Richard Ferrand (* 1. Juli 1962 in Rodez, Frankreich) ist ein französischer Politiker (seit 2016 La République en Marche, zuvor Parti Socialiste). Er gehörte seit 2012 der Nationalversammlung an und war vom 12. September 2018 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Parlament im Juni 2022 ihr Präsident.

Politische Laufbahn

Ab 1980 war Richard Ferrand Mitglied der Parti socialiste. Sein erstes politisches Mandat übte er als Mitglied des Conseil général im Département Finistère zwischen 1998 und 2011 aus. Von 2010 an war er Vorsitzender der sozialistischen Gruppe im Conseil regional der Bretagne, in der er seit Jahrzehnten lebt. Von 1998 bis 2012 war Ferrand der Leiter der Mutuelles de Bretagne (Krankenversicherungsvereine der Bretagne).

Bei der Parlamentswahl 2012 wurde er in seinem Wahlbezirk im Finistère in die Nationalversammlung gewählt. Dort war er unter anderem Berichterstatter zu den von Wirtschaftsminister Emmanuel Macron vorgeschlagenen Gesetzen zur Liberalisierung (Loi Macron).

Er schloss sich als erster Abgeordneter der 2016 von Emmanuel Macron begründeten Bewegung En Marche (LaREM) an und wurde im Oktober 2016 deren Generalsekretär, woraufhin er seinen Gruppen-Vorsitz im Regionalrat der Bretagne ruhen ließ. Nach Macrons Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2017 trat er im Mai 2017 aus der Parti socialiste aus und organisierte die Kandidatur von En Marche für die Parlamentswahl im Juni 2017.

Ferrand war in der Regierung des neugewählten Präsidenten Macron ab Mai 2017 Wohnungsbauminister, musste aber nach Bekanntwerden der Vorwürfe wegen Günstlingswirtschaft nach einem Monat zurücktreten.

Ab Juni 2017 war er Fraktionsvorsitzender der LaREM in der Nationalversammlung. Das Amt übte er als einer der wenigen langjährig erfahrenen Politiker von REM zurückhaltend aus, sodass ihn Le Parisien „die traurige Gestalt der Macron-Ära“ nannte.

Am 12. September 2018 wurde er zum neuen Präsidenten der Nationalversammlung gewählt, was wegen der andauernden Ermittlungen gegen Ferrand für Kritik sorgte und Zweifel aufkommen ließ, ob der wegen unpopulärer Entscheidungen unter Druck stehende Macron damit ein Aufbruchssignal setzen könne.

Bei den Wahlen zur Nationalversammlung 2022 verlor Ferrand seinen Wahlkreis im zweiten Wahlgang knapp mit 49,13 % der abgegebenen gültigen Stimmen an die Kandidatin der Sozialistischen Partei, Mélanie Thomin, die für das Linksbündnis NUPES angetreten war, und schied damit aus dem Parlament aus. Er gehörte damit zu einer Reihe von Spitzenpolitikern der LREM, denen der Wiedereinzug ins Parlament nicht gelang.

Ermittlungen wegen Begünstigung

Im Mai 2017 machte die Wochenzeitschrift Le Canard enchaîné öffentlich, dass die Mutuelles de Bretagne, die Ferrand damals leitete, 2011 Räume von dessen Lebensgefährtin angemietet hatten, was zu strafrechtlichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Günstlingswirtschaft führte.

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Fußnoten

  1. Michaela Wiegel: Ein Hauch von Tristesse in Paris. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. September 2018; Ferrand neuer Parlamentspräsident. In: Heute.de, 12. September 2018
  2. Loris Boichot: Résultats législatives 2022 : Christophe Castaner battu dans les Alpes-de-Haute-Provence. In: lefigaro.fr. 19. Juni 2022, abgerufen am 22. Juni 2022 (französisch).
  3. Trois ministres et des ténors de la « macronie » vaincus dans les urnes. In: reuters.com. 19. Juni 2022, abgerufen am 22. Juni 2022 (französisch).
  4. Frankreichs Regierung stellt sich hinter Macron-Vertrauten. In: FAZ.net, 24. Mai 2017, abgerufen am 28. Mai 2017; Jean-Baptiste Jacquin, Anne Michel: Affaire Ferrand : le parquet de Brest ouvre une enquête préliminaire. In: Le Monde.fr. 1. Juni 2017, ISSN 1950-6244 (französisch, lemonde.fr [abgerufen am 1. Juni 2017]).
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