Mathias Corvinus Collegium
Gründung 1996
Trägerschaft Mathias Corvinus Collegium Stiftung
Ort Budapest
Land Ungarn
Leitung Zoltán Szalai (Generaldirektor)

Balázs Orbán (Kuratoriumsvorsitzender)

Jahresetat ca. 90 Mio. EUR

(33,8 Mrd. HUF (2022))

Stiftungsvermögen ca. 1,1 Mrd. EUR

(429 Mrd. HUF (2022))

Website https://mcc.hu/

Das Mathias Corvinus Collegium (MCC) ist eine Bildungseinrichtung und Denkfabrik mit Sitz in Budapest, die dem rechtskonservativen politischen Spektrum zugerechnet wird. Das wie die Corvinus-Universität nach dem ungarischen König Matthias Corvinus benannte MCC wurde von der ungarischen Regierung unter Viktor Orbán 2020 mit umgerechnet mehr als einer Milliarde Euro ausgestattet. Es wird von einigen Medien als politisches Instrument bezeichnet, Ungarns zukünftige Eliten hervorzubringen sowie ein internationales rechtes Netzwerk in Europa zu etablieren.

Geschichte

Die Gründung des MCC erfolgte 1996 durch den Unternehmer und Orbán-Berater András Tombor. Es verfügt über verschiedene Programme, zum Beispiel eine Führungs- und Journalistenakademie, und bietet Kurse für Studenten und Schüler über Wirtschaft, Sozialwissenschaft und Rechtswissenschaft in Budapest und weiteren ungarischen Städten an. Zudem wurden mehrere Institute ins Leben gerufen, u. a. zu Migrations- und Klimaforschung.

Im Jahr 2020 soll die rechtskonservative Orbán-Regierung das MCC mit knapp 1,4 Milliarden Euro unterstützt haben, eine Summe, die das Jahresbudget aller anderen ungarischen Hochschulen übertrifft. Als Sitz der Stiftung und Veranstaltungsgebäude dient das ehemalige Danubius Hotel Flamenco (Stand: 2021). Das MCC betreibt zahlreiche Regionalzentren in Ungarn, Rumänien und der Slowakei.

Generaldirektor ist der Germanist und Kulturhistoriker Zoltán Szalai. Leiter der Medienschule ist der frühere Welt-Korrespondent Boris Kálnoky.

Das MCC unterhält verschiedene internationale Kooperationen. Am 1. Dezember 2020 nahm das Deutsch-Ungarische Institut seine Arbeit auf. Es befindet sich in den Räumen des ehemaligen Balassi-Instituts. Leiter ist der Jurist Bence Bauer, der zuvor für die Konrad-Adenauer-Stiftung arbeitete. Im November 2022 eröffnete eine Dependance in Brüssel. Direktor des MCC Brussels ist Frank Furedi, Forschungsdirektor Werner J. Patzelt.

Am 12. Mai 2023 gab die Modul University Vienna bekannt, dass das MCC etwa 90 Prozent ihrer Anteile übernommen hat. Im Juni 2023 wurde eine Kooperationsvereinbarung mit der European School of Management and Technology Berlin unterzeichnet.

Verlag MCC Press

Das MCC betreibt den stiftungseigenen Verlag MCC Press, der ungarische sowie internationale Autoren in Übersetzungen publiziert. Beispielsweise hat MCC Press 2022 eine ungarische Übersetzung des Buchs Neue Zeit, neue Verantwortung von Friedrich Merz herausgebracht, die bislang einzige Ausgabe dieser Schrift in einer anderen Sprache. Andere übersetzte Werke stammen von Tilo Schabert, Philip Plickert, von der Feminismus- und Gender-Kritikerin Birgit Kelle, der amerikanischen Journalistin Abigail Shrier, dem amerikanischen Publizisten Rod Dreher, dem dänischen Ökonomen und Thinktank-Gründer Bjørn Lomborg sowie Historikern wie David Engels, Andreas Rödder, Rolf Peter Sieferle.

Rezeption

Der Standard bezeichnete das MCC als Orbáns „Propagandaorgan“. Es verfolge das Ziel, Ungarns zukünftige, Orbán-treue Eliten hervorzubringen sowie ein internationales rechtes Netzwerk in Europa zu etablieren. Stephan Löwenstein, politischer Korrespondent der FAZ, bezeichnet das MCC als rechtes Gegenstück zu den von George Soros gegründeten Open Society Foundations. 2022 bezeichnete das ARD-Magazin Kontraste das MCC als „rechte Kaderschmiede“ und kritisierte die Konrad-Adenauer-Stiftung für ihre Kooperation. Im August 2023 wurde der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer für einen geplanten Auftritt am MCC kritisiert. Nach Darstellung der Universität Tübingen, deren Professor Reinhard Johler Palmer bei der Reiseplanung beraten hatte, ging dies auf eine Verwechslung des MCC mit der Budapester Corvinus-Universität zurück. Palmer kritisierte das MCC bei seinem Auftritt im September dafür, zu eng mit der Orbán-Regierung verbunden zu sein.

Commons: Mathias Corvinus Collegium – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Kaderschmiede des Illiberalismus: Orbáns Denkfabrik wächst Richtung Europa. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 18. August 2023]).
  • Stephan Löwenstein, Esztergom: Ungarn: So funktioniert Elitenförderung unter Orbán. In: FAZ.NET. 4. August 2023, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 16. August 2023]).

Einzelnachweise

  1. Éves beszámoló 2022. Mathias Corvinus Collegium, 22. Mai 2023, abgerufen am 29. September 2023 (ungarisch).
  2. Éves beszámoló 2022. Mathias Corvinus Collegium Alapítvány, 22. Mai 2023, abgerufen am 29. September 2023 (ungarisch).
  3. Hungary's Fidesz builds a parallel state. 1. September 2021, abgerufen am 22. August 2023 (englisch).
  4. Ungarn: Orbáns Parallelstaat – DW – 28.04.2021. Abgerufen am 22. August 2023.
  5. Academic Units at MCC. Abgerufen am 29. März 2021 (englisch).
  6. German-Hungarian Institute for European Cooperation. Abgerufen am 29. März 2021 (englisch).
  7. Corentin Léotard,Thomas Laffitte: Orbans Kulturkampf – Wie die Fidesz ihren Machterhalt organisiert. In: Le Monde diplomatique, deutsch. Le Monde-Gruppe, 9. September 2021, abgerufen am 24. Dezember 2022.
  8. Mariam Lau: Die Orbanologie. In: Zeit.de. 21. Dezember 2022, abgerufen am 24. Dezember 2022.
  9. Bérbe adták a Hotel Flamencót: kollégium lesz a konferenciaszállodából. Abgerufen am 22. August 2023 (ungarisch).
  10. Regional Centers. Abgerufen am 22. August 2023.
  11. Christian-Zsolt Varga: Langjähriger "Welt"-Korrespondent wird Leiter von Orbáns Journalistenschule. In: Übermedien. 16. September 2020, abgerufen am 22. August 2023 (deutsch).
  12. Über das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit. Abgerufen am 29. März 2021.
  13. Zsuzsa Urbán: Deutsch-Ungarisches Institut – Miteinander sprechen. 28. Februar 2021, abgerufen am 18. August 2023 (deutsch).
  14. MCC Brussels Holds Opening Conference. Abgerufen am 20. November 2022.
  15. Professor Werner J. Patzelt. Abgerufen am 18. August 2023.
  16. 1 2 Orbánismus am Kahlenberg: Wie eine Wiener Uni an das ungarische Regime gerät. Abgerufen am 25. Mai 2023 (österreichisches Deutsch).
  17. Zoltán Goóg-Magyar: Kooperation mit Berliner ESMT. 4. Juni 2023, abgerufen am 17. August 2023 (deutsch).
  18. Zsuzsa Urbán: Das Soros-Modell, von rechts. 5. August 2023, abgerufen am 16. August 2023 (deutsch).
  19. Andrea Becker, Silvio Duwe, Daniel Laufer, Daniel Schmidthäussler: Ungarns patriotische Elite. In: Tagesschau. 20. Mai 2022, abgerufen am 25. Mai 2022.
  20. Verwechslung führte angeblich zu geplantem Palmer-Auftritt in Ungarn. In: Der Spiegel. 30. August 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 30. August 2023]).
  21. SWR Aktuell: Palmer sucht in Budapest den Dialog mit der ungarischen Politik. 5. September 2023, abgerufen am 6. September 2023.
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