Panzer- und Schwielenwelse

Corydoras semiaquilus

Systematik
Überkohorte: Clupeocephala
Kohorte: Otomorpha
Unterkohorte: Ostariophysi
Ordnung: Welsartige (Siluriformes)
Unterordnung: Loricarioidei
Familie: Panzer- und Schwielenwelse
Wissenschaftlicher Name
Callichthyidae
Bonaparte, 1838

Die Panzer- und Schwielenwelse (Callichthyidae von griechisch kallis „schön“, ichthys „Fisch“) sind eine Familie aus der Ordnung der Welsartigen (Siluriformes). Die Mitglieder dieser artenreichen Familie leben mit Ausnahme des Südens und der Gebiete westlich der Anden in fast ganz Südamerika und sind vor allem als Süßwasserzierfische bekannt geworden. Während Schwielenwelse überwiegend als Einzelgänger leben und 7 bis 24 cm groß werden, handelt es sich bei den Panzerwelsen meist um Schwarmfische, von denen die meisten Arten lediglich 2 bis 8 cm groß werden.

Verbreitung

Panzer- und Schwielenwelse leben in Süßgewässern im größten Teil Südamerikas, im Amazonasbecken, im Stromgebiet des Orinoko, im Rio São Francisco, in den Flüssen des atlantischen Brasilien, im Stromgebiet von Río Paraná und Río Paraguay, im Río Magdalena, in einigen Flüssen Panamas und auf Trinidad. Ihr Artenreichtum ist im oberen Amazonasgebiet und in den Flüssen des Guayanaschildes am höchsten. Abgesehen von Callichthys fabricioi aus dem kolumbianischen Río Cauca kommen Panzer- und Schwielenwelse nur östlich der Anden vor.

Merkmale

Der Körper von Panzer- und Schwielenwelsen ist zwischen Kopf und Schwanzflosse fast vollständig durch zwei am Rücken und an den Körperseiten langlaufende Reihen von glatten, dachziegelartig übereinanderstehenden Knochenplatten gepanzert. Die Seitenlinie ist bis auf einen Rest auf einem bis sechs dieser Knochenplättchen reduziert. Die zweikammerige Schwimmblase ist von einer Knochenkapsel umgeben. Der erste Brust- und Rückenflossenstrahl ist kräftig, stachelartig und arretierbar. Die große Rückenflosse hat außerdem sieben bis acht Weichstrahlen. Die Afterflosse ist kurz. Die Bauchflossen beginnen für gewöhnlich unter dem letzten Drittel der Rückenflosse. Eine Fettflosse ist vorhanden. Vor ihr liegen einige kleine, unpaare Knochenplättchen, von denen das letzte als Stachel ausgebildet ist. Die Augen sind beweglich. Das kleine Maul ist von ein bis zwei Bartelpaaren umgeben. Auf Ober- und Unterlippe können sich zusätzliche, kürzere Auswüchse befinden. Die Kiefer sind bezahnt oder zahnlos, die Prämaxillare ist immer zahnlos.

Lebensweise

Panzer- und Schwielenwelse bewohnen alle Arten von Süßgewässern, sowohl sauerstoffreiche, schnell fließende Bergbäche, als auch große Flüsse, überflutete Areale, und sauerstoffarme Sümpfe und stehende Gewässer. Sie sind überwiegend dämmerungsaktiv und ernähren sich von größeren Einzellern (Protisten), sehr kleinen Vielzellern (Bärtierchen, Rädertierchen), Würmern und anderen bodenbewohnenden Wirbellosen, vor allem jedoch von Wasserinsekten sowie kleinen Krebstieren. Die Nahrung wird mit den Barteln aufgespürt. Der Kopf kann bei der Nahrungssuche bis zu den Augen in den Bodengrund gedrückt werden. Vor der Laichzeit nehmen einige Arten, abgesehen von Detritus und Pflanzenresten, keinerlei Nahrung zu sich. Während die verwandten Harnisch- und Schmerlenwelse nur in sauerstoffarmen Wohngewässern Luft atmen, nehmen alle Panzer- und Schwielenwelse, unabhängig davon, ob ihr Wohngewässer sauerstoffreich oder sauerstoffarm ist, in regelmäßigen Abständen über das Maul atmosphärische Luft zu sich. Die Fische schwimmen dazu rasch zur Wasseroberfläche, schnappen nach Luft und tauchen ebenso schnell wieder zum Gewässerboden ab. Der Sauerstoff wird anschließend über den Mitteldarm aufgenommen und verbrauchte Luft über den Anus ausgestoßen. Der Mitteldarm wird dazu intensiv mit Blut versorgt und hat eine reduzierte glatte Muskulatur. Das Aufnehmen von Luft ist bei den Panzer- und Schwielenwelsen vor allem für das Hydrostatische Gleichgewicht wichtig und nur unter sauerstoffarmen Bedingungen eine Zusatzatmung. Während der Trockenzeit sammeln sie sich zu riesigen Gruppen in Restwassern und können dann auch größere Salzkonzentrationen vertragen. Die Arten aus den Gattungen Callichthys und Hoplosternum können mit Hilfe ihrer Brustflossenstacheln und schlängelnden Bewegungen austrocknende Gewässer verlassen und neue Wohngewässer aufsuchen. Um Austrocknung zu vermeiden tun sie dies für gewöhnlich nur in der Nacht. Außerdem schützt sie der Knochenpanzer.

Die Gattungen Aspidoras, Scleromystax, Corydoras und Brochis (Unterfamilie Corydoradinae) sind Substratlaicher, wie die meisten anderen Welse, und befestigen ihren Laich an Steinen, Blättern oder Wasserpflanzen, während Callichthys, Megalechis, Lepthoplosternum, Hoplosternum und Dianema (Unterfamilie Callichthyinae) ein Schwimmnest aus Schaum und Pflanzenmaterial bauen und ihre Eier hineinlegen. Das Schaumnest hat einen Vorteil in sauerstoffarmen Gewässern, da der Sauerstoffgehalt in der Umgebung der Eier hier immer relativ hoch ist. Wahrscheinlich wirkt der Schaum auch antibakteriell.

Äußere Systematik

Panzer- und Schwielenwelse gehören zur Unterordnung Loricarioidei (Sullivan et al., 2006) bzw. Überfamilie Loricarioidea (Nelson, 2006). Sie sind die Schwestergruppe eines gemeinsamen Taxons von Harnisch-, Kletter- und Stachligen Zwergwelsen.

  Loricarioidea  


 Bleistiftwelse (Nematogenyidae)


   

 Schmerlenwelse (Trichomycteridae)



   

 Panzer- und Schwielenwelse (Callichthyidae)


   

 Stachlige Zwergwelse (Scoloplacidae)


   

 Harnischwelse (Loricariidae)


   

 Kletterwelse (Astroblepidae)






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Innere Systematik

Zu der Familie zählen etwa 200 Arten in neun Gattungen und zwei Unterfamilien. Mehr als 150 Arten zählen zur Sammelgattung Corydoras, der artenreichsten Gattung der Welsartigen (Siluriformes).

Unterfamilie Panzerwelse

Die Arten aus der Unterfamilie der Panzerwelse (Corydoradinae) (Hoedeman 1952) werden drei bis zwölf Zentimeter lang. Sie sind hochrückig und seitlich abgeflacht. Ihre Schnauze ist rund oder seitlich abgeflacht und mehr oder weniger lang, einige mit eingebuchteter Sattelschnauze. Die Barteln sind kurz. Panzerwelse sind Schwarmfische und Substratlaicher. Von den vier Gattungen der Panzerwelse gilt die große, nicht durch Synapomorphien diagnostizierbare Sammelgattung Corydoras als paraphyletisch, da die Gattungen Aspidoras und Scleromystax diese in mindestens zwei Abstammungslinien trennt. In zukünftigen Revisionen ist damit zu rechnen, dass Corydoras in mehrere Gattungen aufgespalten wird.

Unterfamilie Schwielenwelse

Die Arten aus der Unterfamilie der Schwielenwelse (Callichthyinae) (Hoedeman 1952) sind langgestreckt, spindel- oder walzenförmig. Die Schnauze ist abgeflacht, das Maul klein und unterständig. Die Oberkieferbarteln sind lang. Sie bauen ein Schaumnest und stellen weniger als 10 % der Callichthyidae-Arten. Einige Schwielenwels-Arten können Laute erzeugen.

Folgendes Kladogramm zeigt die Unterfamilien, alle Gattungen und die wahrscheinlichen Verwandtschaftsverhältnisse zueinander:

  Callichthyidae  
  Callichthyinae  

 Callichthys


   

 Lepthoplosternum


   

 Megalechis


   

 Hoplosternum


   

 Dianema






  Corydoradinae  

 Corydoras (Sensu stricto)


   

 Aspidoras


   

 Scleromystax


   

 Corydoras ((Sensu lato) incl. Brochis)






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Stammesgeschichte

Der älteste fossile Nachweis eines Callichthyiden ist Corydoras revelatus aus dem späten Paläozän (58,5–58,2 mya) von Argentinien (Mais-Gordo-Formation).

Nutzung

Viele Panzerwelse, vor allem aus der artenreichen Gattung Corydoras, sind beliebte Aquarienfische, werden gefangen und weltweit exportiert, viele können auch nachgezüchtet werden. Größere Schwielenwelsarten dienen der menschlichen Ernährung und werden befischt und meist im Panzer gekocht.

Literatur

  • Günther Sterba: Süsswasserfische der Welt. 2. Auflage. Urania, Leipzig/Jena/Berlin 1990, ISBN 3-332-00109-4.
  • Kurt Fiedler: Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band II, Teil 2: Fische. Gustav Fischer Verlag Jena, 1991, ISBN 3-334-00339-6.
  • Joseph S. Nelson: Fishes of the World. John Wiley & Sons, 2006, ISBN 0-471-25031-7.

Weiterführende Literatur

  • Erika Matschke, Karl H. Matschke: Panzerwelse und Schwielenwelse. Urania-Verlag, Freiburg 1991, ISBN 978-3-3320-0470-0
  • Hans-Georg Evers: Panzerwelse. Aspidoras, Brochis, Corydoras. Ulmer Verlag, Stuttgart 1994, ISBN 978-3-8001-7286-3
  • Jürgen Schmidt: Corydoras-Panzerwelse. Bede Verlag, Ruhmannsfelden 1997, ISBN 978-3-9317-9226-8
  • Frank Schäfer: Panzerwelse. Aqualog Animalbook, Rodgau 2003, ISBN 978-3-9360-2724-2
  • Frank Schäfer, Hans-Georg Evers: Corydoras. Alle C-Nummern. Aqualog Animalbook, Rodgau 2004, ISBN 978-3-9360-2741-9

Einzelnachweise

  1. Hoplosternum littorale auf Fishbase.org (englisch)
  2. Callichthys fabricioi auf Fishbase.org (englisch)
  3. JP Sullivan, Lundberg JG; Hardman M: A phylogenetic analysis of the major groups of catfishes (Teleostei: Siluriformes) using rag1 and rag2 nuclear gene sequences. In: Mol Phylogenet Evol. 41. Jahrgang, Nr. 3, 2006, S. 636–62, doi:10.1016/j.ympev.2006.05.044.
  4. Markos A. Alexandrou, Claudio Oliveira, Marjorie Maillard, Rona A. R. McGill, Jason Newton, Simon Creer & Martin I. Taylor: Competition and phylogeny determine community structure in Müllerian co-mimics. Nature 469, 84–88 (January 2011), doi:10.1038/nature09660 Supplementary Information (5.9M) (PDF; 6,2 MB)
  5. Ingo Seidel: Neue Erkenntnisse über die Verwandtschaftsverhältnisse bei Panzerwelsen in Aquaristik Fachmagazin Nr. 223 Februar/März 2012, Tetra-Verlag GmbH, ISSN 1437-4854
  6. Lundberg et al. (2007): Discovery of African roots for the Mesoamerican Chiapas catfish, Lacantunia enigmatica, requires an ancient intercontinental passage. In: Roots of Mesoamerican Catfish. Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia. ISSN 0097-3157. 156: 39–53 June 2007
  7. K. A. Frickhinger: Fossilien Atlas Fische, Mergus-Verlag, Melle, 1999, ISBN 3-88244-018-X
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