Queyras | ||
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Blick auf größere Teile des Queyras von der Pointe de Rasis (2844 m), Blick nach Nordwesten: Combe du Queyras (links im Mittelgrund, teilweise im Schatten), Col d’Izoard (rechts der Bildmitte, im Hintergrund), Pic de Rochebrune (höchster Gipfel rechts, im Hintergrund). | ||
Höchster Gipfel | Pic de Rochebrune (3320 m) | |
Lage | Département Hautes-Alpes, Provence-Alpes-Côte d’Azur, Frankreich | |
Teil der | Cottische Alpen, Westalpen | |
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Koordinaten | 44° 46′ N, 6° 49′ O | |
Fläche | 614,74 km² | |
Lage des Queyras innerhalb des Départements Hautes-Alpes. |
Der Queyras ist eine alpine Landschaft im südlichen Teil der Französischen Alpen. Nach Einteilung der SOIUSA ist der Queyras Bestandteil der Cottischen Alpen. Diese erstrecken sich grenzüberschreitend vom Mauriennetal (F) und Susatal (I) im Norden bis zum Ubayetal (F) und dem Tal der Stura di Demonte (I) im Süden. Der Queyras stellt somit das geographische Zentrum der Cottischen Alpen dar. Die höchste Erhebung des Queyras ist der Pic de Rochebrune (3320 m). Geologisch ist der Queyras für die so genannte Queyras-Decke bekannt, einem Gebilde aus mesozoischem Tonschiefer. Nahezu der gesamte Queyras ist regionaler Naturpark.
Geografie
Der Queyras grenzt im Norden an das Briançonnais, im Osten an die italienische Region Piemont, im Süden an das obere Ubayetal und im Westen an das Tal der Durance. Der Queyras schließt somit westlich an den Alpenhauptkamm an, der auch die französisch-italienische Staatsgrenze bildet. Administrativ liegt der Queyras in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur (PACA) im Département Hautes-Alpes.
Der Queyras wird von dem Fluss Guil, einem Nebenfluss der Durance, durchströmt. Dieser speist sich aus einem großen Quellgebiet auf etwa 2500 m Höhe im äußersten Osten des Queyras, nur wenige Kilometer nördlich des Monte Viso unmittelbar an der Staatsgrenze zu Italien. Anschließend wird bis Abriès nach Nordwesten entwässert. Dort ändert sich die Fließrichtung nach Südwesten und wird bis zur Mündung in die Durance beibehalten. Ein Fließhindernis stellt die Schlucht Combe du Queyras, ein von steil abfallenden Felswänden geprägtes Kerbtal zwischen Château-Queyras und Guillestre dar. Die Schlucht ist zudem wichtigster Verkehrsweg in den Queyras, da weitere Straßenverbindungen über hohe Pässe führen. In nördliche Richtung besteht eine Passstraße über den Col d’Izoard (2362 m) nach Briançon. Eine weitere Passstraße in südliche Richtung führt über den Col Agnel (2744 m) in das piemonteser Valle Varaita.
Im Queyras liegen die Gemeinden Arvieux, Abriès, Aiguilles, Château-Ville-Vieille (bestehend aus den Dörfern Château-Queyras und Ville-Vieille), Molines-en-Queyras, Ristolas und Saint-Véran. Außerdem wird entgegen geographischer und historischer Logik heute auch die Gemeinde Ceillac zum Queyras gezählt, die oberhalb von Guillestre, aber nicht oberhalb der Schlucht liegt.
Der Queyras wird nach Norden, Osten und Süden von Gipfeln mit einer Höhe von mehr als 3000 m umgeben. Lediglich in westlicher Richtung, im Bereich der Combe du Queyras sind weniger dominante Gebirgszüge vorhanden. Doch schließt sich am Westufer der Durance das Écrins-Massiv an, ein mächtiger Gebirgsstock mit Gipfelhöhen von mehr als 4000 m. Aufgrund dieser abgeschirmten Lage bildet der Queyras einen ausgeprägten inneralpinen Trockenraum.
Insgesamt umfasst der Queyras mehr als 20 Dreitausender-Gipfel, darunter Pic de Rochebrune (3320 m), Bric Froid (3302 m), Grand Glaiza (3293 m), La Grande Aiguillette (3284 m), Cime de Chabrières (3246 m), Cime de Clausis (3230 m), Pic de Terre Noire (3100 m), Pic de Foréant (3081 m), Pic de Petit Rochebrune (3078 m) und La Turge de la Suffie (3024 m).
Geologie
Weite Teile des Queyras bestehen aus Tonschiefer bzw. Glanzschiefer (franz. Schistes Lustrés). Das Gestein weist deutliche Parallelen zu dem Schweizer Bündnerschiefer auf. Der Ursprung des Gesteins reicht zurück in das Erdmittelalter (Mesozoikum) bzw. in die Periode des Jura vor 145–200 Mio. Jahren. Damals erstreckte sich der Piemont-Ligurische Ozean oder Südpenninische Ozean zwischen der afrikanischen und adriatischen Kontinentalplatte sowie dem Briançon-Mikrokontinent. In der beginnenden Kreide setzte eine konvergente Plattenbewegung ein, die dazu führte, dass die ozeanische Platte des Piemont-Ligurischen Ozeans unter die adriatische Platte subduziert wurde. Während der Subduktion wurde ein Tiefseegraben geschaffen – der Entstehungsort des Glanzschiefers. Im Paläogen vor etwa 40–60 Mio. Jahren waren sämtliche Ozeane im heutigen Alpenraum verschwunden. Die Sedimente des Piemont-Ligurischen Ozeans und Teile der Ozeankruste wurden durch die Auflast der adriatischen Platte metamorph umgewandelt. Zu den Entstehungsprodukten der so genannten Blauschiefermetamorphose zählt der für den Queyras typische Glanzschiefer. Dieser gelangte nach einer Phase intensiver Deckenaufwölbung, Verfaltung und Verwitterung im Oligozän (24–34 Mio. Jahre) an die Erdoberfläche. Das regional begrenzte Deckengebilde wird auch als Queyras-Decke bezeichnet. Die seidig-glänzende Oberfläche des Glanzschiefers geht auf dessen Zusammensetzung unter anderem aus unterschiedlichen Tonen, Sanden, Kalken oder Quarzen zurück. Das Gestein weist eine geringe Widerstandskraft gegen Oberflächeneinwirkungen wie Frostsprengung auf, sodass Hänge des Queyras oberhalb der Vegetationszone zumeist großflächige, kantig ausgeprägte Schutthalden aufweisen.
Bevölkerung
Die Bevölkerung des Queyras zeigt sich in einem 143-jährigen Betrachtungszeitraum (1876 bis 2019) stark rückläufig. Nach Daten der französischen Statistikbehörde Insee beträgt der langfristige Bevölkerungsrückgang in den sieben Kommunen des Queyras etwa 63 Prozent. Allerdings wurde in den 1990er Jahren zumindest zeitweise eine Trendumkehr und anschließend eine Abschwächung des lang andauernden Bevölkerungsrückgangs erreicht.
Kommune | Einwohnerzahl | Einwohner
je km² | |||||||
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1876 | 1896 | 1911 | 1936 | 1954 | 1975 | 1999 | 2019 | 2019 | |
Abriès-Ristolas | 1.550 | 1.028 | 912 | 528 | 323 | 275 | 432 | 383 | 2,4 |
Aiguilles | 671 | 515 | 515 | 324 | 300 | 275 | 441 | 397 | 9,9 |
Arvieux | 870 | 826 | 753 | 577 | 487 | 324 | 355 | 358 | 4,9 |
Ceillac | 584 | 415 | 322 | 249 | 224 | 234 | 276 | 285 | 3,0 |
Château-Ville-Vieille | 911 | 821 | 766 | 555 | 438 | 283 | 321 | 319 | 4,8 |
Molines-en-Queyras | 796 | 721 | 609 | 401 | 323 | 288 | 322 | 297 | 5,5 |
Saint-Véran | 641 | 598 | 539 | 412 | 255 | 232 | 267 | 192 | 4,3 |
Summe | 6.023 | 4.924 | 4.416 | 3.046 | 2.350 | 1.882 | 2.414 | 2.231 | - |
Die Bevölkerungsstruktur des Queyras zeigt einen Trend zur Überalterung. Der Anteil der über 65-Jährigen übersteigt in sämtlichen Kommunen den Anteil der unter 25-Jährigen meist deutlich. In Château-Ville-Vieille liegen die Anteile entgegen dem allgemeinen Trend dicht beieinander. Der negative natürliche Bevölkerungssaldo im Queyras wird sich fortsetzen, falls keine Zuwanderung stattfindet.
Kommune | Einwohnerzahl
2019 |
Absolut | Prozentual | ||||
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davon
0–24 Jahre |
davon
25–64 Jahre |
davon
65–79 Jahre |
davon
≥ 80 Jahre |
Anteil
0–24 Jahre |
Anteil
≥ 65 Jahre | ||
Abriès-Ristolas | 383 | 81 | 202 | 85 | 15 | 21,1 | 26,1 |
Aiguilles | 397 | 70 | 209 | 75 | 43 | 17,6 | 29,7 |
Arvieux | 358 | 77 | 174 | 89 | 18 | 21,5 | 29,9 |
Ceillac | 285 | 60 | 144 | 69 | 12 | 21,1 | 28,4 |
Château-Ville-Vieille | 319 | 67 | 179 | 52 | 21 | 21,0 | 22,9 |
Molines-en-Queyras | 297 | 54 | 148 | 72 | 23 | 18,2 | 32,0 |
Saint-Véran | 192 | 34 | 97 | 39 | 22 | 17,7 | 31,8 |
Summe | 2.231 | 443 | 1.153 | 481 | 154 | - | - |
Geschichte
Als Kanton des Bundes von Briançon genoss der Queyras lange Zeit politische Autonomie.
Am 13. Juni 1957 ereignete sich eine Jahrhundertkatastrophe im Queyras. Infolge starker Regenfälle und einer zeitgleich einsetzenden Schneeschmelze trat der Fluss Guil in Abriès, Aiguilles und Château-Queyras über die Ufer und verwandelte sich in einen reißenden Strom. Tags zuvor erlitten Saint-Véran sowie Ceillac durch die anschwellenden Vorfluter l'Aigue-Blanche bzw. Cristillan gravierende Schäden. Der Guil erreichte bei Guillestre eine Abflussrate von bis zu 1.000 m³/s. Die schmelzwassergesättigten Hänge des Queyras konnten Niederschlagswasser kaum aufnehmen und wurden Opfer umfangreicher Bodenerosion. Geröll- und Sedimentfracht führte zu massiven Schäden in den Talorten. Der Queyras wurde von der Außenwelt abgeschnitten, da die Straße entlang des Guils auf mehreren Kilometern Zerstörungen erlitt. Sämtliche Brücken über den Guil wurden von den Fluten mitgerissen. In Château-Ville-Vieille, Aiguilles und Abriès-Ristolas wurden Wohngebäude teilweise vollständig zerstört. Die Naturkatastrophe löste eine groß angelegte Rettungs- und Hilfsaktion aus. Freiwillige Helfer aus ganz Frankreich und aus dem europäischen Ausland reisten in den Queyras und verteilten Sachspenden oder leisteten Wiederaufbauhilfe. Der Umfang infrastruktureller Schäden wurde 1958 auf 7,8 Mrd. Franc geschätzt.
Regionaler Naturpark Queyras
Am 31. Januar 1977 wurde der Regionale Naturpark Queyras (frz.: Parc naturel régional du Queyras) gegründet, der eine Fläche von rund 57.400 Hektar umfasst. Die Parkverwaltung hat ihren Sitz in Arvieux, wo sich auch das „Maison du Parc“ befindet. Im Jahr 2007 wurde innerhalb des Naturparks westlich unterhalb des bereits zu Italien gehörenden Monte Viso eine 2.295 Hektar große Sonderschutzzone ausgewiesen, die Réserve naturelle nationale de Ristolas Mont Viso.
Tourismus
Der Tourismus setzte im Vergleich mit anderen Regionen der Französischen Alpen spät ein. Dies lag an der peripheren Lage und dem Widerstand der einheimischen Bevölkerung gegenüber touristischen Großprojekten. Vor diesem Hintergrund hat sich der Wandertourismus als sogenannter „sanfter Tourismus“ am stärksten ausgeprägt. Der Queyras ist Teil des Weitwanderwegenetzes:
- GR 58 (Rundwanderweg in sieben Etappen durch den Queyras)
Zudem haben sich folgende Klettersteige etabliert:
- Pra Premier (Arvieux)
- Crêtes de Combe la Roche (Arvieux)
- Fort Queyras (Chateau Ville-Vieille)
- Rochers de Clapière (Ceillac)
Weblinks
- Regionaler Naturpark Queyras (französisch)
- Réserve naturelle nationale de Ristolas Mont Viso (französisch)
- Die Berge des Queyras – abgerufen am 28. Januar 2017 (deutsch)
Einzelnachweise
- 1 2 O. Adrian Pfiffner: Geologie der Alpen. 3. Auflage. Haupt-Verlag, Bern 2015, ISBN 978-3-8252-8610-1.
- ↑ Clément Herviou, Anne Verlaguet, Philippe Agard, Michele Locatelli, Hugues Raimbourg, Benjamin Lefeuvre, Benoit Dubacq: Along-dip variations of subduction fluids: The 30–80 km depth traverse of the Schistes Lustrés complex (Queyras-Monviso, W. Alps). In: Lithos. Band 394-395. Paris 2021, doi:10.1016/j.lithos.2021.106168 (englisch, researchgate.net [PDF]).
- ↑ Institut national de la statistique et des études économiques: Population municipale historique depuis 1876. Insee, abgerufen am 19. Februar 2023 (französisch).
- ↑ Institut national de la statistique et des études économiques: Répartition de la population en classes d'âges. Insee, abgerufen am 19. Februar 2023 (französisch).
- ↑ Parc naturel régional du Queyras: Les inondations de juin 1957 en Queyras. Témoignagnes d'archives et jeu de mémoires. Youtube, 11. April 2018, abgerufen am 19. Februar 2023 (französisch).
- ↑ Martin Knauer und Frieder Voll: Das Queyras. Mitteilungen der Fränkischen Geographischen Gesellschaft Bd. 52, 2005, S. 115–128, abgerufen am 28. Januar 2017.