Niederlahnstein
Stadt Lahnstein
Koordinaten: 50° 19′ N,  36′ O
Höhe: 70 m ü. NHN
Eingemeindung: 7. Juni 1969
Postleitzahl: 56112
Vorwahl: 02621

Lage von Niederlahnstein in Rheinland-Pfalz

Niederlahnstein ist ein Stadtteil von Lahnstein im Rhein-Lahn-Kreis in Rheinland-Pfalz.

Niederlahnstein liegt auf der rechten Rheinseite und auf der rechten Seite der Lahn, an der Mündung der Lahn in den Rhein.

Geschichte

Der Ort erhielt im Jahre 1322 die Stadtrechte. Im Mittelalter litt der Ort an einem Mangel frischen Quellwassers, der dazu führte, dass die Menschen ihre Notdurft in Trögen oder Kästen (Baare) verrichten mussten, um das Grundwasser rein zu halten. Die Notdurft wurde ungeklärt („bar“) in der nahen Lahn entleert (nach einer anderen Erklärung steht „Barre“ für eine Sandbank an der früher unbefestigten Lahnmündung), sodass die Einwohner den Spottnamen „Baareschesser“ erhielten. Das 1992 eingeweihte Baareschesser-Denkmal am Lahnufer erinnert daran. Niederlahnstein gehörte zum Engersgau und im 18. und 19. Jahrhundert zum Herzogtum Nassau. Durch den preußisch-österreichischen Krieg wurde der Ort preußisch.

Seit 1946 gehört Niederlahnstein zum Bundesland Rheinland-Pfalz. Hier liegt die heutige Rittersturz-Kaserne, die bis November 2022 als Deines-Bruchmüller-Kaserne bekannt war. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs befand sich hier, in der Französischen Besatzungszone, das von der UNRRA betreute DP-Lager Niederlahnstein. Im Mai 1945 wurden italienische Displaced Persons aus dem DP-Lager Hanau im Zuge ihrer Repatriierung nach hier verlegt. Aus diesem Anlass vermerkte der Leiter des Hanauer DP-Lagers, der Brite Harry Heath, am 27. Mai 1945 in seinem Tagebuch:

„Während der drei letzten Tage haben wir Italiener nach Niederlahnstein gebracht – auf dem Weg nach Italien über Frankreich. lm Lager kursiert das Gerücht, dass Niederlahnstein ein schlechtes Lager sei, und dass die Italiener im Anschluss in Deutschland und Frankreich in der Landwirtschaft arbeiten müssten. Jetzt sind sie nicht mehr so begeistert, Hanau zu verlassen.“

Harry Heath: Das Tagebuch des Harry Heath. In: Alice Noll: Die UNRRA in Hanau. S. 53

In weiteren Einträgen in seinem Tagebuch wies Heath auch auf die Verlegung polnischer DPs nach Niederlahnstein hin, die von hier aus ebenfalls repatriiert werden sollten, und das zuvor erwähnte Gerücht bestätigte er aus eigener Anschauung. Anlässlich eines Besuchs im Lager hielt Heath am 19. Juni 1945 in seinem Tagebuch fest, dass das mit 6.700 Personen belegte Lager – anders als Hanau – von US-amerikanischen Militärs geleitet wurde und sauber sei. Aber diese Sauberkeit war für ihn auch das einzige, „was ich zu seinen Gunsten sagen kann. Es ist wunderschön gelegen, aber ich empfand die Armee-Atmosphäre im Camp als unangenehm. Und der Oberst konnte mich mit seiner Einstellung zu den DPs nicht beeindrucken.“:S. 67 Wenig später, am 2. Juli 1945, kam Heath noch einmal auf seine Eindrücke von dem Lager in Niederlahnstein zurück, nachdem auch ihm als zivilem Leiter des Hanauer Lagers kurz die Gefahr gedroht hatte, einen militärischen Vorgesetzten zu bekommen.

„Ich wünsche mir keinen einfallslosen Armee-Major über mir, nachdem wir all die harte Arbeit geleistet haben. Ich habe das Lager in Niederlahnstein gesehen, das von einem Armee-Oberst geleitet wird. Die DPs dürfen nur mit einem Pass nach draußen und die Einrichtung wird wie ein Gefängnis geführt. Sie ist sehr sauber, aber sonst lässt sich nicht viel Positives über sie sagen.“

Harry Heath: Das Tagebuch des Harry Heath:S. 77

Bei Heath finden sich auch Hinweise darauf, dass von Hanau nach Niederlahnstein verbrachte DPs auf eigene Faust wieder nach Hanau zurückkehrten, da ihnen da die Zustände besser zusagten.

Das DP-Lager Niederlahnstein wurde 1948 geschlossen; 24 seiner ehemaligen Bewohner ruhen auf einem eigenen Gräberfeld auf dem Niederlahnsteiner Friedhof. In der Datenbank des USHMM kann über das Schicksal der Niederlahnsteiner Displaced Persons recherchiert werden.

Bis 1969 war Niederlahnstein eine selbstständige kreisangehörige Stadt; sie wurde am 7. Juni 1969 mit der Nachbarstadt Oberlahnstein zur Großen kreisangehörigen Stadt Lahnstein vereinigt.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner
18852.843
18903.114
19104.703
19255.088
19335.421
19396.812

Wappen und Flagge

Blasonierung: „Gespalten von Silber (Weiß) und Rot; vorne ein durchgehendes facettiertes rotes Kreuz, hinten ein gesenkter silberner (weißer) Anker; im Oberwappen eine dreitürmige silberne (weiße) Mauerkrone.“
Wappenbegründung: Das Wappen vom preußischen Staatsministerium 1910 verliehene Wappen erinnert mit dem Trierer Kreuz an die frühere Zugehörigkeit zu Kurtrier, die bereits im frühen 11. Jahrhundert bestand. Der 1803 ins Stadtsiegel (und später ins Wappen) aufgenommene Anker weist auf die Schifffahrt auf der Lahn und dem Rhein hin. Die Mauerkrone symbolisiert die zuletzt 1883 verliehenen Stadtrechte.
Hissflagge: „Die Flagge ist rot-weiß quergestreift mit dem Wappen in der Mitte.“

Johanniskirche

Zwischen 1130 und 1136 wurde die Johanniskirche erbaut. Sie wurde 1794 durch französische Revolutionstruppen zerstört und brannte völlig aus. Die Kirche blieb zunächst als Ruine stehen, 1844 stürzte einer der Türme ein. Der Wiederaufbau erfolgte von 1856 bis 1866. 1906 wurde die Kirche zur Klosterkirche.

Bildung und Infrastruktur

In Niederlahnstein befinden sich neben der Schillerschule – einer Grundschule, die bis 2007 auch Hauptschule war – das private Johannes-Gymnasium Lahnstein und ein Hallenbad.

Verkehr

Der Bahnhof Niederlahnstein liegt an der Bahnstrecke Köln–Wiesbaden (Rechte Rheinstrecke) und der Bahnstrecke Wetzlar–Koblenz (Lahntalbahn).

Durch den Ort verläuft die Bundesstraße 42 und als Abzweig beginnt die Bundesstraße 260.

Seit 1873 verbindet eine Straßenbrücke die beiden Stadtteile Nieder- und Oberlahnstein; die 1997 erneuerte Brücke erhielt 2008 den Namen Rudi-Geil-Brücke.

Sehenswürdigkeiten

Siehe auch: Liste der Kulturdenkmäler in Lahnstein

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Mit der Stadt verbundene Personen

Ehrenbürger

  • Fritz Michel (1877–1966), Arzt und Historiker, verliehen 1954

Literatur

Wikisource: Niederlahnstein – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Vor 25 Jahren wurde dem Baareschesser ein Denkmal gesetzt. Pressemitteilung der Stadt Lahnstein, 19. Juni 2017
  2. Arolsen Archives: Suche im DP-Camp Verzeichnis: Niederlahnstein
  3. 1 2 3 Alice Noll: Die UNRRA in Hanau. Das Tagebuch des Harry Heath. Leiter des DP-Camps Hanau 1945, Magistrat der Brüder-Grimm-Stadt Hanau, Hanau 2021
  4. Onlineprojekt Gefallenendenkmäler
  5. Holocaust Survivors and Victims Database des USHMM: DP CAMP NIEDERLAHNSTEIN UNRRA TEAM 48 FR. ZONE
  6. Amtliches Gemeindeverzeichnis 2006 (= Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz [Hrsg.]: Statistische Bände. Band 393). Bad Ems März 2006, S. 183 (PDF; 2,6 MB).  Info: Es liegt ein aktuelles Verzeichnis (2016) vor, das aber im Abschnitt „Gebietsänderungen – Territoriale Verwaltungsreform“ keine Einwohnerzahlen angibt.
  7. Meyers Konversations-Lexikon, 1885: Niederlahnstein
  8. 1 2 3 4 Michael Rademacher: Goarshausen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. Gemeindeverzeichnis 1900: Landkreis Sankt Goarshausen
  10. Wilhelm Bruchhäuser in der Rheinland-Pfälzischen Personendatenbank, abgerufen am 7. Februar 2017.
  11. Vor 50 Jahren starb der Arzt und Wissenschaftler Dr. Dr. h.c. Fritz Michel, abgerufen am 10. Juli 2018.
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