Mathilde Lætitia Wilhelmine Bonaparte, auch Mathilde-Létizia (* 27. Mai 1820 in Triest; † 2. Januar 1904 in Paris), war die Tochter von Napoléons jüngstem Bruder Jérôme Bonaparte und dessen zweiter Ehefrau Katharina von Württemberg. Sie widmete sich der Pastell- und der Aquarellmalerei und unterhielt ab den 1850er Jahren in ihrem Pariser Hôtel particulier einen künstlerischen und literarischen Salon.
Leben
Geboren in Triest, wuchs Mathilde in Florenz, Stuttgart und Rom auf. In der Absicht, zwei der verschiedenen bonapartistischen Linien zu einer neuen Hauptlinie zu vereinen, wurde Mathilde im Alter von 15 Jahren 1835 zunächst mit ihrem Cousin Louis Napoleon (dem späteren Napoleon III.) verlobt, doch nach Napoleons misslungenem Putschversuch von 1836 löste Mathildes Vater Jérôme noch im selben Jahr die Verlobung umgehend wieder auf. Am 1. November 1840 heiratete sie in Florenz stattdessen den russischen Prinzen Anatole Demidow, Prinz von San Donato, einen Sohn des Grafen Nikolai Demidow und der Baroness Jelisaweta Stroganowa. Die Ehe war geprägt von Seitensprüngen und Streitigkeiten. Anatole hatte eine langjährige Affäre mit Valentine de Sainte-Aldegonde – eine Beziehung, die er gegen Mathildes Willen fortsetzte.
Mathilde verließ daraufhin Florenz zusammen mit ihrem Liebhaber Alfred Émilien de Nieuwerkerke und mit der Schmucksammlung ihres Ehemanns. Die Ehe wurde schließlich 1847 geschieden und Anatole wurde rechtlich dazu gezwungen, einen jährlichen Unterhalt in Höhe von 200.000 Francs an Mathilde zu zahlen. Trotz seiner vehementen Forderungen erhielt Anatole seinen Schmuck nie zurück.
Ende 1848 wurde Louis Napoleon zum französischen Präsidenten gewählt. Da er zunächst noch unverheiratet und Mathilde seine nächste weibliche Anverwandte war, fungierte sie bis zu seiner Heirat mit Eugénie de Montijo (Anfang 1853) trotz der einst aufgelösten Verlobung offiziell als Première dame (First Lady) bzw. Maîtresse de maison (Hausherrin) an seiner Seite. Sie übte auf ihn einen bedeutenden Einfluss aus. In Paris wurde Mathilde während und nach dem Zweiten Kaiserreich ein bekanntes Mitglied des aristokratischen Kunst- und Literaturkreises. In ihrem Salon verkehrten u. a. Gustave Flaubert, Théophile Gautier, Edmond de Goncourt und Charles-Augustin Sainte-Beuve. Nach Anatoles Tod am 29. April 1870 heiratete Mathilde im Dezember 1873 Claudius Popelin (1825–1892). In der Dreyfus-Affäre stellte sich Mathilde auf die Seite der „Dreyfusards“ und unterstützte die Forderung nach einer Revision und der Rehabilitation des unschuldig angeklagten Alfred Dreyfuss.
Weblinks
- Literatur von und über Mathilde Bonaparte im SUDOC-Katalog (Verbund französischer Universitätsbibliotheken)
- Werke von und über Mathilde Bonaparte in der Deutschen Digitalen Bibliothek
Einzelnachweise
- 1 2 E. A. Reinhardt: Napoleon der Dritte und Eugenie – Tragikomödie eines Kaisertums. Fischer Verlag, Berlin 1930, S. 29 f., 33 f., 94 ff. und 115 ff.
- ↑ Mathilde (1820–1904). In: Anne Commire (Hrsg.): Women in World History. Bd. 10, 2001, ISBN 0-7876-4069-7, S. 608.
- ↑ Barbara W. Tuchman: Der stolze Turm : e. Portr. d. Welt vor d. 1. Weltkrieg, 1890–1914. Knaur, München 1969, ISBN 3-426-03671-1.