Madeleine Pelletier (* 18. Mai 1874 in Paris; † 19. Dezember 1939 in Épinay-sur-Orge) war eine französische Ärztin und Psychiaterin. Sie gilt als eine der einflussreichsten französischen Feministinnen und Sozialistinnen vor Simone de Beauvoir.

Leben und Wirken

Pelletier wuchs in Paris auf, wo ihre Mutter Anne Palassy aus der Auvergne und ihr Vater Louis Pelletier aus Deux-Sèvres sich zum ersten Mal begegnet waren. Ihr Vater hatte Arbeit im Transportgewerbe gefunden, ihre Mutter arbeitete als Hausangestellte. Nachdem 1865 ein drittes Kind geborenen wurde, machten sich die Eltern als Früchte- und Gemüsehändler selbstständig. Die Geschäfte liefen schlecht, zudem war ihr Vater nach einem Unfall 1878 schwer gelähmt und auf Pflege angewiesen. Nur zwei Kinder hatten 12 Schwangerschaften der Mutter überlebt. Das Leben hatte sie hart gemacht und ihrer Tochter entfremdet, die Wege suchte, der Kälte und dem sozialen Elend zu entkommen. Auch von der zunehmenden Religiosität der Mutter grenzte sie sich ab.

Zunächst in der Anthropologie tätig, studierte sie mit Charles Letourneau und Léonce Manouvrier das Verhältnis von Schädelgröße und Intelligenz nach Paul Broca. Dessen Vorstellung, die Schädelgröße des Menschen stelle ein Maß der Intelligenz dar, und demzufolge seien Frauen Männern generell intellektuell unterlegen, griff sie später an und verließ die Anthropologie. 1906 wurde sie als erste Französin als Psychiaterin zugelassen.

Zeitlebens Aktivistin in der Frauenbewegung stand sie schon in ihrer Jugend in Kontakt zu feministischen und anarchistischen Gruppen. 1906 wurde sie Sekretärin von La Solidarité des femmes und etablierte diese als eine der radikalsten feministischen Organisationen ihrer Zeit. 1908 vertrat sie sie auf den Demonstrationen für das Frauenwahlrecht im Hyde Park. Sie gab deren Zeitschrift La suffragiste heraus. In dieser Zeit war sie auch an der Französischen Sektion der Arbeiter-Internationale (SFIO) beteiligt, gehörte in der Folge bis zum Ausbruch des Weltkrieges deren Leitungsgremium an und vertrat die SFIO wiederholt auf internationalen Sozialistenkongressen. 1904 unterbrach sie ein Bankett zur Einhundertjahrfeier des Code civil, und sowohl sie als auch Hubertine Auclert demonstrierten 1908 vor Wahllokalen. Doch ihre militante Taktik hatte weder bei ihren Mitstreiterinnen noch in der Öffentlichkeit Erfolg.

Zudem war sie seit 1904 Freimaurerin in der gemischt-geschlechtlichen Loge La Nouvelle Jérusalem. Sie stand dem Neo-Malthusianismus (siehe: Thomas Robert Malthus) nahe, schrieb für Le Néo-Malthusian und propagierte Geburtenkontrolle und das Recht auf Schwangerschaftsabbruch.

Nach ihrem Tod wurde sie im Gemeinschaftsgrab der Psychiatrieklinik von Perray-Vaucluse beerdigt.

Schriften (Auswahl)

  • La femme en lutte pour ses droits, 1908
  • Idéologie d'hier: Dieu, la morale, la patrie, 1910
  • L'émancipation sexuelle de la femme, 1911
  • Le Droit à l'avortement, 1913
  • L'éducation féministe des filles, 1914
  • Mon voyage aventureux en Russie communiste, 1922 (zuerst Ende 1921 in La Voix de la Femme)
  • La femme vierge (Autobiographie), 1933

Siehe auch

Literatur

  • C. S. Allen: Sisters of Another Sort: Freemason Women in Modern France, 1725–1940 In: The Journal of Modern History, 2003, 75: 783–835
  • F. Gordon: The Integral Feminist, Madeleine Pelletier, 1874 - 1939, Feminism, Socialism and Medicine. 1990, Polity Press
  • C. Sowerwine: Activism and Sexual Identity - the Life and Words of Pelletier, Madeleine (1874-1939). Mouvement Social. 1991, 157: 9–32
  • C. Sowerwine: Woman’s Brain, Man’s Brain: feminism and anthropology in late nineteenth-century France. Women’s History Review. 2003, 12:289-307
  • Christine Bard: Les Filles de Marianne: Histoire des féminismes. 1914–1940. Paris : Fayard, 1995

Einzelnachweise

  1. 1 2 Yannick Ripa: Femmes d'exception – les raisons de l'oubli: Madeleine Pelletier, «un individu avant d'être un sex» (pp. 63–71). Éditions Le Chevalier Bleu, Paris 2018, ISBN 979-1-03180273-2, S. 66–69.
  2. 1 2 Jad Adams: Women and the Vote. A World History. Oxford University Press, Oxford 2014, ISBN 978-0-19-870684-7, Seite 295.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.