Ludwig Lutz (* 27. August 1820 in Schelklingen; † 1889 in Ellwangen (Jagst)) war ein Flaschnermeister und Fabrikant von Blechspielwaren in Ellwangen an der Jagst.

Leben

Der Sohn des Tagwerkers Matthias Lutz (1787–1836) und dessen Ehefrau Franziska Baumann (1782–1829) besuchte wohl die Schule in Schelklingen und erhielt 1834 die Heilige Kommunion. Am 26. August 1844 erschien er vor dem Schelklinger Stadtrat und beantragte die Dispensierung von der Minderjährigkeit (er war 24 Jahre alt), da er das Meisterrecht im Flaschnerhandwerk erwerben und sich in Ellwangen (Jagst) niederlassen wollte. Gleichzeitig wurde ihm ein Vermögen von 1.200 Gulden attestiert. Im Jahre 1844 ließ er sich auch gleich in Ellwangen nieder. Drei Jahre später, offenbar hatte er mittlerweile die Meisterprüfung absolviert, ehelichte er am 6. Juli 1847 Franziska Zimmermann aus Ehingen (Donau), Tochter des Gastwirts NN Zimmermann.

Wie der Sohn eines Tagelöhners mit 24 Jahren ein Vermögen von 1.200 Gulden besitzen konnte, ist erklärungsbedürftig. Ein Faktor könnte sein, dass Lutz ein Einzelkind war, da alle seine fünf Geschwister bereits als Säuglinge verstarben. Sein Vater Matthias heiratete zwar am 15. September 1829 ein zweites Mal, und zwar Anna Maria Kräutle von Hausen o.U. (1782–1853), in welcher Ehe verständlicherweise aber keine Kinder mehr entstanden. Eine weitere Erklärung könnte sein, dass er seinen Onkel Domkaplan Joseph Baumann (1780–1841) in Rottenburg am Neckar beerbte. So verkaufte er das Wohnhaus seines Onkels um 300 Gulden an seine beiden Cousinen Hildegard und Theresia Baumann. Von seinen Eltern erbte er außerdem das Hausdrittel in der Färbergasse 19 und 21, in welchem er wohl auch geboren wurde.

In Ellwangen fabrizierte Lutz zunächst traditionelle Flaschnerware, stieg aber bald in die Herstellung von lackiertem Blechspielzeug ein. Dieser Produktionszweig war von großem Erfolg gekrönt und die Firma verkaufte auch ins europäische Ausland, so nach Frankreich, Spanien, in die Schweiz, nach Russland und Belgien.

Lutz hatte zusammen mit seiner Ehefrau Franziska Zimmermann drei Kinder: ältester Sohn war Adolf, welcher nach Paris in die Kaufmannslehre geschickt wurde und zunächst die Leitung des Familienbetriebs übernahm, später aber in Paris Direktor der BASF-Niederlassung wurde. Der zweite Sohn August (1853–1899) lernte ebenfalls Kaufmann und übernahm später die väterliche Firma. Die Tochter Anna war ständige Mithilfe im Geschäft.

Im Laufe der Jahrzehnte machte sich der Firmenstandort nachteilig bemerkbar, auch war der Kapitalbedarf für Maschinen etc. so angewachsen, dass ein Weiterbetrieb der Firma für die Familie unmöglich erschien. So verkaufte der Sohn August Lutz im Jahre 1891 die Firma an die Göppinger Firma Gebrüder Märklin & Cie.

Produkte

Von vielen Spielzeugprodukten ist nach dem heutigen Stand des Wissens kein Exemplar mehr vorhanden; nur die „Musterbücher“ zeigen die weite Bandbreite des Sortiments auf.

  • Bodenläufer-Lokomotive im „amerikanischen Stil“, Spurweite ca. 105 mm, um 1890 (Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, Zweigmuseum Schloss Aulendorf (=WLS)).
  • Festung mit Drehbühne und Musikwerk, um 1885 (WLS).
  • Kalesche mit Lakaiensitz, um 1885 (WLS).
  • Bodenläufer-Zug ohne Antrieb, Spurweite 75 mm, um 1890 (Historisches Museum der Stadt Frankfurt)
  • Feuerspritze, um 1890 (Privatbesitz, Leihgabe Schlossmuseum Ellwangen).
  • Landschaftsmodell mit Hammer- und Sägewerk, um 1890 (Städtisches Museum Göppingen im „Storchen“).
  • Pferdekutsche, um 1890 (WLS).
  • Pferdeschlitten, um 1890 (WLS).
  • Uhrwerkgetriebene Lokomotive, 1890/91 (Privatbesitz, Leihgabe Schlossmuseum Ellwangen).

Firmenschriften

  • Musterbücher aus den 1880er Jahren (im Firmenarchiv Märklin, Göppingen).
  • Arbeiterbücher von 1900 und 1907 (im Firmenarchiv Märklin, Göppingen).

Siehe auch

Quellen und Literatur

  • Baecker, Carlernst und Christian Väterlein (1982), Vergessenes Blechspielzeug: »Die anderen Württemberger«; ein Bildband über die ehemaligen württembergischen Spielzeughersteller Rock & Graner, Striebel, Lutz. Germany’s Forgotten Toymakers: »Die anderen Württemberger«; Picture-book about the Former Toymakers from Württemberg Rock & Graner, Striebel, Lutz. (Übersetzung: Schmidt & Schmidt; Danielle Kohl). Frankfurt/Main: Verlag der Frankfurter Fachbuchhandlung Michael Kohl. 159 S. (Abschnitt „Ludwig Lutz“, S. 107–156).
  • Eberl, Immo, unter Mitarbeit von Irmgard Simon und Franz Rothenbacher (Bearb.) (2012), Die Familien- und Personenstandsfälle in den Pfarreien Stadt Schelklingen und Kloster Urspring (1602–1621, 1657–) 1692–1875. 2. Auflage. Franz Rothenbacher, Mannheim, Seite 279, Nr. 1097, Kind 6 Volltext (PDF; 7,0 MB).
  • Hummel, Herbert (1987), Erfinder und Tüftler im Alb-Donau-Kreis. Ulm: Süddeutsche Verlagsgesellschaft, S. 36–38 (Abschnitt „Ludwig Lutz (1820–1889): Pionier der Spielzeugeisenbahn)“. ISBN 3-88294-112-X.
  • Kulturamt der Stadt Ellwangen (1985), Und ab ging die Eisenbahn …: Ludwig Lutz – historisches Blechspielzeug aus Ellwangen; Ausstellung vom 14. Dezember 1985 bis 6. Januar 1986 im Großen Saal des Landgerichts Ellwangen (Jagst); Informationsheft. Veranstalter: Stadt Ellwangen in Zusammenarbeit mit dem Württembergischen Landesmuseum Stuttgart. Zusammengestellt und hrsg. vom Kulturamt der Stadt Ellwangen. Ellwangen: Kulturamt der Stadt Ellwangen. 16 S.
  • Kulturamt der Stadt Ellwangen (1986), Ludwig Lutz, 1820–1889; Fabrikant von Blechspielwaren; [Ausstellung vom 14. Dezember 1985 – 6. Januar 1986 im Großen Saal des Landgerichts Ellwangen (Jagst)] / [Stadt Schelklingen, Stadtarchiv. Veranstalter: Stadt Ellwangen in Zusammenarbeit mit dem Württembergischen Landesmuseum Stuttgart]. Schelklingen: Stadtarchiv. (Schelklinger Hefte, Nr. 10). 16 S.
  • Rothenbacher, Franz (1995), Häuserbuch der Stadt Schelklingen. Bd. 2: Häusertabellen. Schelklingen: Stadtarchiv (S. 130–135, hier S. 132: Färbergasse 19 und 21).
  • Scheble, Quintus B. (1985–1986), Ein Qualitätsbegriff für historisches Blechspielzeug: die Ellwanger Firma Ludwig Lutz. Ellwanger Jahrbuch, Bd. 31, S. 91–104.
  • Schlossmuseum Aulendorf. Zweigstelle des Württembergischen Landesmuseums Stuttgart (Hrsg.) (1997), Alte Spielsachen. Begleitbuch von Dieter Büchner, Andrea Tietze und Christian Väterlein. Mit Textbeiträgen von Dieter Pohl, Friederike Valet und Botho G. Wagner. Stuttgart: Württembergisches Landesmuseum, S. 83. ISBN 3-929055-45-7. 140 S.
  • Schlossmuseum Aulendorf (Hrsg.) (2004), Faszination Blechspielzeug. Bietigheim-Bissingen. Stadtmuseum Hornmoldhaus und Stuttgart: Württembergisches Landesmuseum, bes. S. 6–7. (Aulendorfer Hefte, Nr. 3). ISBN 3-929055-62-7. 17 S.
  • Würfel, Maria (1997), Landschaftsmodell mit Hammer- und Sägewerk: technisches Spielzeug im Städtischen Museum Göppingen im „Storchen“. Geschichte regional, Bd. 4, S. 31–37.
  • Württembergischen Landesmuseum Stuttgart (Hrsg.) (1995), Eisenbahnen im Alten Schloß. Begleitbuch zu Ausstellung vom 3. Dezember 1995 – 25. Februar 1996, bearb. von Christian Väterlein, mit Textbeiträgen von Dieter Büchner und Hans Zschaler. Stuttgart: Württembergisches Landesmuseum. ISBN 3-929055-40-6. 108 S. (Abschnitt „Blechspielzeug aus Biberach und Ellwangen“, S. 51–60, bes. S. 57–60).

Einzelnachweise

  1. Ratsprotokoll Schelklingen vom 26. August 1844; nach Kulturamt der Stadt Ellwangen (1986), Rückseite Hinterer Einband: „Schelklingen 26. August 1844 | §. 285. | Ludwig Luz, geboren den 27. August 1820. somit 24. Jahre alt, wünscht sich von der Minderjährigkeit dispensiren zu lassen um sodann als Flaschner das Meisterrecht zu erwerben wo er alsdann Gelegenheit hätte, sich in der Oberamtsstadt Ellwangen häuslich niederzulassen. | Er bittet um ein stadträthliches Zeugniß. | Beschluß | zu bezeugen, daß Luz ein gutes Prädikat und ein Vermögen von 1,200 fl habe. Daß dahier zwar kein Flaschnermeister sich befindet, übrigens ein socher (!) sich hier nicht fortbringen könnte und daß es für Luz erwünscht seyn müsse, eine Gelegenheit zu seiner Unterkunft in Ellwangen zu finden. – Am 29. Aug. 1844. gegen Entrichtung von 10. fl Sporteln von der Minderjährigkeit dispensirt.“
  2. Eberl et al. (2012): Seite 70, Nr. 67, Kind 5.
  3. Eberl et al. (2012): Seite 72, Nr. 74, Kinder 2 u. 7.


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