Die Red Star Line (RSL) war eine belgisch-US-amerikanische Reederei mit Hauptsitz in Antwerpen, die von ihrer Gründung 1871 bis zu ihrer Auflösung 1935 operierte. Das Unternehmen betrieb einen Liniendienst auf dem Nordatlantik zwischen Europa und Nordamerika mit Philadelphia, später New York als Zielhäfen. Diese Reederei ist nicht zu verwechseln mit der im Jahr 1818 von Byrnes, Trimble & Co. aus New York gegründeten Red Star Line.

Geschichte

1872 wurde die Reederei als „Societé Anonyme de Navigation Belge-Americaine S.A.“ durch die US-Reederei International Navigation Company (INCo) mit Hauptsitz in Antwerpen gegründet. Die Reederei-Flagge zeigte einen Roten Stern auf weißen Grund, woraus sich später die Bezeichnung „Red Star Line“ ableitete. Als äußeres Erkennungszeichen waren die Schornsteine der Schiffe schwarz mit einem weißen Band. Die Schiffsnamen endeten alle auf „….land“.

Zu Beginn war Philadelphia der Endhafen in Nordamerika. Ab 1876 verlief die Linie von Antwerpen nach New York und 1904 wurde Dover der Route eingefügt. Die eingesetzten Schiffe waren anfangs noch recht klein, aber die 1883 in Dienst gestellte Westernland brauchte sich mit ihren 5736 BRT vor keinem zeitgenössischen Dampfer zu verstecken. Die 1889 gebaute Friesland hatte 7.116 BRT und die Schwesterschiffe Vaderland und Zeeland aus dem Jahr 1900 bzw. 1901 kamen auf 11.905 BRT.

1900 wurde die International Navigation Co., und damit auch die Red Star Line, durch den US-Bankier J. P. Morgan aufgekauft. 1904 wurde aus der INCo die „International Mercantile Marine Company“ (IMMC), zu der unter anderen auch die White Star Line oder die Atlantic Transport Line gehörten. Die Red Star Line blieb aber weiterhin bestehen. Mit mehr Geldmittel versehen ging der Ausbau der Flotte zügig voran: 1902 kamen die Finland und die Kroonland (je 12.760 BRT) in Fahrt und 1908 die Lapland mit 17.540 BRT.

Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, 1913, bestellte die Red Star Line die mit 27.132 BRT vermessene Belgenland, aber der Krieg verhinderte 1914 ihre planmäßige Indienststellung. Nach der Eroberung Belgiens durch Deutschland wurde die Belgenland von der Royal Navy als Truppentransporter requiriert. In dieser Zeit hieß sie Belgic und stand unter dem Management der White Star Line.

1915 ging die Muttergesellschaft IMMC in Konkurs und kam unter die Treuhänderschaft der US-Regierung.

Sicherheitsstreichhölzer der Red Star Line, frühes 20. Jahrhundert.

Nach dem Kriegsende wurde die IMMC in die staatlichen United States Lines umstrukturiert, und für ausländische Reedereien war da kein Platz mehr. Die Leyland Line hatte den europäischen Teil der IMMC übernommen und somit auch die Verantwortung für die Teilreedereien, darunter auch die Red Star Line. Die alten Liniendienste wurden wieder aufgenommen und die Belgenland konnte 1923 in Dienst gestellt werden.

Nach der Weltwirtschaftskrise wurde das Geschäft immer defizitärer. 1935 ging die Leyland Line in Konkurs und die Zukunft der Red Star Line stand auf der Kippe. Der deutsche Reeder und Geschäftsmann Arnold M. Bernstein kaufte die Linie im selben Jahr und strukturierte sie als „Red Star Linie G.m.b.H, Hamburg“ um. Bernstein war Jude und bekam im Deutschland der späten 1930er verstärkt Probleme. 1937 wurde er von den Nazis verhaftet und 1938 zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Freunde halfen Bernstein kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Er wurde freigekauft und konnte 1939 gegen Zahlung einer hohen Geldsumme in die USA übersiedeln. Die Red Star Line wurde 1939 aufgelöst und ihre Schiffe wurden verkauft oder verschrottet. Alle Verträge und Hafenregelungen wurden von der Holland-America Line (Rotterdam) übernommen.

Schiffe

JahrNameTonnageWerftStatus/Schicksal
1872Vaderland (I)2748 BRTPalmers Bros. & Co. Ltd., Jarrow1889 in Geographique umbenannt und nach Kollision gesunken
1873Nederland2839 BRTPalmers Bros. & Co. Ltd., Jarrow1906 außer Dienst
1874Switzerland2839 BRTPalmers Bros. & Co. Ltd., Jarrow1905 verkauft
1877 (1873)Rusland2595 BRTk. A. 1873: ex Kenilworth, American Line / 1877 an RSL / 1877 gesunken
1878 (1865)Zeeland (I)2866 BRTJ. & G. Thomson Ltd., Glasgow1865: ex Java, Cunard Line / 1878 an RSL / 1889 nach Frankreich verkauft
1879Rhynland3692 BRTBarrow Shipbuilding Co. Ltd., Barrows1906 außer Dienst
1879Belgenland (I)3692 BRTBarrow Shipbuilding Co. Ltd., Barrows1905 verkauft
1880 (1867)Waesland2960 BRTJ. & G. Thomson Ltd., Glasgow 1867: ex Russia, Cunard Line / 1880 an RSL / 1902 bei Anglesey gesunken
1882 (1870)Pennland (I)3428 BRTJ. & G. Thomson Ltd., Glasgow 1870: ex Algeria, Cunard Line / 1882 an RSL / 1903 außer Dienst
1882Conemaugh2328 BRTBartram & Sons1890 angekauft (ex Sacrobosco); 1904 vor Kap Hoorn verschollen
1883Westernland (I)5736 BRTLaird Bros. & Co. Ltd., Birkenhead1912 außer Dienst
1884Noordland5212 BRTLaird Bros. & Co. Ltd., Birkenhead1900 außer Dienst
1889Friesland7116 BRTJ. & G. Thomson Ltd., Glasgow1911 verkauft
1900Vaderland (II)11899 BRTJ. Brown & Co. Ltd., Clydebank 1917 torpediert und gesunken
1901Zeeland (II)11905 BRTJ. Brown & Co. Ltd., Clydebank1927 verkauft
1902Finland12760 BRTW. Cramp & Sons Ltd., New York1928 außer Dienst und Abbruch
1902Kroonland12760 BRTW. Cramp & Sons Ltd., New York1932 aufgelegt / 1934 Abbruch
1903Samland7913 BRTHarland & Wolff Ltd., Belfast1931 außer Dienst und Abbruch
1906 (1930)Traunstein2811 BRTClyde Shipbuilding & Engineering Co., Port Glasgowex Sharistan Frank C. Strick; 1939 an Robert Bornhofen verkauft; 1950 abgewrackt
1906 (1938)Gravenstein3522 BRTBurmeister & Wain, Kopenhagenex Tranquebar Det Ostasiatiske Kompagni; ex Hansa Dampfschiffreederei Visurgis; 1928 verkauft an Reederei Arnold Bernstein; 1939 zwangsverkauft an Horn-Linie; 1941 an Kriegsmarine, 1945 in Gotenhafen als Hafensperre versenkt
1907 (1938)Königstein9626 BRTHunter & Wigham Richardson, Newcastleex Arawa Shaw, Savill & Albion Steamship Company; 1939 verkauft; 1942 von U 135 versenkt
1908Lapland17540 BRTHarland & Wolff Ltd., Belfast1934 außer Dienst und Abbruch
1908 (1893)Gothland7755 BRTHarland & Wolff Ltd., Belfast 1893: ex Gothic, White Star Line / 1908 RSL / 1925 außer Dienst und Abbruch
1920Pennland (II)16322 BRTHarland & Wolff Ltd., Belfast1938 verkauft
1929Westernland (II)16313 BRTHarland & Wolff Ltd., Glasgow 1917: ex Regina, 1939 verkauft
1921 (1898)Poland6849 BRTFurness, Withy & Co., West Hartlepool 1905: ex Manitou, ATL / 1921 RSL / 1925 außer Dienst und Abbruch
1923Belgenland (II)27132 BRTHarland & Wolff Ltd., Belfast1934 verkauft

Migrationsmuseum Red Star Line

In den Lagerhallen in der Montevideostraat in Antwerpen waren die Überseepassagiere desinfiziert und medizinisch untersucht worden und dort war auch entschieden worden, wer die Reise nach den Vereinigten Staaten und Kanada antreten durfte. Im Jahr 2013 wurde dort das Red Star Line Museum als Migrationsmuseum eröffnet. In der ständigen Ausstellung wird die Emigration der Passagiere nach Nordamerika in Verbindung mit der Red Star Line angefangen bei einer Reiseagentur in Warschau über Bahnabteile, Schiffskabinen bis zur Ankunft auf Ellis Island und der Zukunft in den Vereinigten Staaten dargestellt. Dabei wird der lokale Aspekt der Stadt Antwerpen und ihres Hafens ebenso aufgegriffen wie die belgische und europäische Begleitgeschichte und die unterschiedlichen Auswanderungsmotive der Migranten (u. a. Antisemitismus, Armut, Nachreise zu Freunden und Familiennachzug).

Literatur

  • Arnold Bernstein: Von Breslau über Hamburg nach New York: Ein jüdischer Reeder. Convent Verlag, Hamburg / Bremerhaven 2001, ISBN 3-934613-18-7.
Commons: Red Star Line – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Die Vaderland auf Miramar Ship Index (englisch) eingesehen 19. Mai 2009 (Memento des Originals vom 7. September 2012 im Webarchiv archive.today)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. Red Star Line Museum. EUROM, abgerufen am 8. November 2019.
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