Lotte Profohs, auch Lotte Profohs-Leherb (* 16. November 1934 in Wien als Li(e)selotte Cäcilie Profohs; † 6. November 2012 ebenda), war eine österreichische Grafikerin und Malerin, die dem Expressionismus nahestand.

Leben

Lotte Profohs war das jüngste Kind von Hermine Stephanie Heller (1897–1975) und Leopold Ferdinand Profohs (1895–1985). Letzterer war k.u.k. Hof-Hutmacher; schon sein Vater und sein Großvater übten diesen Beruf aus. Leopold Ferdinand und Hermine Stephanie Profohs kamen beide aus Wien, wo Lotte Profohs und ihre Geschwister im 2. und 3. Bezirk aufwuchsen. Ab der dritten Klasse Volksschule bis zu ihrem Abschluss besuchte Lotte Profohs das Sacré Coeur am Rennweg im 3. Bezirk. Ihr Bruder Leopold (1921–1940) diente im Zweiten Weltkrieg bei der Infanterie und fiel zwei Jahre nach Kriegsbeginn. Ihre Schwester Emilie (* 1926) lebt heute in Frankreich, Bordeaux.

Profohs studierte mit 15 Jahren ab 1949 an der Akademie für angewandte Kunst, wo sie auch ihren späteren Mann Helmut Leherbauer, (Maître) Leherb, kennen lernte. Die beiden besuchten einige Klassen an der Akademie gemeinsam, 1955 wechselten sie zusammen an die Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz. Im Dezember 1955 heirateten sie in der Rochuskirche im 3. Bezirk in Wien. Trauzeugen waren die Bildhauerin Trude Fronius und Franz Seipert. Am 24. Mai 1960 wurde Anselm Daniel Leherb († 11. Juli 2001) als einziges Kind geboren. Sie hinterlässt lediglich eine Enkelin, Angela.

Seit Beginn ihrer Beziehung Anfang der 1950er Jahre war Profohs ein wichtiges Modell für die Werke ihres Mannes. Sie unterstützte das Werk ihres Mannes intensiv; so gab sie ihre eigene Karriere nahezu auf und trat in den Hintergrund. Dies hatte die Konsequenz, dass sich ihr Bild in der Öffentlichkeit veränderte: „Ich wurde als Luxusgeschöpf abgestempelt, man sah mich nur noch als Madame Leherb, das blondhaarige Modell für die Bilder meines Mannes. Dabei habe ich wenig Zugang zum Surrealismus“. Sie bezeichnete sie sich selbst stets als Expressionistin.

Profohs war bereits Anfang der 1950er Jahre als Grafikerin und Malerin international anerkannt; ihre Arbeiten wurden von renommierten Museen (Louvre) und Sammlungen angekauft. Respektierung ihrer Person als Frau und ebenso die Anerkennung für ihr Werk, waren für sie sehr wichtig. Sie wurde am Wiener Zentralfriedhof bestattet.

Im Jahr 2018 wurde in Wien-Donaustadt (22. Bezirk) der Lotte-Profohs-Weg nach ihr benannt.

Werk

Profohs schuf unzählige Werke, die meisten haben einen sozialkritischen Hintergrund und sind schwarz weiß gestaltet. Sie arbeitete kaum in Farbe, da sie dies als unbefriedigend empfand: „[…] außerdem liegt ebenso viel Farbe in dem großen Spektrum der Grauwerte und Schattierungen“. Profohs beschäftigte sich mit Menschen am Rande der Gesellschaft und mit feministischen Themen, die sich v. a. nach einer Begegnung mit Simone de Beauvoir verstärken sollten. Ihre Werke wurden auch in die Sammlung des Verbunds der Feministischen Avantgarde aufgenommen.

Themen im Werk der Lotte Profohs

Lotte Profohs beschäftigte sich seit ihrer Jugend mit sozialkritischen Themen, die sich stark in ihrem Werk widerspiegeln. Sie berührte v. a. Themen, die weder zeitgemäß noch salonfähig waren. Die Frau am Rande der Gesellschaft, die alleinerziehende Mutter, Prostitution, Sexualität, Homosexualität, BDSM Themen und das Altern wurden zentraler Bestandteil ihres Werkes. Nicht nur die Beschäftigung mit diesen Themen, sondern auch die Beschäftigung aus ihrer Position als Frau in der männerdominierten Kunst waren beachtenswert.

Erbarmt euch der Frauen

Im Jahr 1957 las Lotte Profohs die deutsche Erstausgabe des Romans „Pitié pour les Femmes“ von Henry de Montherlant (1895–1972). Das unter dem Titel „Erbarmen mit den Frauen“ erschienene 700-seitige Werk wurde unter anderem auch von Simone de Beauvoir heftig kritisiert, da es viele frauenfeindliche Aussagen enthält. Im vierten Teil der Tetralogie schreibt Montherlant: „Der Fortschritt vollzieht sich nicht durch die Frauen, sondern trotz ihnen […] Die Wissenschaft, die Vernunft, die Gerechtigkeit, alles Beste des Patrimoniums unserer Art ist bedroht durch das Auftreten der Frau.“ Das Gelesene beschäftigte Lotte Profohs sehr, nach der Geburt ihres Sohnes Anselm Daniel entstanden in den Jahren 1960 und 1961 etwa 200 Zeichnungen zu diesem Thema. Sie sind als eine Art Antwort auf den Roman zu verstehen, der Zyklus wurde jedoch leicht umbenannt. Aus dem „Erbarmen mit den Frauen“ wurde schließlich eine Aufforderung: „Erbarmt euch der Frauen“! Das Buch mit einer Auflage von 2500 Stück wurde bewusst sehr schlicht gestaltet, um nicht von den Bildern und ihrer Botschaft abzulenken. Weitere 25 Grafiken wurden 1962 in der gleichnamigen Ausstellung in der Kunsthalle Düsseldorf ausgestellt. Obwohl Frauenthemen zu der damaligen Zeit nicht besonders gefragt waren, kam der Zyklus von Lotte Profohs sehr gut an. Verlassene und einsame Menschen wurden von der Gesellschaft ausgeblendet und waren zum Teil gar nicht sichtbar, genau deshalb widmete sich Profohs diesen Themen, um mehr Sichtbarkeit zu erzeugen.

Profohs wollte versuchen, „Frauen in ihren Nöten und in ihrer Existenz sichtbar zu machen“. Die Zeichnungen von Lotte Profohs entstanden ohne Vorzeichnungen, nichts – meist nicht einmal das Thema – war geplant. Nach eingehender Beschäftigung mit der technischen Anwendung der Tuschemalerei der Ostasiaten, malte sie die meisten ihrer Grafiken mit chinesischer Tusche auf Ingrespapier.

Schrecken der Leidenschaft

Profohs war eine große Literaturliebhaberin, daher nahm sie das Angebot zwei Kurzgeschichten von Edgar Allan Poe zu illustrieren gerne an. Das Buch „Schrecken der Leidenschaft“ mit dem passenden Untertitel „Für Furchtsame & Tapfere“ erschien 1973 in Reihe „Bücher aus der Schatztruhe“ im Verlag Kremayr & Scheriau in Wien. Der Zyklus, der in „Schrecken der Leidenschaft“ abgebildet, ist, wurde vom Verlag „Die arabesken Träumungen geliebter Gesichter“ genannt und umfasst zwölf Blätter.

Emigranten der Zeit

Profohs hatte im Jahr 1989 ihre letzte Einzelausstellung in der österreichischen Postsparkasse. Ihr Stil hat sich langsam und schrittweise verändert, bei dem Zyklus „Emigranten der Zeit“, der ab 7. November 1989 gezeigt wurde, sieht man den Wandel sehr deutlich. Lotte Profohs beschäftigte sich auch schon vor 1989 mit dem Thema der Emigration und begann Jahre vor dieser Ausstellung Vertriebene zu zeichnen. In ihren Werken wird ihr eigener Dialog mit den Menschen dargestellt. Lotte Profohs verstand eine Emigration jedoch nicht nur als einen Ortswechsel, sondern auch als einen inneren Aufbruch.

Lotte Profohs und die digitale Kunst

Seit 2021 wird Profohs' Kunst auch digital als NFT gehandelt.

Einzelnachweise

  1. Grabstelle Liselotte Cäcilia Leherb, Wien, Zentralfriedhof, Gruppe 75, Gruppe Erweiterung A, Reihe 33, Nr. 19.
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