehrprobe. In: Herbert Ernst Wiegand (Hrsg.): Germanistische Linguistik- 3–6/84, S. 359–461 (Darlegung der semantischen Umkehrprobe S. 437–447).

Einzelnachweise

  1. Meibauer, Einführung in die germanistische Linguistik, 2. Aufl. (2007), S. 168.
  2. Eine etwas andere Definition geben Schwarz/Chur, Semantik, 5. Aufl. (2007), ISBN 978-3-8233-6296-8, S. 17: „Die lexikalische Semantik (…) beschäftigt sich mit den wörtlichen, kontextunabhängigen Bedeutungen von Wörtern, d. h. mit den im mentalen Lexikon gespeicherten Bedeutungen.“
  3. Bernard Pottier: Die semantische Definition in den Wörterbüchern. In: Horst Geckeler (Hrsg.): Strukturelle Bedeutungslehre. Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1978, S. 402–411 ISBN 3-534-06471-2.
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