Lissy Winterhoff (* 20. Juli 1953 in Schwelm) ist eine deutsche Künstlerin und Theaterwissenschaftlerin.

In ihrem künstlerischen Werk arbeitet sie schwerpunktmäßig mit Techniken der Fotografie, der Fotoradierung und der Fotoplastik.

Theaterwissenschaftlich arbeitete sie über Salome als Femme fatale auf der Bühne der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert.

Leben und Wirken

Winterhoff studierte von 1974 bis 1984 an der Fachhochschule für Kunst und Design Köln Fotografie bei Arno Jansen und Freie Graphik bei Pravoslav Sovák. Sie wurde zur Meisterschülerin bei Pravoslav Sovák ernannt, das Abschlussexamen war 1981, die Meisterschülerprüfung 1984. Winterhoff erhielt von 1981 bis 1983 einen Lehrauftrag für Video- und Bewegungsimprovisation an der Fachhochschule für Kunst und Design Köln.

Von 1981 bis 1989 studierte sie an der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft, Kunstgeschichte, Philosophie mit Abschluss Magister bei Renate Möhrmann.

Winterhoff arbeitet in freiem Atelier in Köln mit den Arbeitsschwerpunkten Fotografie und Fotoplastik. Für ihre Arbeiten verwendet sie unübliche Bildträger, wie lichtempfindlich gemachte handgeschöpfte Bütten- oder Aquarellpapiere, die sie mit den Techniken der klassischen Fotografie im Fotolabor bearbeitet. Diese fotoplastischen Arbeiten entstehen durch das Zusammenwirken von Konzept, sinnlicher Struktur des Materials und Bild.

Werk

Winterhoff schuf ein umfangreiches Werk fotoplastischer Arbeiten. Es handelt sich überwiegend um Schwarzweißfotografien, die in Verbindung mit verschiedenen künstlerischen Techniken als Fotografien in der Dunkelkammer realisiert wurden. Farbe entsteht in ihren Arbeiten durch Übermalungen, Kolorierungen oder durch die verwendeten Trägermaterialien.

Bei den frühen Arbeiten ab Mitte der 70er Jahre handelt es sich um Schwarzweißfotografien, die mit dezenten transparenten Ölfarben handkoloriert wurden.

Winterhoffs Arbeiten der 80er Jahre knüpfen eine Verbindung zwischen den Kunstkategorien der Bewegungsimprovisation, der Videoarbeit, der Fotografie und der Radierung. Sie wurden meist als Fotoradierungen realisiert.

Winterhoff wandte sich seit den frühen 90er Jahren zunehmend fotografischen Arbeiten auf ungewöhnlichen Bildträgern zu. So entstanden Werke auf Büttenpapieren, Aquarellpapieren, Sand auf Holz und Leinwand. Die Arbeiten wurden teilweise als Siebdrucke realisiert. Häufig arbeitete Winterhoff literarische Texte in die Arbeiten ein.

Die Aufnahme von lokalem Naturmaterial als Element der bildnerischen fotografischen Arbeiten realisierte sie in den Anfang der 2000er Jahre entstandenen Serien zu ägyptischen Wüstenlandschaften. Es handelt sich um Fotografien auf dem Originalsand dieser Landschaften auf Holzträgern. Die Darstellungen dieser Wüstenlandschaften erscheinen also auf dem aus der Wüste selbst stammenden originalen Sandmaterial.

Immer wieder arbeitete Winterhoff auch zu politischen Themen wie Kinderarbeit, Gleichberechtigung der Frau, Verfolgung und Shoah. In diesen Arbeiten verband sie historische Fotografien sowie journalistische Texte mit ihren fotografischen Medien und realisierte die daraus entstandenen Arbeiten als Siebdrucke.

Seit 2013 fand Winterhoff zum Ausdrucksmittel des Fotogramms. In der Serie Gabriele Münter – Die Häuser meiner Freunde realisierte sie in Anlehnung an die Holz- und Linolschnitte Gabriele Münters ein neues Konzept bildnerischer Gestaltung mit Naturmaterialien auf lichtempfindlichem Büttenpapier in der Technik des Fotogramms. In dem umfangreichen Fotogrammzyklus Die vier Jahreszeiten stellt sie die Unerschöpflichkeit und Lebenskraft der Natur in den Mittelpunkt der Darstellung. Diese Arbeiten greifen gleichzeitig zurück auf die Pflanzendarstellungen der Ursprünge der Fotogrammtechnik im 19. Jahrhundert.

Rezeption und Hintergrund

Der Kunsthistoriker und Fachautor für Fotografie Reinhold Mißelbeck beschrieb die Arbeiten Lissy Winterhoffs wie folgt:

„Lissy Winterhoffs photographisches Werk ist thematisch breit gefächert und zugleich auf eine faszinierende Weise in sich geschlossen. Ihre Themenauswahl folgt nicht rationalem Kalkül oder einer vorher festgelegten Systematik sondern geschieht spontan, aus der Begegnung mit dem Gegenstand heraus, sobald bei ihr emotional etwas ausgelöst wird. All ihren Bildern, ob es sich um Landschaften, Stilleben, um Blumen, maltesische Tempel oder gar um die photographische Auseinandersetzung mit Literatur handelt, ist gemeinsam, daß Gefühle in der Auseinandersetzung mit den Themen eine dominante Rolle spielen.“

„Die Natur, ob Landschaft, Blüte oder Obststilleben ist ihr eigentliches Thema, in das sich der Mensch und die von ihm geschaffene Architektur einfügt. Der liebevolle Blick ist bei ihr letztlich auch der auf Harmonie gerichtete Blick, der weiblich ist, insofern er in der Natur nicht das Gegenüber sieht, mit dem man sich auseinandersetzen, mit dem man kämpfen muß, sondern den Schoß, in dem man geborgen sein kann.“

Ausstellungen (Auswahl)

  • 1982: „Works on paper from the Rhinevalley“, Pratt-Graphic-Center, New York (G)
  • 1987/1988: „Lissy Winterhoff graphische Arbeiten 1981–1987“, Kölnischer Kunstverein (E)
  • 1991: „Von Pinguinen, Schlössern und Tempeln“, Fotogalerie in focus, Köln (E)
  • 1992: „Kölner Foto Künstlerinnen“, Landschaftsverband Rheinland (G)
  • 1995: „Ägypten – In der Nähe der Osterinsel“, Fotogalerie in focus, Köln (E)
  • 1995: „Sechs Jahre Vaterland-Gegenüberstellungen“, Dom zu Brandenburg/Johanneskirche Düsseldorf (G)
  • 1996: „11. Deutsche Internationale Grafik-Triennale“, Frechen (G)
  • 1998: „Die Kombinationen des Möglichen ergeben reiche Spannung – Fotoplastische Arbeiten von acht Künstlerinnen“, Dresdner Bank, Köln (G)
  • 1999 „Einheit – Künstlerinnen im Dialog“, Köln/Brandenburg, BBK, Köln
    • 2000: Waschhaus, Potsdam (G)
  • 2001: „Fotografien auf außergewöhnlichen Bildträgern“, Stadthaus Erftstadt (E)
  • 2001: Ausstellung zum Gabriele Münter Preis, Frauenmuseum, Bonn (G)
    • 2002: Ausstellungshalle Leipzig
  • 2001: „Perplex – Positionen und Perspektiven“, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn (G)
  • 2002: „Auf die Knie warf ich mich vor der Schönheit einer Rose“, Historisches Rathaus, Köln (E)
  • 2004: „Trois manières de vue“, Chapelle de Penitents Blancs, St. Martin-de-Castillon, Frankreich (G)
  • 2006: „Der Palast der Drachenkönigin“, Märchenprojekte Galerie Claudia Delank, Köln (G)
  • 2007: „Den Augenblick auskosten“, Galerie Pia Esch-Renner, Frechen (E)
  • 2011: „GesichtZeigen“, Käthe Kollwitz Museum, Köln (G)
  • 2013: Art fair, Köln (G)
  • 2014: Cologne Paper Art (G)
  • 2015: „Hommage an Gabriele Münter“, Frauenmuseum Bonn (G)

Veröffentlichungen

  • Lissy Winterhoff Fotografien. Selbstverlag, 1994.
  • Ihre Pracht muß ein Abgrund sein, ihre Lüste ein Ozean. Die jüdische Prinzessin Salome auf der Bühne der Jahrhundertwende. Königshausen und Neumann, Würzburg 1998, ISBN 978-3-8260-1433-8.
Commons: Lissy Winterhoff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lissy Winterhoff: Ihre Pracht muß ein Abgrund sein, ihre Lüste ein Ozean. Die jüdische Prinzessin Salome auf der Bühne der Jahrhundertwende. Königshausen und Neumann, Würzburg 1998, ISBN 978-3-8260-1433-8.
  2. Die Kölner Werkschulen wurden als Fachbereich Kunst und Design in die 1971 neu gegründete Fachhochschule Köln überführt (seit September 2015 umbenannt in TH Köln).
  3. Magisterarbeit an der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln WS 1988/89: Salome als Femme fatale auf der Bühne der Jahrhundertwende. Die Arbeit enthält Reproduktionen von vier Fotoradierungen von Lissy Winterhoff.
  4. Arbeiten aus dem Zyklus Artes Gude von 1979 wählte der Kölnische Kunstverein als Jahresgabe für 1980.
  5. Stellvertretend seien die Selbstinszenierungen ravah von 1981 und Salome von 1987 genannt, die als Serien von Fotoradierungen realisiert wurden (vgl. die Selbstinszenierungen von Cindy Sherman). Der Fotoradierungszyklus Salome entstand aus einer Bewegungsimprovisation zum Thema Salome. Die zugrunde liegende Videoarbeit wurde fotografisch übertragen und als Fotoradierung realisiert. Ein Teil der Serie Salome erschien in Lissy Winterhoff: Ihre Pracht muß ein Abgrund sein, ihre Lüste ein Ozean. Die jüdische Prinzessin Salome auf der Bühne der Jahrhundertwende. Königshausen und Neumann, Würzburg 1998, ISBN 978-3-8260-1433-8.
  6. Beispielhaft genannt seien Zyklen zu oder mit Texten von George Sand, Vita Sackville-West, Naval el Saadavi, Rose Ausländer, Virginia Woolf, Jenny s’Héricourt, Madame de Sévigné, Gustave Flaubert und Federico García Lorca und Eugen Drewermann.
  7. Als Beispiele können die fotoplastischen Arbeiten der Serien Wadi Abd El Melik und Wadi Surah (beide von 2001) dienen.
  8. In diesem Zusammenhang seien die Bilderzyklen fotoplastischer Arbeiten zu Oradour-sur-Glane, Auschwitz-Birkenau, der Landessynagoge Titz-Rödingen und der Zyklus Bilder ohne Worte genannt.
  9. Ein Teil des Zyklus Bilder ohne Worte wurde 2011 in der Ausstellung GesichtZeigen im Käthe Kollwitz-Museum Köln gezeigt.
  10. Vertreten durch Mathew Carey Lea ab 1841 Photogenic Drawings of Plants und Anna Atkins 1843 Cyanotypien von Pflanzen, Farnen und Federn, zitiert nach Fotogrammen.
  11. Reinhold Mißelbeck ist Fachautor einer Reihe von Werken zur Fotografie, z. B.: Photographie des 20. Jahrhunderts. Köln 2001, Taschen-Verlag, ISBN 3-8228-5513-8.
  12. Reinhold Mißelbeck Lissy Winterhoff – Der liebevolle Blick. Vorwort zu Lissy Winterhoff: Lissy Winterhoff Fotografien. Selbstverlag, 1994, S. 3–5.
  13. Die Ausstellung fand als Parallelausstellung des Kölnischen Kunstvereins zur Ausstellung der Graham Nash-Collection 1987 in Köln statt.
  14. Jurierte Ausstellung der Deutschen Internationalen Grafik-Triennale Frechen, Katalog S. 155 – Lissy Winterhoff 362, Seht! Ich bin eingetreten in das Westland, Fotoradierung.
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