Der Orderlagerschein ist eine Art des Lagerscheins, die vom Lagerhalter als Orderpapier ausgestellt wird.

Situation in Deutschland

Gesetzliche Bestandteile

Nach § 475c Abs. 1 HGB muss der Orderlagerschein mindestens Ort und Tag der Ausstellung des Lagerscheins, Name und Anschrift des Einlagerers, Name und Anschrift des Lagerhalters, Ort und Tag der Einlagerung, die übliche Bezeichnung der Art des Gutes und die Art der Verpackung (bei gefährlichen Gütern ihre nach den Gefahrgutvorschriften vorgesehene, sonst ihr allgemein anerkannte Bezeichnung), Anzahl, Zeichen und Nummern der Packstücke und Rohgewicht oder die anders angegebene Menge des Gutes enthalten. Sollte es sich um eine Sammellagerung handeln, muss dies ebenfalls vermerkt werden. Der Orderlagerschein ist vom Lagerhalter zu unterzeichnen.

Übertragung

Er gehört zu den gekorenen Orderpapieren des § 363 HGB, denen durch Anbringung der Orderklausel („oder an Order“) die Eigenschaft als Orderpapier verliehen wird. Dadurch kann er durch Indossament weiterübertragen werden, wobei jeder legitimierte Inhaber des Lagerscheins auch Eigentümer der gelagerten Handelswaren wird. Deshalb gehört er zu den Traditionspapieren (§ 475g HGB). Die im Orderlagerschein verbrieften lagervertraglichen Ansprüche können nur von dem aus dem Orderlagerschein Berechtigten geltend gemacht werden. Zugunsten des legitimierten Besitzers des Orderlagerscheins wird vermutet, dass er der aus dem Lagerschein Berechtigte ist. Legitimierter Besitzer des Orderlagerscheins ist, wer einen Orderlagerschein besitzt, der an Order lautet und den Besitzer als denjenigen, der zum Empfang des Gutes berechtigt ist, benennt oder durch eine ununterbrochene Reihe von Indossamenten ausweist (§ 475d Abs. 3 Nr. 2 HGB). Der legitimierte Besitzer des Orderlagerscheins ist nach § 475d Abs. 1 HGB berechtigt, vom Lagerhalter die Auslieferung des Gutes gegen Vorlage und Aushändigung des Orderlagerscheins zu verlangen.

Durch die Übertragung des Lagerscheins geht das Verfügungsrecht (Herausgabeanspruch) am Lagergut auf den (neuen) Empfänger über (Dispositionspapier). Dies geschieht durch das Indossament. Das Lagergut ändert durch den Wechsel der Eigentumsverhältnisse nicht seinen Lagerstandort. Bei Eigentumsübertragung oder bei Pfandrechtsbestellung (Verpfändung/Pfändung) braucht lediglich der Orderlagerschein (mit Pfandindossament) übergeben zu werden, nicht jedoch das Lagergut. Der Vorteil hierbei ist, dass der Lagerschein an Kreditinstitute als Kreditsicherheit für Kredite übertragen werden kann (Lombardkredit).

Berechtigung

Einen Orderlagerschein darf seit Juli 1998 jeder Lagerhalter ausstellen. Die vom Regierungspräsidenten früher ausgestellten Zertifikate für Orderlagerhalter ergaben sich aus der Orderlagerscheinverordnung vom Dezember 1931, die seit Juli 1998 aufgehoben ist.

Situation in der Schweiz

„Ordre-Lagerscheine“ nach Schweizer Obligationenrecht

Eine Besonderheit unter den Orderlagerscheinen stellen die Lagerscheine dar, die nach Schweizer Obligationenrecht ausgefertigt werden können. In der Schweiz werden Orderlagerscheine jedoch „Ordrepapiere“ oder „Ordrelagerscheine“ genannt, wobei die Schreibweise aus der französischen Sprache abgeleitet ist. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen von Unternehmen in der Schweiz ausgestellt werden, die Ware im Kundenauftrag lagern. Zwischen dem Lagerhalter und dem Auftraggeber wird ein Lagervertrag geschlossen. Für die gelagerte Ware erhält der Kunde einen Lagerschein. Beinhaltet dieser bestimmte Informationen (siehe Artikel 1153 Schweizer Obligationenrecht), erlangt dieser nach Schweizer Recht den Status eines handelbaren Wertpapiers. Geregelt ist dies in Art. 482, fünfter Teil Bundesgesetz des Schweizerischen Zivilgesetzbuches.

Bewilligung des jeweiligen kantonalen Regierungsrats erforderlich

Zur Ausstellung eines handelbaren Lagerscheins benötigt ein Unternehmen die Genehmigung vom Regierungsrat des jeweiligen Kantons. Unter Punkt C „Lagergeschäft“ heißt es im Artikel 482, dass ein Lagerhalter, der sich öffentlich zur Aufbewahrung von Waren anerbietet, eine Bewilligung der zuständigen Behörde erwirken kann. Entscheidend ist dabei der Zusatz, dass die Warenpapiere (Lagerscheine) den Status von Wertpapieren besitzen und auf die Herausgabe der gelagerten Güter lauten.

Das Obligationenrecht in der Schweiz ermöglicht zudem die Übertragung dieser Wertpapiere auf andere Personen. Festgelegt ist, dass ein Lagerschein zu Zwecken der Besitzübertragung oder zugunsten eines dinglichen Rechts mit beschränkter Wirkung überschrieben werden kann. Das bedeutet, dass der Eigentümer einen Ordre-Lagerschein auch zur Besicherung von Verbindlichkeiten einsetzen kann. Überdies sollen Ordrepapiere per Indossament übertragen werden können. Dabei handelt es sich um einen schriftlichen Übertragungsvermerk auf dem Lagerschein.

Nutzen und Beispiele für Ordre-Lagerscheine in der Schweiz

Ordre-Lagerscheine sind derzeit nicht mehr weit verbreitet. Sie eignen sich insbesondere für den Handel mit nicht verderblicher, dauerhaft lagerbarer Ware. Ein Beispiel aus der Schweiz ist die Lagerung von Vermögenswerten wie zum Beispiel physische Edelmetalle aus Gold oder Silber zu Investitionszwecken. Hierbei stellt der Lagerhalter einen Ordre-Lagerschein für eine definierte Menge von Barren oder Münzen aus. Diese werden in Sammelverwahrung oder je nach Angebot auch in Einzelverwahrung deponiert (im Gegensatz zu einer Sammellagerung wird bei der segregierten Lagerung die Originalware nicht durch gleichwertige Güter ersetzt). Durch den Lagerschein erhält der Eigentümer der Anlageprodukte ein Wertpapier über die Edelmetalle und das Recht auf Auslieferung.

Statt einer Warenauslieferung können Eigentümer ihre Ordre-Lagerscheine aber auch verkaufen oder beleihen, ohne dass eine Warenbewegung stattfinden muss. Die Besitzübertragung der hinterlegten Ware erfolgt direkt auf dem Ordrepapier durch Ausfüllen eines der Indossaments-Felder.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Schweizerische Eidgenossenschaft: 220 Bundesgesetz des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Fünfter Teil, Obligationenrecht C. Lagergeschäft Art. 482
  2. Schweizerische Eidgenossenschaft: 220 Bundesgesetz des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Fünfter Teil, Obligationenrecht C. Übertragung des Wertpapiers Art. 967
  3. OrSuisse AG: Der Ordre-Lagerschein von OrSuisse

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