Naachtun ist eine archäologische Ausgrabungsstätte im Norden Guatemalas, die der präkolumbischen Maya-Kultur zugerechnet wird.
Lage
Die Stätte, etwa auf halber Strecke zwischen Tikal und Calakmul auf dem Karst Plateau von Petén gelegen, wurde von Sylvanus Morley 1922 wiederentdeckt und aufgrund der Abgelegenheit mit dem Namen Naachtun (etwa „Weit[entfernte] Steine“) beschrieben. Die heutige Forschung geht davon aus, dass der ursprüngliche Name Masul war.
Aufbau und Geschichte
Die Stadt bestand aus einem monumentalen 35 Hektar großen Epizentrum, einem 175 Hektar großen Wohngebiet mit rund 12000 Bauwerken aller Art und mehr als 80 Steinmonumenten, darunter Stelen und Altäre, und war der Sitz einer mächtigen lokalen Dynastie. Der weitläufige E-Gruppen-Komplex lässt auf eine Siedlungsanlage der späten Präklassik schließen, während ca. 40 meist schlecht erhaltene Stelen in die Frühklassik datieren. Die Entstehung der Stadt wird epochal und architektonisch im Zusammenhang gesehen mit der Entstehung von Monumentalbauten, etwa Tempelpyramiden zwischen 40 und 72 Metern Höhe, wie sie gleichzeitig auch in El Mirador, Nakbé, Tintal und Wakná entstanden. Diese Bauten setzten sowohl ein hohes Maß an gesellschaftlicher Organisation als auch eine bis dahin nicht gesehene Verfügbarkeit des regierenden Adels auf Ressourcen und Arbeitskräfte voraus. Naachtun stieg mit dem Niedergang des nur 20 Kilometer entfernten El Mirador zu einem regionalen Zentrum auf und war unmittelbarer Verbündeter Teotihuacáns bei der Eroberung Tikals im Jahr 378. Fortan war Naachtun ein enger Verbündeter Tikals, geriet jedoch zum Ausgang des 7. Jahrhunderts unter den Einfluss Calakmuls. Eine dynastische Verbindung zwischen beiden Stadtstaaten wird angenommen. Zwischen 700 und 730 konnte sich Naachtun von Calakmul wieder emanzipieren und erlebte ab dem Jahr 750 eine erneute, ca. 150 Jahre währende Blütezeit. Um das Jahr 1000 wurde der Ort von seinen Bewohnern verlassen.
Auf Grund der schweren Zugänglichkeit hat bis ins 20. Jahrhundert keine systematische Erforschung stattgefunden. Erst in den vergangenen Jahren hat ein Team um die französischen Wissenschaftler Dominique Michelet und Philippe Nondédéo die Arbeit der ganzheitlichen Erforschung Naachtuns aufgenommen. Mittlerweile sind mehrere 100 Gebäude und ca. 70 Stelen und Altäre dokumentiert. Es wurden weiterhin über 300 Raubgräbertunnel aufgefunden, die schwerpunktmäßig die Akropolis perforieren. Durch eine LiDAR Erkundung im Jahr 2018 wurde die Zahl der bekannten Strukturen von 900 auf 12000 erhöht.
Filme
- Naachtun – Verborgene Stadt der Mayas (2015) von Stéphane Bégoin für Arte.
Literatur
- Nikolai Grube: Maya, Gottkönige im Regenwald. Potsdam 2012, S. 58, 446
- Peter Mathews, Kathryn Reese-Taylor, Marcelo Zamora, Alexander Parmington: The Monuments at Naachtun, Petén.
- Debra S. Walker, Kathryn Reese-Taylor: Naachtún, Petén, Guatemala: First Analyses, Guatemala. 2012.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Ross Ensley: Karst landscapes of the Peten Plateau. 2018, doi:10.13140/RG.2.2.19480.47364 (rgdoi.net [abgerufen am 27. Juni 2023]).
- 1 2 Martin Koppe: Ancient Maya Resource Management Revealed. In: CNRS News. The French National Centre for Scientific Research, 27. September 2018, abgerufen am 27. Juni 2023 (englisch).
- ↑ Naachtun. In: archeologie.culture.gouv.fr. Ministère de la Culture, abgerufen am 21. Juni 2023 (englisch).
- ↑ Marcello A. Canuto, Francisco Estrada-Belli, Thomas G. Garrison, Stephen D. Houston, Mary Jane Acuña, Milan Kováč, Damien Marken, Philippe Nondédéo, Luke Auld-Thomas, Cyril Castanet, David Chatelain, Carlos R. Chiriboga, Tomáš Drápela, Tibor Lieskovský, Alexandre Tokovinine, Antolín Velasquez, Juan C. Fernández-Díaz, Ramesh Shrestha: Ancient lowland Maya complexity as revealed by airborne laser scanning of northern Guatemala. In: Science. Band 361, Nr. 6409, 28. September 2018, ISSN 0036-8075, doi:10.1126/science.aau0137 (science.org [abgerufen am 19. Juni 2023]).
Koordinaten: 17° 47′ 44,9″ N, 89° 43′ 44,8″ W