Marie Kalkmann (* 1822 in Bremen; † 17. Dezember 1919 ebenda) war eine deutsche Frauenrechtlerin und Musikpädagogin.

Leben und Werk

Marie Kalkmann wurde 1822 in Bremen als ältestes Kind des Kaufmanns und späteren kaiserlich brasilianischen Vizekonsuls und Reeders Ludwig Friedrich Kalkmann und seiner Ehefrau Charlotte Marianne, geb. Keßler, geboren. Der Vater starb 1847/48, die Mutter 1876.

Ihr Vater amtierte im Zeitraum 1827–1847 als brasilianischer Vizekonsul in Bremen und führte in dieser Zeit insgesamt fünf Schiffsreisen nach Südamerika durch, um die deutsche Einwanderung in Brasilien voranzutreiben. Bei diesen Reisen wurde er grundsätzlich von Teilen der Familie begleitet.

Das Wohnhaus der angesehenen Familie Kalkmann war das Haus Schlachte Nr. 5 in der Bremer Altstadt.

Marie Kalkmann hat sich offenbar im Juni 1840 in West Twyford, Greater London, Middlesex, bei Mr. und Mrs. Boothby aufgehalten, wovon ein an sie gerichteter Brief ihrer Schwester, der mutmaßlich älteste deutsche Brief mit Marke, zeugt. Befreundet war sie mit der 1835 geborenen Pädagogin und Sozialpolitikerin Ottilie Hoffmann, der sie auch durch ihre familiären Beziehungen 1851 zu einer Anstellung auf der Insel Isle of Wight verhelfen konnte. Beide engagierten sich im Verein zur Erweiterung des weiblichen Erwerbsgebiets, dem späteren Bremer Frauen-Erwerbs- und Ausbildungsverein, dessen Vorstand Marie Kalkmann über mehrere Jahre angehörte. 1878 brachten sich beide Frauen bei den allwöchentlichen Sonntag-Abend-Unterhaltungen für die Schülerinnen und Mitglieder des Vereins aktiv ein. „In Bremen waren um die 30 u. a. Ottilie Hoffmann, Lucy Lindhorn, Helene Seib und Marie Kalkmann, knapp 40 Mathilde Lammers und Henny Sattler“, schreibt Elisabeth Meyer-Renschhausen. Der Bremer Redakteur und Publizist August Lammers sei der einzige der Herren gewesen, der etwas länger aktiv im Bremer Frauenverein gewesen sei, „eine typische Männergestalt inmitten dieser ersten Generation von Frauenrechtlerinnen“.

Im 1870 gegründeten Frauenbildungsverein, der den Charakter einer Volksbildungseinrichtung hatte, übernahm Marie Kalkmann die Aufgabe, Vortrags- und Unterhaltungsabende zu organisieren. Bis zum Ersten Weltkrieg wurden die Veranstaltungen, zu denen prominente Rednerinnen und Redner geladen wurden, zuweilen von 200 bis 300 Mädchen und Frauen besucht. Es wurde über Themen der Frauenbewegungen wie über sozialpolitische Fragen referiert und diskutiert. Manchmal traten auch Marie Kalkmanns Nichten, die Pianistin Friederike Charlotte (1873–1970) und die Sängerin Charlotte Marie (1874–1947), auf. Mit Ottilie Hoffmann unternahm sie zahlreiche Reisen in die Schweiz, und jedes Jahr lud sie sie zu sich ein, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Ihr Vermögen brachte sie in die Marie-Kalkmann-Stiftung ein.

Im Adreß-Buch der freien Hansestadt Bremen, des Landgebietes und der Hafenstädte Bremerhaven, Geestemünde mit Geestendorf, Vegesack von 1890 war sie eingetragen als „Kalkmann, Marie, Gesanglehrerin, Besselstr. 50“ (wo zuvor noch ihre 1829 geborene Schwester Albertine, Lehrerin, verzeichnet gewesen war). 1904 war sie im Adressbuch unter der gleichen Adresse als Musik- und Gesanglehrerin angegeben.

Der Bremen-Chronist Hubert Wania notiert in seiner Publikation 15 Jahre Bremen 1906–1920 unterm 17. Dezember 1919: „17. † Marie Kalkmann im 98. Lebensjahre. Sehr verdient um musikalische Bestrebungen.“

Literatur

  • A[ugust] L[ammers]: „Vereinsberichte“. In: Der Frauen-Anwalt, hrsg. v. Jenny Hirsch, No. 12/Berlin 1871, S. 456 f.
  • Hugo von Freytag-Loringhoven: Menschen und Dinge wie ich sie in meinem Leben sah. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1923.
  • Wiltrud Ulrike Drechsel (Hrsg.): Östliche Vorstadt. Zur Entstehung eines Stadtteils im 19. Jahrhundert (Beiträge zur Sozialgeschichte Bremens, Heft 9). Bremen 1985, S. 223.
  • Elisabeth Meyer-Renschhausen: Weibliche Kultur und soziale Arbeit – eine Geschichte der Frauenbewegung am Beispiel Bremens 1810–1927. Böhlau Verlag, Köln 1989.
  • Bremer Frauen von A–Z. Ein biographisches Lexikon – Kurzbiographien. Hrsg. von Hannelore Cyrus u. a., Verlag in der Sonnenstraße, Bremen 1991, S. 409.
  • Renate Meyer-Braun (Hrsg.): Frauen • Geschichte • Bremen. Bd. 3, WE FF Verlag, Bremen 1991.

Einzelnachweise

  1. Marie Kalkmann auf bremerfrauengeschichte.de, abgerufen am 29. Januar 2021. Ihre Schwester Mathilde Kalkmann heiratete 1847 in Rio de Janeiro den Geschäftsträger Carl Gottlob von Freytag-Loringhoven (1811–1882). Sabine Grimm, Adelslinien – Die Herren von Frydag. Unruhige Zeiten, 2011, S. 155, berichtet, Ludwig Friedrich Kalkmann habe einst mit seinen beiden ältesten Töchtern, darunter Mathilde, eine Gesundheitsreise nach Brasilien unternommen, auf der diese den russischen Legationsrat Carl Gottlob von Freytag-Loringhoven kennengelernt habe. Durch Mathilde sei in der Familie (drei Söhne, drei Töchter) „gutes deutsches Bürgerhaus“ geprägt worden. „In ihm wurde die deutsche Bildung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts praktiziert.“ Genealogische Foren nennen überdies die Brüder Heinrich Carl Georg Kalkmann (* 1838) und Hermann Louis Friedrich Kalkmann (* 1840).
  2. L. F. Kalkmann: Reisebriefe aus Brasilien, mit besonderer Rücksicht auf die Auswanderung. C. Schünemann, Bremen 1847.
  3. Das Gebäude Schlachte 5, ursprünglich 1605 errichtet, beherbergte in den unteren beiden Stockwerken das Kontor und die Wohnräume, darüber diente es als Packhaus (Lagerhaus). Dieses Packhaus stand in einer Reihe von drei Packhäusern: Schlachte 3, 4 und 5. Alle drei wurden 1898 abgerissen, für Louis F. Kalkmann & Co. wurde 1904 ein neues Packhaus erbaut. (Peter Strotmann: Das Geheimnis der drei Packhäuser, Weser-Kurier, 16. Mai 2017, abgerufen am 31. Januar 2021; Baudenkmäler als Kultur- und Geschichtsdokumente (Forschungen zur Geschichte der Bau- und Kunstdenkmäler in Bremen, 2), Bremen 1962, S. 410. Beim alliierten Bombenangriff auf Bremen am 6. Oktober 1944 fiel das Haus neben vielen weiteren den Flammen zum Opfer. Im Bremischen Adreß-Buch von 1847 wird als Wohnhaus der Eheleute Kalkmann an der Osterthors-Contrescarpe No. 6, als Comptoir aber weiterhin Schlachte 5 angegeben. Nach dem Tod des Vaters lebte die Witwe Charlotte Kalkmann zunächst im (vorher nicht im Adressbuch verzeichnet gewesenen) Haus Werderstr. 16 in der Altstadt und dann im Haus Charlottenstr. 13 in Bremen-Ostertor.
  4. Erledigte Auktion auf hipstamp.com, abgerufen am 29. Januar 2021. Die Welt, 14. März 2008. James Brownell Boothby (1791–1850) war offensichtlich ein Freund der Familie; er hatte am 1. August 1816 im Wohnsitz des britischen Konsuls in Bahia, Brasilien, Charlotte Cunningham geheiratet (James Brownell Boothby auf wikitree.com, abgerufen am 29. Januar 2021).
  5. Marie Kalkmann auf bremerfrauengeschichte.de, abgerufen am 29. Januar 2021.
  6. Jutta Dalhoff u. a. (Hrsg.): Frauenmacht in der Geschichte. Beiträge des Historikerinnentreffens 1985 zur Frauengeschichtsforschung. Düsseldorf 1986, S. 358.
  7. Elisabeth Meyer-Renschhausen: Weibliche Kultur und soziale Arbeit – eine Geschichte der Frauenbewegung am Beispiel Bremens 1810–1927. Böhlau, Köln 1989, S. 106.
  8. Bremer Frauen von A–Z. Ein biographisches Lexikon – Kurzbiographien. Hrsg. von Hannelore Cyrus u. a., Verlag in der Sonnenstraße, Bremen 1991, S. 409. Die beiden Nichten waren ab 1929 Geschäftsführerinnen des „Seminars der Ortsgruppe Bremen im Reichsverband deutscher Tonkünstler und Musiklehrer e.V.“ (Klaus Blum: Musikfreunde und Musici. Tutzing 1975, S. 448).
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