ev. Martin-Luther-Kirche
Niederschlema

Ansicht von Nordosten

Baujahr: 1899
Einweihung: 1899
Baumeister: Otto Görling aus Schneeberg
Architekt: August Hugo Grothe aus Dresden (1857–1909)
Bauherr: Kirchgemeinde Schlema
Grundfläche: 28 × 14 m
Platz: 250 Personen
Lage: 50° 36′ 36″ N, 12° 40′ 49,4″ O
Anschrift: Schulberg 9
Niederschlema
Sachsen, Deutschland
Zweck: evangelisch-lutherisch; Gottesdienst
Gemeinde: evangelisch-lutherische Kirchgemeinde Bad Schlema-Wildbach
Webseite: kirche-badschlema-wildbach

Die Martin-Luther-Kirche im Bad Schlemaer Ortsteil Niederschlema ist eine evangelisch-lutherische Kirche aus dem Ende 19. Jahrhunderts und steht unter Denkmalschutz. Sie gehört seit 2006 zusammen mit der Auferstehungskirche in Oberschlema und der Kirche Wildbach zur Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Bad Schlema-Wildbach.

Lage und Namensgebung

Das Sakralgebäude trägt die offizielle Adresse Schulberg 9 und bildet zusammen mit dem im Jahr 1915 fertiggestellten Pfarrhaus nordwestlich davon ein ansprechendes Bauensemble. Die Kirche ist nicht geostet. Die angegebene Länge des Kirchenschiffes gilt ohne die Apsis.

Bis 1953 hieß das Gotteshaus einfach evangelische Kirche Niederschlema, im Jahr 1954 erhielt es den Namen Martin-Luther-Kirche zu Ehren des Reformators Martin Luther.

Geschichte

Anstelle einer kleinen Kapelle wird Ende des 19. Jahrhunderts ein Gotteshaus

Eine geistliche Betreuung durch einen Priester und die Schaffung eines Raumes, um Gott dienen zu können, war für die Menschen des Hohen Mittelalters ein Bedürfnis wie Essen, Trinken und Schlafen. Deshalb gehen die Ortschronisten davon aus, dass in den ersten Jahrhunderten der Ortsgeschichte eine kleine hölzerne Kapelle in beiden Orten, Ober- und Niederschlema, gestanden hat. Das Kirchlein stand auf dem kleinen Felsplateau oberhalb des Hammerweges in Richtung (heutigem) Casino und wurde zusammen mit der Kirche in Oberschlema von Klösterlein Zelle betreut.

Die bestehende Parochie löste sich infolge der Reformation 1527/28 auf, die Kirche in Oberschlema wurde nun zur evangelischen Mutterkirche von Klösterlein. Zelle und Niederschlema waren damit nur noch Filialen. Was in der Folgezeit mit der Kapelle in Niederschlema geschah, ist nicht dokumentiert. Die evangelischen Christen nutzten die die Kirche in Oberschlema oder die Kirche Wildbach und ab 1899 den eigenen Kirchenneubau. Dieser entstand nach Plänen des Dresdner Architekten August Hugo Grothe und der Bauausführung durch Meister Görling aus Schneeberg (der sich auch schon bei anderen Bauwerken, wie dem Keilbergturm betätigt hatte).

Die beiden evangelischen Kirchgemeinden aus Schlema bildeten bis in das 20. Jahrhundert ein Kirchspiel mit dem Klösterlein Zelle (später nach Aue eingemeindet).

Sanierungen und Renovierungen

Die Kirche wurde nach der Wende, im Jahr 1999 anlässlich des 100-jährigen Kirchenjubiläums zunächst im Inneren neu ausgemalt, der Kirchturm mit neuen Schieferplatten gedeckt und die Fassade repariert. In den Jahren 2014/2015 folgten weitere Renovierungsarbeiten im Kircheninneren, der Fußboden wurde auf erneuertem Grund mit jugendstilartigen Fliesen neu hergerichtet, Hausschwamm im Dachgebälk beseitigt und das Kirchendach wurde in Form einer Spitzwinkel-Schablonendeckung mit neuen Schieferplatten versehen. Hinzu kamen Teil-Erneuerungen der Elektroanlage. Die Kosten für die Arbeiten betrugen rund 450.000 Euro, die aus dem Aufbauprojekt Ost, Kirchen- und staatlichen Fördertöpfen sowie Privatspenden stammten.

Zur Erhaltung der Einzelkulturdenkmale stellt das Land Sachsen aus dem Landesdenkmalpflegeprogramm jährlich nach Bedarf größere Beträge bereit. So wurde im Jahr 2017 eine Summe von rund 5.300 Euro zur „Konservierung und Restaurierung der Stuckreliefs an der Außenfassade“ ausgezahlt.

Architektur

Außen

Kirchenschiff

Das Gotteshaus gehört zu den neugotischen Kirchengebäuden mit anklingenden Jugendstilelementen in der Ausmalung und Elementen des Heimatstils in der Architektur. Es ist rundherum verputzt und beigefarben angestrichen. Alle Gebäudekanten, Fenster, Türeinfassungen und Treppen sind mit rotem Kunstsandstein abgesetzt. Der Turm ist am Kirchenhauptgebäude angebaut worden und steht auf dessen Nordostseite. Das Kirchenschiff wird von einem steilen mehrfach gegliederten Dach geschützt und trägt einen kleinen Dachreiter. Einfache Stützpfeiler fangen die Wände ab, die außen rund um das Bauwerk in gleichmäßigen Abständen aufgemauert sind. Ihre Gestaltung ist zur Querteilung des Kirchenbaus betont worden: es sind deutlich drei Etagen erkennbar. Unterhalb der großen Kirchenfenster sind im Maßwerk Reliefs eingearbeitet, die die Vier Evangelisten und weitere Jugendstilsymbole enthalten.

Das Hauptportal befindet sich im südöstlichen Giebel neben der Apsis und kann nur über eine Treppe mit neun Stufen erreicht werden. Im Tympanon ist das Lamm Gottes in Sandstein gearbeitet. Über dem Portal ist ein Wimperg eingebaut, der auf zwei Paaren symbolischer Säulen ruht. Daneben schließt sich der Treppenturm zur Empore an, der über einen eigenen Zugang verfügt. Der auf der Nordostseite ausgeführte zweite Eingang in das Kirchenschiff ist weniger geschmückt, dafür besitzt er anstelle des steinernen Handlaufs ein Metallgeländer und im Tympanon fand die Lutherrose ihren Platz. Beide Zugänge sind wegen der Treppen nicht barrierefrei.

Kirchturm

Der Kirchturm mit einem quadratischen Grundriss (Seitenlänge von rund 5,50 Metern) trägt auf seiner Spitze ein schlankes metallenes Kreuz über einem viereckigen Spitzhelm, das auf einem Turmknopf postiert ist. Am Schaft des Kreuzes ist ein Wetterzeiger befestigt, an dem auf leichten Metallplatten die Inschrift „Ad 1899“ zu sehen ist. Von den vier Seiten des Turmes ziehen sich Ziergiebel über den Helmrand. In den Giebelspitzen sind die Zifferblätter einer Turmuhr eingearbeitet.

In Höhe der Traufe des Kirchenschiffes trägt der Turm eine Quermarkierung, darüber befindet sich ein langes hohes Fenster mit der Glockenstube dahinter. Darüber, in etwa fünfzehn Meter Höhe zieht sich um den Turm eine offene Aussichtsplattform herum.

Alle Baukörperteile des Kirchenensembles sind mit Schieferplatten gedeckt.

Innen

Der Kirchensaal ist mit zahlreichen Ornamenten ausgemalt. Eine mit Ranken, Weinlaub und Spruchbändern in Form von Arkaden gestaltete hölzerne Balustrade bekleidet die Empore, die aus zwei Teilen besteht; die Westempore trägt die Orgel und wird mit zwei kräftigen steinernen Säulen gestützt. Der Emporenteil an der Nordseite des Kirchenraumes ruht auf runden Steinpfeilern, die sich dann als leichte verzierte Holzstützen zur Decke fortsetzen.

Alle Ausmalungen stammen vom Dresdner Dekorationsmaler August Mebert.

Am Triumphbogen, der mit aquarellartigen schwachen bräunlichen Ornamenten flächig versehen ist, steht, dem Saal zugewandt, in dunkelbrauner Schrift: „Ehre sei Gott in der Höhe“.

Ausstattung

Fast die gesamte Ausstattung aus der Bauzeit ist erhalten und bildet ein wesentliches Element des Denkmalschutzes. Dazu gehören unter anderem:

  • ein Hochaltar, dessen Bild Paul Poetzsch aus Dresden entworfen und ausgeführt hat und
  • ein Taufbecken aus rotem Kunstsandstein auf vier Füßen.
  • Die Apsis wird von dem fünfeckigen angebauten Gebäudeteil gebildet. Sie ist gegenüber dem Kirchenraum um drei Treppenstufen erhöht. In der Mitte der Apsis ist ein Rundfenster mit der Darstellung von Jesus, dem Erlöser, eingearbeitet, rechts und links davon gibt es je zwei hohe schmale mit Bleiglas gefasste Farbfenster, die den guten Hirten und die Thematik Jesus klopft an darstellen.
    Zwischen den Fenstern streben an der Wand bis zur Mitte der Decke florale Darstellungen aufwärts, die zelt- oder baumartig gestaltet sind.
    Auf der rechten Seite des Altarraumes (vom Hauptraum aus gesehen) steht eine niedrige hölzerne dunkel gebeizte Kanzel.
  • Das Gestühl wird aus einer Doppelreihe dunkler Bänke mit geschnitzten Wangen gebildet, in der Mitte zwischen den Bankreihen verläuft ein Gang. Unter der Nordempore sind weitere Sitzgelegenheiten eingebaut, die wohl die früheren Patronatslogen darstellen.
  • Das Tonnengewölbe der Decke besteht aus dunklen Hölzern.
  • Die spitzbogigen Kirchenfenster reichen von etwa drei Meter über dem Boden bis kurz unter die Decke sind in Dreiergruppen angeordnet, über dem mittleren Fensterteil befinden sich Okuli mit bunten kreisförmigen Mustern. Von außen sind an den steinernen Fensterrahmen kleine Jugendstilmotive eingearbeitet. – Die Fenster im unteren Sitzbereich sind ebenfalls dreigeteilt aber mit nichtfarbigem Glas versehen.
  • Ein halbrundes Farbfenster erhielt im Zusammenhang mit der Namensgebung eine Lutherrose mit zugehörigem Bibelspruch: „Der Herr segne deinen Ausgang und Eingang“.

Orgel

Auf der Empore befindet sich eine Orgel, die auf das erste Instrument zurückgeht, allerdings mehrfach verändert wurde. Anlässlich der Kircheneinweihung wurde eine ehemals pneumatische betriebene Orgel aus dem Jahr 1899 installiert, hergestellt in der Werkstatt von Georg Emil Müller aus Werdau (Sachsen) Sie wurde im Jahr 1922 umgebaut als Opus 157 in eine pneumatische Taschenladen-Orgel mit 1137 Pfeifen, angesteuert von einem fest eingebauten Spieltisch. Nach dem Krieg, im Jahr 1950, wurde die Orgeldisposition geändert. Schließlich konnte die Gemeinde das Instrument zwischen 1998 und 2001 vom Orgelbauer Georg Wünning aus Großolbersdorf restaurieren lassen.

Heute verfügt die Orgel über 17 Register auf zwei Manualen und Pedal mit folgender Disposition:

I Hauptwerk C–g3
Pommer16′
Principal8′
Quintade8′
Oktave4′
Oktave2′
Mixtur III
Trompete8′
II Schwellwerk C–g3
Gedackt8′
Rohrflöte4′
Nassat223
Principal2′
Sifflöte1′
Cymbel III
Pedal C–f1
Pommer16′
Subbass16′
Principal-Bass8′
Choral-Bass4′
  • Koppeln: II/I, Unteroktav-Koppel II/I, Oberoktav-Koppel II/II, I/P, II/P
  • Spielhilfen: Schwelltritt II

Glocken

Im Kirchturm hängt ein dreistimmiges Geläut aus zwei eisernen Glocken und einer Bronzeglocke.

Von den ursprünglichen Bronzeglocken, vom Glockengießer Bierling aus Dresden angefertigt, mussten die beiden größten im Jahr 1917 für die Umarbeitung in Kriegsgerät abgeliefert werden. Die 1921 neu gegossenen Bronzeglocken gehen auf eine Stiftung der Papierfabrik Niederschlema zurück, sie waren im Zweiten Weltkrieg wiederum als Metallspende des deutschen Volkes abzugeben.

So konnte die Kirchengemeinde erst 1949 zwei neue Glocken in Auftrag geben, die diesmal aus Eisenhartguss entstanden. Die kleine Bronzeglocke, die einen mittelhohen Ton erzeugt, wurde nach gründlicher Säuberung weiter verwendet und die anderen Glockentöne sind auf sie abgestimmt.

GlockeGewichtSchlagtonInschrift
Große Glocke„O Land, höre des Herrn Wort“ (Jeremia 22,29 )
Mittlere Glocke„Suchet den Herrn, so werdet ihr leben“ (Amos 5,6 )
Kleine Glocke
Bronze
„Lasset die Kindlein zu mir kommen“ (Mt 19,14 )

Seelsorge

Pfarrer/Pastoren (Auswahl)

  • 1999–2020: Ulrich Kauk; Pfarrstelle Niederschlema mit Schwesterkirche Oberschlema, ab 1. Januar 2006 Pfarrstelle der (neuen) Kirchgemeinde Bad Schlema–Wildbach
  • seit März 2021: Dominique Meichsner (Pastorin)

Kirchenkreise und Veranstaltungen (Auswahl)

Die gesamte evangelische Kirchengemeinde aller drei Kirchen von Bad Schlema-Wildbach umfasst im Jahr 2021 knapp 1000 Mitglieder.

  • An der Auferstehungskirche wird für die Kirchgemeinde regelmäßig ein Ostergarten organisiert.
  • Christmetten finden ebenfalls regelmäßig in allen drei Kirchen statt.
  • Im Kirchenbezirk ist eine Junge Gemeinde tätig.
  • Die Seniorenkreise können während der Zeit der Coronapandemie nicht stattfinden.

In der Umgebung

Nahe an der Kirche steht das Pfarrhaus. Beide Bauwerke werden vom kleinen Friedhof und einer Parkanlage umgeben. Eine inzwischen restaurierte Friedhofskapelle gehört auch zum Baudenkmalskomplex. Auf dem Friedhof sind einige bedeutende Grabmale erhalten, unter anderem das Wandgrabmal Kenzler aus dem Jahr 1909, gestaltet vom Architekten und Stadtplaner Fritz Schumacher.

Literatur

  • Ingeborg Eule (Hrsg.): Hermann Eule Orgelbau 1872–1997. Pape-Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-921140-48-X.
Commons: Martin-Luther-Kirche Niederschlema – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 Oliver Titzmann: Aus der Stadtbroschüre Aue-Bad Schlema; 2021 (Textentwurf für eine Neuauflage) (Info der Pressestelle vom 21. Oktober 2021).
  2. Bericht aus der „Geschichte und Beschreibung des Kreisamts Schwarzenberg“, 1795.
  3. 1 2 3 Bad Schlema: Kirchen und Kirchgemeinden (Memento vom 11. Dezember 2021 im Internet Archive)
  4. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Wolfgang Reich: Orgelverzeichnis der Martin-Luther-Kirche in Niederschlema und Darstellung von Geschichtsdetails, mit zahlreichen Fotos; abgerufen am 14. Oktober 2021.
  5. Vom Dach bis zum Fußboden. auf www.wochenspiegel.de, abgerufen am 14. Oktober 2021.
  6. Kleine Anfrage der Abgeordneten Simone Lang (SPD) (Memento vom 27. Oktober 2021 im Internet Archive), Sächsischer Landtag, Drs.-Nr.: 6/14183, Fördermittel für den Erzgebirgskreis, Dresden 21.08.2018, PDF S. 88, Nr. 03540.
  7. Orgel der Luther-Kirche in Niederschlema auf organindex.de, abgerufen am 15. Oktober 2021.
  8. Glocken der Martin-Luther-Kirche Niederschlema auf www.facebook.com (Anmeldung erforderlich).
  9. Ehemalige Pfarrer in den Kirchgemeinden Wildbach und Langenbach (Memento vom 29. November 2021 im Internet Archive)
  10. Neue Pastorin für Kirchgemeinde Bad Schlema-Wildbach, 25. März 2021 (auf www.facebook.com, Anmeldung erforderlich), abgerufen am 6. Oktober 2021.
  11. Trotz Krise: Neue Pfarrerin schmiedet Pläne. In: www.blick.de, 10. April 2012, abgerufen am 14. Oktober 2021.
  12. Projekt Ostergarten an der Schlemaer Auferstehungskirche 2020, abgerufen am 6. Oktober 2021.
  13. Homepage Junge Gemeinde Bad Schlema/Wildbach, abgerufen am 6. Oktober 2021.
  14. Fritz-Schumacher-Gesellschaft, Werkkatalog; abgerufen am 15. Oktober 2021.
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