Nyānatiloka Mahāthera (* 19. Februar 1878 als Anton Walther Florus Gueth in Wiesbaden; † 28. Mai 1957 in Colombo) war der erste deutsche buddhistische Mönch.

Leben

Anton Gueth wurde in Wiesbaden als Sohn eines Lehrers geboren und besuchte dort ab 1888 das Gymnasium. Seine katholische Erziehung führte ihn früh zu einem Interesse für Religion. Sein musikalisches Interesse galt insbesondere der Violine und der Komposition und ab 1898 studierte er am Konservatorium in Frankfurt. Seine asketische Veranlagung ließ ihn um diese Zeit auch zum Vegetarier werden. Sein zunehmendes Interesse für Philosophie führte ihn schließlich zu Schopenhauer und zur Beschäftigung mit dem Buddhismus. Wie für viele Zeitgenossen, war auch für Gueth der Buddhistische Katechismus von Friedrich Zimmermann ein erster inspirierender Leitfaden zum Buddhismus. Insgeheim fasste er den Entschluss, nach Indien zu gehen und buddhistischer Mönch zu werden, aber den Plänen seiner Eltern folgend, ging er nach Paris, um am dortigen Konservatorium seine musikalische Ausbildung zu vertiefen. Als ihm 1902 ein Engagement als Violinist im damals türkischen Saloniki angeboten wurde, nahm er mit dem Hintergedanken an, nun näher an Indien zu sein.

1903 setzte er seinen Entschluss in die Tat um und fuhr nach Bombay. Erst hier bemerkte er, dass der Buddhismus in seinem Ursprungsland praktisch ausgestorben war und er nach Ceylon gehen müsste, um buddhistischer Mönch zu werden. In Kandy allerdings entschloss er sich, den britischen Mönch Ananda Metteyya, der in Burma (heute: Myanmar) lebte, aufzusuchen. Noch im gleichen Jahr erhielt Gueth die Novizenweihe in Rangun. Schon im Februar 1904 erhielt er als erster Kontinentaleuropäer unter dem Namen Nyānatiloka die Vollordination zum buddhistischen Mönch (Bhikkhu). Intensiv begann er Pali zu lernen, und nebenbei erlernte er auch die birmanische Sprache. Mit großem Eifer widmete er sich dem Studium des Abhidhamma.

1904 reiste Nyānatiloka nach Singapur und 1905 kehrte er nach Ceylon zurück, wo er ab 1906 begann, europäische Schüler anzunehmen und sie zu Novizen zu ordinieren. In diesem Jahr erschien auch sein Buch Das Wort des Buddha in Leipzig, das in der Folge auch in zahlreichen Übersetzungen erschien.

Bei einem weiteren Aufenthalt in Burma nahm Nyānatiloka auch wieder europäische Novizen in den Orden auf und bekundete 1907 die Absicht in Deutschland oder der Schweiz ein Vihara für deutschsprachige Mönchsanwärter zu gründen.

Während die Initiative, in Burma ein Vihara für europäische Mönche zu gründen, dank der Unterstützung durch Nyānatilokas Gönnerin, Frau Hla Oung, leicht realisiert werden konnte, führte der Spendenaufruf für ein europäisches Vihara (1908) nun zu Kontroversen innerhalb der kleinen Gruppe von Buddhismusinteressierten. 1910/1911 kam Nyānatiloka selbst in das Tessin, um den Bau des Vihara voranzubringen. Aufgrund des strengen Winters und seiner angegriffenen Gesundheit, wich er für einige Monate nach Tunis aus. Aufgrund der zahlreichen Hindernisse und Widerstände und da kaum Spenden gesammelt werden konnten, wurde der Plan eines europäischen Vihara 1912 endgültig aufgegeben.

Schon am 9. Juli 1911 wurde auf der ceylonesischen Insel Polgasduwa die 'Island Hermitage' als neue Niederlassung für europäische Mönche gegründet. Mit Unterbrechungen war die Island Hermitage nun der permanente Aufenthalt für Nyānatiloka und seine Schüler. Während des Ersten Weltkriegs wurde er als Ausländer zuerst in Ceylon und dann in Australien interniert. Sein Versuch, nach seiner Entlassung 1916 über China nach Burma zu gelangen, führte zu neuerlicher Internierung und einem längeren Aufenthalt in China (Polizeistation in Hankou), den er für die weitere Übersetzungsarbeit am Anguttara Nikâya nützte (1907–1917, Erstveröffentlichung: 1922/23). 1919 wurde er nach Deutschland repatriiert und nach einem gescheiterten Versuch, wieder nach Ceylon einzureisen, ging er für einige Jahre nach Japan, wo ihm die dort vorherrschenden Formen des Mahayana-Buddhismus mit seinen verheirateten Mönchen durchwegs fremd blieben. Schließlich konnte er 1926 in das inzwischen verfallene Kloster Island Hermitage zurückkehren.

1937 ordinierte er dort den Deutschen Siegmund Feniger zum Mönch Nyanaponika, der sein engster Schüler und Nachfolger werden sollte. Gemeinsam wurden sie mit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 zuerst im Lager Diyatalawa interniert und später nach Nordindien in das durch Heinrich Harrers Buch Sieben Jahre in Tibet bekannt gewordene Lager Dehra Dun verlegt. Erst 1946 konnten beide in die Island Hermitage zurückkehren.

1951, im Jahr der Übersiedlung in die neue Klosteranlage „Forest Hermitage“ nahe Kandy, wurden beide eingeladen, beim 6. Buddhistischen Konzil in Burma teilzunehmen, bei dessen Abschluss Nyānatiloka aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr teilnehmen konnte.

Als Nyānatiloka 1957 in Colombo starb, erhielt er ein offizielles Staatsbegräbnis am Unabhängigkeitsplatz in Colombo. Seine Asche wurde auf der Island Hermitage beigesetzt und ihm ein Gedenkstein errichtet.

Werk

Übersetzungen

  • Die Lehrreden des Buddha aus der Angereihten Sammlung. (Anguttara-Nikaya) Herausgegeben und überarbeitet von Nyanaponika. Aurum Verlag, Freiburg im Breisgau 1984, ISBN 3-591-08218-X.
  • Milindapañha. Die Fragen des Königs Milinda. Herausgegeben von Nyanaponika. O.W. Barth 1998.
  • Der Weg zur Reinheit (Visuddhimagga). Im 5. Jhd. von Buddhaghosa verfasst, aus dem Pali übersetzt von Nyānatiloka. Jhana Verlag, Oy-Mittelberg.
  • Puggala Paññatti. Das Buch der Charaktere aus dem buddhistischen Pāḷi-Kanon (Abhidhamma-Pitaka), Veröffentlichungen der Deutschen Pali-Gesellschaft, Verlag Walter Markgraf (Breslau), 1910.
  • Dhammapada: Des Buddhas Weg zur Weisheit. Übersetzt und kommentiert von Nyānatiloka. Jhana Verlag, Oy-Mittelberg.
  • Handbuch der buddhistischen Philosophie (Abhidhammatthasangaha). Übersetzt und erläutert von Nyantiloka Mahathera, Jhana Verlag, Oy-Mittelberg.

Schriften

  • Das Wort des Buddha. Eine systematische Übersicht der Lehre des Buddha in seinen eigenen Worten. Verlag Beyerlein-Steinschulte, Stammbach 2007, ISBN 978-3-931095-08-6 (palikanon.com).
  • Buddhistisches Wörterbuch. Kurzgefasstes Handbuch der buddhistischen Lehren und Begriffe. Verlag Beyerlein-Steinschulte, Stammbach 1999, ISBN 3-931095-09-6 (palikanon.com).
  • Die Fragen des Milindo. urspr. Verlag Max Altmann, Leipzig 1919, ab 1924 Oskar Schloss Verlag, München-Neubiberg, u.d.T. Milindapañha – Die Fragen des Königs Milinda. Zwiegespräche zwischen einem Griechenkönig und einem buddhistischen Mönch. Herausgegeben von Nyanaponika. Ansata Verlag, Interlaken 1985, ISBN 3-7157-0082-3 (palikanon.com), Neuauflage: Barth, Bern 1998, s. a. (payer.de).
  • Der Weg zur Erlösung. In den Worten der buddhistischen Urschriften. 2. rev. Aufl., hrsg. von Nyanaponika. Verlag Beyerlein-Steinschulte, Stammbach 1998, ISBN 3-931095-10-X.
  • Visuddhi Magga. Der Weg zur Reinheit. Von Buddhaghosa in Sri Lanka in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts verfasst. Jhana-Verlag, Oy-Mittelberg 1997 (palikanon.com).
  • Grundlagen des Buddhismus. Vier Vorträge des Ehrw. Nyāṇatiloka Mahāthera. Jhana Verlag, Oy-Mittelberg 2003, ISBN 3-931274-27-6.
  • Abhidhammatthasangaha. Handbuch der buddhistischen Philosophie. Von Anuruddha, übersetzt und erläutert von Nyanatiloka. Jhana Verlag, Uttenbühl (abhidhamma.de).
  • Fundamentals of Buddhism – Four Lectures In: The Wheel, Publication Nr. 394/396, Buddhist Publication Society, Kandy, Sri Lanka 1994 (zugangzureinsicht.org).

Viele der Werke von Nyānatiloka wurden auch in englischer Sprache von der Publication Society in Kandy herausgebracht.

Literatur

  • Claus Bernet: Nyanatiloka Mahathera. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band 34, 2013, Sp. 1023–1034.
  • Hellmuth Hecker (Hrsg.): Der erste deutsche Bhikkhu: das bewegte Leben des Ehrwürdigen Nyānatiloka (1878–1957) und seine Schüler. Universität, Konstanz 1995 (archive.org).
  • Hellmuth Hecker: Lebensbilder deutscher Buddhisten. Ein bio-bibliographisches Handbuch. Band I: Die Gründer. 2. verb. Auflage, Verlag Beyerlein-Steinschulte, Stammbach, Konstanz 1996, ISBN 3-930959-09-7.
  • Hellmuth Hecker: Lebensbilder deutscher Buddhisten. Ein bio-bibliographisches Handbuch. Band II: Die Nachfolger. 2. vollst. neubearb. Auflage, Verlag Beyerlein-Steinschulte, Stammbach, Konstanz 1997, ISBN 3-931095-58-4.
  • Volker Zotz: Auf den glückseligen Inseln. Buddhismus in der deutschen Kultur. Theseus, Berlin 2000, ISBN 3-89620-151-4.
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