Oleg Petrowitsch Orlow (russisch Олег Петрович Орлов, englisch Oleg Orlov; * 7. April 1953 in Moskau) ist ein russischer Menschenrechtsaktivist. Er ist Leiter des Rechtszentrums der Menschenrechtsorganisation Memorial.

Leben

Oleg Orlow wuchs in der Familie eines regimekritischen Ingenieurs in Moskau auf. Er studierte zunächst Agrarwissenschaften, danach Biologie an der Staatlichen Universität in Moskau. Anschließend war er am Institut für Pflanzenphysiologie an der Akademie der Wissenschaften der UdSSR in Moskau tätig.

1988 nahm Orlow an der Gründung der Initiativgruppe für die Organisation Memorial teil, die die Verbrechen des Stalinismus aufarbeiten wollte. Er wurde einer ihrer führenden Vertreter. 1990 wurde er Mitarbeiter in der Abteilung für Menschenrechte im neu gewählten Obersten Sowjet der Russischen Föderation und Vertrauter des Menschenrechtsbeauftragten des russischen Präsidenten, Sergei Kowaljow.

In den folgenden Jahren beobachteten sie die Situation in den Nordkaukasusrepubliken Tschetschenien, Inguschetien und anderen kritisch und erstellten mehrere Berichte über die Menschenrechtsverletzungen dort.

2004 wurde er Mitglied des Menschenrechtsrates beim russischen Präsidenten. 2006 gab er diese Funktion aus Protest gegen die mangelnde Aufarbeitung des Mordes an der Journalistin Anna Politkowskaja wieder auf. 2007 wurde er bei Nasran in Inguschetien mit anderen Beobachtern entführt und körperlich misshandelt.

Im Jahr 2009 bezeichnete Orlow den Präsidenten Tschetscheniens Ramsan Kadyrow als Mörder der Memorial-Mitarbeiterin Natalja Estemirowa. Die darauf folgenden Prozesse gegen diese Äußerungen endeten 2012 mit einem Freispruch für ihn.

Am 10. April 2022 veranstaltete er einen Ein-Mann-Protest gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine auf dem Roten Platz in Moskau. Er hielt ein Plakat in die Höhe, auf welchem zu lesen war: „Unsere Weigerung, die Wahrheit zu wissen, und unser Schweigen machen uns zu Mitschuldigen an Verbrechen.“ Der Protest wurde auf Video aufgezeichnet, bevor die Polizei ihn festnahm und abführte. Laut Memorial war es bereits die vierte Festnahme Orlows in jüngster Zeit. Am selben Tag kam es zu weiteren Festnahmen in Moskau und anderen Städten.

Am 21. März 2023 wurde gegen Orlow ein Strafverfahren eingeleitet. Nach Angaben von Memorial wird er wegen „öffentlicher Aktivitäten zur Diskreditierung der russischen Streitkräfte in der Ukraine“ strafrechtlich verfolgt. Sollte er verurteilt werden, droht ihm eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren.

Auszeichnungen

2009 nahm er für Memorial den Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments und den Victor-Gollancz-Preis der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) entgegen.

  • Oleg Orlow Presseschau-Absätze, Perlentaucher, 2014

Einzelnachweise

  1. Elke Windisch: Porträt Oleg Orlow, Vorsitzender von Memorial: „Wir sind mitschuldig“. In: Tagesspiegel. 18. Juli 2009, abgerufen am 22. März 2023.
  2. Vera Ammer: Rechtssicherheit in Russland – der Fall Orlov. In: memorial.de. 25. Januar 2012, abgerufen am 22. März 2023.
  3. fek/wit/muk/tfb/dpa/AFP/AP/Reuters: Tschernobyl laut ukrainischer Behörde von russischen Soldaten bestohlen. In: Der Spiegel. 10. April 2022, abgerufen am 21. März 2023.
  4. Strafverfahren gegen Mitglied von Memorial in Russland. In: tagesschau.de. 21. März 2023, abgerufen am 21. März 2023.
  5. Oleg Orlow zur Verleihung des Sacharow-Preises. In: memorial.de. Abgerufen am 22. März 2023.
  6. Tschetschenischer Präsident zwingt Victor-Gollancz-Preisträger Oleg Orlow vor Gericht. In: gfbv.de, Gesellschaft für bedrohte Völker. 11. November 2009, abgerufen am 22. März 2023.
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