Als Ritterkanton Hegau-Allgäu-Bodensee oder Hegauische Ritterschaft wird ein korporativer Zusammenschluss ritterlicher Adelsfamilien in den süddeutschen Regionen nördlich des Bodensees bezeichnet. Seit dem hohen Mittelalter waren sie als Dienstmannen verschiedener Reichsfürsten in die Ministerialität aufgestiegen. Anders als viele ihrer niederadligen Standesgenossen konnten sie sich aus der Landstandschaft lösen; bis zur Mediatisierung der Ritterschaft hatten sie die Lehensherrschaft über zahlreiche Ortschaften und Güter im inne. Als Reichsritter waren sie reichsunmittelbar, hatten aber nicht die Reichsstandschaft, d. h., sie waren nicht auf dem Reichstag vertreten.

Die reichsritterschaftlichen Territorien und damit auch der Ritterkanton Hegau-Allgäu-Bodensee wurden im Zuge der Mediatisierung am Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 aufgelöst; die Landeshoheit ging an Baden, Württemberg und Bayern über, die Reichsritter wurden dem landständischen Adel gleichgestellt.

Administrative Zugehörigkeit, Untergliederung, Sitze

Die freie Reichsritterschaft in Südwestdeutschland gliederte sich seit dem 16. Jahrhundert – analog zu den Reichskreisen – in einen rheinischen, fränkischen und schwäbischen Ritterkreis, der sich wiederum aus verschiedenen Kantonen zusammensetzte. Der Schwäbische Ritterkreis untergliederte sich in die Kantone Donau, Hegau-Allgäu-Bodensee, Neckar-Schwarzwald, Kocher und Kraichgau.

Da die zusammengeschlossenen Adligen überwiegend in regionalen Zusammenhängen Politik machten, heirateten, Besitz besaßen etc. war der Kanton die weitaus wichtigste Ebene in der Organisation der Reichsritterschaft. Der Ritterkanton Hegau-Allgäu-Bodensee gehörte zum Schwäbischen Ritterkreis. Seine Entstehung im 15. Jahrhundert steht möglicherweise im Zusammenhang mit dem loseren Zusammenschluss schwäbischer Adliger im St. Jörgenschild. Der Ritterkanton hatte zwei Bezirke oder Quartiere:

1. Quartier Hegau mit Sitz im Ritterschaftshaus (heute Amtsgericht) zu Radolfzell. Hier war zugleich der Sitz des Kantonsdirektoriums und des Kantonshauptmanns.

2. Quartier Allgäu-Bodensee mit Sitz und Kanzlei in Wangen im Allgäu.

Besonderheiten, Geschichte

Eine Besonderheit dieses Ritterkantons innerhalb Schwabens scheint das Festhalten der vertretenen Familien an der katholischen Konfession zu sein, was durch die Nähe der habsburgischen (oberösterreichischen) Territorien und die somit „natürliche“ Anlehnung an Wien erklärt werden könnte. Dadurch konnten nachgeborene Kinder geistliche Karrieren in den zahlreichen geistlichen Stiften der Region wie Augsburg, Konstanz und Kempten einschlagen.

Im Hegauer Krieg trafen 1441 der Schwäbische Städtebund und die Hegauer Ritterschaft aufeinander.

Im Schweizerkrieg stand die Hegauer Ritterschaft in vorderster Front gegen die Eidgenossen.

Im Deutschen Bauernkrieg kämpften die Ritter des Kantons gegen die Oberschwäbischen und Allgäuer Bauernhaufen.

Adelsfamilien, die dem Ritterkanton angehörten

Literatur

  • Franz Werner Ruch: Die Verfassung des Kantons Hegau-Allgäu-Bodensee der unmittelbaren freien Reichsritterschaft. Mainz, ARTA-Werbedruck in Konstanz, 1955. (Mainz, Jur. F., Diss. v. 30. März 1955)
  • Herbert Berner: Die Landgrafschaft Nellenburg und die Reichsritterschaft des Kantons Hegau-Bodensee. In: Hegau. Jahrbuch 19/1965, S. 57–86. PDF
  • Wilfried Danner: Die Reichsritterschaft im Ritterkantonsbezirk Hegau in der zweiten Hälfte des 17. und im 18. Jahrhundert – sozialgeschichtliche Untersuchungen über die Reichsritterschaft im Hegau auf Grund von Familienakten der Freiherren von Bodman, der Freiherren von Hornstein und der Freiherren von Reischach. In: Hegau. Jahrbuch 27–28/1970–71, S. 7–105 PDF
  • Wilfried Danner: Studien zur Sozialgeschichte einer Reichsritterschaft in den Jahren der Mediatisierung – Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Stellung der Reichsfreiherren von und zu Bodman 1795-1825. In: Hegau. Jahrbuch 29–30/1972–73, S. 91–128 PDF
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