Marino Zorzi, auch Marinus Georgio oder Marin Zordi (* um 1231; † 3. Juli 1312), war, folgt man der staatlich gesteuerten Geschichtsschreibung der Republik Venedig, ihr 50. Doge. Er regierte wenig mehr als zehn Monate vom 23. August 1311 bis zu seinem Tod.

In dieser kurzen Zeit bahnte der als fromm geltende Doge einen Ausgleich mit dem Papst an, der seinen Vorgänger exkommuniziert hatte. Auch der Krieg gegen das rebellierende Zara in Dalmatien, das sich gegen Venedigs Vorherrschaft wehrte, wurde erst unter seinem Nachfolger beendet. Es gelang allerdings, den langwierigen Krieg mit Padua zu beenden, der durch den Streit um Durchfahrtrechte auf einem der Flüsse ausgelöst worden war. In seinem Testament sah er die Errichtung eines Hospitals für arme Kinder vor.

Dogenamt

Nach dem Tod seines Vorgängers Pietro Gradenigo wurde Stefano Giustinian gewählt, der sich jedoch durch seinen Eintritt in ein Kloster dem Amt entzog. Daraufhin wählte man am 23. August mit 25 von 41 Stimmen den frommen, mildtätigen und im Geruch der Heiligkeit – laut Sansovino „cognominato Santo“ – stehenden Marino Zorzi, der etwa 80 Jahre alt war.

Zorzi betrachtete sein Amt vordringlich als Gelegenheit, die Armen zu beschenken und innerhalb der Republik für Frieden zu sorgen. Seine Promissione – in ihr war jeder Doge gehalten, eidesstattlich eine Reihe von Vorgaben einzuhalten – erwähnt 1311 den Bucintoro, wenn auch nicht zum ersten Mal. Sie beinhaltete aber auch, dass alles, was gegen die Verschwörer des Jahres 1310, vor allem gegen Baiamonte Tiepolo beschlossen worden war, vom neuen Dogen nicht wieder aufgehoben werden durfte. Diese Verschwörung unzufriedener Adelsfamilien unter der Führung von Baiamonte Tiepolo hatte zur Folge, dass hoch angesehene Mitglieder, auch alter Familien hingerichtet worden und solche, die die Dogenpartei unterstützt hatten, im Rang aufgestiegen waren.

Sicher hoffte man, dass der fromme Zorzi wegen seiner Erfahrungen als venezianischer Botschafter in Rom, den Papst leichter bewegen könnte, das Interdikt von 1308 gegen die Stadt aufzuheben. „So konnte der Papst am Katharinentag 1311 [25. November] seinen Nuntien in Ferrara mitteilen, daß Venedig zum Gehorsam gegen die Kirche zurückgekehrt sei“. Der Doge erließ im Januar 1312 sogar ein strenges „Sarazenenverbot“.

Als Heinrich VII. von Luxemburg auf seinem Weg zur Kaiserkrönung nach Rom gewesen war, hatte Venedig eine Gesandtschaft nach Mailand gesandt (6. Januar 1311). Heinrich antwortete am 5. Oktober 1311 aus Cremona. Sie sollten zu seiner Krönung in Rom erscheinen. Am 14. Oktober wurden als Gesandte Pietro Zeno, Guido da Canal, Vital Michieli und Belletto Giustinian gewählt. Doch der Weg zur Krönung in Rom war schwierig, die Widerstände durch die Guelfen erheblich. So erfolgte die Kaiserkrönung erst am 29. Juni 1312.

Währenddessen hatte sich Zara abermals gegen die venezianische Herrschaft erhoben. Venedig entsandte eine Flotte unter Belletto Giustinian und ein Heer unter Renier da Malo. Zur Finanzierung wurde eine Zwangsanleihe aufgelegt, die Messetaria, eine der Maklergebühren Venedigs, wurde erhöht. Am 29. Mai 1312 wurde eine dritte Anleihe aufgelegt. Nach einer Niederlage wurde Belletto Giustinian brutal ermordet. Der Doge schrieb an den ungarischen König, der sich, wie bei fast jeder Rebellion Zaras zu ihrem Schutzherrn erklärte, zwei Briefe, nämlich am 14. Oktober und 12. November 1311. Noch am 17. Oktober verfasste er ein Mahnschreiben an die Zaresen. Der Doge erlebte jedoch das Ende des Krieges nicht mehr.

Allerdings konnte der seit 1303 bestehende feindselige Zustand mit Padua beendet werden. Dabei konnte eine Lösung für den Brenta gefunden werden, so dass die Paduaner einen möglichst geringen Schaden erlitten, die Venezianer aber den Nutzen davontragen konnten. Die Flussschifffahrt sollte bis zur Etsch frei sein, das Holz aus Bassano durch das Territorium geführt werden dürfen. Auch sollten die Paduaner Salz aus Chioggia beziehen dürfen, ein wichtiges Produkt, für das Venedig das Monopol beanspruchte.

In seinem Testament vom 30. Juni 1312 verfügte er die Einrichtung eines Hospitals für arme und verwaiste Kinder beiderlei Geschlechts. Zorzi wurde im Kreuzgang von San Zanipolo bestattet. Bei der Errichtung seines Grabmals spielte seine Witwe Agnese, vielleicht eine Angehörige der Familie Querini, eine wesentliche Rolle. Sie war es auch, die als Vollstreckerin seines Testaments eingesetzt worden war, neben ihrer Schwester Zane (Giovanna), dazu Gracone Dandolo und Fiofio Morosini, die beiden Prokuratoren von San Marco, sowie Marco Vitturi.

Quellen

  • Staatsarchiv Venedig: Cancelleria inferiore, Notai, busta 11: Testament des Dogen mit Datum vom 30. Juni 1312.
  • Ester Pastorello (Hrsg.): Andrea Dandolo, Chronica per extensum descripta aa. 460–1280 d.C. (= Rerum Italicarum Scriptores XII,1), Nicola Zanichelli, Bologna 1938, 2. Aufl., S. 371.
  • Lorenzo De Monacis: Chronicon de rebus Venetis ab U.C. ad annum MCCCLIV, hgg. v. F. Corner, Venedig 1758, S. 107.
  • Roberto Cessi, Fanny Bennato (Hrsg.): Venetiarum historia vulgo Petro Iustiniano Iustiniani filio adiudicata, Venedig 1964, S. 210.
  • Roberto Pesce (Hrsg.): Cronica di Venexia detta di Enrico Dandolo. Origini - 1362, Centro di Studi Medievali e Rinascimentali «Emmanuele Antonio Cicogna», Venedig 2010, S. 115.
  • Francesco Sansovino: Venetia città nobilissima et singolare, Descritta in XIIII. libri, Venedig 1581, S. 5v, 236v.

Literatur

  • Dorit Raines: Cooptazione, aggregazione e presenza al Maggior Consiglio: le casate del patriziato veneziano, 1297–1797, in: Storia di Venezia I (2003) 1–64, hier: S. 11. (online)
  • Claudio Rendina: I dogi. Storia e segreti, Rom 1984, S. 176. ISBN 88-8289-656-0.
  • Giorgio Cracco: Società e Stato nel Medioevo veneziano (secoli XII–XIV), Florenz 1967, S. 366.
  • Andrea Da Mosto: I dogi di Venezia con particolare riguardo alle loro tombe, Ferdinando Ongania, Venedig [1939], nachgedruckt unter dem Titel I Dogi di Venezia, Florenz 1983 und 2003, S. 73.
  • Andrea Da Mosto: I dogi di Venezia nella vita pubblica e privata, Mailand 1966, S. 101 f.
  • Nicolò Papadopoli: Le monete di Venezia, I, Venedig 1893, S. 147–149.
  • Samuele Romanin: Storia documentata di Venezia, Bd. III, Pietro Naratovich, Venedig 1855, S. 83–87. (Digitalisat, S. 83)
Commons: Marino Zorzi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Francesco Sansovino: Venetia città nobilissima et singolare, Descritta in XIIII. libri, Venedig 1581, S. 5v.
  2. Dies geschah bereits unter Renier Zen, wie Holly S. Hurlburt: The Dogaressa of Venice, 1200-1500. Wife and Icon, S. 241, Anm. 67 belegt. Als Quelle nennt sie den Liber promissionum, f. 13v.
  3. Heinrich Kretschmayr: Geschichte von Venedig, 3 Bde., Bd. 2, Gotha 1920, S. 184.
  4. NN: Storia di Venezia, Bd. 3, Venedig 1863, S. 93 f.
  5. Holly S. Hurlburt: The Dogaressa of Venice, 1200-1500. Wife and Icon, S. 131.
  6. (Digitalisat, PDF).
VorgängerAmtNachfolger
Pietro GradenigoDoge von Venedig
1311–1312
Giovanni Soranzo
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