1943Parlamentswahl
in Südafrika 1948
1953
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Die Parlamentswahl in Südafrika 1948 fand am 26. Mai 1948 in der Südafrikanischen Union statt. Sie markierte den Beginn der institutionalisierten Apartheid in Südafrika. Zwar gewannen Apartheidsgegner die Mehrheit der Wählerstimmen, die die Apartheid befürwortende Nasionale Party konnte sich aber aufgrund des Wahlsystems, welches ländliche Wahlkreise bevorzugte, dennoch die Mehrheit der Sitze sichern und so die Regierung übernehmen.

Vorgeschichte

Die United Party (UP) führte die Südafrikanische Union seit 1934, seit 1939 unter Premierminister Jan Christiaan Smuts. In dieser Zeit nahm das Land auf Seiten der Alliierten am Zweiten Weltkrieg teil. Die Kriegszeit und Nachkriegszeit war von Einschränkungen gekennzeichnet. So gab es lange kein Weizenbrot, da Weizenmehl in die bedürftigen Länder Europas ausgeführt wurde. In Alexandra protestierten die Bewohner 1940 und 1942 gegen Fahrpreiserhöhungen des städtischen Busunternehmens, 1943 boykottierte man den öffentlichen Verkehrsträger für neun Tage und 1944 sogar für sieben Wochen. Unter den schwarzen Industriearbeitern kam es 1942 wegen unerfüllter Lohnzusagen zu Unruhen, bei denen in Pretoria 18 Personen den Tod fanden. Im August 1946 entwickelte sich unter dem Dach der von J. B. Marks geführten African Mine Workers’ Union ein Streik von 70.000 schwarzen Minenarbeitern, der von der Regierung mit härtestem Einsatz bekämpft und auf diese Weise blutig beendet wurde. Als direkte Reaktion auf dieses Regierungshandeln stellte der African National Congress (ANC) seine Mitwirkung im Native Representative Council (NRC) ein und boykottierte dieses Gremium bis zu dessen Auflösung im Jahr 1951.

Die politische Haltung der UP in der Frage der unterschiedlichen Behandlung der „Rassen“ sah in keiner Weise eine politische Gleichberechtigung der nicht-weißen Bevölkerung (Schwarze, Coloureds und Inder) vor. Die UP befürwortete eine Politik der räumlichen Trennung der weißen und nicht-weißen Bevölkerung und eine Vermeidung der „Rassenmischung“. Die Partei hielt jedoch die Umsiedlung der afrikanischen Bevölkerung in räumlich ausgewiesene „Reservate“ für nicht wünschenswert und nicht machbar, da die anvisierten Reservate bereits überbevölkert seien und keine landwirtschaftlichen Reserven mehr böten. Die Aussiedlung der Schwarzafrikaner aus den städtischen Gebieten würde außerdem zu schweren wirtschaftlichen Nachteilen und einem Absinken des Lebensstandards auch der weißen Bevölkerung führen.

Die oppositionelle Herenigde Nasionale Party (HNP) unter dem Geistlichen der Niederländisch-reformierten Kirche Südafrikas, Daniel Francois Malan, vertrat in dieser Hinsicht eine wesentlich radikalere Position und sprach sich für eine strikte Trennung nach Hautfarbe in allen Lebensbereichen aus – das politische Konzept der Apartheid. Die HNP war 1940 aus der Gesuiwerde Nasionale Party und der Volksparty, einer Abspaltung der UP, entstanden. Das von den Nationalisten nach der Wahl von 1948 umgesetzte Programm hatte seine Wurzeln in dem so genannten Sauer-Report von 1947, der unter dem Titel Verslag van die Kleurvraagstuk-Kommissie van die Herenigde Nasionale Party (etwa: „Bericht der HNP-Kommission zur Hautfarbenfrage“) Bekanntheit erlangte. Damit erklärte man den Schutz der „weißen Rasse“ sowie den separaten Erhalt „anderer Rassen“ in Südafrika zum zentralen Ziel der künftigen Politik. Keine dieser Gruppen solle künftig eine andere bedrohen, indem eine vollendete Trennung auf „natürlicher Basis“ zu schaffen sei.

Die Smuts-Regierung bewirkte durch ihre Einwanderungspolitik, dass viele Briten nach Südafrika gekommen waren, die neben den Buren die zweite große Bevölkerungsgruppe der weißen Südafrikaner darstellen. Die burisch geprägte HNP sah dies als Gefahr für die Buren an, die die größere der beiden Gruppen darstellte. Ferner stellte sie Smuts als Kommunistenfreund dar, nachdem er während des Zweiten Weltkriegs offenbar gut mit dem damaligen Verbündeten Josef Stalin zusammengearbeitet hatte. Mit Bezug auf die vermeintliche Integrationspolitik der UP wurde von „Roter Gefahr“ gesprochen.

Die Politik der HNP fand besonders bei Wählern in ländlichen Regionen Anklang, wo Schwarze als billige Arbeitskräfte gebraucht wurden. Daneben fürchteten zahlreiche weiße Südafrikaner die mögliche Konkurrenz anderer Südafrikaner auf dem Arbeitsmarkt.

Die konservativ-gemäßigte Afrikanerparty (AP) war mit der HNP verbündet, die linksstehende South African Labour Party (LP) sowie einige Unabhängige standen auf der Seite der UP.

Vor den Wahlen 1948 hatte die UP 89 Sitze, die HNP 43 und die LP 9. Die AP hatte 1,8 % und keine Mandate gewonnen.

Wahlverfahren

Das aktive Wahlrecht hatten nur weiße Südafrikaner sowie wenige Coloureds und Asiaten. Gewählt werden konnten nur Weiße. Schwarze in der Kapprovinz konnten insgesamt drei zusätzliche weiße Parlamentarier wählen.

Die Parlamentarier wurden ausschließlich nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt. Die 153 Wahlkreise waren so aufgeteilt, dass die ländlichen deutlich weniger Wähler umfassten als die städtischen Wahlkreise.

Ergebnisse der Parlamentswahlen

Die HNP gewann die Wahlen gemeinsam mit der AP, obwohl sie erheblich weniger Stimmen als die späteren Oppositionsparteien erhalten hatten. HNP und AP gewannen vor allem ländliche Wahlkreise, UP und LP städtische Wahlkreise. Jan Smuts verlor seinen Sitz im Wahlkreis Standerton.

Stimmenanteile und Parlamentssitze
Partei Stimmen  % Sitze
  Herenigde Nasionale Party (HNP) 401.834 37,70 70
  United Party (UP) 524.230 49,18 65
  Afrikanerparty (AP) 41.885 3,93 9
  South African Labour Party (LP) 27.360 2,57 6
  Unabhängige 70.662 6,63 0
  Vertreter gemäß Representation of Natives Act --- --- 3
Gesamt 1.065.971 100,00 153

Folgen

Die Wahlen markieren den Beginn der üblicherweise als Apartheid bezeichneten Periode systematischer legislativ, administrativ, kulturell und ökonomisch betriebener Segregationspolitik in Südafrika. Die Vertreter dieses Staats- und Wirtschaftskonzeptes bezeichneten sie euphemistisch als „getrennte Entwicklung“. Folgende Gesetze wurden in rascher Folge beschlossen:

Die neue Regierung erlaubte die zuvor verbotenen Burenorganisationen Afrikaner Broederbond, Ossewabrandwag und Nuwe Orde. Der Ossewabrandwag war während des Krieges der Kollaboration mit den Deutschen bezichtigt worden, Nuwe Orde war die rechtsradikale Partei von Oswald Pirow. Deutsche Nationalsozialisten, die die Vorgängerregierung ausweisen wollte, durften nun im Land bleiben.

Mit dem Ziel einer wissenschaftlichen Basis für die Apartheidpolitik beauftragte die Regierung Malan 1950 die sogenannte Tomlinson-Kommission. Diese legte in einem mehrbändigen Report weitgehende Empfehlungen und Analysen zur Ausgestaltung einer künftigen „Politik der getrennten Entwicklung“ vor.

Neben der Einschränkungen der Rechte der Nicht-Weißen wurden einige teils symbolische Rechte der britischstämmigen Weißen beschnitten. So wurde die britische Doppelstaatsbürgerschaft für Südafrikaner abgeschafft und die britische Nationalhymne durfte nicht mehr als Nationalhymne Südafrikas verwendet werden. 1950 wurden im besetzten Südwestafrika sechs zusätzliche Abgeordnete in das südafrikanische Parlament gewählt, die alle der NP angehörten.

Unter dem Eindruck der weiter anwachsenden politischen Repression beschloss die ANC Youth League ein Aktionsprogramm (Programme of Action), mit dem vier Schwerpunkte in den Mittelpunkt ihres künftigen Handelns traten: ziviler Ungehorsam, Wirtschaftsblockaden, Entzug schwarzer Arbeitskräfte, keine Kollaboration mit der Regierung. Zu dieser Zeit war Ashby Peter Solomzi Mda Vorsitzender der ANC-Jugendorganisation. Dieses Aktionsprogramm wurde in der von Zachariah Keodirelang Matthews, Oliver Tambo, Moses Kotane und Selby Msimang nachbearbeiteten Fassung am 17. Dezember 1949 auf der Jahreskonferenz zum Programm des ANC bestimmt.

Smuts starb 1950. Die HNP schloss sich 1951 mit der AP zusammen und firmierte fortan als „Nasionale Party“ bzw. „National Party“ (NP), die bis 1994 die Alleinregierung stellte. Zwar gewannen bei der nachfolgenden Parlamentswahl 1953 erneut Apartheidsgegner (äußerst knapp) die Mehrheit der Wählerstimmen, die NP konnte sich aber wegen des Wahlsystems wieder die Mehrheit der Sitze sichern. Danach hatte die NP das Wahlsystem ausreichend geändert und Minderheiten konsequent vom Wahlrecht ausgeschlossen, sodass sie (mit Ausnahme der Wahl 1961) bis 1994 nicht mehr ernsthaft durch Wahlen in ihrer Macht bedroht war.

Literatur

  • Ohm Krüger redivivus. In: Der Spiegel. 23/1948 vom 5. Juni 2012. (Digitalisat)
  • Gleichschaltung in Südafrika. In: Die Zeit. 38/1948 vom 16. September 1948. (Digitalisat)
  • ISSA (Hrsg.): Dokumente der südafrikanischen Befreiungsbewegung. Bonn 1977, ISBN 3-921614-82-5.
  • Gottfried Wellmer: Südafrikas Bantustans. Geschichte, Ideologie und Wirklichkeit. Bonn 1976, ISBN 3-921614-29-5.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 South African History Online: Popular struggles in the early years of Apartheid, 1948-1960. auf www.sahistory.org.za (englisch), abgerufen am 26. November 2012.
  2. 1 2 Wellmer, 1976, S. 36.
  3. ISSA: Dokumente, 1977, S. 31.
  4. Rodney Grey: South Africa under the Nationalist Party. In: International Journal. Band 4, Nr. 1, 1949, S. 52–59, JSTOR:40194225 (englisch).
  5. Newell Maynard Stultz: Afrikaner politics in South Africa, 1934-1948. Berkeley 1974, ISBN 0-520-02452-4, S. 136.
  6. Union, Segregation, apartheid and Democracy: From Union to non racial democracy. South African History Online (sahistory.org.za), abgerufen am 26. Mai 2023 (englisch).
  7. Albrecht Hagemann: Nationalsozialismus, Afrikaaner-Nationalismus und die Entstehung der Apartheid in Südafrika. VfZ 1991, Heft 3, S. 413–436, S. 414.
  8. 1 2 Gleichschaltung in Südafrika. In: Die Zeit. 38/1948 vom 16. September 1948. (Digitalisat)
  9. Geschichte der NP bei sahistory.org.za (englisch), abgerufen am 8. Februar 2016.
  10. ISSA: Dokumente, 1977, S. 31–32.
  11. The National Party and apartheid. In: Encyclopædia Britannica. Abgerufen am 8. Dezember 2021.
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