Philippe Djian (* 3. Juni 1949 in Paris) ist ein französischer Schriftsteller.

Leben

Djians armenischer Vater arbeitete als Schaufensterdekorateur, seine Mutter war Hausfrau. Er hat zwei Brüder. Djian wuchs in Paris auf, wo er von 1955 bis 1968 die Schule, unter anderem das Lycée Turgot, besuchte. Als Teenager hatte Djian einen Ferienjob bei seinem heutigen Verlag Gallimard. Im folgenden Jahr studierte Djian Literaturwissenschaft an der Universität Paris VIII in Vincennes und besuchte eine Schule für Journalismus, brach aber beides nach einigen Monaten ab. Danach arbeitete er zwei Monate in Le Havre in der Hoffnung, auf einem Schiff nach Südamerika anheuern zu können. Da ihm dies jedoch nicht gelang, kaufte er sich stattdessen von seinem Verdienst ein Flugticket nach New York. Dort arbeitete Djian ein halbes Jahr lang für die Librairie française im Rockefeller Center und reiste dann doch noch nach Südamerika, nämlich nach Kolumbien. Dort arbeitete er als Journalist für die französische Presse, jedoch ohne Erfolg. Daraufhin gab er den Journalismus auf und kehrte nach Frankreich zurück.

Hier arbeitete Djian zunächst als Lektor für den Verlag Détective, dann als Buchhändler, gefolgt von einer Reihe von Gelegenheitsjobs. 1973 lernte Djian Anne-Marie Angevin kennen, eine französische Malerin, die den Künstlernamen Année verwendet. Nach der Geburt des ersten Sohnes im Jahr darauf begann Djian mit dem literarischen Schreiben. 1978 stellte er sein erstes Buch mit Erzählungen unter dem französischen Titel 50 contre 1 fertig, das jedoch erst 1981 veröffentlicht wurde, nachdem es von mehreren Verlegern mit teils abfälligen Bemerkungen abgelehnt worden war. Seinen Durchbruch als Schriftsteller feierte Djian mit dem Buch Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen im Jahr 1985, das ihn weltweit bekannt machte und außerdem erfolgreich verfilmt wurde. Seit 1989 schreibt er auch regelmäßig Chansontexte für den Schweizer Sänger Stephan Eicher. Ab den frühen 2000er Jahren übersetzte er mehrere englischsprachige Theaterstücke ins Französische. Im Jahr 2008 veröffentlichte er sein bisher einziges eigenes Theaterstück Lui, das 2010 auch in Form eines von Jean-Philippe Peyraud gezeichneten Comics herausgegeben wurde. 2012 erhielt er für den Roman Oh... den Prix Interallié.

Djians Leben ist geprägt von zahlreichen Wohnortwechseln. Nach eigenen Angaben lebte er nie länger als fünf Jahre am selben Ort. Mit Année, die er 1993 geheiratet hat, hat er drei Kinder. Das älteste ist der Sohn Loïc, dem der Vater das Buch Rückgrat widmete. Der Tochter Clara widmete er den Roman Pas de deux und der Tochter Lou-Anne den Roman Matador.

Stil

Djians literarische Vorbilder sind Richard Brautigan, Henry Miller, Jack Kerouac und Jerome David Salinger. Er stellt sich bewusst in die Tradition moderner amerikanischer Literatur und hat in diesem Zusammenhang gesagt: „Mir geht es nur um Stil und Sprache, weil ich keine Message habe, die ich weitergeben will.“ Als er zu lesen begann, seien die zeitgenössischen französischen Autoren nicht sonderlich interessant gewesen, weil sie sich nicht mit dem wirklichen Leben beschäftigten, wie es zahlreiche amerikanische Autoren zu dieser Zeit taten. Djians Stil ist gekennzeichnet von einem ausgefeilten Purismus und einer Schnelligkeit, mit denen er sich gegen den etablierten Literatursalon stellte. Er verwendet gern Wörter der Umgangssprache und pflegt einen flüssigen, abwechslungsreichen Satzbau. In mehreren seiner Romane ist der Ich-Erzähler ein Autor, der hartnäckig an seinem Schreibstil arbeitet: „Frag dich nicht, warum du schreibst und für wen, aber schreibe stattdessen, als ob jeder Satz dein letzter sein könnte.“

Werke

OriginalArtJahrDeutsche AusgabeÜbersetzungJahr
50 contre 1Erzählungen1981100 zu 1Michael Mosblech2008
Bleu comme l’enfer Roman1982Blau wie die HölleMichael Mosblech1990
Zone érogèneRoman1984Erogene ZoneMichael Mosblech1987
37,2° le matinRoman1985Betty Blue – 37,2 Grad am MorgenMichael Mosblech1986
Maudit manègeRoman1986Verraten und VerkauftMichael Mosblech1988
EchineRoman1988RückgratMichael Mosblech1991
CrocodilesErzählungen1989KrokodileMichael Mosblech1993
Lent dehorsRoman1991Pas de deuxMichael Mosblech1994
Lorsque LouErzählung1992
Bram van VeldeErzählung1993
SotosRoman1993MatadorUlrich Hartmann1993
AssassinsRoman1994Ich arbeitete für einen MörderUlrich Hartmann1996
AspirineNovelle1996
Mauvais rebondsNovelle1996
CriminelsRoman1996KriminelleUlrich Hartmann1998
PornographieArtikel1998
Il dit que c’est difficileErzählung (Neuausgabe von Bram van Velde)1998
Sainte-BobRoman1998Heißer HerbstUlrich Hartmann1999
Vers chez les blancsRoman2000Schwarze Tage, weiße NächteUli Wittmann2002
ArdoiseEssays2002In der KreideUli Wittmann2004
Ça c’est un baiserRoman2002SirenenUli Wittmann2003
FrictionsNovelle2003ReibereienUli Wittmann2005
ImpuretésRoman2005Die FrühreifenUli Wittmann2006
Doggy bag: Saison 1–6Roman2005–2008Doggy Bag 1–6Uli Wittmann2009
Mise en boucheComic2008
ImpardonnablesRoman2009Die LeichtfertigenUli Wittmann2011
LuiComic2010
IncidencesRoman2010Die RastlosenOliver Ilan Schulz2012
VengeancesRoman2011Wie die wilden TiereOliver Ilan Schulz2013
„Oh…“Roman2012Oh…Oliver Ilan Schulz2014
Love songRoman2013
Chéri-ChériRoman2014
Dispersez-vous, ralliez-vous!Roman2016
MarlèneRoman2017MarlèneNorma Cassau2018
A l'aubeRoman2018MorgengrauenNorma Cassau2020
Les inéquitablesRoman2019Die RuchlosenNorma Cassau2021
2030Roman2020
Double NelsonRoman2021
Sans CompterRoman2023

Alle deutschen Übersetzungen sind im Diogenes Verlag erschienen.

Auszeichnungen

  • 2009: Prix Jean Freustié für Impardonnables
  • 2012: Prix Interallié für "Oh..."

Verfilmungen

Literarische Vorlage
Drehbuch
  • 2004: Lass das sein (Ne fais pas ça) – Regie: Luc Bondy

Literatur

  • Christiane Baumann & Gisela Lerch Hgg.: Jean-Luc Benoziglio, Philippe Djian, Jean Echenoz, François Bon, Leslie Kaplan, Valère Novarina, Marie Ndiaye. in: Extreme Gegenwart. Französische Literatur der 80er Jahre. Beiträge aus Anlass von Berlin, Kulturhauptstadt Europas 1988. Manholt, Bremen 1989 ISBN 3-924903-70-0 Jeweils mit Eigen- und Fremdbeiträgen (z. B. Werkauszügen, Interviews) der Genannten; Verlagsausgabe des Tagungsbandes. Djian S. 153–174
  • Corinna Libal: Die Personendarstellung in den Romanen von Philippe Djian: von „Bleu comme l'enfer“ (1982) bis „Lent dehors“ (1991). In: Literaturwissenschaft in der Blauen Eule. Nr. 26. Verlag Die Blaue Eule, Essen 1999, ISBN 3-89206-961-1.

Einzelnachweise

  1. Portrait - Philippe DJIAN - Sans compter (17.03.2017). Abgerufen am 2. Dezember 2019 (französisch).
  2. "The Cult of Philippe Djian, ABC Arts online, Interview 19 September 2001"
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