Libuše Šafránková [li'buʃə ʃa'fraːnkɔvaː] (* 7. Juni 1953 in Brno, Tschechoslowakei; † 9. Juni 2021 in Prag, verheiratete Abrhámová) war eine tschechische Schauspielerin. Ihren internationalen Durchbruch hatte sie 1973 mit der Titelrolle in dem Märchenfilm Drei Haselnüsse für Aschenbrödel. 1996 spielte sie die Sängerin Klara im tschechischen Filmdrama Kolya, das 1997 als bester fremdsprachiger Film mit einem Oscar ausgezeichnet wurde.
Karriere
Libuše Šafránková, die in Šlapanice bei Brno aufwuchs, machte 1971 an der dramaturgischen Abteilung des Konservatoriums Brünn ihren Abschluss.
In der Spielzeit 1970/71 hatte sie ihr erstes Engagement am Nationaltheater Brno, wo sie bereits als Kind Gastrollen hatte. Im Jahr darauf arbeitete sie unter Otomar Krejča am Theater Za Branou, das 1972 auf staatlichen Druck geschlossen wurde. 1972 trat sie in den Prager Schauspielclub ein, dem sie bis 1990 erhalten blieb. Ihre erste Filmrolle übernahm sie in der Literaturverfilmung Babička (Die Großmutter) nach dem gleichnamigen Roman von Božena Němcová als Barunka unter der Regie von Antonín Moskalyk. Er war so angetan von der jungen Schauspielerin, dass er sich zwei Jahre später an sie erinnerte, als er wieder ein Märchen von Němcová realisieren sollte. Die Verfilmung Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (1973) des Regisseurs Václav Vorlíček wurde so populär, dass sie noch heute in Deutschland und Tschechien zum weihnachtlichen Fernseh-Standardprogramm gehört. Die Titelrolle des Aschenbrödels machte Libuše Šafránková zu einer der bekanntesten Schauspielerinnen in Tschechien. Sie wirkte danach in mehr als 80 Film- und Fernsehproduktionen mit.
1975 erfolgte eine weitere Zusammenarbeit mit Vorlíček für die Märchenkomödie Wie soll man Dr. Mráček ertränken? oder Das Ende der Wassermänner in Böhmen, in der sie die Hauptrolle des Wässerchen Jana Vodičková spielte. Im selben Jahr hatte sie in der internationalen Produktion Der Tag, der die Welt veränderte mit Christopher Plummer und Maximilian Schell eine Nebenrolle. In den späten 1970er Jahren schien sie nach ihrer Rolle als Aschenbrödel festgelegt auf Märchenfilme, unter anderem an der Seite ihrer Schwester Miroslava als irdische Prinzessin in der Andersen-Verfilmung Die kleine Meerjungfrau (1976) und neben Juraj Ďurdiak in der Titelrolle von Václav Vorlíčeks Prinz und Abendstern (1978). Mit Pavel Trávníček, ihrem Mitspieler aus Drei Haselnüsse für Aschenbrödel, spielte sie 1982 in Der dritte Prinz, einer Verfilmung eines Märchens von Karel Jaromír Erben. Sie übernahm die Doppelrolle der Prinzessin Milena und der Prinzessin vom Diamantberg. 1983 war sie in Martin Hollýs tschechoslowakisch-deutscher Co-Produktion Der Salzprinz als junge Prinzessin Maruška in einer Märchenverfilmung nach Němcovás Salz ist wertvoller als Gold zu sehen. Ihre letzte Märchenfilmrolle hatte Šafránková 1993 als Verkörperung des Glücks in Wettstreit im Schloß. Mit zunehmendem Alter erhielt sie auch Charakterrollen, beispielsweise als Sängerin Klara in dem tschechischen Filmdrama Kolya (1996), das als bester fremdsprachiger Film mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Für ihre Darstellung erhielt sie den Böhmischen Löwen als beste Hauptdarstellerin. 1999 stand sie in der Rolle der Irma für den Film Alle meine Nächsten an der Seite ihres Ehemanns Josef Abrhám vor der Kamera.
1992 bis 1994 war sie am Nationaltheater Prag in Solorollen zu sehen, kehrte dann in den Schauspielclub zurück, den sie aber nach Meinungsverschiedenheiten endgültig verließ.
Ab den 2000er Jahren stand sie vor allem für das tschechische Fernsehen vor der Kamera; aus gesundheitlichen Gründen zog sie sich jedoch nach und nach von der Tätigkeit als Schauspielerin zurück.
Synchronisiert wurde Šafránková von verschiedenen Sprecherinnen, darunter Dorothea Meißner, Uschi Wolff, Ellen Hellwig, Madeleine Stolze, Elke Wieditz, Marina Erdmann, Roswitha Marks und Simone von Zglinicki.
Privates
Ihre Eltern waren der Musiker Miroslav Šafránek (1927–1984) und Libuše Šafránková (1932–2008). Ihre jüngere Schwester Miroslava Šafránková (* 1958) ist ebenfalls Schauspielerin. Zusammen spielten sie in Die kleine Meerjungfrau. 1976 heiratete Libuše Šafránková den Schauspieler Josef Abrhám (1939–2022). Neben dem gemeinsamen Sohn (* 1977) hatten sie noch vier Enkel. Das Ehepaar zog sich Mitte der 1990er Jahre von der Theaterbühne zurück.
Als sie sich im November 2015 bei der Verleihung der Verdienstmedaille von ihrer Schwester Miroslava vertreten ließ, wurde bekannt, dass Libuše Šafránková an Lungenkrebs erkrankt war. In einem Interview mit der tschechischen Tageszeitung Blesk äußerte sie sich im Juli 2016 erstmals nach ihrer Operation, bei der ein Fünftel ihrer Lunge entfernt werden musste. Sie freue sich wieder auf die Arbeit vor der Kamera. Am Morgen des 9. Juni 2021 starb Šafránková, zwei Tage nach ihrem 68. Geburtstag, an den Folgen ihrer Krebserkrankung in einem Prager Krankenhaus, nachdem sie sich noch am Vorabend einem operativen Eingriff unterzogen hatte. Ihre letzten Jahre verbrachte sie in Šlapanice, wo sie auch aufgewachsen war. Dort wurde sie auf dem Friedhof im Familiengrab beigesetzt.
Filmografie (Auswahl)
- 1971: Die Großmutter (Babička, TV)
- 1972: Rodeo
- 1973: Bakaláři – První pohled (TV)
- 1973: Die Kirmes ist da (Přijela k nám pouť)
- 1973: Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (Tři oříšky pro Popelku)
- 1974: Wie soll man Dr. Mráček ertränken? oder Das Ende der Wassermänner in Böhmen (Jak utopit doktora Mráčka)
- 1975: Der Tag, der die Welt veränderte (Sarajevski atentat)
- 1975: Mein Bruder hat einen prima Bruder (Můj brácha má prima bráchu)
- 1975: Die Abenteuer des Grafen Benovsky (Vivat Benovsky)
- 1976: Die kleine Meerjungfrau (Malá mořská víla)
- 1976: Palette der Liebe (Paleta lásky)
- 1976: O Terezce a paní Madam (TV)
- 1978: Ein Bruder, der sein Geld wert ist (Brácha za všechny peníze)
- 1978: Prinz und Abendstern (Princ a Večernice)
- 1979: The Importance of Being Earnest (Jak je důležité míti Filipa)
- 1980: Lauf, Ober, lauf! (Vrchní, prchni!)
- 1980: Triptychon der Liebe (Triptych o láske, TV)
- 1981: Křtiny
- 1982: Der dritte Prinz (Třetí princ)
- 1983: Probefahrt ins Glück (deutscher Titel; wörtlich: Hochzeitsreise nach Jilje, Svatební cesta do Jiljí)
- 1983: Jára Cimrman, ležící, spící
- 1983: Der Salzprinz (Sůl nad zlato)
- 1983: Das Wildschwein ist los (Slavnosti sněženek)
- 1985: Heimat, süße Heimat (Vesničko má, středisková)
- 1986: Zlá krev
- 1987: Zuřivý reportér
- 1988: Zirkus Humberto (Cirkus Humberto)
- 1989: Člověk proti zkáze (TV)
- 1989: El mar es azul (Moře je modré)
- 1991: Prager Bettleroper (Žebrácká opera)
- 1991: Die Volksschule (Obecná škola)
- 1992: Das Kollier (Náhrdelník, TV)
- 1993: Wettstreit im Schloß (Nesmrtelná teta)
- 1996: Kolya (Kolja)
- 1997: Báječná léta pod psa
- 1997: Dr. Munory a jiní lidé (TV)
- 1999: Alle meine Nächsten (Všichni moji blízcí)
- 1999: Návrat ztraceného ráje
- 2001: Elixír a Halíbela (TV)
- 2001: Četnické humoresky
- 2001: ELFilm
- 2003: Stará láska nerezaví (TV)
- 2004: Falesné obvinení (TV)
- 2006: Psí kus (TV)
- 2006: Náves (Episode: Policejní smyfonie) (TV)
- 2007: Anglická rapsodie
- 2011: Micimutr
- 2013: Skirt Chasers (Donšajni)
- 2013: Little Baby Jesus (Prijde letos Jezisek?)
- 2014: Die Geisel (Jak jsme hráli čáru)
Auszeichnungen
- 1996: Tschechischer Filmpreis Český lev (Böhmischer Löwe) für die beste Schauspielerin in einer Hauptrolle
- 2015: Verdienstmedaille (Weißer Löwe) für ihr künstlerisches Schaffen
Literatur
- Joachim Reichow, Michael Hanisch: Filmschauspieler A–Z. Henschel Verlag, Berlin 1987, ISBN 3-362-00022-3, S. 392.
Weblinks
- Libuše Šafránková in der Internet Movie Database (englisch)
- Libuše Šafránková bei kinobox.cz
- Holger Ebermann: Libuše Šafránková. In: Geocities.com. Archiviert vom am 12. November 2007 .
- Kathrin Miebach: Libuše Šafránková. In: dreihaselnuessefueraschenbroedel.de. 16. November 2019, archiviert vom am 24. September 2020 .
- Wolfgang Höbel: Zum Tod von Libuše Šafránková Sanfte Anmut, wilder Trotz. In: Spiegel Online. 10. Juni 2021 .
- Oliver Kaever: Libuše Šafránková: Hauptdarstellerin aus „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ ist tot. In: Spiegel Online. 9. Juni 2021 .
Einzelnachweise
- ↑ https://www.youtube.com/watch?v=1Vto-ENderc – dort mehrere Nachrichtensprecher ab ca. Min. 0:47
- ↑ Lucie Šaléová: Oprava náhrobku a překvapivé jméno. Přípravy na uložení Libušky Šafránkové do rodinné hrobky vrcholí. In: Expres.cz. 1. Juli 2021, abgerufen am 1. Juli 2021 (tschechisch).
Wolfgang Höbel: Gestorben: Libuše Šafránková, 68. In: Der Spiegel. 24/2021, 11. Juni 2021, abgerufen am 14. Dezember 2021. - ↑ Libuše Šafránková. In: narodni-divadlo.cz. Abgerufen am 14. Dezember 2021 (tschechisch).
- ↑ Tschechisches biographisches Wörterbuch des 20. Jahrhunderts Band III, S. 242.
- ↑ Kathrin Miebach: Libuše Šafránková. In: dreihaselnuessefueraschenbroedel.de. 21. November 2021, abgerufen am 14. Dezember 2021.
- ↑ Libuše Šafránková. In: synchronkartei.de. Deutsche Synchronkartei, abgerufen am 2. März 2017.
- ↑ Erschütternd! „Aschenbrödel“-Darstellerin hat Lungenkrebs. In: Promiflash. 3. November 2015, archiviert vom am 4. November 2015; abgerufen am 9. Juni 2021.
- ↑ Claudia Fudeus: Libuse Safrankova: „Aschenbrödel“ hat Krebs. In: gala.de. 4. November 2015, abgerufen am 9. Juni 2021.
Aschenbrödel-Darstellerin leidet an Lungenkrebs. In: Die Welt. 4. November 2015, abgerufen am 9. Juni 2021: „Ihr Mann Josef Abrhám, selbst Schauspieler, gibt keine Auskunft zum aktuellen Gesundheitszustand der Schauspielerin.“ - ↑ Michaela Remešová: Popelka Libuše Šafránková: Poprvé promluvila o rakovině plic! In: Blesk. 13. Juli 2016, abgerufen am 9. Juni 2021 (tschechisch, „Aschenbrödel Libuše Šafránková: Sie hat zum ersten Mal über Lungenkrebs gesprochen!“).
- ↑ Aschenbrödel-Darstellerin Libuse Safrankova ist tot. In: t-online.de. 9. Juni 2021, abgerufen am 9. Juni 2021.
- ↑ Klaus Nerger: Das Grab von Libuše Šafránková. In: knerger.de. Abgerufen am 16. Dezember 2021.
- ↑ Karel Frankl: Libuše Šafránková se dočká obrovské pocty: Rodné Šlapanice žádají lidi o pomoc. In: msn.com. 18. Juli 2021, abgerufen am 15. August 2021 (tschechisch).
- ↑ CFTA Awards / 1996 / Nominations. In: filmovaakademie.cz. Abgerufen am 14. Dezember 2021 (tschechisch).
- ↑ Verena Mayer: Zucker für die Augen. In: sueddeutsche.de. 6. November 2015, abgerufen am 9. Juni 2021.