Lubomierz | ||
---|---|---|
Basisdaten | ||
Staat: | Polen | |
Woiwodschaft: | Niederschlesien | |
Powiat: | Lwówek Śląski | |
Gmina: | Lubomierz | |
Fläche: | 8,05 km² | |
Geographische Lage: | 51° 1′ N, 15° 31′ O | |
Höhe: | 354 m n.p.m. | |
Einwohner: | 1987 (31. Dezember 2020) | |
Postleitzahl: | 59-623 | |
Telefonvorwahl: | (+48) 75 | |
Kfz-Kennzeichen: | DLW | |
Wirtschaft und Verkehr | ||
Nächster int. Flughafen: | Breslau | |
Lubomierz (deutsch Liebenthal; 1945–1947 polnisch Miłosna) ist eine Kleinstadt mit nahezu 2000 Einwohnern im Powiat Lwówecki in der Woiwodschaft Niederschlesien in Polen. Sie ist Sitz der gleichnamigen Stadt-und-Land-Gemeinde mit 6177 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2020). Diese gehört der Euroregion Neiße an.
Geographische Lage
Die Stadt liegt im Südwesten Niederschlesiens, etwa 40 km südöstlich von Görlitz und 18 km nordwestlich von Jelenia Góra (Hirschberg). Die Stadt erstreckt sich in einem Tal des Isergebirgsvorlands an der Ölse (Oľdza).
Geschichte
Ihren Namen verdankt die Stadt den Rittern von Liebenthal, die 1251 erstmals nachgewiesen sind und in der Gegend Land besaßen. Die Witwe Jutta von Liebenthal gründete 1287 ein Benediktinerinnenkloster, worauf das von ihm abhängige Dorf ausgebaut wurde und 1291 von Bolko I. von Schweidnitz-Jauer das Magdeburg-Löwenberger Stadtrecht erhielt. Im selben Jahr wurde Liebenthal ummauert.
Die neue Stadt erstreckte sich entlang der Handelsstraße Prag–Görlitz, an der ein langgezogener Straßenmarkt angelegt wurde. In ihrer Bedeutung entsprach die Stadt einem Marktort. Verschiedene Privilegien, wie das Brau- und Kelterrecht oder der Leinenhandel, sowie der jährliche Jahrmarkt erlaubten einen gewissen Aufschwung, der aber von häufigen Bränden gebremst wurde. Die Stadt blieb dem Kloster abgabenpflichtig, das auch die Gerichtsbarkeit innehatte und Einfluss auf die Stadtverwaltung nahm. Die Klosterkirche war außerdem Sitz eines Archipresbyterats.
Liebenthal gehörte zum Herzogtum Schweidnitz-Jauer, das nach dem Tod des Herzogs Bolko II. 1368 erbrechtlich an die Krone Böhmen fiel, wobei Bolkos Witwe Agnes von Habsburg ein lebenslanger Nießbrauch zustand. 1408 bestätigte der böhmische König Wenzel IV. die Privilegien. Nach den Verwüstungen der Hussitenkriege 1426 wurde eine Schützenbruderschaft gegründet. 1526 gelangte Liebenthal zusammen mit dem Herzogtum Schweidnitz an die Habsburger in deren Eigenschaft als Könige von Böhmen. 1544 wurde eine Schule gegründet. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts erfolgte ein wirtschaftlicher Aufschwung durch das örtliche Leinenwebereihandwerk, der bis zum Dreißigjährigen Krieg anhielt.
Nach dem Ersten Schlesischen Krieg 1742 fiel Liebenthal an Preußen. 1816 wurde es dem Landkreis Löwenberg zugeordnet. 1829 erwarb die Stadtverwaltung für 50.000 Reichstaler das Dominium, bzw. Klostervorwerk Liebenthal. Auch wenn die Einwohner Liebenthals fast zur Gänze katholisch waren, nahm die Bedeutung des Protestantismus mit preußischer Herrschaft zu. Im Zuge der Säkularisation wurde das Benediktinerinnenkloster 1810 aufgelöst, blieb aber als Zentralkloster der geschlossenen schlesischen Frauenklöster bestehen und wurde ab 1845 von Ursulinen geführt. Für die 150 Protestanten aus Liebenthal und Umgebung stiftete Friedrich Wilhelm IV. 1852 die evangelische Kirche. Bereits 1843 hatten die Ursulinen eine Mädchenschule mit Pensionat gegründet. 1863 folgte ein katholisches Lehrerseminar. Der Anschluss an die Eisenbahnlinie Greiffenberg–Löwenberg 1885 änderte wenig an der geringen wirtschaftlichen Bedeutung der Landstadt.
Im Jahr 1945 gehörte die Stadt Liebenthal zum Landkreis Löwenberg im Regierungsbezirk Liegnitz der preußischen Provinz Niederschlesien des Deutschen Reichs.
Von direkten Einwirkungen des Zweiten Weltkriegs blieb Liebenthal verschont und wurde erst nach der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 von der Roten Armee besetzt. Die Stadt wurde im Sommer 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht unter polnische Verwaltung gestellt und erhielt in Anlehnung an den deutschen Ortsnamen die polnische Bezeichnung Miłosna, was so viel wie „die Liebliche“ bedeutet. Erst 1947 kam der bis heute beibehaltene Ortsname Lubomierz in Gebrauch. Nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung durch die örtliche polnische Verwaltungsbehörde aus Liebenthal konnte die frühere Einwohnerzahl nur langsam durch Ansiedlung polnischer Neubürger wieder erreicht werden. Diese kamen zum Teil aus den im Rahmen der „Westverschiebung Polens“ an die Sowjetunion gefallenen Gebieten östlich der Curzon-Linie. In den 1970er Jahren verfiel die Stadt zunehmend, so dass die Laubenhäuser der Nordostseite des Rings vor der Pfarrkirche abgerissen wurden.
Heute zählen die hohe Arbeitslosigkeit, die 2006 29,3 % im Powiat betrug, und die Abwanderung, die in den letzten Jahren aber gebremst werden konnte, zu den Problemen der Gemeinde, die aus der Lage abseits von großer Industrie und Verkehrsverbindungen – der Eisenbahnverkehr wurde eingestellt – resultieren. Andererseits gewinnt der Tourismus dank der landschaftlich schönen Lage vor dem Isergebirge und dem historischen Stadtbild, das für viele in Polen bekannte Filme und Serien (vor allem die Serie Sami swoi) als Kulisse diente, zunehmend an Bedeutung. Seit 1992 wird alljährlich das Polnische Komödienfestival (Ogólnopolski Festiwal Filmów Komediowych) veranstaltet.
Einwohnerentwicklung
Die Einwohnerzahlen der Stadt nach dem jeweiligen Gebietsstand (neuere Zahlen ohne Stadt- und Landgemeinde):
|
|
Gemeinde
Stadt-und-Land-Gemeinde
Zur Stadt-und-Land-Gemeinde (gmina miejsko-wiejska) Lubomierz mit einer Fläche von 130,4 km² gehören die Stadt selbst und 13 Dörfer mit Schulzenämtern.
Wappen
Das Wappen der Gemeinde und der Stadt Lubomierz zeigt auf goldenem Grund eine wachsende, grün gewandete Bischofsgestalt, in der Rechten ein rotes Buch, in der Linken einen roten Krummstab.
Diese Darstellung findet sich bereits in Siegeln des 15. Jahrhunderts, wobei der Bischof für den Heiligen Bischof Maternus steht, den Patron des Benediktinerklosters und auf die jahrhundertelange Verbindung zwischen Stadt und Kloster hinweist.
Partnerschaft
Am 20. Juli 2008 wurde mit der sächsischen Stadt Wittichenau eine Partnerschaft geschlossen.
Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
Marktplatz und Rathaus
- Den langgezogenen Marktplatz (Rynek), der nach Westen hin ansteigt, säumen Bürgerhäuser vom 16. bis zum 19. Jahrhundert – im Süden mit Lauben. Inmitten des Rings finden sich zwei Häuserblöcke, in deren östlichem das Rathaus die Front einnimmt. Hinter dem Rathausbau verläuft ein kleines Gässchen mit Schwibbögen und an der Straßenecke findet sich eine Staupsäule. Den Rathausvorplatz (Niederring) nimmt die von vier Heiligenstatuen, darunter der des heiligen Rochus, und einer Balustrade gesäumte barocke Mariensäule ein, eine Stiftung der Familie Tanner, die an eine Seuche von 1613 erinnert, die 989 Bürger dahingerafft haben soll. Mit dem Maternusbrunnen von 1712, der den Bischof Maternus auf einer gewundenen Säule darstellt, findet sich zwischen beiden Ringblöcken (Oberring) ein weiteres barockes Denkmal. Dahinter steht das Leinenweberhaus – im Kern ein Renaissancebau des 16. Jahrhunderts (u. a. Fensterrahmen), in dem das Muzeum Kargula i Pawlaka untergebracht ist.
- Das städtische Rathaus ist ein schlichter Bau mit Krüppelwalmdach und hoher Freitreppe, der seine heutige Gestalt einem Umbau von 1837–39 nach dem Stadtbrand von 1802 verdankt. Barock ist dagegen der zierliche Dachreiter mit Zwiebelhaube.
Pfarrkirche St. Maternus und Kloster
- Die ehemalige Klosterkirche, die Pfarrkirche St. Maternus (Kościół Wniebowzięcia NMP i św. Maternusa) ist das bedeutendste Bauwerk der Stadt und eines der wichtigsten Barockbauwerke Schlesiens. Südwestlich der Kirche schließt sich das ehemalige Benediktinerinnenkloster an.
Siehe St. Maternus (Lubomierz)
Weitere Kirchenbauten
- Die dreischiffige Friedhofskirche St. Anna in der Obervorstadt (Górne Przedmieście) wurde 1668 errichtet und in der Folge mehrfach umgebaut. Die Ausstattung des Innern ist barock. Auf dem Friedhof findet sich die Grabkapelle des Dichters Christian Jakob Salice-Contessa von 1826.
- Die erstmals 1666 erwähnte Heiligkreuzkirche in der Niedervorstadt (Dolne Przedmieście) soll an der Stelle erbaut worden sein, an der die Tochter eines Ratsherrn ein goldenes Kreuz gefunden haben soll. Der heutige neugotische Saalbau mit Dachreiter wurde nach einem Brand 1875 errichtet.
- Die neugotische ehemalige evangelische Kirche stammt ebenso wie die angebaute evangelische Schule und das Pfarrhaus von 1852. Im Gebäudekomplex ist heute die Galeria Za Miedzą untergebracht.
Museen
- Den Protagonisten des bekanntesten der in Lubomierz gedrehten Filme, der Serie Sami swoi, den aus den polnischen Ostgebieten vertriebenen und in ehemals deutschen Gebieten angesiedelten Familien Kargul und Pawlak, wurde das Muzeum Kargula i Pawlaka am Marktplatz gewidmet. Die Holzfiguren der Familienväter Kargul und Pawlak flankieren den Eingang und im Museum befindet sich unter anderem Originalrequisiten.
Söhne und Töchter der Stadt
- Hieronymus Vietor (Binder, Böttcher, Büttner; um 1480–1546), Buchdrucker und Verleger in Wien und Krakau
- Friedrich Walitza (1892–1962), Jurist, Generaldirektor der Ersten Österreichischen Sparkasse, Generalrat der Österreichischen Nationalbank
- Joseph Wiesner (1913–1975), klassischer Archäologe
- Jürgen Krause (1944–2016), Informationswissenschaftler
Literatur
- Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen: Schlesien. Deutscher Kunstverlag München, Berlin 2005. ISBN 3-422-03109-X
- Zbigniew Dygdałowicz, Eginbert Faßnacht: Lubomierz – Kronika z wieży ratusza. Liebenthal – Die Chronik aus dem Rathausturm. Polnisch und Deutsch, Übersetzung: Kamil Basiński. AD REM, Jelenia Góra 2014. ISBN 978-83-64313-35-6
Weblinks
- Lubomierz na portalu polska-org.pl
- Webpräsenz der Stadt
- karkonosze.info.pl
- Der Ort Krummöls
Liebenthal. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 10, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 772.
Fußnoten
- 1 2 Vgl. Johann Georg Knie: Alphabetisch-statistisch-topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preuss. Provinz Schlesien. Breslau 1845 (Digitalisat)
- 1 2 3 4 Vgl. karkonosze.info.pl; abger. am 29. März 2008
- 1 2 Vgl. sudety.it (Memento des vom 10. Mai 2006 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. ; abger. am 29. März 2008
- ↑
Quellen der Einwohnerzahlen:
- 1845: – 1885 – 1900: – 1933, 1939: Promotion Michael Rademacher: Landkreis Löwenberg (poln. Lwówek Slaski) (Memento vom 28. Mai 2008 im Internet Archive) – 1910: – 1969: Heinz Rudolf Fritsche: Schlesien Wegweiser. Bechtermünz Verlag, Augsburg 1996 – 1980: Encyklopedia Powszechna PWN – 1995, 2000, 2005: Link (Memento vom 16. Februar 2008 im Internet Archive)
- ↑ Vgl. lubomierz.legnica.opoka.org.pl; abger. am 29. März 2008
- ↑ Muzeum Kargula i Pawlaka (Memento vom 13. Juni 2017 im Internet Archive)