Unter einem Pathergiephänomen (von altgriechisch πάθος páthos, deutsch Krankheit, Leiden, ἔργον érgon, deutsch Werk, Tätigkeit und φαινόμενον phainómenon, deutsch Erscheinung) versteht man die Auslösung einer krankheitsspezifischen Läsion durch einen unspezifischen Reiz, einem charakteristischen, auch für diagnostische Zwecke eingesetzten klinischen Befund. Es ist die klinische Erscheinungsform einer erniedrigten Schwelle zur Aktivierung von neutrophilen Granulozyten.

Geprägt wurde der Begriff der Pathergie 1933 von dem deutschen Pathologen Robert Rössle als Bezeichnung für alle erworbenen, krankhaft gesteigerten oder verminderten Änderungen der Reaktivität. Dem Oberbegriff untergeordnet sind die spezifische Pathergie oder Allergie zum einen und die unspezifische Pathergie (Parallergie, Allophlogistie, Sanarelli-Shwartzman-Reaktion und die sogenannte physikalische Allergie) zum anderen.

Das Pathergiephänomen beobachtet man unter anderem bei Morbus Behçet. Nach Injektion von 0,5 ml einer 0,9-prozentigen (isotonischen) NaCl-Lösung treten nach 48 Stunden Pusteln im Schub an der Injektionsstelle auf. Beim Morbus Behçet ist dieses Pathergiephänomen pathognomonisch. Beim Pyoderma gangraenosum, einer Dermatitis ulcerosa, tritt es nach Minimaltraumata, etwa nach Nadelstichen im Rahmen eines Intrakutantests auf, wonach sich die Minimaltraumata in hämorrhagische, nekrotisierende Pusteln umwandeln, aus denen ein neuer Herd entstehen kann. Das Pathergiephänomen ist auch bei der Granulomatose mit Polyangiitis (Wegener-Granulomatose) und der leukozytoklastischen Vaskulitis zu beobachten.

Siehe auch

Wiktionary: Pathergiephänomen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. 1 2 Peter Fritsch: Dermatologie Venerologie: Grundlagen. Klinik. Atlas. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-06555-6, S. 390 (google.com).
  2. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 64.
  3. Lothar Kerp: Allergie und allergische Reaktionen. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1130–1159, hier: S. 1136–1138 (Begriffsbestimmungen der Allergielehre).
  4. Rudolf Ott, Wolfgang Krug, Hans-Peter Vollmer: Klinik- und Praxisführer Zahnmedizin. Georg Thieme Verlag, 2002, ISBN 978-3-13-158021-4, S. 294 (google.com).

This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.