Richard Russell (* 26. November 1687 in Reading; † 21. Dezember 1759 in London) war ein britischer Arzt, der seine Patienten darin bestärkte, zu Therapiezwecken Meerwasser zu trinken und darin zu baden. Die noch heute praktizierte Thalassotherapie verzichtet allerdings weitestgehend auf das Meerwassertrinken.

Frühes Leben

Richard Russell war der Sohn von Nathaniel Russell, einem Chirurgen und Apotheker aus Lewes (Sussex), der einst Eigentümer von Ranscomb Manor in South Malling, nahe Lewes, war, und dessen Frau Mary. Er war das älteste von sieben Kindern, seine Geschwister waren Mary (* 1689), John (* 1691), Nathaniell (* 1694), Elizabeth (* 1695/1696), Hannah (* 1699), und Charity (* 1701). Bereits sein Großvater praktizierte als Arzt in Lewes.

Medizinische Karriere

Nachdem Russell zunächst bei seinem Vater erste medizinische Kenntnisse erworben hatte, vervollkommnete er diese in Leiden bei Herman Boerhaave, wo er am 22. Dezember 1724 mit einer Arbeit über die Epilepsie bei Kindern promoviert wurde.

Lewes

Russell begann dann 1725 in Lewes als Arzt zu praktizieren. (Aufzeichnungen belegen, dass Russell 1742 in Ditchling ein Gut von Thomas Godfrey, John Legas und Legas' Frau Judith erwarb. Zwischen 1758 und 1760 ging es auf Russells Sohn William Russell über, der den Nachnamen seiner Mutter "Kempe" annahm, und der es bis 1787 behielt. Danach gehörte es John Ingram und dann Charles James Ingram.)

Brighton

Um 1747 ging Russell nach Brighton, um dort seine Theorien über die medizinischen Eigenschaften von Meerwasser in die Praxis umzusetzen. Im Jahre 1750 veröffentlichte er seine in Latein verfasste Dissertation De Tabe Glandulari sui De Usu Aquae Marinae in Morbis Glandularum, in der er den Gebrauch von Meerwasser zur Heilung von vergrößerten Lymphknoten empfahl. Sie wurde 1752 wohl als Raubdruck durch den Londoner W. Owen unter dem Titel Glandular Diseases, or a Dissertation on the Use of Sea Water in the Affections of the Glands (Drüsenerkrankungen oder eine Dissertation über den Gebrauch von Meerwasser bei Drüsenleiden) ins Englische übersetzt. Russell empfahl insbesondere die Nutzung des Meerwassers nahe Brighton und erklärte, dass Kuren in Meerwasser denen in binnenländischen Badeorten überlegen seien. Seinen Ideen wurde in England und im Ausland weithin zugestimmt und obwohl über das Wie der Nutzung von Meerwasserkuren heftig diskutiert wurde, bestritten nur wenige ihren grundsätzlichen Wert. 1755 publizierte Russell sein zweites Werk zu akuten und chronischen Drüsenerkrankungen Oeconomia natura in morbis acutis et chronicis glandularum, das er nun selbst unter dem Titel The Economy of Nature in Acute and Chronical Diseases of the Glands ins Englische übersetzt und veröffentlicht hat.

Russells Anstrengungen zur Meerwassertherapie haben erheblich zur rasch wachsenden Popularität eines Urlaubs an der See in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts beigetragen, obwohl hierbei auch andere soziale Bewegungen eine Rolle spielten. Er selbst profitierte erheblich vom Erwerb des zuvor in öffentlicher Hand befindlichen, im Süden des Orts mit Blick zur See gelegenen Geländes Old Steine, auf dem er Brightons damals größtes Gebäude errichtete. Dieses Haus war Wohnung und Patientenunterkunft zugleich. Nach Russels Tod 1759 entwickelte sich Old Steine zum Zentrum des angesagten Badelebens in Brighton, indem es in der Saison an zumeist begüterte Seeurlauber vermietet wurde. So weilte hier der Bruder von George III., Prinz Henry, Duke of Cumberland and Strathearn, 1779. Am 7. September 1783 besuchte ihn dort der damalige Prinzregent und spätere König Georg IV. Dessen über 40 Jahre andauernde, kontinuierliche Förderung war entscheidend für den raschen Aufschwung der Stadt und ihre Verwandlung vom Fischerdorf Brighthelmston in das moderne Brighton.

Im Februar 1752 wurde Richard Russell zum Mitglied der Royal Society gewählt.

Heute steht anstelle von Russells Haus das Royal Albion Hotel. Eine schlichte Gedenktafel für Russell an einer Hauswand des Hotels erklärt lakonisch: "If you seek his monument, look around" (Wenn Du sein Denkmal suchst, sieh Dich einfach um.).

Bestattung

Richard Russell verstarb auf einer Reise in London und wurde in der Familiengruft in South Malling bestattet, einem kleinen, ehemals selbständigen Dorf mit einer dem Heiligen Michael gewidmeten Kirche und heutigen Ortsteil von Lewes. Er hinterließ drei Töchter und zwei Söhne, von denen keiner einen medizinischen Beruf ausübte.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 Vgl. die Webseite Historyscape zu Nathaniel Russell Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 6. Oktober 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. 1 2 3 4 5 6 7 L. F. Salzman (Hrsg.): The borough of Brighton', A History of the County of Sussex (1940). in: British History Online. Volume 7: The rape of Lewes, S. 244–263 Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 6. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  3. Das britische Wörterbuch der Nationalbiografie (Dictionary of National Biography (DNB)) stellt fest, dass Richard Russell in Reading geboren wurde und dort auch am 5. Juli 1771 starb. Als Quelle wird das Gentleman's Magazine (Gent. Mag.) 1771, S. 335, angegeben. Dieses Datum weicht erheblich von dem von Salzmann zitierten ab, der als Quelle ebenfalls das Gentleman's Magazine, allerdings von 1759, S. 606, angibt. Salzmann weist darauf hin, dass es einen weiteren Richard Russell gibt, der als promovierter Arzt in Reims lebte. Die DNB führt an, dass der Richard Russell dieses Artikels am 7. Januar 1738 promoviert haben soll. Salzmann geht davon aus, dass die DNB die beiden Doktoren anscheinend verwechselt hat. Damit liegen ein deutlicher Widerspruch beim Todesdatum und dem Ort seiner Bestattung sowie auch unterschiedliche Angaben für den Ort von Russells Promotion und ärztlicher Praxis vor. Soweit solche Widersprüche vorhanden sind, erscheinen Salzmanns Informationen verlässlicher. Diese entsprechen auch den Angaben der Königlichen Gesellschaft für Medizin von 1974 zur Biografie Richard Russells PMC 1645547 (freier Volltext).
  4. L. F. Salzman (Hrsg.): Parishes: Ditchling', A History of the County of Sussex (1940). British History Online. Band 7: The rape of Lewes. S. 102–109 Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 6. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  5. 1 2 3 4 5 6 Fred Gray: Designing the Seaside: Architecture, Society and Nature. London 2006, Reaktion Books. ISBN 1-86189-274-8
  6. Richard Russell: A Dissertation on the Use of Sea Water in the Diseases of the Glands. Particularly The Scurvy, Jaundice, King's-Evil, Leprosy, and the Glandular Consumption. London 1860, 4. Auflage. Der Promotionsschrift ist eine Übersetzung von Dr. Speeds Anmerkungen zu Meerwasser wie auch ein Beitrag Zu Natur, den Eigenschaften und dem Gebrauch aller bemerkenswerten Mineralwasser in Großbritannien beigefügt. Der vollständige Text ist Google Books verfügbar
  7. Eintrag zu Russell; Richard (1687 - 1759) im Archiv der Royal Society, London
  8. 1 2 Jennifer Drury: Dr Richard Russell's house was in the Old Steine. My Brighton and Hove, 2006.
  • Doctor Brighton: Richard Russell and the sea water cure. In: J. Med. Biogr. 3(1), 1995, S. 30–33, PMID 11640004
  • Mitteilungen der Königlichen Gesellschaft für Medizin von 1974 mit einer Biografie und einem Porträt von Richard Russell, PMC 1645547 (freier Volltext) abgerufen am 5. Januar 2014
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