Ralf Wienrich (* 1967 in Dresden) ist ein deutscher Komponist und Musikproduzent.

Biografie

Ralf Wienrich studierte Komposition und Klavier an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar bei Wolf-Günter Leidel und anschließend Filmmusik an der Filmakademie Baden-Württemberg bei Cong Su. Während des Studiums widmete er sich hauptsächlich der Komposition und Orchestration für sinfonische Besetzungen, was sich u. a. in seiner Bearbeitung von Puccinis Operneinakter Suor Angelica für Kammerorchester und der sinfonischen Dichtung Eine Pilgerfahrt zeigt (beides in Weimar aufgeführt). Bereits für seine erste Filmmusik zum Kurzfilm Das Leben danach – Himmlische Aussichten wurde er mit dem Rolf-Hans Müller Preis für Filmmusik ausgezeichnet. Die Komödie Rochade, eine weitere Zusammenarbeit mit Regisseur Thorsten Schmidt, erhielt 1998 den Student Academy Award in der Kategorie „Bester ausländischer Film“.

In den ersten Jahren nach dem Studium orientierte er sich an dem, was oft als Hollywood Sound bezeichnet wird, einer Musik für opulent besetztes Orchester, beeinflusst von Spätromantik, Impressionismus und Klassischer Moderne. Dies kommt besonders in seinen Arbeiten zu Detlev Bucks Liebe deine Nächste!, der irischen Produktion Love & Rage sowie dem von Volker Engel produzierten amerikanischen Abenteuerfilm Coronado zum Ausdruck.

1999 spielte Till Brönner seine mit Elementen des Modern Jazz durchsetzte Musik zum Film Mein Bruder, der Idiot ein. Dies war die erste Zusammenarbeit mit Regisseur Kai Wessel, welche in den folgenden Jahren immer wieder zu ungewöhnlichen Musikkonzepten führte. Zum Beispiel bei der zwischen Zirkusfanfaren und Melodram changierenden Kammermusik zu Goebbels und Geduldig (eingespielt vom ensemble KONTRASTE unter Frank Strobel), der mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg aufgenommenen neoimpressionistischen Musik zum Film Leben wäre schön oder auch der einzig auf einer Zither realisierten Musik zu Alles Liebe (interpretiert von Georg Glasl).

Ab 2002 setzte, nicht zuletzt unter dem ästhetischen und ökonomischen Druck der allgegenwärtigen Digitalisierung, eine Abwendung von rein orchestralen Studioproduktionen ein, in deren Folge er immer häufiger Techniken des Sounddesign mit denen des traditionellen Komponierens mischte.

Im Oktober 2004 schrieb und produzierte er die Musik zur ZDF-Produktion LiveMovie – Feuer in der Nacht, einem mit 18 Kameras an verschiedenen Drehorten in Echtzeit erzählten Fernsehspiel. Er vertonte mehrere Folgen der bei Publikum und Kritik beliebten Reihen Bella Block (u. a. mit den Regisseuren Christian von Castelberg und Rainer Kaufmann) sowie Spreewaldkrimi (u. a. mit den Regisseuren Thomas Roth und Roland Suso Richter). Für drei dieser Folgen wurde er zweimal für den Deutschen Fernsehpreis nominiert.

2014 erhielt er den Preis der Deutschen Akademie für Fernsehen für seine Musik zum Film Spreewaldkrimi – Mörderische Hitze. Am Beginn ihrer Beziehung singt Irene ihrem Geliebten Gottfried das sorbische Volkslied Schylila jo se jarobinka. Ralf Wienrich greift dieses Lied in der Filmmusik auf, um es parallel zum ökonomischen, psychischen und schließlich seelischen Niedergang der Hauptfigur einer adäquaten Metamorphose zu unterziehen. Erklingt es in der anfänglichen Liebesszene noch rein und unbedarft, in seiner ursprünglichen Tonalität, wird es nach und nach in immer dunkler werdenden Kirchentonarten dekliniert, um sich am Ende, kaum noch erkennbar, in Oliver Messieans begrenzt transponierbaren Skalen aufzulösen. Dieser Film über das unaufhaltsame Irrewerden eines ostdeutschen Modernisierungsverlierers erreichte trotz seiner gewagt verschachtelten Erzählweise bei der Erstausstrahlung 6,3 Millionen Zuschauer und hat zahlreiche Nominierungen und Preise erhalten.

2005 erhielt er den Auftrag, eine Orchestermusik zur offiziellen Feier des Tages der Deutschen Einheit zu komponieren. Er ist Mitglied der Deutschen Filmakademie.

Filmografie (Auswahl)

JahrTitelRegisseurProduktionBemerkung
1995Das Leben danach – Himmlische AussichtenThorsten Schmidt, Jörg LühdorffFilmakademie Baden-WürttembergDeutsches Filmorchester Babelsberg
1997RochadeThorsten SchmidtFilmakademie Baden-WürttembergDeutsches Filmorchester Babelsberg
1998Zita – Geschichten über TodsündenChristian WagnerFilmakademie Baden-Württemberg
1998Misguided AngelStefan JägerhandsUP! Film ProductionCarsten Hennig (Mitautor), Deutsches Filmorchester Babelsberg
1998Kidnapping Mom & DadKai WesselProSiebenDeutsches Filmorchester Babelsberg
1998Liebe deine Nächste!Detlev BuckBoje Buck ProduktionStefan Fischer (Mitautor), Deutsches Filmorchester Babelsberg
1999Tödliche SchattenDiethard KlanteARD/SWRDeutsches Filmorchester Babelsberg
1999Schnee in der NeujahrsnachtThorsten SchmidtUFA, Buena Vista PicturesDeutsches Filmorchester Babelsberg
2000Sind Sie Luigi?Stephan BrüggenthiesMoving Records
2000Mein Bruder, der IdiotKai WesselZDFTill Brönner (Trompete), Matthias Bätzel (Piano), Manfred Bründl (Bass)
2000Love & RageCathal BlackJ&M EntertainmentDeutsches Filmorchester Babelsberg
2000Hat er Arbeit?Kai WesselZDFDeutsches Filmorchester Babelsberg
2001Im Namen der GerechtigkeitStefan JägerZodiac Pictures InternationalSebastian Krahnert (Dirigent), Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz
2002Goebbels und GeduldigKai WesselARD/SWRensemble KONTRASTE, Frank Strobel (Dirigent)
2003CoronadoClaudio FähUncharted TerritoryDeutsches Filmorchester Babelsberg
2003Die Frau des ArchitektenDiethard KlanteARD/MDRMarkus Stockhausen (Trompete), Deutsches Filmorchester Babelsberg
2003Leben wäre schönKai WesselARD/BRDeutsches Filmorchester Babelsberg
2004Bella Block: Die Freiheit der WölfeChristian von CastelbergZDFDeutsches Filmorchester Babelsberg
2004Livemovie – Feuer in der NachtKai WesselZDF
2005Die glücklichsten Menschen der WeltShaheen Dill-RiazZDF
2005Bella Block: Die Frau des TeppichlegersKai WesselZDFDeutsches Filmorchester Babelsberg
2006Das Geheimnis im MoorKai WesselZDF
2006Bella Block: Das Glück der AnderenChristian von CastelbergZDF
2006Bella Block: BlackoutRainer KaufmannZDFSebastian Studnitzky (Trompete)
2007Der geheimnisvolle Schatz von TrojaDror ZahaviSat.1Jörg Lemberg (Mitautor), Eckart Gadow (Mitautor), Deutsches Filmorchester Babelsberg
2007Duell in der NachtMatti GeschonneckZDFSebastian Studnitzky (Trompete)
2008Im GehegeKai WesselZDF
2008Braams – Kein Mord ohne LeicheSven TaddickenZDF
2010Alles LiebeKai WesselARD/BRGeorg Glasl (Zither)
2010Der UranbergDror ZahaviARD/MDRJörg Lemberg (Mitautor), Deutsches Filmorchester Babelsberg
2011Spreewaldkrimi – Die Tränen der FischeThomas RothZDF
2011Polizeiruf 110: ...und raus bist du!Christian von CastelbergARD/NDREckart Gadow (Mitautor)
2012Mord in LudwigslustKai WesselZDFDeutsches Filmorchester Babelsberg
2012Polizeiruf 110 – Einer trage des anderen LastChristian von CastelbergARD/NDREckart Gadow (Mitautor)
2012Lena Fauch und die Tochter des AmokläufersKai WesselZDFEckart Gadow (Mitautor)
2012Spreewaldkrimi – FeuerengelRoland Suso RichterZDF
2013Lena Fauch – Gefährliches SchweigenJohannes FabrickZDFEckart Gadow (Mitautor)
2014Spreewaldkrimi – Mörderische HitzeKai WesselZDFDeutsches Filmorchester Babelsberg
2014Die Toten von HamelnChristian von CastelbergZDF
2014Lena Fauch – Vergebung oder RacheJohannes FabrickZDFEckart Gadow (Mitautor)
2015Pampa BluesKai WesselARD/SWRTitus Wolfe (Mitautor, Gesang, Gitarre)
2015Frau Roggenschaubs ReiseKai WesselZDFGiovanni Weiss (Mitautor, Gitarre), Deutsches Filmorchester Babelsberg
2015Lena Fauch – Du sollst nicht tötenMartin WeinhartZDF
2016Power to Change – Die EnergieRebellionCarl-A. FechnerfechnerMEDIAPrager Symphonieorchester, Eckart Gadow (Mitautor)
2017Spreewaldkrimi – Zwischen Tod und LebenKai WesselZDFDeutsches Filmorchester Babelsberg

Diskografie (Auswahl)

CDs

  • 1998: Liebe deine Nächste! – Motor Music/Boje Buck
  • 2004: Coronado – Jerktone Music
  • 2015: Pampa Blues – Score And More Music
  • 2017: Spreewaldkrimi – Die Filmmusiken – Alhambra Records
  • 2017: Spreewaldkrimi – Die Filmmusiken Vol. 2 – Zwischen Tod und Leben – Alhambra Records

DVDs

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. Dies ist der beste Fernsehkrimi des Jahres. Elmar Krekeler am 12. Mai 2014 auf welt.de. Abgerufen am 19. April 2018.
  2. Lodernder Wahnsinn. David Denk am 12. Mai 2014 auf süddeutsche.de. Abgerufen am 19. April 2018.
  3. Spreewaldkrimi – Mörderische Hitze. Tilmann P. Gangloff am 12. Mai 2014 auf fr-online.de. Abgerufen am 19. April 2018.
  4. Der Nebel bleibt undurchdringlich. Heike Hupertz am 13. November 2017 auf faz.net. Abgerufen am 19. April 2018.
  5. Deutscher Filmmusikpreis für "Tatort" und "Spreewaldkrimi" (Memento vom 27. Oktober 2018 im Internet Archive). Artikel vom 26. Oktober 2018, abgerufen am 27. Oktober 2018.
  6. Frauenpower beim Deutschen Filmmusikpreis. Artikel vom 26. Oktober 2018, abgerufen am 27. Oktober 2018.
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