Wilhelm Rühle (* 27. Februar 1906 in Eisenberg-Moritzburg; † 18. Januar 1993) war ein deutscher Orgelbauer und Tischlermeister. Das Familienunternehmen wird in dritter Generation fortgeführt und ist durch die Restaurierung von Orgeln von Gottfried Silbermann und anderer mitteldeutscher Orgelbauer hervorgetreten.

Biografie

Wilhelm Rühle wurde in Hellerau zum Tischler ausgebildet und absolvierte eine Lehre als Orgelbauer bei Klais in Bonn. Er begab sich von 1926 bis 1928 auf die Gesellenwanderung, die ihn von Skandinavien bis in die Türkei führte. Anschließend studierte er in Dresden Kirchenmusik.

1932 eröffnete Rühle in Moritzburg eine Orgelwerkstatt. Besondere Anerkennung brachte ihm 1933 die Restaurierung eines Positivs des Prinzen Ernst Heinrich von Sachsen ein, das Johann Ernst Hähnel 1725 gebaut hatte. Die ersten Neubauten entstanden unter dem Einfluss der Orgelbewegung.

1935 heiratete er Dora Zschoche. Im Zweiten Weltkrieg mussten die Maschinen der Werkstatt zwangsverkauft werden. Rühle arbeitete zwei Jahre in der Möbelherstellung, bevor er zum Militärdienst eingezogen wurde und 1947 aus Kriegsgefangenschaft zurückkehrte.

Rühle gründete seine Werkstatt erneut in Moritzburg und hielt sich zunächst mit Instrumentenreparaturen und Tischlerarbeiten über Wasser. Allmählich gelang es ihm jedoch, auch überregional einen guten Ruf als Orgelbauer und -restaurator zu erlangen.

Nachfolger

Wilhelm Rühles Sohn Wieland Rühle (* 1938) erlernte in der Werkstatt des Vaters den Orgelbau, vertiefte sich bei Ernst Hönig in Bautzen und übernahm im Jahr 1988 die Firmenleitung. Der Enkel Christoph Rühle (* 6. Februar 1980) ließ sich bei Mönch Orgelbau (Überlingen) und Orgelbau Waltershausen zum Orgelbauer ausbilden und arbeitete seit 2005 im Familienbetrieb mit. Seit 2007 führt er den Betrieb unter dem Namen „Werkstatt für Orgelbau C. Rühle“ in dritter Generation fort.

Werkliste (Auswahl)

Die Liste umfasst Werke der Werkstatt Rühle. Die Größe der Instrumente wird in der fünften Spalte durch die Anzahl der Manuale und die Anzahl der klingenden Register in der sechsten Spalte angezeigt. Ein großes „P“ steht für ein selbstständiges Pedal, ein kleines „P“ für ein angehängtes Pedal.

Neubauten und Rekonstruktionen

JahrOrtGebäudeBildManualeRegisterAnmerkungen
1932 Moritzburg Diakonenhaus erstes Werk, im Krieg zerstört
1932 Dresden Kreuzkirche, Chororgel nicht erhalten
um 1938 Hennstedt erhalten
1954 Elsterwerda Kirche „Schmerzhafte Mutter“ Meisterstück Wilhelm Rühle
1966 Cossebaude Ev.-luth. Kirche
1968 Schmiedeberg Zur Heiligen Dreifaltigkeit I/P Neubau hinter Prospekt von Johann Tobias Dressel und Johann Christian Dressel (1716)
1969 Tharandt Bergkirche II/P 18 Werkneubau; Prospekt von Johann Christian Kayser erhalten
1971 Plauen Lutherhaus, Gemeindesaal I/P 11
1977 Schmannewitz Kirche Schmannewitz II/P 17
1979 Dippoldiswalde St. Konrad von Parzham I/P 10 Orgel
1982 Gera Gemeindehaus der Christengemeinschaft I 7
1982 Gröden Martinskirche
1983 Werdau-Leubnitz Meisterstück Wieland Rühle
1991 Radebeul Johanneskapelle
1992 Moritzburg Schlosskapelle
1995 Bonn Emmauskirche II/P 14
1999–2000 Erfurt Michaeliskirche II/P 15 Rekonstruktion der Orgel von Ludwig Compenius (1652); große Teile des Prospektgehäuses und 27 Prospektpfeifen erhalten
2002 Köln Ev. Kreuzkirche II/P 15 2007 wegen Schließung in die Kölner Thomaskirche umgesetzt
2005 Chemnitz Jakobikirche I/P 12
2012 Berlin-Mahlsdorf Theodor-Fliedner-Heim II/P 17 im italienischen Stil → Orgel

Restaurierungen und Umbauten

JahrOrtKircheBildManualeRegisterAnmerkungen
1935 Bocka Dorfkirche I/P 10 Restaurierung der Orgel von Tobias Heinrich Gottfried Trost (1746); Reste erhalten
1977 Cämmerswalde Dorfkirche II/P 18 Restaurierung der Orgel von Adam Gottfried Oehme (1776)
1968 Pfaffroda St. Georg I/P 14 Restaurierung der Orgel von Gottfried Silbermann (1715); weitgehend erhalten
1972 Bockau Ev. Kirche Restaurierung der Orgel von Urban Kreutzbach (1860)
1973/1974 Dorfchemnitz Ev. Kirche
1977/1978 Burkhardswalde Dorfkirche II/P 15 Restaurierung der Orgel von Johann Daniel Ranft (1764)
1979 Beicha Dorfkirche
1981 Hirschfeld Dorfkirche Hirschfeld
1987 Reichenberg Reichenberger Kirche Umsetzung der Orgel von Jacob Oertel (1760) aus Borna
1971–1976 Schmalkalden Schloss Wilhelmsburg I 6 Restaurierung der Orgel von Daniel Meyer (1589)
1991 Köthen Schloss Köthen I/p 6 Restaurierung der Orgel von Zuberbier (1755)
1995–1996 Großkmehlen St.-Georgs-Kirche II/P 22 Restaurierung der Orgel von Gottfried Silbermann (1718); 8 Register rekonstruiert
1996–1997 Zöblitz Stadtkirche II/P 20 Restaurierung der Orgel von Gottfried Silbermann (1742) und Rückführung auf originale Disposition; weitgehend erhalten
1997–1998 Frankenstein Dorfkirche I/P 13 Restaurierung der Orgel von Gottfried Silbermann (1752)
1999 Helbigsdorf Kirche Helbigsdorf II/P 17 klangliche Restaurierung der Orgel von Gottfried Silbermann (1728); fast unverändert erhalten
2001 Forchheim Evangelische Kirche II/P 20 Restaurierung der Orgel von Gottfried Silbermann (1726); weitgehend erhalten
2005 Judenbach/Thüringen St. Nikolaus II/P 15 Restaurierung der Orgel eins unbekannten Erbauers (um 1730)
2006 Ringenwalde Dorfkirche Ringenwalde I/P 12 Restaurierung und Rekonstruktion der vermutlich letzten erhaltenen Kirchenorgel von Johann Peter Migendt (1760); Ergänzung um selbstständiges Pedal nach der Orgel-Migendt in der Schlosskirche zu Stettin
2007 Twiste St. Veit II/P 12 Restaurierung der Orgel von Jacob Vogt (1862), in Zusammenarbeit mit der Orgelbau Waltershausen GmbH
2008 Finsterbergen Dreifaltigkeitskirche II/P 22 Restaurierung der Orgel von Georg Franz Ratzmann (1830)
2009 Buttlar/Rhön Mariäe Geburt Restaurierung der Orgel von Guido Knauf (1871)
2010 Weißig Dorfkirche Weißig I 8 Restaurierung des Orgelpositivs von Christian Ernst Friederici (1740)
2011 Denstedt Dorfkirche Denstedt II/P 19 Restaurierung der „Liszt-Orgel“ der Gebrüder Peternell (1861)
2023 Klitzschen ev. Kirche I/P 9 Restaurierung der Flemming-Orgel aus den 1780er Jahren

Literatur

  • Hermann Fischer: 100 Jahre Bund deutscher Orgelbaumeister. Orgelbau-Fachverlag, Lauffen 1991, ISBN 3-921848-18-0, S. 286.
  • Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4, S. 238.

Einzelnachweise

  1. 1 2 Fischer: 100 Jahre Bund deutscher Orgelbaumeister. 1991, S. 286.
  2. Pape: Lexikon norddeutscher Orgelbauer. 2009, S. 238.
  3. Christian Wendt: Klitzschen: Endspurt für Sanierung Flemming-Orgel läuft. 21. Juni 2023, abgerufen am 18. August 2023.
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