Ludwig Knorr (* 2. Dezember 1859 in München; † 4. Juni 1921 in Jena) war ein deutscher Chemiker.

Leben und Werk

Knorr studierte nach dem Abitur in München, in Heidelberg bei Robert Bunsen und später in Erlangen Chemie. Knorr promovierte dort 1882 bei Emil Fischer mit der Arbeit Über das Piperyl-Hydrazin. Er habilitierte sich dort 1885 und wechselte gemeinsam mit Fischer nach Würzburg. In dieser Zeit arbeitete er vor allem an der Synthese von stickstoffhaltigen Heterocyclen mit Acetessigester (Knorr-Synthesen). Auch die Entdeckung der Paal-Knorr-Synthese zusammen mit Carl Paal fällt in diese Zeit. Teil dieser Arbeiten war auch die Suche nach Chinin ähnlichen Substanzen, die auch auf ihre medizinische Wirksamkeit überprüft wurden. Das von Knorr entdeckte Antipyrin, das von Wilhelm Filehne bei Hoechst getestet wurde, stellte sich als fiebersenkend und schmerzlindernd heraus. Das Antipyrin wurde 1883 patentiert und war bis zur weiten Verbreitung des Aspirins, Anfang des 20. Jahrhunderts, das meist verwendete Arzneimittel. Das später entwickelte Pyramidon wurde ebenfalls ein wirtschaftlich erfolgreiches Medikament.

Während des Jahres 1884 heiratete er Elisabeth Piloty, die Schwester von Oskar Piloty, einem Laborkollegen aus der Zeit an der Universität München. Mit ihr hatte er fünf Kinder.

Nach dem plötzlichen Tod von Anton Geuther 1889 übernahm er dessen Lehrstuhl für Chemie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, den er bis zu seinem Tode innehatte. 1898 wurde er als ordentliches Mitglied in die Königlich Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften aufgenommen.

Geuther hatte 1863 den Acetessigester entdeckt, aber bei der Formulierung der Strukturformel einen Streit mit Edward Frankland und Johannes Wislicenus vom Zaun gebrochen. Die Ketoform, bei der eine CO-Doppelbindung vorhanden ist, und die Enolform mit einer CC-Doppelbindung, an der eine Hydroxygruppe hängt, waren beide möglich und konnten durch Versuche bestätigt werden. Erst Knorr konnte 1911 den Streit entscheiden: die beiden Strukturen stehen im Gleichgewicht, das abhängig von den Versuchsbedingungen verschoben werden kann. Die Keto-Enol-Tautomerie war zwar schon theoretisch erklärt worden, aber mit den von Knorr isolierten Verbindungen konnte sie auch experimentell bestätigt werden. Dazu fällte er die Ketoform bei −78 °C aus, oder destillierte sie im Vakuum in einer Quarzapparatur ab. Quarz wurde verwendet, weil geringe Mengen an Alkaien die in Laborglas vorhanden sind dazu führen, dass sich schnell wieder das Gleichgewicht von Keto- und Enolform einstellt.

Grabstätte

Die Grabstätte von Ludwig Knorr befindet sich auf dem Alten Südlichen Friedhof in München (Neu Arkaden Platz 22 bei Gräberfeld 27) Standort.

Ehrungen

Die Universität Erlangen verleiht seit 1997 einen Ludwig-Knorr-Preis. In Leverkusen-Wiesdorf ist eine Straße nach Ludwig Knorr benannt.

Verwandtschaft

Ludwig Knorr ist verwandt mit dem Chemiker Eduard Knorr (1867–1926), nach dem die Koenigs-Knorr-Methode benannt wurde. Er war der Onkel von Angelo Knorr, Chemiker und Präsident des FC Bayern München.

Literatur

  • Herrmann A. L. Degener: Wer ist’s? Zeitgenossenlexikon. Verlag von H.A. Ludwig Degener, IV. Auflage, Leipzig 1909, S. 725
  • Ludwig Knorr. zum Gedächtnis (1859–1921). In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 60. Jahrgang, Nr. 1, 1921, S. A1–A34, doi:10.1002/cber.19270600155.
  • Grete Ronge: Knorr, Ludwig. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 218–220 (Digitalisat).
  • Rüdiger Stolz: "... und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker..." : Ludwig Knorr und die Entdeckung der ersten synthetischen Arzneimittel. Weimar : Weimarer Verl.-Ges. 2012 ISBN 978-3-941830-22-6

Einzelnachweise

  1. Informationen zu und akademischer Stammbaum von Ludwig Knorr bei academictree.org, abgerufen am 24. Februar 2018.
  2. Mitglieder der SAW: Ludwig Knorr. Sächsische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 2. November 2016.
  3. Knorr L., Rothe O., Averbeck H.: Tautomerie IV. Desmotropismus von Acetessigester. In: Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Band 44, 1911, S. 1138–1157, doi:10.1002/cber.191104401170.
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