Oskar Bruno Zwintscher (* 2. Mai 1870 in Leipzig; † 12. Februar 1916 in Loschwitz bei Dresden) war ein deutscher Maler.

Leben

Oskar Zwintscher war Sohn des Klavierpädagogen Bruno Zwintscher (1838–1905) und Bruder des Pianisten Rudolf Zwintscher (1871–1946). Er studierte von 1887 bis 1890 an der Leipziger Kunstakademie und Kunstgewerbeschule und war von 1890 bis 1892 Schüler von Leon Pohle und Ferdinand Pauwels an der Kunstakademie Dresden. Nach seinem Studium ließ er sich als freischaffender Künstler in Meißen nieder, wo er einige Jahre auf der Albrechtsburg lebte und durch das „Munkelt’sche Legat“, ein Stipendium der E. Munkelt’schen Stiftung für sächsische Maler, für drei Jahre frei arbeiten konnte. 1898 trat er erstmals mit einer größeren Kollektion seiner Werke an die Öffentlichkeit. Er war 1898 Preisträger beim ersten Preisausschreiben des Unternehmers Ludwig Stollwerck für Entwürfe von Stollwerck-Sammelbildern. An dem Wettbewerb beteiligten sich viele namhafte Künstler, Preisrichter waren u. a. Emil Doepler d. J., Woldemar Friedrich, Bruno Schmitz und Franz Skarbina. Um seinen Lebensunterhalt aufzubessern, arbeitete Zwintscher zeitweise als Karikaturist für die Meggendorfer-Blätter.

Im Jahr 1898 wurde Zwintschers Sammelbildserie „Jahreszeiten“ veröffentlicht, 1900 folgte die Serie „Das Gewitter“. 1902 besuchte er auf Einladung von Rainer Maria Rilke die Künstlerkolonie Worpswede, wo er ein Porträt von ihm und dessen Frau Clara malen sollte. Es wird vermutet, dass die Empfehlung vom Maler Heinrich Vogeler kam, den er im Jahr 1900 kennengelernt hatte.

Ab 1903 unterrichtete Zwintscher als Professor an der Kunstakademie Dresden. Er war auch ein frühes Mitglied des Deutschen Künstlerbunds. Bereits an der ersten DKB-Jahresausstellung, die 1904 im Königlichen Kunstausstellungsgebäude am Königsplatz in München noch mit Hilfe der Sezessionisten organisiert wurde, nahm er mit einem Ölgemälde in symbolistischem Jugendstil teil. 1904 war er Preisrichter bei einem Preisausschreiben der Unternehmer Ludwig Stollwerck und Otto Henkell um die Einreichung von Entwürfen „von Illustrationen zum Zweck der Propaganda für ihre Fabrikate Schokolade bzw. Kakao und Champagner.“ Weitere Preisrichter waren dabei Emil Doepler d. J., Woldemar Friedrich, Claus Meyer, Bruno Schmitz, Raffael Schuster-Woldan und Franz Skarbina.

Oskar Zwintscher starb 1916 in Loschwitz. Sein Grab befindet sich auf dem dortigen Künstlerfriedhof. Die Grabfigur, ein Ephebe mit gesenkter Fackel, stammt von Sascha Schneider.

Einordnung

Zwintschers Werk weist vielfältige kunsthistorische Einflüsse auf. Er bediente sich sowohl griechischer als auch italienischer Bildfindungen, die er mit den aktuellen Kompositions- und Farbauffassungen des Jugendstils vereinte, und schuf so widerspruchsvolle Balanceakte zwischen tradiertem Historismus und zeitgenössischem Jugendstil im Sinne einer konservativen Moderne. Sein kühler Stil verweist aber auch schon auf die Neue Sachlichkeit.

Zwintscher war ein sehr sorgfältiger, geradezu pedantischer Maler und ein prinzipieller Gegner des Impressionismus. Ein Zeitgenosse beschrieb ihn als „einen guten Sachsen und echten Sohn der mitteldeutschen Ebene, aber auch etwas geschäftsfremd und versponnen.“

Seine Bilder stehen in der malerischen Tradition eines Lucas Cranach oder Hans Holbein, weisen aber auch durch Jugendstil, Symbolismus und einen späten Stilwechsel zum Expressionismus darüber hinaus. Gustav Klimt, Ferdinand Hodler, Ludwig Richter, Moritz von Schwind und Arnold Böcklin haben den jungen Künstler beeinflusst. Mit dem Künstler Sascha Schneider verband ihn eine enge Freundschaft.

Mit fünfzehn Gemälden Zwintschers gehört dem Museum Albertinum neben der Städtischen Galerie Dresden eine bedeutende Werkgruppe des Malers. Für ein Forschungsprojekt ist es 2020 gelungen, das lange als verschollen geltende Gemälde Adele im Hamsterpelz, ein Porträt seiner Ehefrau Adele aus dem Jahr 1914, als langfristige Leihgabe nach Dresden zu holen. Zwintschers 150. Geburtstag am 2. Mai 2020 wurde feierlich begangen. Vom 14. Mai 2022 bis 15. Januar 2023 fand im Dresdner Albertinum eine Einzelausstellung unter dem Titel Weltflucht und Moderne. Oskar Zwintscher in der Kunst um 1900 statt. Dies war die zweite Ausstellung zu Zwintscher in Dresden nach 1982.

Werke (Auswahl)

  • Die schlechte Nachricht (1891)
  • Schwere Stunden (1893)
  • Sehnsucht (1895)
  • Ein Gespenst des Jahrhunderts (1898)
  • Gram (1898)
  • Bildnis Clara Rilke-Westhoff (1902)
  • Bildnis Rainer Maria Rilke (1902)
  • Bildnis Heinrich Vogeler (1902)
  • Die Melodie (1903)
  • Pieta (1906)
  • Oberbürgermeister Beutler (1910)
  • Frau Apel (1912)
  • Lenzfreude (1915)
  • Bildnis des Schriftstellers Ottomar Enking
  • Bildnisse seiner Frau – Bildnis in Blumen (1904), Bildnis mit grünschwarzen Kacheln (1906), Gold und Perlmutter (1909), Bildnis im Sommergarten (1910)

Literatur

  • Hildegard Heyne: Oskar Zwintschers künstlerische Entwicklung. 1916, S. 376–389 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Hildegard Heyne: Zwintscher, Oskar. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 36: Wilhelmy–Zyzywi. E. A. Seemann, Leipzig 1947, S. 613.
  • Joachim Uhlitzsch (Hrsg.): Oskar Zwintscher. Seemann, Leipzig 1984 (Seemann-Kunstmappe).
  • Rolf Günther (Hrsg.): Oskar Zwintscher, 1870–1916. Leben und Werk mit dem Werkverzeichnis der Gemälde. Edition Sandstein, Dresden 1999, ISBN 3-930382-29-6.
  • Birgit Nachtwey: Rainer Maria Rilke und der Maler Oskar Zwintscher in Worpswede. Eine Dokumentation. Worpsweder Verlag, Worpswede 1999, ISBN 3-89299-190-1.
  • Rolf Günther: Der Symbolismus in Sachsen 1870–1920. Edition Sandstein, Dresden 2005, ISBN 3-937602-36-4.
  • Janina Majerczyk: Oskar Zwintscher. Zwischen Symbolismus und Neuer Sachlichkeit. tectum, Baden-Baden 2019 (= Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag; Reihe Kunstgeschichte. Band 10), ISBN 978-3-8288-4357-8.
  • Andreas Dehmer; Birgit Dalbajewa: Oskar Zwintscher im Albertinum. Sandstein Verlag, Dresden 2021, ISBN 978-3-95498-597-5.
  • Andreas Dehmer, Birgit Dalbajewa (Hrsg.): Weltflucht und Moderne. Oskar Zwintscher in der Kunst um 1900. Sandstein-Verlag, Dresden 2022, ISBN 978-3-95498-681-1.
Commons: Oskar Zwintscher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Adreßbuch für Dresden und seine Vororte, 1904, Teil I, S. 972.
  2. Kunstgewerbeblatt, 9. Jahrgang 1898, S. #.
  3. Ralf Hübner: Der noch immer rätselhafte Maler. In: Sächsische Zeitung. 2. Mai 2020.
  4. Janina Majerczyk: Oskar Zwintscher: Zwischen Symbolismus und Neuer Sachlichkeit (= Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag: Kunstgeschichte. Band 10). Tectum Wissenschaftsverlag, Baden-Baden 2019, ISBN 978-3-8288-7310-0, S. 35 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Mitglieder seit 1903 auf der Website des Deutschen Künstlerbundes, zuletzt abgerufen am 7. Dezember 2017.
  6. X. Ausstellung der Münchener Sezession: Der Deutsche Künstlerbund (in Verbindung mit einer Ausstellung erlesener Erzeugnisse der Kunst im Handwerk). Ausstellungskatalog. Verlagsanstalt F. Bruckmann, München 1904, S. 33, Abb. 51 (Knabe und Lilie).
  7. Kunstgewerbeblatt, 15. Jahrgang 1904, S. #.
  8. Siehe dazu Hans Sonntag: Oskar Zwintscher (1870–1916). In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie.
  9. Andreas Dehmer; Birgit Dalbajewa: Oskar Zwintscher im Albertinum. Hrsg.: Staatliche Kunstsammlungen Dresden. Sandstein, Dresden 2021, ISBN 978-3-95498-597-5.
  10. „Adele im Hamsterpelz“ kommt zu Oskar Zwintschers 150. Geburtstag ins Albertinum. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, erschienen und abgerufen 5. Februar 2020.
  11. Weltflucht und Moderne. Oskar Zwintscher in der Kunst um 1900. Staatliches Kunstsammlungen Dresden, abgerufen am 14. Mai 2022.
  12. Stefan Trinks: Maler Oskar Zwintscher Dresden: Sächsischer Klimt in Ziegelrot. In: FAZ. 31. Mai 2022, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 31. Mai 2022]).
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