Palazzo Schifanoia ist ein Renaissance-Palast in Ferrara in der Emilia-Romagna, Italien, der für die Familie Este errichtet wurde. Der Name Schifanoia ist abgeleitet von schivar la noia, was buchstäblich bedeutet die Langeweile verabscheuen, oder besser vor der Langeweile fliehen, was genauer den Sinn dieses Palastes, eines frühen Sanssouci, trifft.
Berühmt ist der Palast für die astrologischen Fresken des Francesco del Cossa und des Cosmè Tura im Salone dei mesi.
Geschichte
Der Palast lag zunächst außerhalb der städtischen Bebauung Ferraras in einem Garten in der Nähe von anderen, delizie genannten Lustschlösschen, von denen nur noch der Schifanoia erhalten ist. Der ursprüngliche Bau aus dem Jahr 1385, in Auftrag gegeben von Alberto V d’Este, war einstöckig, ohne Seitenflügel und bestand im Grunde nur aus einem großen Saal für Bankette und Feste. Unter Borso d’Este und dessen Nachfolger Ercole I. d’Este wurde das Gebäude von den Hofarchitekten Pietro Benvenuto degli Ordini und Biagio Rossetti erweitert.
Die ursprüngliche Außendekoration des Palastes ist nicht erhalten. Die schlichte Ziegelfassade von heute gibt keinen Eindruck mehr von dem einstigen Glanz des Lustschlösschens, mit seiner Stuckverkleidung und seinen geometrischen Mustern aus farbigen Marmorimitationen. Auch das erhaltene repräsentative Marmorportal war farbig ausgestattet. Es zeigte früher, neben ihrem Wappen, auch das Emblem der Este, das Einhorn. 1493 ergänzte Rossetti den Palast mit einem Kranzgesims aus Terracotta.
Den von Pietro Benvenuto errichteten großen Saal, den salone dei mesi, malten u. a. Cosmè Tura, Ercole de’ Roberti und Francesco del Cossa mit Fresken aus. Die Stuckarbeiten in der sala della virtù stammen von Domenico di Paris. Der Stuckfries zeigt Putten, die Symbole der vier Kardinaltugenden und der drei theologischen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe.
Nach dem Ende der Este-Herrschaft kam der Palast in die Hände wechselnder Besitzer, von denen einer die Monatsbilder im salone dei mesi übermalen ließ. Er wurde u. a. als Kaserne und als Tabakfabrik genutzt. Erst 1821 wurden die Fresken wiederentdeckt. Heute gehört der Schifanoia der Stadt Ferrara und dient als Museum.
Fresken im salone dei mesi
- März
- April
- August
Museum
Das 1898 eröffnete Museum beherbergt neben einer Sammlung von Gegenständen der ägyptischen Kunst und Kultur von der 5. Dynastie bis in die griechisch-römische Zeit, griechische und etruskische Keramik und römische Gläser und Amphoren. Von herausragender Bedeutung ist die numismatische Abteilung. Hier sind neben Medaillen von Pisanello und Sperandio da Mantova Münzen aus der republikanischen Epoche und der Kaiserzeit Roms sowie des Kirchenstaates vertreten. Die kostbaren Buchbestände stammen aus dem aufgehobenen Kloster San Giorgio. Darunter befindet sich eine von Borso d’Este in Auftrag gegebene Bibel für das Kloster San Cristofero della Certosa. Daneben werden Graphiken, Kunstgewerbe und Skulpturen vom 16. Jahrhundert bis zum Klassizismus ausgestellt.
Literatur
- Francesco Avventi: Il servitore di piazza: guida per Ferrara. Ferrara, Pomatelli, 1838, S. 138–142, SBN IT\ICCU\FER\0012975.
- Marco Folin: Borso a Schifanoia: il Salone dei Mesi come Speculum principis. In: Il Palazzo Schifanoia a Ferrara. (Hrsg.) Salvatore Settis, 2007, S. 9–37.
- Virgilio C. Galati: Curie e „Logge all’antica“ tra Vitruvio e Leon Battista Alberti nel „Salone dei Mesi“ di Schifanoia a Ferrara e nella „Camera Picta“ di Palazzo Ducale a Mantova. In: Per Amor di Classicismo. Ricerche di Storia dell’Architettura e dell’Arte in memoria di Francesco Quinterio. (Hrsg.) Ferruccio Canali, Bollettino della Società di Studi Fiorentini, 24–25, 2015–2016, S. 10–36.
- Silvano Ghironi, Flavio Baroni: Note storiche su Palazzo Schifanoia. In: Atti e Memorie della Deputazione Prov. Ferrarese di Storia Patria. Serie Terza, Vol. XXI, 1975, S. 97–170.
- Nicola Iannelli: Simboli e Costellazioni. Il mistero di palazzo Schifanoia. Il codice astronomico degli Estensi. Angelo Pontecorboli Editore, Firenze 2013. ISBN 978-88-97080-40-4.
- Giovanni Sassu: Verso e oltre Schifanoia. In: Mauro Natale (Hrsg.): Cosmè Tura e Francesco del Cossa. L’arte a Ferrara nell’età di Borso d’Este. Catalogo della Mostra. Ferrara Arte, 2007 S. 414–455, ISBN 88-89793-01-5.
- Salvatore Settis, Walter Cupperi, (Hrsg.): Palazzo Schifanoia in Ferrara. Franco Cosimo Panini, Modena 2007, ISBN 978-88-8290-858-4.
- Salvatore Settis, Jadranka Bentini (Hrsg.): Il Palazzo Schifanioa a Ferrara / The Palazzo Schifanoia in Ferrara. Modena 2007.
- Marcello Toffanello: Ferrara. La città rinascimentale e il delta del Po. Libreria dello Stato, Istituto poligrafico e Zecca dello Stato, 2005, S. 54–66, ISBN 88-240-1113-6.
- Ranieri Varese (Hrsg.): Atlante di Schifanoia Modena. Franco Cosimo Panini, Modena 1989.
- Adolfo Venturi: L’arte a Ferrara nel periodo di Borso d’Este: In: «Rivista Storica Italiana», II, 1885, S. 689–749.
- Anna Maria Visser Travagli: Palazzo Schifanoia e Palazzina Marfisa a Ferrara. Electa, 1994, ISBN 88-435-4604-X.
- Aby Warburg: Italienische Kunst und internationale Astrologie im Palazzo Schifanoja zu Ferrara. In: Aby M. Warburg: Ausgewählte Schriften und Würdigungen. Baden-Baden 1980, S. 173–198.
- Aby Warburg: Arte e astrologia nel palazzo Schifanoja di Ferrara. Abscondita, Mailand 2006.
Weblinks
Koordinaten: 44° 49′ 50,3″ N, 11° 37′ 45,3″ O