Als Polymorphie (griechisch polymorphia Vielgestaltigkeit) wird das Phänomen bezeichnet, dass ein chemisches Element, eine chemische Verbindung oder ein Mineral in mehreren Kristallformen (Modifikationen) auftritt. Bei nur zwei Modifikationen wird das Phänomen auch als Dimorphie bezeichnet. Die Bezeichnung wurde 1821 von Eilhard Mitscherlich geprägt.

Polymorphe Substanzen haben die gleiche chemische Zusammensetzung (Stöchiometrie), unterscheiden sich aber in der räumlichen Anordnung der Atome und haben unterschiedliche Eigenschaften. Die Bildung verschiedener Modifikationen einer Substanz kann durch Einflüsse wie Druck und/oder Temperatur hervorgerufen werden (Solvothermalsynthese). Modifikationen kristalliner Substanzen unterscheiden sich in ihrer Kristallstruktur.

Bei Vorkommen ein und desselben Elements in verschiedenen Zustandsformen spricht man dagegen von Allotropie.

Eine besondere Form der Polymorphie ist die Polytypie, welche bei chemischen Verbindungen auftritt, die in Schichtgittern kristallisieren, wie Siliciumcarbid oder Siliciumnitrid.

Der Begriff Polymorphie spielt heute nicht nur in der Mineralogie und Chemie, sondern auch in den Werkstoffwissenschaften eine Rolle.

Auch manche organische Moleküle wie Arzneistoffe, Pigmente, Fette oder Sprengstoffe können im kristallinen Zustand polymorph sein. Die Modifikationen unterscheiden sich dann in der unterschiedlichen Packung der Moleküle im Kristall und damit in der Regel in den Raumgruppen und Gitterparametern.

In vielen Fällen unterscheiden sich die Modifikationen bereits durch ihr äußeres Erscheinungsbild. Auf atomarer Ebene enthüllt die Kristallstrukturanalyse die Unterschiede im Aufbau der untersuchten Substanzen.

Beispiele

Elemente
natürliche Verbindungen (Minerale)
synthetische Verbindungen

Begriffe

Bei zwei Modifikationen spricht man von Dimorphie, bei dreien von Trimorphie und bei vieren von Tetramorphie. Tritt eine spiegelbildliche Modifikation auf, so wird sie als Enantiomorphie bezeichnet.

Wenn verschiedene Modifikationen wechselseitig ineinander umgewandelt werden können, liegt Enantiotropie vor; wenn die direkte Umwandlung nur in einer Richtung möglich ist, Monotropie.

Literatur

  • Eilhard Mitscherlich: Sur la Relation qui existe entre la forme cristalline et les proportions chimiques. In: Annales de Chimie et de Physique. Band 19, 1821, S. 350–419 (französisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 2. Oktober 2023]). https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k6571078m/f356.item
  • Joel Bernstein: Polymorphism in Molecular Crystals. Oxford University Press, New York 2002, ISBN 978-0-19-850605-8 (englisch).

Siehe auch

Wiktionary: Polymorphie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Eilhard Mitscherlich: Sur la Relation qui existe entre la forme cristalline et les proportions chimiques. In: Annales de Chimie et de Physique. Band 19, 1821, S. 350–419 (französisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 2. Oktober 2023]). https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k6571078m/f356.item
  2. Joel Bernstein: Polymorphism in Molecular Crystals. Oxford University Press, New York 2002, ISBN 978-0-19-850605-8 (englisch).
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