Die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) ist ein Gremium der Selbstkoordination der 16 deutschen Länder. In ihr werden länderspezifische Themen zwischen den Ministerpräsidenten beraten, gemeinsame Positionen der Länder untereinander abgestimmt und gegenüber der Bundesebene vertreten. Zu den klassischen Aufgaben gehören die Verhandlung und der Abschluss von Staatsverträgen und Abkommen unter den Ländern oder mit dem Bund. Bekannte Beispiele sind der Länderfinanzausgleich oder die Rundfunkstaatsverträge. Da die MPK selbst jedoch kein offizielles Verfassungsorgan ist, sind ihre Sitzungen rein informeller, koordinativer Natur. Ähnliche Gremien gibt es auch auf Ebene der Fachminister (etwa die Kultusministerkonferenz).

Die Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie in Deutschland wurden bis 2021 von der Bund-Länder-Konferenz koordiniert.

Geschichte

Das erste Treffen der Ministerpräsidenten aller deutschen Länder nach dem Zweiten Weltkrieg fand Anfang Juni 1947 in München statt. Die Vertreter der Länder Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und der Mark Brandenburg verließen die Konferenz allerdings gleich zu Beginn der Beratungen wieder, weil sie sich nicht mit ihrer Forderung nach der sofortigen Bildung einer deutschen Zentralverwaltung durchsetzen konnten. Die westdeutschen Ministerpräsidenten setzten die Konferenz danach allein fort.

Als „eigentliche Geburtsstunde“ der Ministerpräsidentenkonferenz (noch vor Gründung der Bundesrepublik Deutschland) gilt das Treffen der Regierungschefs der Länder der drei westlichen Besatzungszonen vom 8. bis 10. Juli 1948 in Koblenz. Diese als Rittersturz-Konferenz (benannt nach dem Tagungsort Hotel Rittersturz) in die Geschichte eingegangene Tagung beschloss die Einsetzung des Parlamentarischen Rates zur Erarbeitung des Grundgesetzes und ebnete damit den Weg zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland.

Ab 1954 war die Ministerpräsidentenkonferenz eine ständige Einrichtung. Erster MPK-Vorsitzender war der damalige bayerische Ministerpräsident Hans Ehard. Seit der Wiedervereinigung nehmen auch die fünf neuen Länder an der Konferenz teil. Im Herbst 1992 übernahm erstmals ein östliches Land – Sachsen – den Vorsitz.

Verfassungsrechtliche Grundlage

Die Ministerpräsidentenkonferenz ist im Gegensatz zum Bundesrat kein Verfassungsorgan und auch nicht an der Gesetzgebung des Bundes oder der Länder beteiligt. Deshalb sind ihre Beschlüsse rechtlich nicht-bindend und müssen gegebenenfalls erst durch Gesetzgebungsverfahren in den einzelnen Bundesländern umgesetzt werden.

Grundlage dafür ist der Föderalismus in Deutschland (Artikel 20 Absatz 1 GG), nach dem die Länder eigene Gliedstaaten der Bundesrepublik Deutschland sind. Dadurch kann jedes Land die eigenen Kompetenzfelder eigenverantwortlich gestalten (Art. 30, 70, 83 GG) und dabei mit anderen Ländern zusammenarbeiten.

Um dabei die Kompetenzen des Bundesrats nicht zu beeinträchtigen, hat die Ministerpräsidentenkonferenz am 17. Dezember 1992 beschlossen, dass eine Angelegenheit nicht in einer Minister(präsidenten)konferenz beraten werden darf, wenn sie Gegenstand von Beratungen des Bundesrats ist.

Organisation und Arbeitsweise

Die Ministerpräsidentenkonferenz findet regelmäßig viermal jährlich statt. Im Sommer und im Dezember kommen die Regierungschefs der Länder im Anschluss an die MPK zu einer Besprechung mit dem Bundeskanzler zusammen. Wenn besonderer Bedarf besteht, finden zusätzliche Sonderkonferenzen statt. Das war bisher beispielsweise bei der Föderalismusreform und dem Länderfinanzausgleich der Fall. Die Ministerpräsidentenkonferenzen werden durch die Leiter der Staats- und Senatskanzleien der Länder in entsprechenden Konferenzen vorbereitet (CdS-Konferenzen). Im Falle der persönlichen Verhinderung des Regierungschefs des Vorsitzlandes an einer MPK übernimmt ein Mitglied der Landesregierung im Ministerrang, in der Regel der Chef der Staats- bzw. Senatskanzlei seine Vertretung.

Themen der Beratungen der vergangenen Jahre waren die Europapolitik, Föderalismusreform, Bund-Länder-Finanzbeziehungen, die Medien- und die Bildungspolitik. Besondere Themen werden in vertraulichen Gesprächsrunden, den sogenannten Kamingesprächen, behandelt. An diesen Gesprächen nehmen nur die Regierungschefs ohne ihre Mitarbeiter teil.

Entscheidungen mussten bis Ende 2004 immer einstimmig gefällt werden. Dieses Konsensprinzip wurde während der Beratungen zur Föderalismusreform gelockert, um die Handlungsfähigkeit der Bundesländer zu stärken. Die Entscheidungen bedürfen seit Ende 2004 nur noch der Zustimmung von mindestens 13 Ländern. Ausnahmen bilden dabei die Geschäftsordnung, haushaltswirksame Angelegenheiten und die Schaffung von Gemeinschaftseinrichtungen. Hier gilt weiterhin das Prinzip der Einstimmigkeit. Die Ministerpräsidenten der A-Länder und die der B-Länder führen in der Regel vor der Konferenz getrennte Vorbesprechungen durch, um die Verhandlungsposition festzulegen.

Die Ministerpräsidentenkonferenz schlägt der Bundesregierung zudem eine Liste von 21 der 24 deutschen Mitglieder (und ebenso viele Stellvertreter) des Europäischen Ausschusses der Regionen vor, die die vollständige Liste gewählter Vertreter dann wiederum dem EU-Ministerrat zu Ernennung für die fünfjährige Amtszeit vorschlägt.

Vorsitzwechsel

Der Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz wechselt jährlich nach einer vereinbarten Reihenfolge. Vorsitzender ist der Ministerpräsident des jeweiligen Landes.

Eine gesonderte Regelung betrifft den Ko-Vorsitz als Koordinator und Sprecher der politisch konkurrierenden Ländergruppe (A- und B-Länder) in den traditionell abschließenden Pressekonferenzen der MPK. Falls beim Wechsel des MPK-Vorsitzes ein Übergang vom A-Land auf ein B-Land (oder umgekehrt) erfolgt, bleibt der ausscheidende Ministerpräsident Ko-Vorsitzender seiner Ländergruppe und zwar so lange, bis der MPK-Vorsitz wieder in seine eigene Ländergruppe fällt. So war z. B. MP Klaus Wowereit nach Übergang des MPK-Vorsitzes im Jahre 2005 von Berlin auf Nordrhein-Westfalen für weitere 4 Jahre (Vorsitzführung durch die B-Länder NW, NI, HE, SN) Ko-Vorsitzender der sozialdemokratisch geführten A-Länder, bis er 2009 durch MP Kurt Beck (Rheinland-Pfalz) abgelöst wurde.

Bis zur Wiedervereinigung im Jahre 1990 wechselte der Vorsitz in folgender Reihenfolge zwischen den elf damaligen Ländern:

NummerBundesland
1Bayern
2Berlin
3Nordrhein-Westfalen
4Niedersachsen
5Hessen
6Rheinland-Pfalz
7Schleswig-Holstein
8Baden-Württemberg
9Bremen
10Saarland
11Hamburg

Seit 1990 ist die aktuelle Reihenfolge zwischen den 16 Ländern:

NummerBundesland
1Niedersachsen
2Hessen
3Sachsen
4Rheinland-Pfalz
5Sachsen-Anhalt
6Schleswig-Holstein
7Thüringen
8Baden-Württemberg
9Brandenburg
10Bremen
11Mecklenburg-Vorpommern
12Saarland
13Hamburg
14Bayern
15Berlin
16Nordrhein-Westfalen

Liste der Vorsitzenden

Name des VorsitzenderParteiBundesland Name des StellvertretersParteiBundeslandZeitraum
Hans EhardCSU Bayern 1. Oktober 1954–30. September 1955
Otto SuhrSPD Berlin 1. Oktober 1955–30. September 1956
Franz Josef StraußCSU Bayern 1. Oktober 1987–30. September 1988
Eberhard DiepgenCDU Berlin 1. Oktober 1988–16. März 1989
Walter MomperSPD 16. März 1989–30. September 1989
Johannes RauSPD Nordrhein-Westfalen 1. Oktober 1989–30. September 1990
Gerhard SchröderSPD Niedersachsen 1. Oktober 1990–30. September 1991
Hans EichelSPD Hessen 1. Oktober 1991–30. September 1992
Kurt BiedenkopfCDU Sachsen Hans Eichel SPD  Hessen1. Oktober 1992–30. September 1993
Rudolf ScharpingSPD Rheinland-Pfalz Kurt Biedenkopf CDU  Sachsen1. Oktober 1993–30. September 1994
Reinhard Höppner SPD  Sachsen-Anhalt  1. Oktober 1994–30. September 1995
Henning Schwarz CDU  Schleswig-Holstein Reinhard Höppner SPD  Sachsen-Anhalt  1. Oktober 1995–30. September 1996
Bernhard Vogel CDU  Thüringen  1. Oktober 1996–30. September 1997
Erwin Teufel CDU  Baden-Württemberg  1. Oktober 1997–30. September 1998
Manfred Stolpe SPD  Brandenburg Erwin Teufel CDU  Baden-Württemberg  1. Oktober 1998–30. September 1999
Henning Scherf SPD  Bremen  1. Oktober 1999–30. September 2000
Harald Ringstorff SPD  Mecklenburg-Vorpommern 1. Oktober 2000–30. September 2001
Peter Müller CDU  Saarland Harald Ringstorff SPD  Mecklenburg-Vorpommern 1. Oktober 2001–30. September 2002
Ole von Beust CDU  Hamburg 1. Oktober 2002–30. September 2003
Edmund StoiberCSU Bayern1. Oktober 2003–30. September 2004
Klaus WowereitSPD Berlin Edmund Stoiber CSU  Bayern1. Oktober 2004–30. September 2005
Jürgen RüttgersCDU Nordrhein-Westfalen Klaus WowereitSPD Berlin1. Oktober 2005–30. September 2006
Christian WulffCDU Niedersachsen1. Oktober 2006–30. September 2007
Roland KochCDU Hessen1. Oktober 2007–30. September 2008
Stanislaw TillichCDU Sachsen 1. Oktober 2008–30. September 2009
Kurt BeckSPD Rheinland-Pfalz Stanislaw TillichCDU Sachsen1. Oktober 2009–30. September 2010
Wolfgang BöhmerCDU Sachsen-Anhalt Kurt BeckSPD Rheinland-Pfalz1. Oktober 2010–19. April 2011
Reiner Haseloff 19. April 2011–30. September 2011
Peter Harry CarstensenCDU Schleswig-Holstein 1. Oktober 2011–12. Juni 2012
Torsten AlbigSPD  12. Juni 2012–30. September 2012
Christine LieberknechtCDU Thüringen Torsten Albig SPD  Schleswig-Holstein1. Oktober 2012–30. September 2013
Winfried KretschmannGrüne Baden-Württemberg Christine Lieberknecht CDU  Thüringen1. Oktober 2013–30. September 2014
Dietmar WoidkeSPD Brandenburg1. Oktober 2014–30. September 2015
Carsten SielingSPD Bremen1. Oktober 2015–30. September 2016
Erwin SelleringSPD Mecklenburg-Vorpommern1. Oktober 2016–4. Juli 2017
Manuela Schwesig4. Juli 2017–30. September 2017
Annegret Kramp-KarrenbauerCDU Saarland Manuela Schwesig SPD  Mecklenburg-Vorpommern1. Oktober 2017–28. Februar 2018
Tobias Hans 1. März 2018–30. September 2018
Peter TschentscherSPD Hamburg Tobias HansCDU Saarland1. Oktober 2018–30. September 2019
Markus SöderCSU Bayern Peter TschentscherSPD Hamburg1. Oktober 2019–30. September 2020
Michael MüllerSPD Berlin Markus SöderCSU Bayern1. Oktober 2020–30. September 2021
Armin LaschetCDU Nordrhein-Westfalen Michael Müller
(bis 21. Dezember 2021)
SPD Berlin 1. Oktober 2021–25. Oktober 2021
Hendrik Wüst Franziska Giffey
(ab 21. Dezember 2021)
27. Oktober 2021–30. September 2022
Stephan WeilSPD Niedersachsen Hendrik WüstCDU Nordrhein-Westfalen1. Oktober 2022–30. September 2023
Boris RheinCDU Hessen Stephan Weil SPD  Niedersachsen1. Oktober 2023–30. September 2024

Siehe auch

Commons: Konferenz der Ministerpräsidenten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ministerpräsidentenkonferenz | Das Landesportal Wir in NRW. 16. März 2017, abgerufen am 25. November 2020.
  2. Kurzinformation Bund-Länder-Konferenzen zur Corona-Pandemie. WD 3-3000 - 031/21 (8. Februar 2021). Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Berlin 2021. Abgerufen am 22. April 2021.
  3. 1 2 3 Die Ministerpräsidentenkonferenz, Abschnitt „Historischer Rückblick“ auf www.berlin.de, abgerufen am 25. März 2014.
  4. Winfried Kluth, Günter Krings (Hrsg.): Gesetzgebung. Rechtsetzung durch Parlamente und Verwaltungen sowie ihre gerichtliche Kontrolle. C. F. Müller, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-8114-5423-1, S. 430.
  5. European Communities: The selection process for Committee of the Regions members Procedures in the Member States. (Nicht mehr online verfügbar.) In: cor.europa.eu. Archiviert vom Original am 15. Mai 2012; abgerufen am 21. Oktober 2017.
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