Mathias Zdarsky [ˈzdarski] (* 25. Februar 1856 in Kozichowitz bei Trebitsch; † 20. Juni 1940 in St. Pölten) war einer der ersten Skipioniere und gilt als einer der Begründer der alpinen Skilauftechnik. Außerdem war er als Lehrer, Maler und Bildhauer tätig.

Leben und Wirken

Mathias Zdarsky war das zehnte Kind eines Sägemüllers in Kozichowitz. Zdarsky war in der Kindheit auf einem Auge erblindet, maturierte im Jahr 1878 an der Lehrerbildungsanstalt in Brünn und arbeitete bis 1883 als Lehrer. Anschließend studierte er in München und Zürich Malerei, Bildhauerei, aber auch Technik. Während seines Studiums absolvierte er zahlreiche Reisen entlang der Donau sowie nach Bosnien, Italien und Nordafrika, wo er überall auch zahlreiche Skizzen und Bilder anfertigte.

Der begeisterte Turner interessierte sich unter anderem auch für das Fliegen. Während dieser Zeit des Studiums erwarb er in Lilienfeld eine Landwirtschaft. Angeregt von Fridtjof Nansens Durchquerung Grönlands interessierte er sich, wie viele andere auch, für die Jahrhunderte alte nordische Skifahrtechnik.

Erster Versuch Zdarskys. Er ließ sich aus Norwegen ein Paar Skier mit Rohrstaberlbindung kommen (2,94 m lang und 4¾ kg schwer), schnallte sofort, nicht unweit der Post, an und stapfte in sein Tal hinein. Ohne Probleme im flachen, fuhren die Skier plötzlich zurück und er stellte bald fest, dass sie für den Alpenraum ungeeignet waren, weil die damals übliche Rohrbügelbindung dem Fuß zu wenig Halt gab. Von 1890 bis 1896 entwickelte er die seitenstabile, stark gefederte Lilienfelder Stahlsohlenbindung, die den Ski lenkbar machte, weil die Ferse nicht mehr seitlich abrutschen konnte, zudem verkürzte er den Ski auf ca. 2 m und machte so erstmals das Befahren von Steilhängen und Torläufe möglich. Während der Erforschung bzw. Entwicklung gelangen ihm die ersten zwei Bögen, doch die folgenden zwanzig führten immer zum Sturz. Bei den gelungenen Versuchen war der bogeninnere Ski flach. Das einleuchtende Ergebnis war die Regel: Brettel flach!. Ein gelungener Bogen nach dem anderen bestätigte die Richtigkeit. Der Stemmbogen war entdeckt. Bis 1908 wurde in keinem Buch ein einzelner Stemmbogen beschrieben. Es dämmerte Zdarsky, dass er mit seiner Bindung und Fahrweise etwas durchaus eigenständiges geschaffen hatte. Er veröffentlichte im Nov. 1896 sein Buch „Lilienfelder Skilauftechnik“. Da sich in Wien kein Verleger fand, überließ er dies einem Hamburger Verleger, der Verlagsanstalt und Druckerei A.G. (vorm. J.F.Richter).

Die von Zdarsky entwickelte „Alpine (Lilienfelder) Skifahr-Technik“ war die erste mit einem Stemmbogen mit Berg- oder Talstemme, sowie dem „Schlangenschwung“ mit mehreren Stemmbogen hintereinander, weshalb er als Begründer des alpinen Skilaufs gilt.

Es gibt in Norwegen zwei sehr stabile Stahlbackenbindungen, 1888 eine von Schuster mit verstellbaren Lederriemen, 1894 eine von Huitfeldt mit einem Langriemen der sie untauglich für das Hochgebirge macht. Trotzdem sind die meisten Norweger und deren Anhänger in Mitteleuropa die instabile Schilfrohrbindung, sogar noch nach 1900, gefahren, ohne diese zu modifizieren.

Seine Bindung wurde 1896 mit der Nr. 31.366 vom Patentamt Wien patentiert, und wurde die Grundlage moderner Skitourenbindungen, statt einer Stahlsohle, aber mit Rundstahl oder Vierkantrohren.

Georg Bilgeri kopierte Zdarskys Bindung, Patent 31.366, zu einem großen Teil und änderte nur die Anordnung der Feder. es kam 1910 zu einem Prozess. Bilgeri anerkannte am 31. Januar 1910 die Abhängigkeit seines Patents von der Bindung Zdarskys. Zdarsky erhielt als Entschädigung 12.000 Kronen. (84.000 Euro anno 2023). Bilgeri musste noch die Prozesskosten von 1000 Kronen bezahlen. das k.u.k. Patentamt erklärte die Bilgeribindung als Zusatzpatent. Aufgrund der damaligen Gesetzeslage hätte Bilgeri, auch nach der Entschädigungszahlung, seine Bindung nur mit Erlaubnis des Zdarsky gewerblich verwerten dürfen. Zdarsky zeigte sich generös und erteilte Bilgeri die Erlaubnis zur Verwertung. Zdarsky hat sogar Werbung für die Bilgeribindung in seinen Lehrplänen. Die Bilgeribindung hatte aber einen Schwachpunkt am Übergang der Feder zur Welle mit der die Spannung verändert werden konnte, denn dort ist sie aufgrund von Qualitätsmängeln gerne gebrochen.

Zdarsky wollte von 1896 bis 1899 seine Technik und die Bindung mit anderen auf 40-gradigem Gelände vergleichen, musste sich dabei die seltsamsten Bemerkungen anhören, wie z. B.: „das ist kein Skiterrain, da schauen wir erst gar nicht zu“. 1899 bot er, öffentlich in diversen Zeitungen, einen Wettstreit auf irgendeinem Punkt Mitteleuropas an, bei dem sein Gegner auf 35- bis 50-gradigem Gelände Zdarskys Spur einhalten musste. Er musste dabei eine norw. Schilfrohrbindung verwenden und die „angebliche“ norwegische Technik, die z. B. keinen, in einem Buch beschriebenen, Stemmbogen kennt. Als Einsatz für diesen Wettkampf bot Zdarsky 1.000 Mark (7.900 €)! für jeden der diese Aufgabe meistert. Alle die sich dem Wettkampf stellten, traten von diesem zurück, als sie das schwierige Gelände sahen. Zdarsky fährt besser und sicherer als jeder andere in dieser Zeit.

1903 gab es immer noch Gegner, die das System kritisierten, ohne dieses jemals getestet zu haben, wie die folgende Episode zeigt. Der erfahrene Alpinist Rickmers weilte einige Wochen in St. Moritz zum Skilaufen und begegnete einem selbsternannten „Skiprofessor“ der sich über ihn und die Lilienfelder-Bindung lustig machte. Zur Antwort fuhr er vor aller Augen eine 45, bis 50-gradige, 300 m hohe Halde hinab und bot dem Herrn P. M. zehntausend Franc (23.000 €), wenn er nachfahren könnte. Der Herr konnte dies nicht und hat gekniffen.

Der Norweger Fritz Huitfeldt veröffentlichte 1907 sein 2. Lehrbuch, auch auf deutsch, mit 59 Seiten, wobei er auf 7 Seiten seine Huitfeldtbindung beschrieb und seltsamerweise die Existenz, 5 anderer, brauchbarer Skibindungen leugnete, obwohl ab 1894 Norweger regelmäßig zu Wintersportfesten nach Wien eingeladen wurden und diese die anderen Bindungen kennen sollten. Huitfeldt beschreibt 1907 auf 6 Seiten das Bremsen mit einem, gefährlich kurzen Stock, wofür Zdarsky jahrelang angegriffen wurde, dessen langer Stock im Gebirge aber überwiegend sinnvoll ist.

1898 gründete Zdarsky den Lilienfelder Skiverein, 1900 den „Internationale Alpen Ski-Verein“ (später umbenannt in „Alpen Ski-Verein“), der mit seinen 1889 Mitgliedern vor dem Ersten Weltkrieg der größte Skiverein Mitteleuropas war. Im Jänner 1905 erfolgte durch Mathias Zdarsky die erste Steilabfahrt.

Am 5. Jänner 1905 trafen sich ca. 60 Skiläufer in Puchberg zu einem Vergleich der norwegischen und Lilienfelder Skilauftechnik. Hassa Horn, ein sehr guter Skiläufer aus Christiania, war offizieller Delegierter des Foreningen til Skiidraettens Fremme (norw. Skiverband). Schneemangel, Regen, Sturm verhinderte ein größeres Unternehmen. So wurde nur ein kleiner Teil der breiten Rieß mit ca. 30° – 40° von ca. 30 Skifahrern zum Vergleich genutzt. Zdarsky legte eine flotte, sturzfreie, Spur über 400 hm zurück, während ihm die anderen Skiläufer zusahen. Es ist leider nicht überliefert wie viel Norweger darunter waren. Hassa Horn legte fast den ganzen Teil der Strecke mit Bögen zurück und nutzte die sogenannte „Schusterbindung“, eine sehr seitenstabile Metallbackenbindung mit verstellbarem Lederriemen, der quer durch den Ski geführt wird und deswegen bei schlechten Schneebedingungen schon in wenigen Tagen unbrauchbar sein kann.

Am 7. Jänner stiegen alle zum eingeschneiten Schneeberghaus auf und fuhren nach einer Pause zum Baumgartnerhaus hinab. Zdarsky und Horn fuhren gemeinsam hinab und trotz ihrer unterschiedlichen Technik erreichten beide gleichzeitig das Baumgartnerhaus, wo es weiter nach Puchberg ging. Am Ende dieser, improvisierten, Tage waren alle Parteien zufrieden, haben sich die Hände gereicht und Horn, bester Skiläufer Norwegens, fasste es richtig zusammen. Zdarsky hat eine einfache, systematische Anleitung geschaffen, mit welcher schnell Fortschritte erzielt werden, während in Norwegen eine solche bisher unbekannt ist und beinahe jeder bedeutende Skiläufer seine eigene Technik fährt.

Am 19. März 1905 organisierte er am Muckenkogel bei Lilienfeld unter der Bezeichnung Wettfahrt den ersten Torlauf der Skigeschichte, an welchem sich 24 Teilnehmer beteiligten. Mehrmals verschoben fand das Skirennen unter schlechten Verhältnissen statt. Der stark ballende Schnee reichte nur bis Kolm auf ca. 700 m, wo sich das Ziel befand. Der gemeinsame Aufstieg wurde zur Aufstellung von 85 Fahrmalen benützt, wodurch alle 24 Teilnehmer, darunter die einzige Frau Mizzi Langer-Kauba aus Wien, die Strecke kennen lernten. Sie führt, von unten gesehen, südlich durch einen Talkessel, über einen ca. 30° steilen Holzschlag nach rechts und in einem großen Bogen nach links durch den Kolmwald zum Plateaurand der Klosteralpe. Auf dem Plateau nach Osten und etwas abwärts zur 50° steilen Pichleralpe und über diese südlich bergauf zum Startplatz, dem Gipfel des Muckenkogels (ca. 1240 m). Der gesamte Höhenunterschied liegt bei ca. 540 Meter und 20 Wegrichter überwachten sie Strecke. Die Läufer wurden im Abstand von 1 Min. abgelassen, wobei 19 Fahrer das Ziel passierten, 2 gaben auf, 3 schieden wegen Nichteinhaltung der Bahn aus. Eine Wertung dieses Rennens ist insofern schwierig, da Zdarsky Sturzfreiheit und sicheres Fahren wichtiger waren, als die schnellste Zeit mit vielen Stürzen, die manchmal bewusst in Kauf genommen wurden. Frau Mizzi Langer-Kauba stürzte nur einmal und wäre bei einer reinen Sturzwertung Dritte geworden. Der Zeitschnellste mit 6 Stürzen allerdings nur Zwölfter.

Im Ersten Weltkrieg bildete Zdarsky Gebirgstruppen im Skilauf aus und war als Lawinenexperte tätig. Bei einer Bergung nach einem Lawinenabgang im Niedergailtal erfasste ihn im Februar 1916 eine Nachlawine und er erlitt zahlreiche Knochenbrüche. Zdarsky konnte seine Beweglichkeit jedoch durch eisernen Willen wiederherstellen und noch im Alter von achtzig Jahren schifahren. Die von ihm entwickelte Skifahrtechnik beschrieb er im Buch „Die Lilienfelder Skilauf-Technik“, das 1897 erschien und in gekürzter und veränderter Form bis 1925 in 17 Auflagen veröffentlicht wurde. Er gilt außerdem als Erfinder des Biwaksacks.

1931 wurde ihm das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen, 1936 das Offizierskreuz des österreichischen Verdienstordens. 1951 wurde der Zdarskyweg in Wien-Hietzing und 1977 die Zdarskystraße in St. Pölten-Spratzern nach ihm benannt. In Lilienfeld erinnert ein Denkmal an ihn.

1981 wurden im Bezirksheimatmuseum in Lilienfeld Zdarsky-Schauräume eingerichtet, 1996 wurden sie zum „Zdarsky-Skimuseum“ vereinigt. Ebenfalls 1981 wurde zwischen Lilienfeld und der japanischen Stadt Jōetsu eine Städtepartnerschaft begründet, die auf Zdarskys Wirken zurückgeht: Theodor Edler von Lerch, ein Schüler Zdarskys, brachte das Skifahren als Austauschoffizier nach Jōetsu, von wo aus es sich auch in Japan verbreitete. Am 26. Oktober 1991 wurde auch mit Třebíč, zu der der Geburtsort damals gehörte, eine Städtepartnerschaft abgeschlossen.

Am Muckenkogel findet jedes Jahr bei der Traisner Hütte an einem Sonntag um den 19. März im Gedenken an Mathias Zdarsky ein Nostalgieskirennen statt, das weltweit das Einzige unter streng historischen Bedingungen wie zu Zdarskys Zeiten ist. Historische Ausrüstung vom Kopf bis zum Ski und Einstocktechnik sind Bedingung für die Teilnehmer, der Kurs wird mit originalgetreuen Fahnen gesteckt und die Zeitnehmung erfolgt händisch. Weiters befinden sich am Muckenkogel der Zdarsky-Erfinderweg, der in einem Rundkurs von der Bergstation des Sessellifts zur Kosteralm und wieder retour führt und auf Schautafeln Wissenswertes über Zdarsky und seine Erfindungen vermittelt, sowie der Zdarsky-Panoramaweg, der von der Bergstation zur Traisner Hütte auf der Hinteralpe und wieder zurück verläuft und einen Eindruck von Zdarskys Skiwelt bringt. In der Antarktis trägt der Mount Zdarsky seinen Namen.

Werke

  • Mathias Zdarsky: „Lilienfelder Skilauf-Technik“, Hamburg 1897.
  • Mathias Zdarsky: „Methodische Skilaufübungen“. In: Alpen-Skiverein (Hrsg.): „Skisport – Gesammelte Aufsätze von Mathias Zdarsky“, Wien 1915, und in: „Der Schnee“, Wien 1907.

Literatur

  • Österreichischer Touristenklub: Mitteilungen in der „Touristenzeitung“, Erschienen von 1881 bis 1938 und von 1947 bis 1996. Ab 1903 mit einer eigenen Rubrik für den Wintersport.
  • Allgemeine Sportzeitung Wien, Sie beinhaltet alle Sportzweige seiner Zeit von 1880 bis 1927. Ab 1893 mit einer eigenen Rubrik für den Wintersport.
  • Erwin Mehl (Hg.): „Zdarsky. Festschrift zum 80. Geburtstag des Begründers der alpinen Skifahrweise 25. Februar 1936. Ein Beitrag zur Geschichte und Lehre des Alpenschneelaufens“, Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk, 1936.
  • Heinz Polednik: „Weltwunder Skisport – 6000 Jahre Geschichte und Entwicklung des Ski-Sports“, Wels 1969.
  • Erich Bazalka: „Skigeschichte Niederösterreichs“, Waidhofen/Ybbs 1977.
  • Horst Tiwald: „Auf den Spuren von Mathias Zdarsky“, Hamburg 2004, ISBN 3-936212-13-9.
  • Otmar Schöner (Hg.): „Mathias Zdarsky und die Bahnbrecher im alpinen Schnee“, Reichenau an der Rax 2015.
Commons: Mathias Zdarsky – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Erich Bazalka: Im Auftrag des Landesskiverbandes Niederösterreich Waidhofen/Ybbs 1977. Seite 22 + 23
  2. In: Allgemeine Sportzeitung Wien, 15.jän.1905, Seite 37
  3. Patent AT31366B: Schneeschuh. Angemeldet am 31. März 1896, veröffentlicht am 10. Januar 1908, Erfinder: Mathias Zdarsky.
  4. Zitiert nach Fleischmann und Steinbrüchel: In: Lilienfelder oder Norweger Skilauftechnik, Ein historischer Rückblick aus Aktenstücken, München 1910
  5. In: Österreichische Touristenzeitung , 16.April.1903, Seite 90 - Nr. 8
  6. Zitiert von Nostalgie Traisen, Aus dem Buch „Das Skilaufen“ von Fritz Huitfeldt, Kristiania. Zweites Lehrbuch. Deutsche Fassung 1907 vom Verlag von F. Manning in Berlin. Im Besitz der Nostalgiegruppe Traisen
  7. In: Allgemeine Sportzeitung Wien, 15.jän.1905, Seite 37
  8. Mathias Zdarsky - 1856-1940. (PDF; 7,0 MB) In: pdf auf lilienfeld.at. Abgerufen am 26. März 2012.
  9. Staatliche Auszeichnung für Matthias Zdarsky. In: Neue Freie Presse, 25. Februar 1931, S. 11 (online bei ANNO).
  10. Zdarskys Geburtstag. In: Der Schnee. Zeitschrift des Alpen-Ski- und Wander-Vereins und des Neuen Ski-Touristen-Clubs, 7. März 1936, S. 1 (online bei ANNO).
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