Die ehemalige Prioratskirche Notre-Dame de Champdeniers steht am Rand eines Hügels in der französischen Gemeinde Champdeniers im Département Deux-Sèvres (Region Nouvelle-Aquitaine). Sie gehörte einst zum Besitz der knapp 40 Kilometer westlich gelegenen Abtei Maillezais. Das Bauwerk ist seit dem Jahr 1862 als Monument historique klassifiziert.

Baugeschichte

Das in romanischen Stilformen erbaute Langhaus der ehemaligen Prioratskirche Notre-Dame von Champdeniers stammt möglicherweise noch vom Ende des 11. Jahrhunderts. Der Vierungsturm wurde im 12. Jahrhundert aufgesetzt. Der Chor wurde im 15. Jahrhundert im spätgotischen Stil umgestaltet; er erhielt einen geraden Chorschluss mit drei Maßwerkfenstern.

Architektur

Fassade

Die Fassade ist sehr einfach gestaltet – sie besteht eigentlich nur aus einer unverzierten aber mit einer Giebelfront versehenen Wandfläche mit zwei seitlichen und zwei mittleren Strebepfeilern zur statischen Stabilisierung des Mauerwerks. Oberhalb und zu beiden Seiten des Portals sind drei kleine – nur einfach zurückgestufte – Fenster in das Mauerwerk eingelassen.

Das überaus schlichte und – im Vergleich zu den anderen Kirchenbauten im Poitou – beinahe archaisch wirkende Portal ist dreigeteilt: Die mittlere Arkade bildet den eigentlichen Eingang; die beiden – etwas niedrigeren – seitlichen Arkaden sind blind. Drei einfache, undekorierte aber schön abgestufte Archivolten bilden den oberen Abschluss; sie ruhen auf vorgelegten Pfeilern (außen) bzw. auf Säulen (innen) – wie im Poitou üblich fehlt ein Tympanon. Bereits in dieser einfachen Form ist das antike Triumphbogenschema erkennbar, welches in der Folge an vielen späteren Kirchenbauten im Poitou und in der Saintonge variiert wird.

Der kleine überdachte Fassadenvorbau mit seinen Bänken, die sich in den beiden seitlichen Blendarkaden des Portals fortsetzen, dürfte nicht ursprünglich sein, sondern in späterer Zeit – vielleicht aus Stabilitätsgründen – angebaut worden sein. Auch besteht die Möglichkeit, dass ein solcher Vorbau ehemals von den Männern des Dorfes für Beratungen, Gerichtssitzungen etc. genutzt wurde.

Langhaus

Weitaus entwickelter zeigt sich das Langhaus, das als dreischiffige Hallenkirche konzipiert und nur – wie im Poitou üblich – über mehrere nach unten führende Treppenstufen erreichbar ist: Aus hellem Kalkstein gemauerte Säulen bzw. Halbsäulenvorlagen fügen sich zu frühen Bündelpfeilern zusammen und tragen das – von Gurtbögen unterfangene – Tonnengewölbe des Mittelschiffs und die Kreuzgratgewölbe der Seitenschiffe.

Eine Vielzahl von Kapitellen bildet die einzige, aber höchst sehenswerte Bauzier des ansonsten undekorierten Kirchenraumes: Die meisten sind mit vegetabilischen Motiven oder mit Fabelwesen (Chimären) geschmückt; mehrere Flechtbandmotive sind ebenfalls zu sehen. Einige wenige zeigen auch menschliche Figuren in einem sehr archaischen Stil – jedoch ist kein einziges biblisches Thema erkennbar.

Chor

Der im 15. Jahrhundert gotisch umgestaltete Chorbereich hat einen geraden Chorschluss, der von vier Strebepfeilern (jeweils zwei in den Ecken und in der Mitte) stabilisiert wird. Er wird dominiert von einem großen mittleren Maßwerkfenster, dessen teilweise erhaltene originale Verglasung wahrscheinlich aus dem Ort selbst stammt, denn für das ausgehende Mittelalter ist die Ansiedlung einer Glaswerkstatt bezeugt. Der Chor hat insgesamt drei spätgotische Fenster und beherbergt mehrere Altäre aus der Barockzeit. Die Schlusssteine des Rippengewölbes tragen das Wappen der Herren von Rochechouart, die wahrscheinlich zur Finanzierung des Umbaus beigetragen haben.

Krypta

Unter dem ehemals viel kleineren Chorbereich mit einer romanischen Apsis befindet sich eine – im Poitou einzigartige – Krypta, deren einfache Gratgewölbe auf monolithischen Säulen ruhen; deren Basen stehen ihrerseits wiederum auf ca. 50 cm hohen Pfeilerstümpfen. Die Steinmetzarbeit an den vier schlanken Kapitellen ist deutlich 'primitiver' als an denen des Langhauses.

Die Krypta ist ursprünglich wohl nur deshalb gebaut worden, weil das Gelände nach Osten, d. h. in Richtung Chorbereich, deutlich abfällt – mithin also zu Stabilisierungszwecken und wohl kaum zum Zweck der Reliquienverehrung.

Vierungsturm

Der oktogonale Vierungsturm mit Schallöffnungen und einem Spitzhelm zeigt ein deutlich entwickelteres romanisches Formenrepertoire und dürfte dem 12. Jahrhundert zuzuordnen sein. Er ruht auf einem quadratischen Unterbau und wurde dem Bauwerk – nach oft zu lesender Ansicht – im Rahmen der Umgestaltung des Chorbereichs, d. h. im 15. Jahrhundert aufgesetzt; verblüffend wären dann allerdings die eindeutig romanischen Formen des Turms. Die Grundrissskizze dagegen (siehe Bilder) datiert den Turm – fälschlicherweise aber auch das gesamte Kirchenschiff – ins 12. Jahrhundert.

Derartige Vierungstürme sind im eher Poitou selten (vgl. Prieuré St-Nicolas de Civray) und werden zumeist mit architektonischen Einflüssen aus dem benachbarten Limousin oder der weiter entfernten Auvergne in Verbindung gebracht.

Bedeutung

Die einfache, aber für die Bauzeit gegen Ende des 11. Jahrhunderts voll entwickelte ehemalige Prioratskirche von Champdeniers steht – für heutige Betrachter – am Anfang der großartigen Kirchenbauten im Poitou (Notre-Dame-la-Grande de Poitiers, Prieuré St-Nicolas de Civray, St-Pierre d’Aulnay, St-Hilaire de Melle).

Einzelnachweise

  1. Église Notre-Dame, Champdeniers in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)

Literatur

  • Michel Dillange: Vendée romane. Éditions Zodiaque, La Pierre-qui-Vire 1976, S. 153–156
  • Thorsten Droste: Das Poitou. Westfrankreich zwischen Poitiers und Angoulême – die Atlantikküste von der Loire bis zur Gironde. DuMont, Köln 1999, S. 145ff, ISBN 3-7701-4456-2
Commons: Notre-Dame (Champdeniers) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 46° 29′ 1,5″ N,  24′ 12,4″ W

This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.