Lisa della Casa (* 2. Februar 1919 in Burgdorf BE; † 10. Dezember 2012 in Münsterlingen) war eine Schweizer Opernsängerin (Sopran). Sie galt als eine der herausragenden Strauss- und Mozart-Interpretinnen.
Leben
Lisa Della Casa wurde als zweites Kind des Augenarztes Dr. Francesco Roberto Della Casa (1879–1949) und seiner Ehefrau Margarete (1877–1948) geboren. Bereits ab dem 15. Lebensjahr erhielt sie Gesangsunterricht. Nach dem Gesangsstudium in Bern und Zürich bei Margarethe Haeser und ihrem ersten Auftritt 1941 als Opernsängerin in Solothurn-Biel in der Rolle der Cio-Cio-San in Puccinis „Madame Butterfly“ war ihr Berufsweg vorgezeichnet. So debütierte sie 1943 am Stadttheater Zürich, wo sie bis 1950 zum Ensemble gehörte, und sang 1947 erstmals bei den Salzburger Festspielen.
Im Film Füsilier Wipf (1938) von Leopold Lindtberg mit Paul Hubschmid in der Hauptrolle spielte della Casa das Vreneli (Sprechrolle). Im Film Mier lönd nöd lugg von 1940 spielte Della Casa neben Paul Hubschmid, Max Knapp und Max Werner Lenz die Hauptrolle.
Della Casa war ab 1947 Mitglied der Wiener Staatsoper, von 1953 bis 1968 der Metropolitan Opera in New York sowie ständiger Gast der Bayerischen Staatsoper München und der Salzburger Festspiele. 1951 trat sie bei den Festspielen in Glyndebourne auf. Ein Jahr darauf debütierte sie in Bayreuth unter Hans Knappertsbusch. Doch hier blieb es bei dem einmaligen Auftritt, da nach ihren eigenen Aussagen, sie die Atmosphäre als steif und prätentiös empfunden hatte. Ebenfalls 1952 erfolgte ihre Ernennung zur Kammersängerin.
Familie
1944 heiratete Lisa della Casa in erster Ehe den aus Langenthal stammenden Ernst Geiser, sie liess sich fünf Jahre später von ihm wieder scheiden. Ende 1949 heiratete sie in zweiter Ehe den serbischen Kunsthistoriker, Musikwissenschaftler und Publizisten Dragan Debeljevic (1921–2014). 1951 wurde ihre Tochter Vesna-Rajka geboren. Ein Jahr davor 1950 erwarb sie mit ihrem zweiten Mann, Dragan Debeljevic, Schloss Gottlieben am Bodensee, wo sie bis zu ihrem Tod in völliger Zurückgezogenheit lebte.
Überraschend zog sie sich 1974 von der Bühne zurück. Das Ende ihrer Karriere hatte mit einem persönlichen Schicksalsschlag – der schweren Erkrankung ihrer Tochter Vesna – zu tun. Unter dem Titel „Ein Leben mit Lisa Della Casa“ veröffentlichte Dragan Debeljevic ein Jahr darauf ihre Biographie.
Die Eltern von Lisa della Casa begründeten in Bern unter dem Familiennamen ein bekanntes Restaurant, das noch heute existiert.
Am 10. Dezember 2012 verstarb Lisa Della Casa in Münsterlingen am Bodensee.
Werk
Lisa della Casa war eine der massstabsetzenden Persönlichkeiten der Nachkriegszeit vor allem im Mozart- und Richard-Strauss-Fach. Die Schönheit ihrer Erscheinung, die aristokratische Noblesse ihres Auftretens, das silberne Timbre, die fast unkörperliche Makellosigkeit ihrer gesanglichen Linie und die Glaubhaftigkeit ihrer Gestaltung, die Eleganz mit Intensität verband, machten sie zur Ausnahmeerscheinung.
Als Arabella in Strauss’ gleichnamiger Oper war sie nach allgemeinem Konsens eine bis heute nicht mehr erreichte Idealbesetzung. Sie sang die Partie in zwei Gesamtaufnahmen, eine unter Solti mit George London, eine unter Keilberth mit Dietrich Fischer-Dieskau. Sie war eine der wenigen Künstlerinnen, die im Rosenkavalier alle drei Frauenpartien – Marschallin, Octavian, Sophie – verkörpert haben. Nicht minder legendär im Strauss-Repertoire waren die Titelrolle in Ariadne auf Naxos, die Chrysothemis in Elektra und die Gräfin in Capriccio.
Im Mozart-Fach verkörperte sie alle bedeutenden Sopranrollen ihres Fachs, vor allem die Gräfin in Le nozze di Figaro, Donna Elvira und Donna Anna in Don Giovanni, Fiordiligi in Così fan tutte, Ilia in Idomeneo und Pamina in der Zauberflöte.
In Bayreuth sang sie nur einmal die Eva in den Meistersingern. Ausflüge ins hochdramatische Fach hielten sich in Grenzen. So versuchte sie die Salome nur einmal in München. Im modernen Fach trat sie als Uraufführungssängerin der Oper Der Prozess von Gottfried von Einem 1953 bei den Salzburger Festspielen unter Karl Böhm hervor, in Zürich hatte sie in Uraufführungen 1947 bei der Operette Tic-Tac von Paul Burkhard und 1949 bei der Oper Die schwarze Spinne von Willy Burkhard mitgewirkt. Als Liedinterpretin trat della Casa gemeinsam mit dem Pianisten Sebastian Peschko hervor.
Ehrungen
Lisa della Casa wurde mehrfach geehrt, u. a. mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, der Goldenen Medaille der Stadt Wien, dem Hans Reinhart-Ring und der Golden Opera Medal. Sie war Österreichische und Bayerische Kammersängerin sowie Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper. Im Juli 2012 ernannte sie Frankreich zum Commandeur im Ordre des Arts et des Lettres.
Literatur und Filmporträt
- Dragan Debeljevic: Ein Leben mit Lisa della Casa oder «In dem Schatten ihrer Locken». 2. Auflage. Atlantis, Zürich 1990, ISBN 978-3-254-00164-1.
- Paul Suter: Lisa Della Casa. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 1, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 442 f.
- Gunna Wendt, Monika Faltermeier-Prestl: Lisa Della Casa. Von der Arabella zur Arabellissima. Frauenfeld, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-7193-1484-2.
- Wolfgang Wunderlich, Thomas Voigt: Lisa della Casa – Liebe einer Diva. 2008 (57-minütiges Filmporträt zum 90. Geburtstag der Sängerin).
- Karl-Josef Kutsch, Leo Riemens: Großes Sängerlexikon. Dritte Auflage, Berlin 2000, S. 5517 ff.
- Lisa Della Casa im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Weblinks
- Werke von und über Lisa della Casa im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Lisa della Casa in der Internet Movie Database (englisch)
- Lisa della Casa bei Discogs
- Regula Puskás: Lisa della Casa. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Mythos Lisa Della Casa – Von Arabella zu Arabellissima. Website zur Biografie und Wander-Ausstellung.
- Lisa della Casa. In: FemBio. Frauen-Biographieforschung (mit Literaturangaben und Zitaten).
- Biografie, Diskografie, Fotos bei cantabile-subito (englisch)
- Portrait und Interview anlässlich ihres 90. Geburtstages
- Radiointerviews und Aufnahmen mit Lisa della Casa im Onlinearchiv der Österreichischen Mediathek
Einzelnachweise
- ↑ Kammersängerin Lisa della Casa gestorben. In: orf.at. 11. Dezember 2012
- 1 2 Opernsängerin Lisa della Casa gestorben. In: Der Spiegel. 11. Dezember 2012
- ↑ 1940, Mier lönd nöd lugg. Schweizer Film = Film Suisse: offizielles Organ der Schweiz, abgerufen am 13. Juni 2020.
- ↑ Lisa della Casa in der New York Times, abgerufen am 11. Dezember 2012 (englisch)
- ↑ Lisa Della Casa, Biografie in: http://www.steffi-line.de/archiv_text/nost_buehne2/03st_casa.htm