Maximilien de Robespierre ([maksimiˈljɛ̃ də ʀɔbɛsˈpjɛːʀ]; * 6. Mai 1758 in Arras; † 28. Juli 1794 in Paris; getauft Maximilien-François-Marie-Isidore), häufig nur Maximilien Robespierre, auch „der Unbestechliche“ genannt, war ein französischer Rechtsanwalt, Revolutionär und führender Politiker der Jakobiner. Er wirkte ab 1789 auf die erste Phase der Französischen Revolution ein und gewann bis kurz vor seiner Hinrichtung 1794 einen zunehmend prägenden Einfluss auf ihre Entwicklung.
Nach dem Beginn des Ersten Koalitionskriegs war er auf der innenpolitischen Ebene der 1792 ausgerufenen ersten Französischen Republik einer der maßgeblichen Initiatoren für die als „Verteidigung der Republik“ begründete Terrorherrschaft (französisch la Terreur) von 1793/94.
Biographie
Herkunft, Ausbildung und Berufsleben
Robespierre wurde als erstes von vier Kindern des angesehenen Advokaten Maximilien-Barthélémy-François de Robespierre (1732–1777) im heutigen Département Pas-de-Calais geboren. Seine Geschwister waren Charlotte Robespierre (1760–1834), Henriette Robespierre (1761–1780) und Augustin Robespierre (1763–1794). Die Familie väterlicherseits stammte ursprünglich aus Irland, war aber aufgrund religiöser Verfolgung unter Heinrich VIII. nach Frankreich ausgewandert. Seine Mutter war Jacqueline Margarethe Carrault (1735–1764), die Tochter eines wohlhabenden Brauers. Im Juli 1764, als er gerade sechs Jahre alt war, verstarb seine Mutter im Kindbett. Am 6. November 1777 starb sein Vater in München und wurde auf dem dortigen Friedhof begraben; einige Jahre zuvor hatte er Arras aus ungeklärten Gründen verlassen und war nur noch sporadisch in den Ort zurückgekehrt. Am Collège von Arras galt Robespierre als Musterschüler und erlangte eines von vier Stipendien für das renommierte Pariser Collège Louis le Grand, das er ab 1769 besuchte. Nach zwölf Jahren des Studiums, aufgeteilt in sieben Jahre allgemeiner Studien und vier Jahre rechtswissenschaftlicher Studien, legte Robespierre 1780 sein Examen als Anwalt (Bakkalaureus des Rechts) ab und wurde 1781 Lizenziat. In den Jahren 1772 und 1774 galt Robespierre als Klassenbester, 1775 wurde er zudem als bester Schüler der Universität ausgezeichnet und ausgewählt, die Begrüßungsrede beim Besuch von Ludwig XVI. zu halten. Noch als Student hatte er den von ihm verehrten Jean-Jacques Rousseau in dessen Sterbejahr 1778 besucht und gesprochen.
1781 ließ sich Robespierre in seiner Heimatstadt Arras als Anwalt nieder. Hier übernahm er verschiedenste Fälle und erarbeitete sich dabei einen Ruf als „Anwalt der Armen“. In einem gewissen Maße widersprüchlich zu dieser Position steht Robespierres juristische Karriere in Arras, die er mit Gutheiß und fortwährender Unterstützung der Mächtigen machte. Nationale Bekanntheit erreichte er 1783 durch den sogenannten „Blitzableiterfall“, in welchem er einen Mann, der sein Haus mit einem Blitzableiter versehen hatte, gegen Vorurteile der Gefährdung der Allgemeinheit verteidigte und ihn stattdessen als Förderer der wissenschaftlichen Erkenntnis darstellte. Kurze Zeit war Robespierre auch als Richter an einem bischöflichen Patrimonialgericht tätig, legte sein Amt jedoch bald nieder, da er einen Verbrecher zum Tode verurteilen sollte, er jedoch zum damaligen Zeitpunkt ein strikter Gegner der Todesstrafe war.
Vornehmlich nach seiner Aufnahme in die Akademie von Arras 1783 publizierte Robespierre Flugschriften und Pamphlete, in denen er sich gegen die Privilegien des Adels und der Geistlichkeit aussprach, gleichzeitig Sippenhaftung verurteilte und sich für die Rechte unehelich geborener Kinder und für Frauen- sowie Menschenrechte im Allgemeinen einsetzte. 1786 wurde er zum Vorsitzenden der Akademie gewählt.
Schließlich sah er in Paris die Möglichkeit, durch sein politisches Engagement die Gesellschaftsform des monarchistischen Frankreich nach der Staatstheorie seines geistigen Mentors Jean-Jacques Rousseau umzugestalten: 31-jährig wurde er gleich zum Delegierten des dritten Standes für die Stadt Arras in die Versammlung der Generalstände gewählt, die von Ludwig XVI. 1789 ursprünglich dazu einberufen worden war, das Steuerproblem des Staates zu lösen.
Politischer Aufstieg
Wahl in die Nationalversammlung (1789–1790)
Am 17. Juni 1789 erklärten sich die Vertreter des dritten Standes (Bürger und Bauern) zur Nationalversammlung. Dies war die Geburtsstunde der Französischen Revolution. Nach dem Beitritt der Vertreter des Klerus und des Adels schafften die Vertreter der drei Stände in den folgenden Wochen die Privilegien der Priester und Adligen ab.
In der Nationalversammlung fiel Robespierre mit radikalen Forderungen auf, die aber zunächst von der gemäßigteren Mehrheit nicht geteilt wurden. So setzte er sich unter anderem für Pressefreiheit ein, für die Abschaffung der Sklaverei in den Kolonien, die Aufhebung der Todesstrafe, die Beseitigung der Privilegien des Klerus sowie für die Abschaffung des Zölibats. Außerdem war er gegen das aufschiebende Veto-Recht des Königs in der ersten Verfassung von 1791 und sprach sich für das allgemeine Wahlrecht für alle Männer aus. Für die Wahl der Volksvertreter dürften keine anderen Kriterien gelten als „die der Tugend und der Begabung“. Zudem forderte er eine Beschränkung für deren Amtszeit. Im August 1789 hatte Robespierre bereits einen Gesetzesentwurf ausgearbeitet, der eine „ruhige Beratung“ in der Versammlung garantieren sollte, so dass „ein jeder ohne Furcht vor Störungen […] seine Meinung darlegen“ könne.
Bald galt Robespierre als radikaler Demokrat und trat dem linken „Klub der Jakobiner“ bei, der sich regelmäßig im Dominikanerkloster Saint-Jacques in Paris traf. Im März 1790 wurde er zum Präsidenten des Klubs und zum stellvertretenden Sekretär der Nationalversammlung gewählt. Im Oktober wurde er auch zum Richter am Distriktgericht von Versailles gewählt.
Fortsetzung der Revolution (1791–1793)
Bis 1791 war Robespierre trotz seiner radikalen Forderungen ein Anhänger der konstitutionellen Monarchie. Allerdings war er gleichwohl der Ansicht, dass der König nicht das Recht haben sollte, über Krieg und Frieden zu entscheiden. Dieser würde nämlich im Zweifel immer ein Interesse daran haben, seine eigenen Machtbefugnisse zu erweitern, die Vertreter der Nation würden hingegen ein Interesse daran haben, den Krieg zu stoppen. Er änderte jedoch seine Meinung im Juni 1791, als Ludwig XVI. mit der Flucht nach Varennes heimlich versuchte, Frankreich zu verlassen, um die Revolution von außen zu zerstören. Ludwig wurde nach Paris zurückgebracht, blieb König und bemühte sich weiterhin, die Revolution mit Hilfe der anderen Königreiche rückgängig zu machen. Dadurch brachte er sowohl Robespierre und die Jakobiner als auch die Girondisten weiter gegen sich auf. Allerdings war für Robespierre die Revolution weniger durch einen Krieg mit den anderen europäischen Nationen gefährdet als durch die Helfer des Königs in Paris und die Konterrevolutionäre. Im Juni 1791 wurde Robespierre – ohne sein Wissen – zum öffentlichen Ankläger am Kriminalgericht von Paris gewählt. Ende des Jahres war er nicht mehr Abgeordneter der Nationalversammlung, da er zuvor die Begrenzung der Amtszeit durchgesetzt hatte. Im April 1792 legte Robespierre auch sein Amt als Ankläger am Kriminalgericht von Paris nieder, um sich seinen Ruf als „der Unbestechliche“ (frz. l’Incorruptible) zu bewahren.
In der Parlamentsdebatte über das neue Strafgesetzbuch, den Code pénal, sprach Robespierre sich im Herbst 1791 entschieden gegen die Todesstrafe aus, blieb aber in der Minderheit. Nach dem Tuileriensturm am 10. August 1792 wurde der König von der Nationalversammlung vorläufig für abgesetzt erklärt. Am selben Tag wurde Robespierre Mitglied der Kommune von Paris. Im September 1792 befanden sich die Armeen der Preußen und der Österreicher auf dem Vormarsch. Paris war bedroht, und die zum Kampf bereiten Pariser Bürger fühlten sich von den Anhängern des Königs bedroht. Unter den in den Gefängnissen einsitzenden Königstreuen und jenen, die dafür gehalten wurden, richteten sie daher ein Blutbad an. Diesem Septembermassaker fielen über tausend Menschen zum Opfer.
In dieser aufgeheizten Stimmung wurde Robespierre mit 338 von 525 Stimmen zum Mitglied der neuen Volksvertretung, des Nationalkonvents, gewählt. Gegen den König wurde Anklage wegen Hochverrats erhoben. Während die Girondisten und Danton Partei für den König ergriffen, schloss sich Robespierre in einer Rede der Forderung von Louis Antoine de Saint-Just nach dessen Hinrichtung an, da der König eine zu große Gefahr für die Revolution darstelle. Er erklärte den König zum Verräter Frankreichs und zum Verbrecher an der Menschheit. Der Nationalkonvent sprach sich am 18. Januar 1793 bei 380 zu 310 Stimmen gegen eine Aussetzung der Todesstrafe aus. Das bedeutete, Ludwig musste sofort hingerichtet werden. Am 21. Januar wurde er durch die Guillotine enthauptet.
Die Gleichheit aller Franzosen
Robespierre war es, der 1792 in einem Brief verkündete, dass es darum gehe, auf den Trümmern des Thrones die heilige Gleichheit einzurichten. Er meinte damit die Gleichheit vor dem Gesetz und gleiche Chancen in der Politik. Die Gleichheit des Vermögens, von der die Armen träumten, meinte er nicht. Dies erklärte er im April 1793 vor dem Nationalkonvent und versicherte den Reichen, dass er ihre Schätze auf keinen Fall anrühren wolle. Diese Gleichheit war auch nicht für Frauen vorgesehen. Olympe de Gouges forderte 1791 in einer Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin die volle rechtliche, politische und soziale Gleichstellung beider Geschlechter. Hierfür wurde sie verhaftet und 1793 hingerichtet.
Der Wohlfahrtsausschuss
Am 27. Juli 1793 wurde Robespierre vom Nationalkonvent zum Mitglied des zwölfköpfigen Wohlfahrtsausschusses berufen. In der Folgezeit unterstützte Robespierre alle Maßnahmen gegen sogenannte „Feinde der Revolution“, was ihm seinen Ruf als „Blutrichter“ der Französischen Revolution eintrug. So war er daran beteiligt, Jacques Roux und alle Mitglieder der ihm unliebsamen Enragés zu verhaften und vor Gericht zu stellen. 1794 ließ Robespierre Jacques-René Hébert verhaften, weil er angeblich zum Aufstand aufgerufen hatte und dazu die Septembermorde von 1792 thematisiert hätte. Mit ihm wurde ein Großteil seiner Anhängerschaft hingerichtet, die sog. Hébertisten.
Am 30. März 1794 ließ der Wohlfahrtsausschuss Georges Danton und Camille Desmoulins und deren Anhänger verhaften und am 5. April auf der Guillotine hinrichten, weil sie angeblich Teil einer „Verschwörung des Auslands“ seien, mit dem Ziel, die Monarchie wiederherzustellen. Im Nationalkonvent war zunächst Kritik an den Verhaftungen laut geworden, die Robespierre aber mit Drohungen zum Schweigen brachte:
„Ich behaupte, daß, wer immer in diesem Augenblick zittert, schuldig ist, denn die Unschuld hat von der öffentlichen Überwachung nichts zu befürchten.“
Insgesamt waren es in diesem April 258 Hinrichtungen auf Geheiß des Ausschusses. Im Juni 1794 gab es 688 Hinrichtungen, denn der von Robespierre und Saint-Just dominierte Wohlfahrtsausschuss erließ am 10. Juni 1794 oder 22. Prairial II mit dem so genannten Prairial-Dekret ein neues Gesetz, nach dem Angeklagten kein Rechtsbeistand zukommen durfte und jeder – selbst Konventsmitglieder – ohne einen Mehrheitsbeschluss des Konvents vor das Revolutionstribunal gebracht werden konnte. Ihn unterstützten dabei seine engsten Vertrauten – unter anderem Couthon und Saint-Just, der allerdings zunächst gegen dieses Gesetz gewesen war. Jedoch überzog Robespierre im Wohlfahrtsausschuss seinen Machtanspruch und verlor endgültig seinen Rückhalt im Konvent.
Die Begründung des Terrors gemäß Rousseau
In seiner gesamten politischen Tätigkeit bemühte sich Robespierre, die aufklärerischen Ideale Rousseaus zu verwirklichen, so wie er sie verstand. Gemäß Jean-Jacques Rousseau erzeugen alle Mitglieder einer Gemeinschaft in freiwilliger Übereinkunft einen Gemeinwillen, die volonté générale. Der Gemeinwille orientiert sich am Gemeinwohl und hat dabei immer Recht. Er gilt absolut, auch wenn Einzelne ihn ablehnen. Er ist nicht einfach der Wille der Mehrheit, sondern derjenigen, die tugendhaft und im Besitz der Wahrheit sind. Jeder, der den Gemeinwillen angreift, stellt sich außerhalb der aufgeklärten Gemeinschaft.
Für Robespierre bedeutete dies, dass die Gegner der Republik nur die Wahl zwischen einer Änderung ihrer Überzeugungen und dem Tod haben durften. Je grausamer die Regierung gegenüber den Verrätern auftrete, desto wohltätiger sei sie gegenüber den braven Bürgern, ließ Robespierre 1793 verlauten. Die Terrorherrschaft war ihm zufolge ein notwendiges Übel, um das Volk für den von Rousseau empfohlenen Gesellschaftsvertrag bereit zu machen. Ohne Tugend, meinte Robespierre, sei Terror verhängnisvoll, ohne Terror die Tugend machtlos. Seit dem Frühjahr 1794 propagierte Robespierre auch den Kult des höchsten Wesens, der im Mai 1794 in der Verfassung verankert wurde.
Ende des Terrors, Sturz und Hinrichtung
In den 15 Monaten zwischen dem 10. März 1793, der Gründung des Revolutionstribunals, und dem 10. Juni 1794, an dem das sogenannte Prairial-Dekret eingeführt wurde, hatte das Revolutionstribunal 1579 Todesurteile verhängt. In den lediglich 49 Tagen von der Einführung des Dekretes, das die Verteidigungsrechte de facto außer Kraft setzte und nur Tod oder Freispruch als Urteil zuließ, bis zum Sturz Robespierres am 27. Juli 1794 wurden 1376 Personen zum Tode verurteilt.
Am 26. Juli erschien Robespierre – zum ersten Mal seit Wochen – für eine Rede vor dem Parlament. Diese Rede dauerte etwa zwei Stunden. Robespierre bekräftigte seine Überzeugung, nur der Terror gegen das Verbrechen verschaffe der Unschuld Sicherheit. Er konnte aber keinen programmatischen Entwurf für einen Weg aus der politischen Krise aufzeigen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die militärische Lage stabilisiert, die Wirtschaft erholte sich, der Wohlfahrtsausschuss hatte sich als faktische Zentralgewalt etabliert. Terror war gerade in den letzten Monaten nur noch als Mittel der Machterhaltung und teilweise zur Beseitigung persönlicher Gegner und Rivalen missbraucht worden. Robespierres Programm lief aber auf eine immer weitere Verschärfung des Terrors hinaus. Er spielte auf Verräter an, die mit aller Härte bestraft werden müssten. Er kenne sie, doch Namen nennen wolle er nicht. Damit kündigte er eine neue „Säuberungswelle“ an.
Nun konnte jeder im Konvent betroffen sein. Nach dem Prairial-Dekret, welches auch Konvents-Mitglieder der ungeschützten Willkür des Terrors aussetzte, waren nach dieser Ankündigung kaum noch Befürworter der Erhaltung der Macht Robespierres zu finden. In der folgenden Nacht traf eine Koalition aus Politikern unterschiedlicher Couleur zusammen. Viele befürchteten, als Verräter bezeichnet und hingerichtet zu werden. Andere strebten selbst nach der Macht und wollten die Politik nach ihren Vorstellungen gestalten. Manche sahen durch Robespierre die Revolution verraten. Robespierre selbst hatte mit seiner Politik zu dieser Koalition beigetragen.
Am nächsten Tag, dem 9. Thermidor, debattierte das Parlament über den Wohlfahrtsausschuss. Man wollte dem blindwütigen Terror ein Ende setzen und seinen Führer entmachten. Robespierre wollte sich verteidigen, doch seine Worte gingen im verabredeten Stimmentumult unter. Schließlich wurde die Verhaftung von ihm, Saint-Just und Georges Couthon gefordert und zur allgemeinen Verblüffung fast einstimmig beschlossen. Robespierre wurde abgeführt – die von ihm und seinen Anhängern etablierten Maßnahmen, die „Verdächtige“ weitgehend rechtlos stellten, wandten sich jetzt gegen sie selbst. Es gelang Robespierre jedoch, sich zu befreien und sich mit aus dem Kerker befreiten Freunden im Rathaus zu versammeln.
Bei dem von Léonard Bourdon geführten Sturm der Nationalgarde auf das Rathaus wurde Robespierres Unterkiefer von einer Kugel zerschmettert, wobei unklar ist, ob es sich um den Schuss eines Gendarmen oder um einen Suizidversuch handelte. Einige seiner Kameraden, die sich mit ihm verschanzt hatten, erschossen sich selbst oder brachten sich durch einen Sprung aus dem Fenster um. Der schwerverletzte Robespierre wurde notdürftig ärztlich behandelt.
Am 28. Juli 1794 wurden Robespierre und 21 seiner Anhänger ohne vorherigen Prozess durch die Guillotine enthauptet; in den Tagen darauf folgten noch 83 weitere Anhänger. Charles Henri Sanson fungierte als Scharfrichter.
Rezeption
Politisch
Robespierre war einer der „brillantesten und scharfzüngigsten Redner der Französischen Revolution“. Seine rund 650 Reden, die er von Mai 1789 bis zu seinem Tod im Juli 1794 in der Nationalversammlung, im Konvent, im Klub der Jakobiner und anlässlich verschiedener Pariser Sektionsversammlungen hielt, fanden Aufmerksamkeit bei vielen seiner Zuhörer und trugen dazu bei, dass er eine politisch herausgehobene Stellung unter den Revolutionsgrößen erlangte.
Seine kompromisslose politische Linie, vor allem aber sein Eintreten für den Terror im Namen der Tugend, führte letztlich nicht nur die Revolution in ihre blutigste Phase, sondern auch zu seinem eigenen Untergang. Seine immer radikaler werdenden Forderungen, mit denen auch dem Druck der Sansculotten-Bewegung nachzugeben versucht wurde, beendeten zwangsläufig das Bündnis zwischen der vom Bürgertum getragenen sogenannten „Verfassungsrevolution“ und der „Volksrevolution“. Robespierre und dem Konvent gelang es nicht, die radikalisierte Volksbewegung politisch zu kanalisieren und zu befrieden. Diese sah ihre Wünsche nach umfassenden Besitztumsverteilungen und tiefgreifenden sozialen Maßnahmen nicht ausreichend erfüllt. Bei einem immer größer werdenden Teil des Bürgertums hingegen, dem auch die Jakobiner selbst zuzurechnen waren, wuchs stetig die Furcht vor einer völligen Umverteilung der Eigentumsverhältnisse und damit Auflösung der sozialen Ordnung. Robespierre und die Führungsriege des Wohlfahrtsausschusses entfremdeten sich dadurch beiderseits. Die von Robespierre permanent eingeforderte Notstandsdiktatur zur Rettung der Republik, die eigentlich nur die Hilflosigkeit des Wohlfahrtsausschusses angesichts der innen- und außenpolitischen Bedrohungssituation widerspiegelte, hatte dadurch schon bald keine tragende Basis mehr. Am Schluss sahen jene Teile des Bürgertums, für die der soziale Umsturz zur Hauptbedrohung und die Rückkehr zu Ruhe und Ordnung zur dringlichsten Aufgabe geworden war, nur mehr die Möglichkeit, Robespierre und seine Anhänger zu beseitigen, die mittlerweile politisch völlig isoliert waren.
Von Zeitgenossen und späteren Forschern wurden Notwendigkeit und Berechtigung der Terror-Maßnahmen diskutiert. Dabei standen sich die Ansichten von Historikern wie François Furet und Denis Richet auf der einen und beispielsweise die von Albert Soboul auf der anderen Seite konträr gegenüber. Während erstere der Auffassung waren, dass die Revolution durch die Gewaltexzesse der Notstandsdiktatur letztlich völlig diskreditiert wurde, sah Soboul in den Terror-Maßnahmen eine staatspolitische Notwendigkeit, ohne die die Errungenschaften der von allen Seiten bedrohten Revolution nicht zu retten gewesen wären. Solche divergierenden Interpretationen spiegeln oft nicht nur unterschiedliche wissenschaftliche Ansätze wider, sondern auch die politischen Hintergründe ihrer Vertreter.
Künstlerisch
Theater
- Georg Büchner: Dantons Tod, Drama (1835)
- Rudolf von Gottschall: Robespierre, Drama (1845)
- Wolfgang Robert Griepenkerl: Maximilian Robespierre, Trauerspiel (1849)
- Romain Rolland: Robespierre, Drama (1939)
Literatur
- Victor Hugo: 1793, Roman (1874)
- Georg Heym: Robespierre, Gedicht (1910)
- Gertrud Kolmar (1894–1943) verfasste einige Gedichte über Robespierre
- Hilary Mantel: Brüder, Roman (1992)
Film
- Reign of Terror (1949)
- Die Französische Revolution (1989)
Persönlich
Robespierre soll nach Forschungen der Forensiker Philippe Charlier und Philippe Froesch in seinen letzten vier Lebensjahren unter der seltenen Immunkrankheit Sarkoidose gelitten haben. Zeitgenossen berichteten von Symptomen wie anhaltender Müdigkeit, Gelbsucht, Nasenbluten und von wiederkehrenden Beingeschwüren.
Werke
- Robespierre - ein autobiographisches Porträt. AL-BE-CH-Verlag, Lüneburg 1996, ISBN 978-3-926623-29-4.
Literatur
- Karl Brunnemann: Maximilian Robespierre. Ein Lebensbild nach zum Teil noch unbenutzten Quellen. 2. Auflage, Wilhelm Friedrich, Leipzig/Berlin 1885 (Digitalisat).
- Friedrich Sieburg: Robespierre. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1987, ISBN 3-421-06342-7 (Erstausgabe 1935).
- Walter Markov (Hrsg.): Maximilien Robespierre 1758–1794. Beiträge zu seinem 200. Geburtstag. Rütten und Loening, Berlin 1958.
- Jean Massin: Robespierre. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1976.
- Albert Sacharowitsch Manfred: Rousseau - Mirabeau - Robespierre. Drei Lebensbilder. Verlag der Nation, Berlin 1989, ISBN 3-373-00304-0.
- Max Gallo: Robespierre. Klett-Cotta, Stuttgart 1989, ISBN 3-608-93107-4 (überarbeitete deutsche Neuausgabe 2007, ISBN 978-3-608-94465-5).
- Georges Labica: Robespierre - ein Politik der Philosophie. Argument-Verlag, Hamburg 1994, ISBN 978-3-88619-221-2.
- Jean-François Fayard: Les 100 jours de Robespierre – les complots de la fin. Grancher, Paris 2005, ISBN 2-7339-0912-6.
- Carl Gustav Jochmann: Robespierre. Winter, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-8253-2009-6.
- Uwe Schultz: Der König und sein Richter - Ludwig XVI. und Robespierre. Eine Doppelbiographie. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-62924-2.
- Peter McPhee: Robespierre: A Revolutionary Life. Yale University Press, New Haven 2013, ISBN 978-0-300-19724-2.
- Hervé Leuwers: Robespierre. Fayard, Paris 2014, ISBN 978-2-213-67156-7.
- Raimund Oser: Robespierre/Saint-Just. In: Tilo Schabert (Hrsg.): Der Mensch als Schöpfer der Welt – Formen und Phasen revolutionären Denkens in Frankreich 1762 bis 1794. List, München 1971, ISBN 978-3-471-61510-2, S. 169–207.
- Guido Braun: Maximilien de Robespierre - Der humanistische Revolutionär. Kohlhammer, Stuttgart 2024 (laut Verlagsankündigung), ISBN 978-3-17-021742-3.
Weblinks
- Literatur von und über Maximilien de Robespierre im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Maximilien de Robespierre in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Robespierres Tod (Memento vom 13. Februar 2002 im Internet Archive) (englisch)
- François De Robespierre in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 16. Juni 2022 (englisch).
- Amis de Robespierre. In: amis-robespierre.org (französisch)
- Domenique Rondelot: Robespierre (Memento vom 12. Juli 2013 im Internet Archive) In: rondelot.com, 6. Oktober 2012 (französisch, auch zur Association Maximilien Robespierre pour l'Idéal Démocratique – AMRID)
- Stichtag. 06. Mai 2008 – Vor 250 Jahren: Maximilien de Robespierre in Arras geboren. In: wdr.de, 6. Mai 2008 (Kurzbiographie)
- Stefan W. Römmelt: Kurzbiogramm – Robespierre (Memento vom 26. Februar 2008 im Internet Archive). In: revolution.historicum-archiv.net (mit weiteren Literaturhinweisen und Quellenangaben)
- Maximilien Robespierre (1758–1794). In: republique.de (Biografie, Literaturfundstellen, Zitate)
- Dennis Ballwieser: Ein rätselhafter Patient. Revolutionäre Diagnose. In: spiegel.de, 20. Dezember 2013 (Hypothesen über Krankheitsbild und computergestützte Farbrekonstruktion der Totenmaske)
Einzelnachweise
- ↑ Die Familie Robespierre war nicht adelig. Der ohne weitere Bedingungen führbare Zusatz „de“ zeigte somit lediglich an, dass es sich nicht um Handarbeiter handelte.
- ↑ Brunnemann: Maximilian Robespierre. 1885, S. 1–2.
- 1 2 Max Gallo: Robespierre. Hrsg.: Peter Schöttler (= Biographien zur Französischen Revolution). Ernst Klett, Stuttgart 1989, ISBN 3-608-94465-6, S. 24 (französisch).
- ↑ Es ist unklar, ob Robespierre jenes Stipendium eher für seine Leistungen, oder aufgrund proklamierter familiärer Verbindungen zur Kirche, welche die Stipendien vergab, erlangte.
- ↑ Brunnemann: Maximilian Robespierre. 1885, S. 2.
- ↑ John Hardman: Robespierre (= Profiles in Power). Pearson Education, Harlow, England 1999, ISBN 0-582-43755-5, S. 8 (britisches Englisch).
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 27–29.
- ↑ Jean Massin: Robespierre. 4. Auflage, Berlin 1976 (französische Originalausgabe 1956), S. 17; Winkler 2009, S. 224. Als Robespierre 1789 politisch aktiv wurde, erinnerte er sich dieser Begegnung, indem er notierte: „Ich will dein hochgeschätztes Werk fortsetzen, sollte mein Name auch in den kommenden Jahrhunderten vergessen sein; ich bin glücklich, wenn ich auf dem gefahrvollen Wege, den eine beispiellose Revolution vor uns eröffnet hat, ständig den Eingebungen treu bleibe, die ich aus Deinen Werken geschöpft habe.“ Zitiert nach Massin: ebenda, S. 18.
- ↑ NuBIS, HLFA 4=241, pièce 1, online bei der Bibliothek der Sorbonne, abgerufen am 17. November 2017.
- ↑ John Hardman: Robespierre (= Profiles in Power). Pearson Education, Harlow, England 1999, ISBN 0-582-43755-5, S. 8 (britisches Englisch).
- ↑ Max Gallo: Robespierre. Hrsg.: Peter Schöttler (= Biographien zur Französischen Revolution). Ernst Klett, Stuttgart 1989, ISBN 3-608-94465-6, S. 36 (französisch).
- ↑ Ruth Scurr: Fatal Purtiy. Robespierre and the French Revolution. Vintage, London 2007, ISBN 0-09-945898-5, S. 8.
- ↑ Brunnemann: Maximilian Robespierre. 1885, S. 7–8.
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 39–41.
- ↑ Brunnemann: Maximilian Robespierre. 1885, S. 16–23.
- ↑ Westdeutscher Rundfunk: Vor 250 Jahren: Maximilien de Robespierre in Arras geboren: Terror für die Tugend, vom 6. Mai 2008
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 72–73.
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 60–67.
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 58.
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 68.
- ↑ Gallo: Robespierre (1989), S. 75.
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 71.
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 96.
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 91–92.
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 108.
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 133, 147.
- ↑ William Schabas: The Abolition of the Death Penalty in International Law. 3. Auflage, Cambridge University Press, Cambridge/New York 2002, S. 5.
- ↑ Französische Revolution. Stichtag 10. August 1792 – Sturm auf die Tuilerien in Paris. In: wdr.de. Abgerufen am 15. Mai 2013.
- ↑ Jan Knupper: Septembermassaker. In: republique.de. Abgerufen am 15. Mai 2013.
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 149 ff.
- ↑ Gallo: Robespierre. 1989, S. 166–167.
- ↑ Albert Soboul: Die Große Französische Revolution. Ein Abriß ihrer Geschichte (1789–1799). 4. Auflage der durchgesehenen deutschen Ausgabe, Sonderausgabe. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983, S. 249.
- ↑ „Je dis que quiconque tremble en ce moment est coupable; car jamais l'innocence ne redoute la surveillance publique“, zitiert nach Jacob Talmon: Die Geschichte der totalitären Demokratie. Band I: Die Ursprünge der totalitären Demokratie. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013, S. 190.
- ↑ Alfred Hirsch: Recht auf Gewalt? Spuren philosophischer Gewaltrechtfertigung nach Hobbes. Wilhelm Fink Verlag, Paderborn/München 2004, ISBN 3-7705-3869-2, S. 116–117 (Zugl.: Hildesheim, Univ., Habil.-Schr., 2002).
- ↑ Thermidor. In: Jean Tulard, Jean-François Fayard und Alfred Fierro: Histoire et dictionnaire de la Révolution française. Éditions Robert Laffont, Paris 1987, S. 1118.
- ↑ Erich Pelzer: Maximilien Robespierre. Die revolutionäre Regierung (1793). In: Kai Brodersen: I have a dream. Große Reden von Perikles bis Barack Obama. 2., erw. Auflage. Darmstadt 2009, ISBN 978-3-89678-813-9, S. 68–82, hier: S. 68 f., urn:nbn:de:0263-97838967894339.
- ↑ Vgl. dazu die entsprechenden Kapitel in: François Furet und Denis Richet: Die Französische Revolution. Verlag C.H. Beck, München 1981 (Originaltitel: La Révolution. 2 Bände, Paris 1965 und 1966) und Albert Soboul: Die Große Französische Revolution. Ein Abriß ihrer Geschichte (1789–1799). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983, S. 353.
- ↑ Gertrud Kolmar: Das lyrische Werk, München, Kösel 1960, S. 375ff
- ↑ Deutsch von Kathrin Razum und Sabine Roth. DuMont, Köln 2012, ISBN 978-3-8321-9661-5 (Originaltitel: A Place of Greater Safety. 1992)
- ↑ Auch als The Black Book bekannt, der Spielfilm ist in Deutschland unter den Namen „Dämon von Paris“, „Das schwarze Buch“ oder „Guillotine“ und in Österreich unter dem Namen „Herrschaft des Schreckens“ bekannt. IMDB. In: imdb.com, abgerufen am 12. August 2017.
- ↑ Bernadette Arnaud: Robespierre retrouve sa tête. Et ses maladies. In: sciencesetavenir.fr. 20. Dezember 2013, abgerufen am 17. November 2017.
- ↑ Sandrine Cabut: La sarcoïdose de Robespierre, diagnostic contesté. In: lemonde.fr. 20. Januar 2014, abgerufen am 17. November 2017.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Marie-Jean Hérault de Séchelles Claude-Antoine Prieur | Präsident des Nationalkonvents 22. August 1793 – 7. September 1793 4. Juni 1794 – 19. Juni 1794 | Jacques Nicolas Billaud-Varenne Élie Lacoste |