Lexikon (Mehrzahl: Lexika oder Lexiken; ältere Schreibweise: Lexicon; von altgriechisch λεξικόν „Wörterbuch“, zu λέξις für „Wort“ als einzelner Bestandteil der Rede) ist allgemein die Bezeichnung für ein Nachschlagewerk oder Wörterbuch (gedrucktes Buch, das eine alphabetische Wortliste und die zugehörigen Bedeutungen enthält) im weiteren Sinn. Daneben wurde es vereinzelt als Synonym für ein Sprachwörterbuch verwendet. Im modernen Sprachgebrauch bezeichnet es zumeist ein Nachschlagewerk mit Sachinformationen (Konversationslexikon; Realwörterbuch, Reallexikon, Sachlexikon, Sachwörterbuch), wobei je nach Umfang noch zwischen Lexikon im engeren Sinn und Enzyklopädie oder Biografien-Sammelwerk (Who’s Who) unterschieden wird.

Umgangssprachlich und in der Werbung ist der Sprachgebrauch unscharf. Mitunter wird lexikografisch eine begriffliche Unterscheidung von Wörterbuch (sprachliche Information) und Lexikon (Sachinformation) gemacht. Dabei kommt es zwischen den Typen der Nachschlagewerke zu Überlappungen, z. B. bei der Etymologie der Stichwörter (wie im vorliegenden Artikel).

Lexika lagen historisch naturgemäß meist in Buchform vor. Mittlerweile verstehen sich auch zahlreiche Websites als ebensolche. Insbesondere hat sich die Wikimedia dem freien Wissen und damit auch der Erstellung von Online-Lexika verschrieben, wobei Wikipedia als Enzyklopädie und Wiktionary als Wörterbuch zu verstehen sind.

Wortgeschichte

In der Antike ist das griechische Wort für Wörterbuch λἐξεις lexeis. Es ist abgeleitet von λἐξις lexis, das Wort. Die Form wird erstmals von Photios I. († 891) auf ein Werk des 5. Jahrhunderts angewendet. In der handschriftlichen Überlieferung werden auch die Wörterbücher des Photios und die Suda mit diesem Begriff bezeichnet. In Spätantike und Mittelalter wird Lexicon für verschiedene Wörterbücher in griechischer Sprache verwendet. Dagegen wird diese Bezeichnung im lateinischen Sprachraum weder in der Antike noch im gesamten Hoch- und Spätmittelalter benutzt.

Die frühmittelalterliche griechische Bezeichnung wurde – ähnlich wie die Bezeichnung Enzyklopädie – am Ende des Mittelalters um 1480 in Italien von den Humanisten erneut eingeführt und zunächst nur auf gelehrte griechische Werke angewendet. Die erste Benennung eines deutschsprachigen Nachschlagewerkes als „Lexikon“ erfolgte erst 1660 durch Gotthilf Treuers Poetisch Lexicon und Wörter-Buch.

Das erste Wörterbuch der beginnenden frühen Neuzeit mit dieser Bezeichnung ist das zweisprachige griechisch-lateinische Wörterbuch des Johannes Crastonus, das in der Ausgabe von 1483 den Titel Lexicon Graeco-latinum trägt, wogegen frühere Ausgaben noch als Dictionarium benannt werden. Die Synonymie von Lexikon und Dictionarium beziehungsweise Wörterbuch bezeugen das Lexicon sive dictionarium utriusque iuris von Alberich von Rosate (Pavia 1498), das oben genannte Lexikon von Gotthilf Treuer (Frankfurt an der Oder 1660) und das Vollständige Deutsche Wörter-Buch vel Lexicon germanico-latinum von Christoph Ernst Steinbach (Breslau 1734).

Die seit Beginn des 18. Jahrhunderts in Deutschland entstehenden Realwörterbücher tragen durchweg den Titel Lexicon. Durch den Siegeszug des Konversationslexikons seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts hat sich die Verwendung im Sinne von Sachwörterbuch weiterhin verstärkt. Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts wurde eine einheitliche Verwendung nicht erreicht. Neben den „Konversationslexika“ wurden im 18. Jahrhundert auch „Historische Lexika“ populär. So erschien von dem ersten Werk dieser Art Le grand Dictionaire historique (Louis Moréri, Paris 1674) 1725 bereits die 14. Auflage.

Die latinisierte Schreibweise Lexicon dominiert vom 15. bis ins 18. Jahrhundert. Mit k geschriebenes Lexikon ist im 16. Jahrhundert nur einmal für eine Ausgabe des griechischen Wörterbuchs des Hesychios von Alexandria von 1530 belegt; 1657 folgt das Griechisch-Deutsch Lexikon von Jeremias Felbinger. Im 19. Jahrhundert setzt sich die Schreibweise Lexikon immer mehr durch und gilt heute ausschließlich.

Artikel, Eintrag, Stichwort

Der inhaltliche Hauptteil eines Lexikons in Buchform ist in Artikel oder Einträge gegliedert. In Online-Nachschlagewerken finden sich separate Webseiten eines Wörterbuchprojekts statt der Einträge und deren Reihung auf Buchspalten/-seiten und über sie hinweg. Bei einem bloßen Wörterbuch oder wenn das thematische Stichwort nur „stichwortartig“, kaum in ganzen Sätzen erläutert wird, ist eher von „Einträgen“ die Rede, während bei einer Enzyklopädie (die manchen Stichwörtern mehrere Buchseiten widmet) eher „Artikel“ angemessen ist (vgl. Artikel als journalistische Darstellungsform). So stehen auf

  • jeder Seite der deutschsprachigen Internet-Enzyklopädie Wikipedia (im so genannten „Artikelsnamensraum“) unter „Mitmachen“ die Punkte „Artikel verbessern“ und „Neuen Artikel anlegen“,
  • während auf jeder Seite des deutschsprachigen Schwesterprojekts Wiktionary unter „Mitmachen“ der Punkt „Eintrag erstellen“ zu finden ist.

In den Wikipedia-Richtlinien geht es darum, wie gute Artikel aussehen, demgegenüber bieten interne Wiktionary-Seiten Hilfe zum Thema „Allgemeines zu Einträgen“ an.

Die Themen werden in gedruckten Lexika nicht über ein alphabetisches Register (auch „Index“ auf den letzten Seiten eines Buchbands) und Seitenzahlen aufgefunden, sondern sind selbst nach ihren Stichwörtern alphabetisch sortiert angeordnet. (Die Sortierungsweise hat in der Mathematik zum Begriff der lexikographischen Ordnung geführt.) Ein Stichwort wird aus seinen Flexionsvarianten in einer bestimmten Grundform, dem Lemma (auch Zitierform) gewählt, dies wird Lemmatisierung genannt. Soll ein Wortschatz erschlossen werden, geht die Lemmaselektion voraus (siehe auch Lexikografie, vgl. Lexikologie).

Das Stichwort steht (im Druck) am Anfang des Eintrags oder Artikels in einer aktiven Schriftauszeichnung, typischerweise halbfett oder fett, damit es aus dem Text des Eintrags oder Artikels „hervorsticht“ und beim Durchblättern („Nachschlagen“) des Bands (Teilbands) schnell gefunden wird. Diese Funktion von Stichwörtern fehlt in Online-Enzyklopädien, wo Stichwörter wie Überschriften gesetzt sind und gesuchte Informationen immer wieder erst über projektintern programmierte Suchfunktionen oder Internet-Suchmaschinen zu finden sind, die in ihrer Effizienz stark variieren.

Siehe auch

Literatur

  • Ulrike Haß (Hrsg.): Große Lexika und Wörterbücher Europas. Europäische Enzyklopädien und Wörterbücher in historischen Porträts. De Gruyter, Berlin/Boston 2012, ISBN 978-3-11-019363-3.
  • Hans-Albrecht Koch (Hrsg.): Ältere Konversationslexika und Fachenzyklopädien. Beiträge zur Geschichte von Wissensüberlieferung und Mentalitätsbildung. (= Beiträge zur Text-, Überlieferungs- und Bildungsgeschichte. Band 1). Peter Lang GmbH, Frankfurt am Main u. a. 2013, ISBN 978-3-631-62341-1.
  • Bernhard Kossmann: Deutsche Universallexika des 18. Jahrhunderts. Ihr Wesen und ihr Informationswert, dargestellt am Beispiel der Werke von Jablonski und Zedler. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel – Frankfurter Ausgabe. Nr. 89, 5. November 1968 (= Archiv für Geschichte des Buchwesens. Band 62), S. 2947–2968.
  • Werner Lenz: Kleine Geschichte großer Lexika. Bertelsmann-Lexikon-Verlag, Gütersloh u. a. 1972, ISBN 3-570-03158-6.
  • George A. Miller: Wörter. Streifzüge durch die Psycholinguistik. Herausgegeben und aus dem Amerikanischen übersetzt von Joachim Grabowski und Christiane Fellbaum. Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1993; Lizenzausgabe: Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1995; 2. Auflage ebenda 1996, ISBN 3-86150-115-5, S. 46–53.
  • Paul Raabe: Gelehrte Nachschlagewerke im 18. Jahrhundert in Deutschland. In: Bernhard Fabian u. a. (Hrsg.): Gelehrte Bücher vom Humanismus bis zur Gegenwart (= Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens. Band 9). Harrassowitz, Wiesbaden 1983, ISBN 3-447-02421-6, S. 97–117.
  • Willy Steputat: Reimlexikon. Reclam, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-15-018622-0.
  • Herbert Ernst Wiegand: Was eigentlich ist Fachlexikographie? Mit Hinweisen zum Verhältnis von sprachlichem und enzyklopädischem Wissen. In: Horst Haider Munske u. a. (Hrsg.): Deutscher Wortschatz. De Gruyter, Berlin 1988, ISBN 3-11-010892-5, S. 729–790.
  • Herbert Ernst Wiegand: Wörterbuch zur Lexikographie und Wörterbuchforschung. De Gruyter, Berlin/New York seit 2010, DNB 100176000X
  • Gert A. Zischka: Index lexicorum. Bibliographie der lexikalischen Nachschlagewerke. Hollinek, Wien 1959. (Neudruck, Hollinek, Wien 1980, ISBN 3-851-19165-X).
Wikiquote: Lexikon – Zitate
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Historische Lexika digitalisiert

Wortbedeutungen und Etymologie

Einzelnachweise

  1. Duden: Die deutsche Rechtschreibung. Dudenverlag 2000, 22. Auflage.
  2. Thomas Herbst, Michael Klotz: Lexikografie. Schöningh, 2003, S. 21.
  3. Bernhard Kossmann: Deutsche Universallexika des 18. Jahrhunderts. Ihr Wesen und ihr Informationswert, dargestellt am Beispiel der Werke von Jablonski und Zedler. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel – Frankfurter Ausgabe. Nr. 89, 5. November 1968 (= Archiv für Geschichte des Buchwesens. Band 62), S. 2947–2968, hier: S. 2949 f.
  4. Lexikon. In: Lexikonredaktion des Bibliographischen Instituts (Hrsg.): Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden. Band 13: Lat–Mand. Mannheim/Wien/Zürich 1983, ISBN 3-411-02113-6, S. 118.
  5. Lemma. In: Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden. Band 13: Lat – Mand. Mannheim/Wien/Zürich 1983, S. 80: „Stichwort in einem Nachschlagewerk (Lexikon, Wörterbuch).“
  6. Hans Peter Willberg, Friedrich Forssman: Erste Hilfe in Typografie. Ratgeber für Gestaltung mit Schrift. 7. Auflage. Verlag Hermann Schmidt, Mainz 2013, ISBN 978-3-87439-474-1, S. 52: „Die klassische aktive Auszeichnung ist die Halbfette oder Fette. Sie signalisiert dem Leser, worum es geht, bevor er den Absatz oder gar die Seite liest.“
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