Heinrich Louis Theodor Gurlitt, auch Ludwig Gurlitt (* 8. März 1812 in Altona; † 19. September 1897 in Naundorf), war ein deutscher Landschaftsmaler der Hamburger und Düsseldorfer Schule.
Leben
Louis Gurlitt wurde als Sohn des Golddrahtziehermeisters und späteren Fabrikanten Johann August Wilhelm Gurlitt (1774–1855) und Helene Eberstein (1784–1855) in Altona, das zu der Zeit unter dänischer Verwaltung stand, geboren. Gemeinsam mit 17 Geschwistern wuchs er in ärmlichen Verhältnissen auf. In seiner Schulzeit als Musterschüler bekannt, wurde sein zeichnerisches Talent früh entdeckt und gefördert. Seine erste Ausbildung erhielt er um 1826 bei Anton Carl Dusch und Günther Gensler, einem Freund der Familie, der seine Eltern in Hamburg porträtierte. In den Jahren 1828 bis 1832 war er Schüler und Gehilfe von Siegfried Detlev Bendixen, in der Zeit danach (1832–1834) Schüler der Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen, wo er seine Passion zur Landschaftsmalerei bei Christoffer Wilhelm Eckersberg und Johann Ludwig Lund entwickelte.
1832 reiste Gurlitt in Begleitung seines Freundes Adolph Kiste nach Norwegen. Die Reise verhalf ihm zu einem ausgereiften Stil. 1835 begleiteten ihn seine Malerfreunde Wilhelm Nicolai Marstrand, Johann Paul Mohr und Johann Heinrich Martens zu seiner zweiten Reise nach Norwegen in die Telemark-Region zum Wasserfall Rjukanfossen. Gurlitt reiste allein weiter nach Ullensvang, dann nach Bergen und schließlich nach Ytretoken; er schuf im Herbst 1835 nach vielen weiteren Stationen in Norwegen eindrückliche Gemälde.
1837 vermählte er sich mit der Dänin Elise Saxild, die bereits 1839 verstarb. 1842 zog er nach Düsseldorf, wo er arrivierten Künstlern der Düsseldorfer Malerschule wie Andreas Achenbach und Carl Ferdinand Sohn begegnete. Später unternahm er zahlreiche Studienreisen in fast alle europäischen Länder. Von Anfang 1844 bis Herbst 1846 lebte er in Rom, wo er Mitglied des Deutschen Künstlervereins wurde. Am 5. Juli 1844 verstarb dort seine zweite, erst 1843 angetraute Ehefrau Julie, geborene Bürger (* 1823), an Typhus und wurde auf dem Campo Santo Teutonico bestattet.
Ab 1851 lebte Gurlitt in Wien, wo er laufend an Ausstellungen des 1830 gegründeten Wiener Kunstvereins teilnahm und als einheimischer Künstler geführt wurde. 1855 war er Präsident des Hamburger Künstlervereins von 1832. Auf Anraten befreundeter Künstler und auf Einladung des Gothaer Herzogs Ernst II. übersiedelte Gurlitt im März 1860 in die thüringische Residenzstadt Gotha, wo er im Schloss Mönchhof ein Atelier eingerichtet bekam. Hier lebte auch der Schriftsteller Gustav Freytag, mit dem Gurlitt befreundet war. Gurlitt verbrachte vierzehn schaffensreiche Jahre in Gotha, wurde hoch geschätzt und verehrt. Nach weiteren Zwischenstationen in Dresden und Plauen verlegte der Künstler seinen Hauptwohnsitz nach Steglitz bei Berlin.
Überschattet wurde sein Familienglück zunächst durch den frühen Tod der ersten beiden Ehefrauen. In dritter Ehe war er mit Elisabeth Lewald (1823–1909) vermählt, der Schwester von Fanny Lewald, einer der bedeutendsten deutschen Schriftstellerinnen des Vormärz. Aus der Mitte 1847 in Berlin geschlossenen Ehe gingen sieben Kinder hervor. Wenige Tage nach seiner Goldenen Hochzeit verstarb Gurlitt an seinem Sommerwohnsitz in Naundorf. Seine Söhne waren u. a. der Architekturhistoriker Cornelius Gurlitt, der Kunsthändler Fritz Gurlitt, der Pädagoge Ludwig Gurlitt und der Klassische Archäologe Wilhelm Gurlitt (Sohn der zweiten Ehefrau Julie, geborene Bürger). Seine Enkel waren der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, der Musikwissenschaftler Willibald Gurlitt sowie die Malerin Cornelia Gurlitt (1890–1919). Der Uhrmacher und Schriftsteller Emanuel Gurlitt und der Komponist Cornelius Gurlitt waren seine Brüder. Ein Neffe und Schüler war der Hamburger Maler und Lithograph Eugen Krüger.
Werke (Auswahl)
- 1830, Doppelbildnis seiner Brüder Cornelius und Wilhelm Gurlitt als Kinder, Altonaer Museum
- um 1830, Papiermühle am Elbstrand bei Neumühle, Altonaer Museum
- 1835, Norwegischer Wasserfall, Museumsberg Flensburg
- 1836, Vinje-Fjord in Norwegen, Kunsthalle Kiel
- 1844, Italienische Küstenlandschaft, Museumsberg Flensburg
- um 1850, Albaner Berge Niedersächsisches Landesmuseum Hannover
- um 1858, Akropolis, Kunsthalle Kiel
- 1861, Blick von Stöfs auf die Hohwachter Bucht/Ostsee, Altonaer Museum
- 1876, Ukleisee bei Eutin, Privatbesitz
Ausstellungen (Auswahl)
- 2019: Hamburger Schule – Das 19. Jahrhundert neu entdeckt (12. April bis 14. Juli), Hamburger Kunsthalle
- 2018: Faszination Norwegen. Landschaftsmalerei von der Romantik bis zur Moderne (4. März bis 29. August), Museum Kunst der Westküste und Augustinermuseum.
Siehe auch
Literatur
- Gurlitt, Louis. In: Kunstmuseum Düsseldorf, Galerie Paffrath (Hrsg.): Lexikon der Düsseldorfer Malerschule. Band 1: Abbema–Gurlitt. F. Bruckmann, München 1997, ISBN 978-3-8307-0150-7.
- Edwin Kuntz: Gurlitt, Heinrich Louis Theodor. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 329 f. (Digitalisat).
- Helmut R. Leppien: Licht, Farbe und bewegendes Leben. In: Im Lichte Caspar David Friedrichs – Frühe Freilichtmalerei in Dänemark und Norddeutschland. / Baltic Light / Lumière du Nord. Katalog zur Ausstellung 1999/2000 in der National Gallery of Canada, Ottawa, der Hamburger Kunsthalle und dem Thorvaldsens Museum, Kopenhagen.
- Hermann Arthur Lier: Gurlitt, Louis. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 49, Duncker & Humblot, Leipzig 1904, S. 642–644.
- Ulrich Schulte-Wülwer: Malerei in Schleswig-Holstein. Katalog der Gemäldesammlung des Städtischen Museums Flensburg. Heide 1989, ISBN 3-8042-0467-8.
- Ulrich Schulte-Wülwer, Hedinger, Bärbel (Hrsg.) Louis Gurlitt 1812–1897. Porträts europäischer Landschaften in Gemälden und Zeichnungen. Hirmer Verlag, München 1997, ISBN 3-7774-7610-2.
- Constantin von Wurzbach: Gurlitt, Ludwig. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 6. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1860, S. 38–42 (Digitalisat).
- Gurlitt, Louis. In: Ulrich Thieme, Fred. C. Willis (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 15: Gresse–Hanselmann. E. A. Seemann, Leipzig 1922, S. 348 (Textarchiv – Internet Archive).
Weblinks
- Literatur von und über Louis Gurlitt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Louis Gurlitt, Datenblatt im Portal rkd.nl (Rijksbureau voor Kunsthistorische Documentatie)
- Werke des Malers
- Mann des Tages
- Gemälde von Louis Gurlitt, Ausschnitt der Sendung Lieb & Teuer, NDR, 1. April 2018, mit Janin Ullmann und dem Kurator der Hamburger Kunsthalle Daniel Koep, Schloss Reinbek
- Nachlass Bundesarchiv N 1826
Einzelnachweise
- ↑ Gurlitt, Louis. In: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie. Personenlexikon. Band 2. Wallstein, Göttingen 2003, ISBN 3-7672-1366-4, S. 163 in der Google-Buchsuche.
- ↑ Die Genseler (PDF; 11,9 MB), S. 9. (Fußnote), ebooks
- ↑ Louis Gurlitt (Memento des vom 26. Juli 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Biografie im Portal kettererkunst.de, abgerufen am 24. Juli 2014
- ↑ Friedrich Noack: Das Deutschtum in Rom seit dem Ausgang des Mittelalters. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1927, Band 2, S. 226
- ↑ Wiener Nachrichten. (…) Auf der diesmonatlichen Ausstellung (…). In: Lokalblatt der Wiener Zeitung, Beilage zur Oesterreichisch-Kaiserlichen Wiener Zeitung, Nr. 79/1853, 2. April 1853, S. 306, Mitte unten. (online bei ANNO).
- ↑ Familien-Nachrichten. (…) Getraut. In: Deutsche Allgemeine Zeitung, Nr. 190/1847, 9. Juli 1847, S. 1688, Mitte rechts. (online bei ANNO).
- ↑ Louis Gurlitt, Ulrich Schulte-Wülwer, Bärbel Hedinger, Louis Gurlitt, 1812-1897: Porträts europäischer Landschaften in Gemälden und Zeichnungen, 1997, S. 97
Anmerkungen
- ↑ Bis 1859 war Gurlitt Alois, Landschaftsmaler an der Adresse Wien-Leopoldstadt, Große Stadtgutgasse 396 (später: 44; heute: etwa Heinestraße 30/32) als wohnhaft eingetragen. – Siehe: Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Jahrgang 1859, Teil A, S. 255 Mitte.