Als Purbeck-Marmor (engl. Purbeck Marble) wird ein Werkstein bezeichnet, der hauptsächlich auf der Isle of Purbeck, einer Halbinsel in der Grafschaft Dorset, an der Südküste von England gewonnen wurde.

Im gesteinskundlichen Sinne handelt es sich um einen fossilführenden Kalkstein. Da dieser Kalkstein gut poliert werden kann und sein Name historisch überkommen ist, hat sich für dieses Sedimentgestein der Zusatz „Marmor“ erhalten, obwohl es nicht metamorph verändert wurde. Purbeck-Marmor besitzt in England große kulturhistorische Bedeutung und wurde oft für Kirchenbauten in Südengland verwendet.

Vorkommen

Purbeck-Marmor entstand im späten Jura und der frühen Kreide. Die Ablagerungen bildeten sich im Wechsel von Salz- und Süßwasser in Meeresbuchten und Süßwasserzonen (lakustrisch) vor etwa 146 bis 141 Millionen Jahren (ehemalige Purbeck-Stufe). Die geologische Aufbau der Isle of Purbeck ist sehr stark differenziert.

Die aus den oberen Schichten gewonnenen Werksteine wurden von den Steinbrechern und Steinmetzen als Purbeck Freestone (Laugton-Steinbrüche) und aus den unteren Schichten als Purbeck-Portland Stone bezeichnet. Aus den Seacombe-Steinbrüchen unweit von Swanage stammte der Purbeck Cliff Stone. Davon leitet sich die alternative Bezeichnung Purbeck Stone ab. Die gewonnenen Werksteine aus der obersten Schichtenlage (Upper Ostracod Clays and Shales Member) der ehemaligen Purbeck-Formation wurden wegen ihres besonderen Dekors mitunter separat als Purbeck Marble bezeichnet. Hierbei treten Zonen mit Tonschiefer auf.

Die Sedimentbildung im östlichen Dorset begann zur Zeit des oberen Jura (Tithonium). Dabei wurde zunächst Ton auf dem Grund der Meeresbuchten abgelagert. Darauf folgte sogenannter Portlandsand sowie die Kalksteinschichten der Portland-Stufe (aktuell Teil des Tithonium) und der Purbeck-Stufe (aktuell Teil des Berriasium). In den Schichten der früheren Purbeck-Stufe sind versteinerte Reste von Muscheln, Fischen und Reptilien enthalten. Fossile Ablagerungen im Purbeck-Marmor bestehen aus Süßwasserschnecken wie Viviparus (Sumpfdeckelschnecken), Valvata, Lymnaea (Schlammschnecken), Planorbis (Tellerschnecken), Hydobia (Gemeine Wattschnecke), Physa (Blasenschnecken), Melania, Cyclas und Unio.

Das charakteristische Aussehen des Purbeck-Marmors stammt im Wesentlichen von den versteinerten Schalen der Süßwasserschnecken Viviparus. Diese Fossilien sind auch vor allem im englischen Sussex Marble enthalten, der auch als Petworth-Marmor oder Winklestone bekannt ist. Die Bänke des Kalksteinvorkommens des Purbeck-Marmors sind stark gelagert und durch Ton- und Lehmlagen voneinander getrennt. Diese natürliche Lagerstättensituation erleichtert seine Gewinnung im Steinbruch. Dieses Gestein hat ein vielfarbiges Erscheinungsbild von grün, grau, blau, beige bis braun.

In der Lagerstätte des Purbeck-Marmors wurden zahlreiche Saurierspuren gefunden.

Verwendung

Es wird angenommen, dass Purbeck-Marmor bereits im 1. Jh. verwendet wurde. In der Zeit der Romano-Briten wurde er für Bau- und Werksteine und für Platten verwendet. Es wurden aber auch Gebrauchsartikel des Alltags wie Mörser und Stößel daraus hergestellt, auch für die Mörtelherstellung wurde er abgebaut. Vereinzelt soll Purbeck-Marmor auch vom 4. bis 11. Jahrhundert in die Normandie geliefert worden sein.

Es wird angenommen, dass dieser Kalkstein im 11. Jahrhundert vor allem bei Corfe Castle verarbeitet wurde und dass die Küstennähe den Erfolg dieses Werksteins befördert hat. Später verlagerte sich die Anfertigung der Werksteine nach London zum Bau der zahlreichen Kirchen und Westminster.

Purbeck-Marmor wurde im Mittelalter an vielen Kathedralen in Südengland verbaut, hierbei auch für Säulen und Bodenplatten verwendet. Um die 1880er Jahre wurden die Kirchenbauten in Kingston, Purbeck und Dorset daraus erbaut. Für Restaurierungsarbeiten in Südengland fand dieser Naturstein an zahlreichen und kunsthistorisch überaus bedeutenden Kirchenbauten Verwendung, wie beispielsweise in Exeter, Ely, Norwich, Chichester, Lincoln, Landaff, Southwark und Westminster Abbey. In die Kathedrale von Salisbury sind die Säulen, sowie ihre Fundamentplatten und Schäfte aus Purbeck-Marmor. Salisbury hat mehr Purbeck-Marmor als jede andere Kathedrale. Die Kathedrale von York ist in den Querschiffen und im Kapitelhaus mit Säulen aus Purbeck-Marmor verziert.

Derzeit wird der Purbeck-Marmor nicht mehr aktiv abgebaut, dennoch werden nach Erfordernis für Restaurierungsmaßnahmen gelegentlich Blöcke gewonnen oder eingelagerte Rohsteine verwendet. Von englischen Steinbildhauern wird Purbeck-Marmor wegen seiner guten Formbarkeit bevorzugt.

Siehe auch

Literatur

  • John Watson: British an Foreign Building Stones. A Descriptive Catalogue of the Specimens in the Sedgwick Museum, Cambridge. Cambridge University Press, Cambridge, 1911
  • John Ashurst und Francis G. Dimes: Conservation of Building and Decorative Stones, Butterworth-Heinemann, London, 1990. ISBN 978-0-7506-3898-2 Online auf Google-Books
  • H. A. Tummers: Early Secular Effigies in England, The Thirteenth Century (Leiden), 1980 Online auf Google-Books

weiterführend

  • D. F. Williams: Purbeck marble in Roman and medieval Britain. In: David A. Hinton (Hrsg.): Purbeck Papers. Southampton (UK), University of Southampton, Department of Archaeology, 2004, S. 126–131. (Department of Archaeology Monograph Series, 4)

Einzelnachweise

  1. Max Schvoerer, Norman Herz, Katherine A. Holbrow, Shelley Sturman: Archéomatériaux: marbres et autres roches: ASMOSIA IV, Bordeaux-Talence, 9–13 octobre 1995. In: Max Schvoerer, Centre de recherche en physique appliquée à l’archéologie (Hrsg.): Transactions of the ... international symposium of the Association for the Study of Marble and Other Stones used in Antiquity. Band 4. Presses Univ de Bordeaux, 1999, ISBN 2-86781-244-5, S. 353–357 (französisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 11. Januar 2017]).
  2. John Watson: Building Stones, 1911, S. 183, 314
  3. Ian West: Purbeck-Formation - Jurassic-Cretaceous. Abschnitt: The Members of the Purbeck Formation. abgerufen am 27. April 2010
  4. William Joscelyn Arkell: The gastropods of the Purbeck Beds, Quarterly Journal of the Geological Society; 1941; v. 97; issue.1-4; p. 79-128, abgerufen am 30. März 2010
  5. Steinoberflächen und Farben auf purbeckstone.co.uk, abgerufen am 28. März 2010
  6. Information auf soton.ac.uk
  7. Grand Origins: Purbeck Stone, A History auf stone.uk.com, abgerufen am 28. März 2010
  8. John Beavis (1971): "The use of Purbeck Marble in Roman Britain", Proceedings of the Dorset Natural History and Archaeological Society, 92, 181–204
  9. Peacock/William: S. 47
  10. Tummers: Early Secular Effigies in England. S. 13 (siehe Literatur)
  11. Peacock/Williams: S. 43
  12. Peacock/Williams: S. 44
  13. Kingston (St. James-Kirche) auf people.bath.ac.uk (Memento vom 21. November 2007 im Internet Archive), abgerufen am 28. März 2010
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