Der Mordanschlag von Hamburg-Billbrook war ein Brandanschlag auf ein Übergangsheim für Flüchtlinge in der Halskestraße in Hamburg-Billbrook am 22. August 1980 durch Mitglieder der neonazistischen Terrororganisation Deutsche Aktionsgruppen. Bei dem Anschlag wurden zwei Bewohner des Heims, die Vietnamesen Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân, getötet. Das Attentat gilt als einer der ersten rassistischen Morde in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

Das Verbrechen

In der Nacht vom 21. auf den 22. August 1980 fuhren drei Mitglieder der rechtsextremen Terrororganisation „Deutsche Aktionsgruppen“, die Radiologie-Assistentin Sibylle Vorderbrügge, der Arzt Heinz Colditz und der Werkarbeiter Raimund Hörnle in die Halskestraße im Industriegebiet Hamburg-Billbrook, nachdem sie durch einen Zeitungsartikel erfahren hatten, dass sich dort ein Wohnheim für vietnamesische Flüchtlinge befindet. Sie sprühten den Slogan „Ausländer raus“ an die Fassade des Hauses und warfen drei Molotowcocktails durch ein Fenster im Hochparterre des Wohnheimes, bevor sie vom Tatort flüchteten.

Durch die Brandsätze entstand ein Feuer in dem Zimmer der Asylunterkunft, in dem die Bewohner Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân schliefen. Sie erlitten Verbrennungen und starben kurze Zeit nach dem Brand an ihren schweren Verletzungen.

Opfer

Der Lehrer Nguyễn Ngọc Châu (* 26. Juli 1958 in Saigon; † 22. August 1980 in Hamburg) war im April 1980 mit dem Rettungsschiff Cap Anamur nach Hamburg gekommen. Đỗ Anh Lân (* 10. März 1962 in Cholon/Saigon; † 31. August 1980 in Hamburg) war zur Tatzeit Schüler. Er war im Rahmen einer humanitären Hilfsaktion nach Hamburg gekommen.

Verurteilung

Am 1. September, 11 Tage nach dem Anschlag in Hamburg, nahm die Polizei die Täter im südlichen Niedersachsen fest. Anfang 1982 wurden sie gemeinsam mit dem Juristen Manfred Roeder, der als Anführer der „Deutschen Aktionsgruppen“ gilt, wegen des Anschlags sowie weiterer Anschläge auf Ausländerheime und eine Ausstellung zur NS-Geschichte wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Roeder erhielt als Rädelsführer 13 Jahre Haft, Hörnle und Vorderbrügge erhielten lebenslange Freiheitsstrafen, Colditz wurde ebenfalls verurteilt.

Öffentliche Reaktionen

Da das übrige Gebäude von dem Brand kaum betroffen war, ließ die Stadt Hamburg das Flüchtlingsheim zunächst weiter betreiben. Zur Beisetzung der beiden Opfer des Brandanschlags kamen 400 Trauergäste. Bürgermeister Hans-Ulrich Klose hielt die Trauerrede. In der Öffentlichkeit geriet das Verbrechen jedoch bald in Vergessenheit.

Gedenken

Heutzutage ist das ehemalige Flüchtlingsheim ein Hotel. Bisher gibt es kein Mahnmal für die Opfer des Anschlags. Die Initiative Halskestraße engagiert sich seit 2014 für ein öffentliches Gedenken an die Tat, darunter eine Umbenennung von Teilen der Halskestraße.

Einzelnachweise

  1. 1 2 Kaja Weber: Wie Hamburg des Mord an zwei jungen Vietnamesen verdrängte. In: Hamburger Abendblatt. Abgerufen am 21. August 2020.
  2. Hamburg 1980. In: Rice and Shine. Abgerufen am 23. August 2020.
  3. Frank Keil: Der blanke Hass. In: Die Zeit. Abgerufen am 23. August 2020.
  4. Oliver Diedrich: "Deutsche Aktion": Tödlicher Neonazi-Terror 1980. In: NDR. 23. August 2020, abgerufen am 23. August 2020.
  5. Der Tag, an dem ... Sie schliefen, als die Brandsätze durchs Fenster flogen. In: Hamburger Morgenpost. Abgerufen am 23. August 2020.
  6. Deutsche Aktionsgruppen. In: apabiz. Abgerufen am 23. August 2020.
  7. Vergessene rassistische Morde: Wann gedenkt Hamburg der Mordopfer Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân? Abgerufen am 23. August 2020.
  8. Vanessa Vu: Warum hat Deutschland Do Anh Lan vergessen? In: Zeit Online. Abgerufen am 23. August 2020.
  9. Für ein Gedenken an Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân. In: Initiative Halskestraße. Abgerufen am 23. August 2020.
  10. NSU-Watch: Aufklären & Einmischen #55. In Gedenken an Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân. Der 40. Jahrestag des Brandanschlags in der Hamburger Halskestraße. NSU Watch, abgerufen am 23. August 2020.
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