Maria „Masha“ Alexandrovna Gessen (russisch Мария Александровна Гессен, Marija Alexandrowna Gessen; * 13. Januar 1967 in Moskau) ist russisch-US-amerikanischer Nationalität und journalistisch sowie schriftstellerisch tätig.
Leben
Masha Gessen wurde 1967 als Kind einer aschkenasisch-jüdischen Familie in Moskau geboren, seine*ihre Familie emigrierte mit ihm*ihr 1981 aus der Sowjetunion in die Vereinigten Staaten.
Später wurde sie*er Russlandkorrespondent*in des amerikanischen Nachrichtenmagazins U.S. News & World Report. 1991 kehrte sie*er als Journalist*in nach Russland zurück, um den Übergang in die liberale Demokratie journalistisch zu begleiten. Sie*er berichtete als Kriegsreporter*in über Tschetschenien, kommentierte den Aufstieg von Wladimir Putin und die Zeit unter Präsident Dmitrij Medwedew.
Gessen schrieb Biographien über den Mathematiker Grigori Perelman, der die Poincaré-Vermutung bewies, über den russischen Präsidenten Wladimir Putin und über Pussy Riot.
Masha Gessen ist aktiv in der Lesben- und Schwulenbewegung tätig und siedelte 2013 wegen der zunehmenden Repressionen gegen Homosexuelle in Russland von Moskau nach New York City um. Gleichfalls 2013 erhielt Gessen den schwedischen Tucholsky-Preis für Schriftsteller, die im eigenen Land verfolgt oder bedroht werden und daher im Exil leben müssen.
Im Jahr 2017 veröffentlichte Gessen The Future Is History: How Totalitarianism Reclaimed Russia (deutsch: Die Zukunft ist Geschichte. Wie Russland die Freiheit gewann und verlor). Das Buch folgt den Lebensgeschichten von vier jungen Russen, die zur Welt kamen, als dem Land ein demokratischer Aufschwung prophezeit wurde. Während der russische Zoll das Buch bei Kontrollen immer wieder zurückhielt, wurde es außerhalb Russland mehrfach ausgezeichnet, so 2017 mit dem National Book Award in der Kategorie Nonfiction und 2019 mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.
Als nichtbinäre Person bevorzugt Gessen, geschlechtsneutral mit dem singularen Fürwort they bezeichnet zu werden.
Familie
Der Schriftsteller, Journalist und Herausgeber Keith Gessen (* 1975) ist Masha Gessens Bruder. 2000 adoptierte sie*er einen dreijährigen russischen Waisenjungen, dessen Eltern an den Folgen von Aids gestorben waren. Im Jahr darauf kam seine Tochter zur Welt.
Veröffentlichungen
- The Rights of Lesbians and Gay Men in the Russian Republic. International Gay & Lesbian Human Rights Comm, 1993, ISBN 1-884955-13-4.
- Half a Revolution: Contemporary Fiction by Russian Women. Cleis Press, 1995, ISBN 1-57344-006-X.
- Dead Again: The Russian Intelligentsia after Communism. Verso, 1997, ISBN 1-85984-147-3.
- Auf den Erfolg unserer hoffnungslosen Mission. Die russische Intelligenzija. Kunstmann, München 1998, ISBN 3-88897-197-7.
- Ester and Ruzya: How My Grandmothers Survived Hitler’s War and Stalin’s Peace. Dial Press Trade Paperback, 2004, ISBN 0-385-33605-5.
- Esther und Rusja. Wie meine Großmütter Hitlers Krieg und Stalins Frieden überlebten. Hanser, München/Wien 2005, ISBN 3-446-20583-7; Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2008, ISBN 978-3-423-34496-8.
- Im Maul des Löwen, Rezension von Gabriele von Arnim in der Zeit, Nr. 50, 8. Dezember 2005.
- Esther und Rusja. Wie meine Großmütter Hitlers Krieg und Stalins Frieden überlebten. Hanser, München/Wien 2005, ISBN 3-446-20583-7; Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2008, ISBN 978-3-423-34496-8.
- Blood Matters: From Inherited Illness to Designer Babies, How the World and I Found Ourselves in the Future of the Gene. Houghton Mifflin Harcourt, 2008, ISBN 978-0-15-101362-3 (Notable Book of the Year der New York Times).
- Chronicle of a Death Foretold, Rezension von Jennifer Senior in der New York Times, 11. Mai 2008.
- Perfect Rigor: A Genius and the Mathematical Breakthrough of the Century. Houghton Mifflin Harcourt, 2009, ISBN 978-0-15-101406-4.
- Der Beweis des Jahrhunderts. Die faszinierende Geschichte des Mathematikers Grigori Perelman. Suhrkamp, Berlin 2013, ISBN 978-3-518-42370-7; ebd. 2014, ISBN 978-3-518-46527-1.
- Das Genie lebt im Hotel Mama, Rezension von Heinrich Hemme in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 3. September 2013.
- Der Beweis des Jahrhunderts. Die faszinierende Geschichte des Mathematikers Grigori Perelman. Suhrkamp, Berlin 2013, ISBN 978-3-518-42370-7; ebd. 2014, ISBN 978-3-518-46527-1.
- The Man Without a Face: The Unlikely Rise of Vladimir Putin. Riverhead, 2012.
- Der Mann ohne Gesicht – Wladimir Putin. Eine Enthüllung. Piper, München/Zürich 2012, ISBN 978-3-492-05529-1; ebd. 2013, ISBN 978-3-492-30279-1.
- How the Fall of the Berlin Wall Radicalized Putin, Auszug in The Daily Beast, 11. September 2014.
- Vladimir’s Tale, Rezension von Anne Applebaum in der New York Review of Books, 26. April 2012.
- Ann-Dorit Boy: Rezension. In: Neue Zürcher Zeitung. 31. Mai 2012.
- Der Mann ohne Gesicht – Wladimir Putin. Eine Enthüllung. Piper, München/Zürich 2012, ISBN 978-3-492-05529-1; ebd. 2013, ISBN 978-3-492-30279-1.
- Words Will Break Cement: The Passion of Pussy Riot. Riverhead, 2014.
- Where the Jews Aren't: The Sad and Absurd Story of Birobidzhan, Russia's Autonomous Region. Nextbook/Schocken, 2016, ISBN 978-0-8052-4246-1.
- The Future Is History: How Totalitarianism Reclaimed Russia. Riverhead Books, 2017, ISBN 978-1-59463-453-6.
- Die Zukunft ist Geschichte. Wie Russland die Freiheit gewann und verlor. Aus dem Englischen von Anselm Bühling. Suhrkamp, Berlin 2018, ISBN 978-3-518-42842-9.
- Never Remember: Searching for Stalin's Gulags in Putin's Russia. Columbia Global Reports, New York 2018, ISBN 978-0-9977229-6-3.
- Vergessen. Stalins Gulag in Putins Russland. Aus dem Englischen von Sven Koch. dtv Verlagsgesellschaft, München 2019, ISBN 978-3-423-28172-0
- Leben mit Exil. Über Migration sprechen. edition suhrkamp, Berlin 2020, ISBN 978-3-518-12743-8.
Preise und Auszeichnungen
- 2017: National Book Award for Nonfiction für The Future is History: How Totalitarianism Reclaimed Russia
- 2019: Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung für Die Zukunft ist Geschichte. Wie Russland die Freiheit gewann und verlor
- 2023: Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken
Weblinks
- Literatur von und über Maša Gessen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Masha Gessen bei Perlentaucher.
- Sonja Zekri: Schriftstellerin Masha Gessen: Ein schwuler Putin als Papierhampelmann. In: Süddeutsche Zeitung. 19. März 2019.
- Masha Gessen in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- 1 2 3 Arno Widmann: Ausgelesen: Vom Verbrecher Wladimir Putin. In: Frankfurter Rundschau. 2. März 2012, abgerufen am 5. März 2012.
- ↑ Wiederkehr des Gleichen. In: Süddeutsche Zeitung. 21. März 2019, abgerufen am 11. Februar 2020.
- ↑ Georg Diez: Der Kritiker: Märchenkönig mit großem Messer. In: Spiegel Online. 2. März 2012.
- ↑ The “Pussy Riot” Arrests, And The Crackdown That Followed. In: NPR. 8. Januar 2014.
- ↑ Hannes Stein: Biografin: „Wladimir Putin ist ein Monster“. In: Die Welt. 3. Februar 2014.
- ↑ Masha Gessen: As a gay parent I must flee Russia or lose my children. In: The Observer. 11. August 2013.
- ↑ Masha Gessen: When Putin Declared War on Gay Families, It Was Time for Mine to Leave Russia. In: Slate. 26. August 2013.
- ↑ National Book Awards für Jesmyn Ward und Masha Gessen. In: Spiegel Online. 16. November 2017.
- ↑ Der russische Zoll begann Bücher von ausländischen Online-Shops auf „Propaganda bestimmter Ansichten“ zu überprüfen. Nowaja Gaseta, 22. November 2018.
- ↑ Masha Gessen für ihre Russland-Analyse prämiert. boersenblatt.net, erschienen und abgerufen am 22. November 2018.
- ↑ https://twitter.com/mashagessen/status/1275529665466302466. In: twitter.com. Twitter, abgerufen am 29. Juni 2020.
- ↑ Masha Gessen: Alter Girl. In: The New Republic. 26. Juli 2004.