Romeo und Julia auf dem Dorfe gehört zu den bekanntesten Erzählungen aus dem Novellenzyklus Die Leute von Seldwyla von Gottfried Keller. Wie die meisten Werke des Schweizer Dichters hat sie eine lange Entstehungszeit: 1847 konzipiert, 1855/56 ausgearbeitet und veröffentlicht, erreichte sie erst 1875 ihre endgültige Textgestalt. Der Titel verweist auf Shakespeares Romeo und Julia und kündigt eine Adaption des berühmten Stoffes an. Der Autor verlegt dazu den Schauplatz der tragischen Liebesgeschichte in seine Gegenwart und in ein Dorf seiner Heimat: Zwei junge Leute, Sohn und Tochter wohlhabender Bauern, lieben sich trotz der erbitterten Feindschaft ihrer Väter. Nachdem diese Feindschaft den Ruin beider Familien herbeigeführt und die Aussicht der Kinder auf eine gemeinsame Zukunft zerstört hat, sieht das Paar keinen anderen Ausweg, als gemeinsam in den Tod zu gehen.

Die Novelle gilt als exemplarisch für die Stilrichtung des poetischen Realismus. Sie gehört zum Kanon der deutschsprachigen Literatur, ist in zahlreichen Ausgaben verbreitete Schullektüre und wurde mehrfach illustriert, musikalisch bearbeitet und verfilmt.

Inhalt

An einem Septembermorgen pflügen die Bauern Manz und Marti bedächtig ihre Äcker. Sie liegen auf einem Hügel über dem Fluss, der an Seldwyla vorbeizieht, und sind nur von einer mit Steinen und hohem Unkraut bedeckten Fläche getrennt. Als die Sonne höher steigt, bringen zwei Kinder, Manz’ kleiner Sohn, sieben, und Martis Töchterchen, fünf, ihnen einen Imbiss. Die Väter, gute Nachbarn, nehmen ihn gemeinsam ein und unterhalten sich dabei über das verwilderte Stück Land zwischen ihren Äckern. Es hat einem Dorfbewohner gehört, der längst verstorben ist. Solange dessen Nachkommen nicht gefunden sind, bietet die Seldwyler Behörde es den Nachbarn zur Pacht an. Das kommt für sie nicht in Frage, da sie es kaufen wollen und die Wiederherstellung des Ackers nur den Preis hinauftreiben würde. Doch die Seldwyler, auf Zinsen erpicht, zögern mit dem Verkauf und reden sich auf die ungeklärten Erbschaftsverhältnisse hinaus.

Zwar gibt es da einen Heimatlosen, der unter Kesselflickern, Pechsiedern und anderem fahrenden Volk in den Wäldern lebt und sich als Musikant bei Dorffesten gelegentlich ein Zubrot verdient. Man nennt ihn den schwarzen Geiger. Manz und Marti könnten beschwören, dass er der Enkel des Verstorbenen ist, weil er ihm wie aus dem Gesicht geschnitten gleicht. Das aber, sind sie sich einig, wäre eine Dummheit. Denn der Geiger besitzt keinen Taufschein, und solange ihm niemand seine Abstammung bezeugt, kann er weder seine Erbschaft antreten, noch muss die Gemeinde ihm Heimatrecht im Dorf gewähren und Armenunterstützung zahlen. Während die Kinder zwischen Steinen, Disteln und späten Mohnblumen spielen und ein Schläfchen halten, setzen die Väter ihr Tagwerk fort. Zum Abschluss pflügt sich jeder von der verwilderten Fläche stillschweigend noch eine tüchtige Furche herunter.

Es kam eine Ernte um die andere, und jede sah die Kinder größer und schöner und den herrenlosen Acker schmäler zwischen seinen breitgewordenen Nachbaren. Manz’ Sali hält sich jetzt zu den Buben, Martis Vrenchen zu den Mädchen, doch wenn auf ihrem alten Spielplatz das Unkraut ausgerissen und verbrannt wird, sie sind mit dabei, und es ist das jedes Mal ein Fest für sie. Endlich gibt die Behörde den Acker zur Versteigerung frei. Es finden sich nur zwei Bieter, die beiden Nachbarn. Manz erhält den Zuschlag und verlangt von Marti sofort den Flicken Erde zurück, den dieser sich zuletzt durch schiefes Pflügen angeeignet hat. Als Marti darauf nicht eingeht, lässt Manz die Feldsteine, die beide jahrelang auf dem mittleren Acker geworfen haben, einsammeln und zu einem großen Haufen aufschichten, genau über dem strittigen Dreieck. Marti geht vor Gericht, und von diesem Tage an lagen die zwei Bauern im Prozess miteinander und ruhten nicht, ehe sie beide zugrunde gerichtet waren.

Der Prozess macht aus den angesehenen Männern, die kein unnötiges Wort redeten und keinen Pfennig zu viel ausgaben, Prahler und Verschwender, die in Wirtshäusern eine Meute falscher Ratgeber – Seldwyler Advokaten und Spekulanten – bei Laune halten und in ständiger Geldnot auf jeden Lotterieschwindel hereinfallen. Niemand nimmt sie mehr ernst. Sie lassen ihre blühende Landwirtschaft verkommen und tyrannisieren Gesinde und Familie. Je tiefer beide ihr Unglück empfinden, desto höher lodert ihr Hass: Sie spieen aus, wenn sie sich nur von weitem sahen; kein Glied ihres Hauses durfte mit Frau, Kind oder Gesinde des andern ein Wort sprechen, bei Vermeidung der gröbsten Misshandlung. Die glückliche Kindheit Salis und Vrenchens ist dahin. Vrenchen, kaum 14, verliert die Mutter, die von Kummer krank wird und stirbt. Salis Mutter fügt sich ihrem Mann und wirtschaftet den Hof vollends herunter. Er kommt unter den Hammer.

Für den Erlös lässt Manz sich von den Seldwylern eine elende Schänke aufschwatzen und zieht in die Stadt. Anfangs kommen noch neugierige Seldwyler, aber nur, um sich über den ungeschickten Wirt und die komische Wirtin lustig zu machen. Sali, der Sohn, aber ging hinaus in die dunkle Küche, setzte sich auf den Herd und weinte über Vater und Mutter.

Als die Gäste ausbleiben, kehren Müßiggang und Mangel ein. Sali, inzwischen 19, stellt sich mit seinem Vater zu den erwerbslosen Seldwylern an den Fluss, um mit Angeln den Speisezettel aufzubessern und die Zeit totzuschlagen. Eines Tags bei schwülem Wetter suchen sie flussaufwärts nach einem guten Fischplatz. Auf halbem Weg zwischen Stadt und Heimatdorf kommt ihnen Marti entgegen, auch er getrieben von Not und Langeweile. Vrenchen muss ihm das Angelzeug nachtragen.

Während ein Gewitter losbricht, beginnen die alten Männer sich zu beschimpfen. Es folgen Schläge und ein Ringkampf auf schmalem Steg, bei dem einer den anderen ins Wasser zu stoßen versucht. Mit großer Anstrengung gelingt es Sali und Vrenchen, sie zu trennen. Dabei kommen sie sich erstmals seit der Kindheit wieder nah. Ihre Hände berühren sich, und als sie ihm unter Tränen flüchtig zulächelt, erstaunt er über ihre Schönheit.

Auf dem Heimweg fühlt er sich tief beglückt und tags darauf hört und sieht er nichts mehr vom erbärmlichen Zank der Eltern. Er versucht, sich Vrenchens Gesicht vorzustellen, und als das misslingt, wandert er hinaus ins Dorf, um es zu sehen. Unterwegs begegnet ihm Marti, der ihm böse Blicke zuwirft, es aber eilig hat, in die Stadt zu kommen. Sali findet Vrenchen unter der Tür ihres halbverfallenen Elternhauses. Aus Furcht vor der Rückkehr des Alten und den dörflichen Aufpassern verabreden sie sich bei den Äckern, wo sie einst als Kinder spielten. Unbemerkt gelangen sie dorthin und schlendern den Hügel hinab zum Fluss, in dem sich die weißen Wolken des Julihimmels spiegeln; dann wieder hügelauf, glückselig Hand in Hand, ohne viel zu sprechen.

Plötzlich geht vor ihnen ein Mann in rußgeschwärzten Kleidern und mit schwarzem Gesicht. Sie erkennen ihn an der Geige, die er unter dem Arm trägt, und folgen ihm wie gebannt zu dem Steinhaufen, der nun feuerrot vom blühenden Mohn überwachsen ist. Der schwarze Geiger schwingt sich hinauf und redet sie an: „Ich kenne euch, ihr seid die Kinder derer, die mir den Boden hier gestohlen haben!“ Sie hören nun zum ersten Mal vom Unrecht, das ihre Väter begangen haben, und lassen betrübt die Köpfe hängen. Aber nur kurze Zeit; denn kaum ist der Mann seines Weges gegangen – ohne ihnen Vergeltung anzudrohen oder sonst böse Worte zu geben –, muss Vrenchen über sein groteskes Aussehen lachen. Lachend legen sie sich ins hohe Korn, tauschen Küsse, hören den Lerchen zu und führen verliebte Gespräche. Vrenchen windet sich einen Kranz aus Mohnblumen und setzt ihn auf.

Mittlerweile hat Marti Verdacht geschöpft, ist umgekehrt und ihnen nachgeschlichen. Als sie aus ihrem Versteck treten, stürzt er sich tobend auf seine Tochter, schlägt ihr den Kranz herunter und reißt sie an den Haaren mit sich fort. Da ergreift Sali halb in Angst um Vrenchen und halb im Jähzorn einen Stein und schlägt ihm damit auf den Kopf. Der Alte fällt, liegt bewusstlos, atmet aber noch. Verzweifelt versprechen die beiden einander, nichts von dem Vorfall zu verraten, und trennen sich. Marti erwacht zwar wieder, entsinnt sich aber nur dunkel an das Vorgefallene und so, als sei ihm etwas Lustiges zugestoßen. Vrenchen pflegt ihn wochenlang und bringt ihn wieder auf die Beine. Doch er bleibt geistig verwirrt, ein harmlos-fröhlicher Narr, den die Behörde auf öffentliche Kosten in eine Anstalt einweist. Als Vrenchen ihn dort abliefert, ist sein letzter Besitz bereits verkauft. Zur Nacht kehrt sie unter ein Dach zurück, das ihr nicht mehr gehört.

Dort tritt Sali zu ihr herein, von Sehnsucht und Sorge getrieben. Auch ihm ist sein Zuhause verleidet: Seine Eltern gewähren jetzt Dieben Unterschlupf und sind zu Hehlern geworden; sein Vater freut sich kindisch über Martis Unglück. Was nun werden solle, fragt Sali. Selbst wenn es die Armut nicht gäbe, meint Vrenchen, wäre Salis Tat ein schlechter Grundstein für die Ehe. So hätten sie keine Wahl, als getrennte Wege zu gehen, sie als Dienstmagd, er als Knecht oder Soldat. Eng aneinandergeschmiegt schlafen sie ein und verbringen die Nacht ruhig wie zwei Kinder in einer Wiege. Am Morgen, nachdem sie sich ihre Träume erzählt haben, sind sie wieder guten Muts. Vrenchen wünscht sich, mit Sali vor der Trennung noch einen einzigen schönen Tag zu verbringen, am liebsten beim Tanz, wie auf ihrer Hochzeit, von der sie geträumt hat. Zwar, fällt ihr ein, hat sie dafür keine Schuhe mehr. Aber Sali verspricht, ihr welche zu besorgen, nimmt Maß und eilt in die Stadt. Um etwas Geld zu haben, verkauft er die silberne Taschenuhr, die ihm aus besseren Tagen geblieben ist.

Am nächsten Tag holt er Vrenchen ab, unbekümmert um Leute und Gerede. Es ist ein schöner Sonntag im September und die beiden wandern über Land nach einem Dorf, wo Kirchweih ist und getanzt wird. Da sie ein hübsches Paar vorstellen und so gut gekleidet sind, als die Armut es erlaubt, begegnet man ihnen unterwegs mit Achtung. Beim Mittagsmahl hält eine freundliche Wirtin sie sogar für ein Brautpaar auf dem Weg zur Trauung. Sie widersprechen nicht, wandern weiter und je näher sie dem Festplatz kommen, desto mehr fühlen sie sich als Braut und Bräutigam. Auf dem Kirchweihmarkt kauft er ihr ein Lebkuchenhaus mit poetischen Sprüchen; sie ihm ein ebensolches Lebkuchenherz. „Ach,“ seufzte Vrenchen, „du schenkst mir ein Haus! Ich habe dir auch eines und erst das wahre geschenkt; denn unser Herz ist jetzt unser Haus“. Heimlich kauft jedes fürs andere noch ein billiges Ringlein, als Andenken beim Abschied.

Da Festbesucher aus dem Heimatdorf sie erkannt haben und zu tuscheln beginnen, meiden sie den Tanzboden des reichen Dorfgasthofs und suchen eine abgelegene Wirtschaft auf, das Paradiesgärtlein, wo sich arme Leute und fahrendes Volk vergnügen. Dort begrüßt sie der schwarze Geiger als alte Bekannte: „Ich habe doch gewusst, dass ich euch noch einmal aufspielen werde. So macht euch nur recht lustig, ihr Schätzchen!“ Sie mischen sich unter die Tanzenden. Der Mond geht auf und beleuchtet das seltsame Fest der Heimatlosen. Schwermut ergreift Vrenchen, als das Gespräch wieder auf die bevorstehende Trennung kommt. Da tritt der schwarze Geiger zu ihnen und lädt sie ein, sich den Heimatlosen anzuschließen und ihr ungebundenes Leben in den Bergen zu teilen: „da brauchet ihr keinen Pfarrer, kein Geld, keine Schriften, keine Ehre, kein Bett, nichts als euren guten Willen“. Als Sali Wein und Essen spendiert, wird die Stimmung ausgelassen. Die Gäste veranstalten mit dem Paar eine possenhafte Trauung. Nach Mitternacht führt der schwarze Geiger die trunkene, singende und tanzende Gesellschaft über die nächtlichen Felder in Richtung Wälder. Sali und Vrenchen lassen sich mitreißen, und als es durch ihr Heimatdorf, an ihren verlorenen Vaterhäusern vorbei geht, ergriff sie eine schmerzhaft wilde Laune und sie tanzten mit den andern um die Wette hinter dem Geiger her, küssten sich, lachten und weinten.

Auf dem Hügel aber, bei den drei Äckern, bleiben sie hinter dem tollen Zug zurück und warten, bis Musik und Gelächter in der Ferne verklingen. „Diesen sind wir entflohen,“ sagte Sali, „aber wie entfliehen wir uns selbst?“ Unten rauscht leise der Fluss. Sie tauschen nun die Ringe, die sie heimlich gekauft haben. Doch den Gedanken an Trennung und lange Entbehrung, samt der Gefahr des Verlierens und Untreuwerdens, kann nun keines mehr ertragen. So beschließen sie, einander auf der Stelle anzugehören und danach ins Wasser zu gehen. Sie laufen zum Fluss hinunter. Am Ufer liegt ein mit Heu beladenes Schiff. Dieses wählen sie zu ihrem Hochzeitsbett, klettern hinauf und machen es los. Der untergehende Mond, rot wie Gold, legte eine glänzende Bahn den Strom hinauf, und auf dieser kam das Schiff langsam überquer gefahren. Als es sich der Stadt näherte, glitten im Frost des Herbstmorgens zwei bleiche Gestalten, die sich fest umwanden, von der dunklen Masse herunter in die kalten Fluten. Am nächsten Tag findet man an einer Brücke das verlassene Heuschiff und wenig später, weiter flussabwärts, die beiden Leichen.

Hintergrund und Entstehung

Anfang September 1847 las der 28-jährige Keller, der sich in Zürich als politischer Lyriker und Parteigänger des radikalen Liberalismus einen Namen gemacht hatte, in einem konservativen Blatt folgende Meldung:

Sachsen. – Im Dorfe Altsellerhausen, bei Leipzig, liebten sich ein Jüngling von 19 Jahren und ein Mädchen von 17 Jahren, beide Kinder armer Leute, die aber in einer tödtlichen Feindschaft lebten, und nicht in eine Vereinigung des Paares willigen wollten. Am 15. August begaben sich die Verliebten in eine Wirthschaft, wo sich arme Leute vergnügten, tanzten daselbst bis Nachts 1 Uhr, und entfernten sich hierauf. Am Morgen fand man die Leichen beider Liebenden auf dem Felde liegen; sie hatten sich durch den Kopf geschossen.

Drei Wochen später notierte sich der Dichter in seinem Traumbuch einen szenischen Einfall:

Zwei stattliche, sonnengebräunte Bauern pflügen mit starken Ochsen auf zwei Äckern, zwischen welchen ein dritter großer brach und verwildert liegt. Während sie die Pflugschar wenden, sprechen sie über den mittleren schönen Acker, wie er nun schon so manches Jahr brach liege, weil der verwahrloste Erbe desselben sich unstät in der Welt herumtreibe. Frommes und tiefes Bedauern der beiden Männer, welche wieder an die Arbeit gehen und jeder von seiner Seite her der ganzen Länge nach einige Furchen dem verwaisten Acker abpflügt. Indem die Ochsen die Pflüge langsam und still weiterziehen und die beiden Züge hüben und drüben sich begegnen, setzen die beiden Bauern eintönig ihr Gespräch fort über den bösen Weltlauf, führen dabei mit fester Hand den Pflug und tun jeder, als ob er den Frevel des andern nicht bemerkte. Die Sonne steht einsam und heiß am Himmel.

Die Skizze, noch ohne Titel und scheinbar ohne Bezug zur Zeitungsmeldung, lässt bereits die Neuerung erkennen, durch die Romeo und Julia auf dem Dorfe sich von der klassischen Bearbeitung des Stoffes unterscheidet. Während Shakespeare offenlässt, warum seine Montagues und Capulets sich blutig befehden, sucht Keller nach dem Grund der tödlichen Feindschaft und findet ihn im gemeinsam begangenen Unrecht der Familienväter. Er rückt dieses sofort ins helle Licht und macht es zum Motor der Handlung. In deren Vollzug geht nach Walter Benjamin „aus dem gebrochenen Eigentumsrechte an einem Acker ein vernichtendes Schicksal hervor.“ Der traumartige Einfall, den Frevel ins Idyll geruhsam pflügender Bauern einzubetten, lieferte dem Dichter zugleich die „seltsame, unerhörte Begebenheit“, die der Erzählung den Novellencharakter verleiht.

Kellers Versuch, den Stoff in die Form einer Versnovelle zu bringen (siehe Textbox), gedieh 1849 nicht über sieben Strophen hinaus. Erst im Sommer 1855, nach der Vollendung des Grünen Heinrich, glückte ihm die Ausführung in Prosa. In den Jahren dazwischen hatte er sich in einer Reihe von Rezensionen mit der Gattung der Dorfgeschichte und besonders mit Erzählwerken seines Landsmannes Jeremias Gotthelf auseinandergesetzt.

Das literarisch-sozialkritische Programm der Novelle

Im Unterschied zu den anderen Seldwyler-Novellen wird Romeo und Julia auf dem Dorfe von Bemerkungen über Sinn und Zweck der Erzählung eingerahmt. Eine Vorbemerkung rechtfertigt die Titel-Anleihe bei Shakespeare, eine Nachbemerkung kehrt die sozialkritische Schärfe der Erzählung hervor.

Die Vorbemerkung

Diese Geschichte zu erzählen würde eine müßige Nachahmung sein, wenn sie nicht auf einem wirklichen Vorfall beruhte, zum Beweise, wie tief im Menschenleben jede jener Fabeln wurzelt, auf welche die großen alten Werke gebaut sind. Die Zahl solcher Fabeln ist mäßig; aber stets treten sie in neuem Gewande wieder in die Erscheinung und zwingen alsdann die Hand, sie festzuhalten.

Was das Romeo-und-Julia-Schicksal von Sali und Vrenchen erzählenswert macht, ist, dass es auf einem wirklichen Vorfall „beruht“. Das Wort ist mit Bedacht gewählt, es versichert die Wahrheit der Geschichte im Ganzen, bürgt aber nicht für die Faktizität im Einzelnen. Tatsächlich wurde auf dem Weg von der Zeitungsnachricht zur Novelle vieles ergänzt und umgedichtet, besonders die Umstände des Freitods. Erhalten blieb das soziale Milieu: die Tragödie ereignet sich auf dem Dorfe, die Toten sind Kinder verarmter Landleute, während sie bei Shakespeare – diese Kenntnis setzt Keller bei der Leserschaft voraus – zur reichen städtischen Oberschicht gehören.

Nach Ansicht des Erzählers hat der „wirkliche Vorfall“ etwas bewiesen, nämlich dass die „Fabeln“, die den großen alten Werken zugrunde liegen, keine bloßen Produkte poetischer Erfindung sind, dass sie von den Dichtern vielmehr im realen Menschenleben vorgefunden, entdeckt werden. Ihre Zahl sei „mäßig“ – nicht übermäßig viele Werke werden groß und alt –, doch ereigneten sie sich in unterschiedlicher Verkleidung immer wieder neu; zu ergänzen: bald im Kostüm junger Edelleute, bald im Gewande der Dorfarmut.

Welches Gewicht Keller seiner Bemerkung beimaß und dass er mit ihr eine programmatische Selbstverpflichtung aussprach, folgt aus dem abschließenden und zwingen alsdann die Hand, sie festzuhalten. Er fügte diesen Halbsatz erst 1875 ein, nachdem er wiederholt den Rat zurückgewiesen hatte, die Einleitung samt Hinweis auf den wirklichen Vorfall ersatzlos zu streichen. Der Fall der beiden Jugendlichen, Kinder armer Leute, die lieber starben, als sich trennen zu lassen, erschien ihm der Erinnerung wert und umso denkwürdiger, als sich darin eine klassische Tragödienhandlung wiederholte. So sah er sich gedrängt („zwingen die Hand“), das Andenken des Liebespaares festzuhalten.

Die Nachbemerkung

In der endgültigen Fassung lautet die Nachbemerkung:

Als man später unterhalb der Stadt die Leichen fand und ihre Herkunft ausgemittelt hatte, war in den Zeitungen zu lesen, zwei junge Leute, die Kinder zweier blutarmen [bitter armen] zu Grund gegangenen Familien, welche in unversöhnlicher Feindschaft lebten, hätten im Wasser den Tod gesucht, nachdem sie einen ganzen Nachmittag herzlich miteinander getanzt und sich belustigt auf der Kirchweih. Es sei dies Ereignis vermutlich in Verbindung zu bringen mit einem Heuschiff aus jener Gegend, welches ohne Schiffsleute in der Stadt gelandet sei, und man nehme an, die jungen Leute haben das Schiff entwendet, um darauf ihre verzweifelte und gottverlassene Hochzeit zu halten, abermals ein Zeichen von der um sich greifenden Entsittlichung und Verwilderung der Leidenschaften.

Die fiktive Seldwyler Pressestimme fällt nach einigen mitleidigen Worten in den Ton sittlicher Entrüstung, eine Haltung, „deren Anspruch und Geltung von der Erzählung widerlegt wird.“ Indem der Erzähler es dem Zeitungsschreiber überlässt, sich selbst der Verständnislosigkeit zu überführen, schließt die Novelle nach Kellers Worten „malitiös und ironisch“, oder, nach Friedrich Theodor Vischers Worten, mit einer „Degenparade gegen die Philister“.

Diese polemische Spitze war das Ergebnis eines Schnittes; denn im Erstdruck von 1856 (siehe Textbox) folgten noch zwei längere Absätze. Zum Punkt Entsittlichung erklärte der Autor, Zweck der Erzählung sei nicht, die Tat zu beschönigen und zu verherrlichen, und knüpfte daran ein Lob auf die Kraft ausdauernder Treue und stiller Arbeit, die vielleicht noch alles möglich gemacht hätte. Zum Punkt Verwilderung der Leidenschaften aber bemerkte er kühn, allein das niedere Volk habe wenigstens die Fähigkeit des Sterbens für eine Herzenssache aufbewahrt, daß sie zum Troste der Romanzendichter nicht aus der Welt verschwindet. Daran schloss sich noch eine Satire auf die Art, sich zu verloben und gleich wieder öffentlich zu entloben, wie sie unter den gebildeten Ständen von heute Mode sei. Die Novelle endigte so mit einer Burleske, ähnlich wie bei antiken Theaterfestspielen auf die Tragödien noch ein Satyrspiel folgte.

Dieser Schluss erregte bei vielen Lesern Anstoß, und Keller versprach „reumütig“, ihn bei nächster Gelegenheit wegzulassen. Als 1871 Paul Heyse Romeo und Julia auf dem Dorfe dem Deutschen Novellenschatz einverleibte, stellte Keller ihm frei, die Nachbemerkung zu kürzen, worauf Heyse auch den fiktiven Zeitungsbericht strich. Wenig später, anlässlich der Neuausgabe der Leute von Seldwyla, fügte Keller ihn jedoch wieder ein.

Kritische Stellungnahmen

Zeitgenossen Kellers

Mehrere Schriftstellerkollegen Kellers erkannten Romeo und Julia auf dem Dorfe als Werk von Rang: Berthold Auerbach nannte die Novelle „ein erweitertes Volkslied“, was hohem Lob gleichkam; Theodor Fontane schrieb von einer „wundervollen Erzählung“; Otto Ludwig pries die dramatische Steigerung bis hin zum schmerzlich-schönen Ende als ganz im Sinne Shakespeares; Heyse prägte 1877 auf Keller gar das Wort vom „Shakespeare der Novelle“. Doch unter die Bewunderung mischten sich auch künstlerische Bedenken: Auerbach hielt den Titel und die Einleitung für verfehlt; Ludwig fand die Armut unpoetisch; Fontane sah das Werk in zwei stilistisch unvereinbare Hälften auseinanderfallen, die realistische Geschichte vom Niedergang der beiden Bauern und die romantische von Liebe und Tod ihrer Kinder; Heyse, der sich selbst als unpolitisch verstand, machte mit seiner Streichung deutlich, dass ihm die Schlussbemerkung Kellers als entbehrliches Überbleibsel vormärzlicher Tendenzliteratur vorkam.

Literaturkritik nach Keller

Als sich der Ruhm der „unvergänglichen Novelle“ (Benjamin 1927) in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausbreitete, stießen solche Bedenken auf Unverständnis. Dafür setzte sich die Einsicht durch, dass „Keller mit der Bauerngeschichte […] die außerordentliche Tiefe und die überzeugende Notwendigkeit der Liebe zwischen Sali und Vrenchen begründet.“ Das Nebeneinander der beiden Handlungsstränge fand so eine Erklärung, wurde nicht länger als Stilbruch, sondern als ergänzendes Miteinander aufgefasst, ihre Verflechtung forderte den Zusammenklang von streitbar-harten und innig-zarten Erzähltönen – man konstatierte die „Polyphonie des Kellerschen Erzählens“. Auch der Befund von Stiluntersuchungen, wonach die erzählerischen Mittel, Bericht, Dialog, Zwischenbetrachtung, „von Beginn der Novelle an in einem kaum sich ändernden Mischungsverhältnis“ stehen, wies in diese Richtung und bestätigte den Lektüreeindruck „wie aus einem Guss“.

Deutlich wurde nun auch, dass die literarisch-programmatische und sozialkritische Tendenz der Novelle keine Oberflächenerscheinung war, nichts Angeflogenes, sondern aus Kellers intensiver Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten einer von Gebildeten über das Volk und für das Volk verfassten Literatur herrührte – eine Auseinandersetzung, die fast den ganzen Entstehungsprozess der Novelle begleitete und sich als Kritik am Weltbild und an der zügellos antiliberalen Propaganda des von ihm als Epiker sonst hoch geschätzten Pfarrers Albert Bitzius (Jeremias Gotthelf) niederschlug. Schon zuvor hatte der marxistische Literaturwissenschaftler Georg Lukács den Lebensnerv der Dichtungen des schweizerischen Republikaners Keller im politischen Engagement erblickt. Lukács folgend, las man um 1960 im Osten den ersten Teil der Leute von Seldwyla als ein Hauptwerk der „littérature engagée“, bewunderte an Romeo und Julia auf dem Dorfe die scharfsichtige Analyse der bäuerlich-bourgeoisen Eigentumsverhältnisse und kam zum Schluss, dass die „Schilderung der tiefen Liebe zwischen Sali und Vrenchen als polemisches Kontrastbild“ aufzufassen sei. Dagegen erhob sich Widerspruch im Westen. Dort verstand man das Werk in erster Linie als autonome Dichtung, die von „überzeitlichen“, der politischen Sphäre entrückten Dingen handle, um das Geheimnis von Leben, Liebe und Tod kreise und dazu Aussagen mache, für deren Deutung existentialistische Philosophie oder Theologie zuständig seien. Diese gegensätzlichen Standpunkte finden sich auch noch in neueren Interpretationen.

Während man sich über die hohe literarische Qualität und den erzieherischen Wert der Novelle heute weitgehend einig ist, stieß sie zu Kellers Lebzeiten in der Öffentlichkeit zweimal auf heftige Ablehnung; ein erstes Mal, weil sie das sittliche Empfinden der Leser verletze, ein weiteres Mal, weil es einem Kritiker nicht einleuchten wollte, dass Personen geringen Standes, Bauernkinder, sich aus den vom Erzähler als ehrenhaft dargestellten Motiven das Leben nehmen. Im Deutungsdiskurs der Gegenwart, die über Sitte, Stand und Ehre anders denkt, spielen diese Ablehnungsgründe weiter eine Rolle, da sie die Distanz Kellers zu Anschauungen seiner Zeit ermessen lassen und damit zum Verständnis der kontinuierlichen Wirkung der Novelle beitragen.

Wiederkehrende Themen der Interpretation

Auch dort, wo sich Kommentatoren und Interpreten des Werks mit existentiellen und religiösen Fragen befassen, Liebe, Leben, Tod, geschieht dies im Zusammenhang mit den vom Text vorgegebenen Themen Sittlichkeit, Ehre und – damit eng verwandt – Recht. In diesem Zusammenhang wird auch die Motivierung des tragischen Endes diskutiert. Ein weiteres Thema bildet die reich ausgeprägte Symbolik der Erzählung.

Sittlichkeit

Dass ein junges Paar ohne Segen der Geistlichkeit seine Hochzeitsnacht im Heu auf einem entwendeten Kahn verbringt und danach Selbstmord begeht, musste konservativ und kirchlich eingestellten Zeitgenossen Kellers als in hohem Maße anstößig vorkommen. Kurz nach Veröffentlichung der Leute von Seldwyla erhob ein anonymer Rezensent Protest, zunächst noch verhalten, in Begriffe idealistischer Tragödientheorie gehüllt:

„Was wir an der Katastrophe zu tadeln haben ist dieses, daß die Leidenschaft ausschließlich auf den Genuß gerichtet ist, den Zusammenhang mit dem sittlichen Leben abbricht und eben dadurch auch mit dem absichtlichen Selbstmord keine Sühne und Ausgleichung mit der sittlichen Welt, sondern nur eine fortgesetzte und letzte Auflehnung gegen dieselbe bewirkt wird.“

Tatsächlich findet bei Keller keine „entsühnende Befreiung oder gar Versöhnung der Zurückbleibenden wie bei Shakespeare“ statt. Während der Freitod der Kinder in Romeo und Julia den Vätern Montague und Capulet die Augen öffnet, sie der Blutfehde abschwören und samt Anhang zu gesitteten Verhältnissen zurückkehren lässt, erzeugt er in Romeo und Julia auf dem Dorfe nur ein hohles Echo in Zeitungsblättern und bleibt ohne praktische Folgen. Dennoch ergeht der Appell, sich angesichts der Toten eines Besseren zu besinnen, in der Novelle nicht weniger dringlich als im Theaterstück. Weil er aber bei dem Anstaltsinsassen Marti und dem verkommenen Schankwirt Manz nichts mehr bewirken würde, überspringt er die handelnden Personen. Statt an die verständnislose Mitwelt der Kinder richtet er sich an ihre Nachwelt. Bei ihr, sprich beim Publikum, wirbt der Erzähler um Verständnis für die Toten. Mit ihrem Entschluss, einander anzugehören und dann zu sterben, lehnen sich die Liebenden in der Tat auf – in wilder Laune löst Sali ja die Seile, die das Heuschiff am Ufer halten –, aber nicht gegen eine Weltordnung, die das Prädikat sittlich verdient hätte, sondern gegen eine, deren Spielregeln es ihnen nicht gestatten, im Einklang mit Recht und guten Sitten zusammenzuleben. Die Erzählung verwirft somit den Begriff von Sittlichkeit, der mit diesen Regeln einhergeht.

Als 1875 in Kopenhagen eine Übersetzung Kellerscher Novellen erschien, kam es zu einer Pressekampagne gegen das Buch und den Übersetzer, den dänischen Schriftsteller Georg Brandes. Dieser schrieb an Keller:

„Einige unserer bigotten Presscoryphäen haben sich mit einem Geschrei über die ,Unsittlichkeit‛ der ersten Erzählung Romeo u. Julia über das Buch geworfen und den Verkauf fast vernichtet. Hätte ich nicht das Buch übersetzt, dann hätte man vielleicht nicht jene Unsittlichkeit gefunden; jetzt fand man sie und machte einen Höllenlärm. Sie seien, wie Paul Heyse ‚Prediger des Evangeliums des Genusses‘ usw. […] Es tut mir sehr leid, daß der Haß unserer Frommen gegen mich so auf Sie überführt worden ist“.

Ehre

Weniger Lärm, aber Aufsehen in der gebildeten Gesellschaft Wiens verursachte 1881 eine postum veröffentlichte Kritik des österreichischen Diplomaten Alexander von Villers:

„Die Einleitung […] ist wie gesagt ganz überflüssig; denn daß ein Bauernbursch und eine Bauerndirn sich aus Liebe ertränken, kommt alle Tage vor, ist bei Soldaten und Dienstmädchen sogar viel häufiger, als daß erstere Schlachten gewinnen und letztere Geschirr aufwaschen, aus dem sehr naheliegenden Grunde, daß diese beiden respektablen Beschäftigungen, namentlich auf die Dauer, lästig werden, die Liebe dagegen bei ihrer praktischen Anwendung soviel Ungemach nach sich zieht, daß die Beteiligten die Rechnung lieber zerreißen, als sie zu bezahlen. Deshalb braucht man sich noch nicht auf die schönen Fabeln der Menschheit zu beziehen, am wenigsten durfte der Autor es hier auf Romeo und Julia. Denn diese beiden edlen Veroneser […] hatten für ihre Liebe nirgends eine Zuflucht als im Tode; Saly und Vreeli aber – ich kann mir nicht helfen, will mir auch gar nicht helfen, denen beiden aber konnte, mein ich, mit allem Respekt vor der Poesie, geholfen werden. Sie waren weder Montague noch Capulet, noblesse ne les obligeait pas [Adel verpflichtete sie nicht], ich sehe wirklich nirgends den tragischen Grund zum tragischen Ende, und ehe Liebe ins Wasser geht, läuft sie doch erst die Füße wund. Es fehlt an jedem Motiv […]. So bleibt nur ein Motiv: Widerwille gegen Prüfungen, gegen Ausdauer, gegen Arbeit, nach einem lustigen Tag.“

Genauer als die meisten Lobreden erfasst diese Schelte den literarischen Zweck, den Keller mit der Novelle verfolgte: Hundert Jahre nachdem Lessing dem bürgerlichen Trauerspiel Bahn gebrochen hatte, leistete eine alte Regel zur Verfertigung von Tragödien immer noch hartnäckig Widerstand: die sogenannte Ständeklausel. Sie besagte, dass wegen der „Fallhöhe“ nur das Schicksal hochgestellter Personen angemessenen Tragödienstoff biete, nicht aber das von Bürgern und Bauern. Für Keller aber lag der Sinn, den er in der modisch gewordenen Schriftstellerei fürs Volk und übers Volk einzig erkennen konnte, gerade darin, die Geltung dieser Regel zu bestreiten. Bereits in der ersten seiner Gotthelf-Rezensionen, erschienen im Revolutionsjahr 1849, formulierte er eine Vorstellung von menschlicher Gleichheit, die adelsstolze Leser provozieren musste:

Wenn die Bewohner der Bauernhütten erfahren, daß ihr Herz gerade auf die gleiche Weise schlägt, wie das der feinen Leute, wenn sie sehen, daß ihre Liebe und ihr Haß, ihre Lust und ihr Leid so bedeutungsvoll ist, wie die Leidenschaften der Prinzen und Grafen, […] dann wird endlich jene Sucht nach Carrière und Vornehmheit wie ein trüber Nebel verschwinden.

Denselben Gedanken – eine Art radikalliberales Glaubensbekenntnis – drückt er an einer entscheidenden Stelle der Novelle (s. u.) negativ aus: Gleich verwerflich und gleich töricht wie Fürsten, die ihr Gebiet auf Kosten eines schwachen Nachbarn erweitern, handeln auch Bauern, die sich den Acker eines Heimatlosen aneignen:

Das geschieht nun freilich alle Tage; aber zuweilen stellt das Schicksal ein Exempel auf und läßt zwei solche Äufner [Anhäufer] ihrer Hausehre und ihres Gutes zusammentreffen, die sich dann unfehlbar aufreiben und auffressen wie zwei wilde Tiere. Denn die Mehrer des Reiches verrechnen sich nicht nur auf den Thronen, sondern zuweilen auch in den niedersten Hütten und langen ganz am entgegengesetzten Ende an als wohin sie zu kommen trachteten, und der Schild der Ehre ist im Umsehen eine Tafel der Schande.

Man hat mehrfach darauf hingewiesen, dass es Manz und Marti bei ihrem Prozess nicht um den Besitz des Stückchens Ackerland, sondern um die Ehre geht: Keiner möchte als übervorteilter Dummkopf zum Gespött der Leute werden. Umso sicherer werden es beide, und die Bauerngeschichte stellt dar, wie die Ehre der Väter zuschanden wird. Demgegenüber rettet die Liebesgeschichte die Ehre der Kinder aus den Trümmern der vernichteten Familienehre und schützt sie vor neuer Schande: „Die Umwertung des freiwilligen Lebensverzichts von todesmutig Liebenden war […] eines der Ziele Kellers“. Nicht als ob es Sali und Vrenchen bei ihrem Entschluss um irgendeine Form äußeren Ansehens zu tun wäre. Sie kennen die Welt, aus der sie fliehen, gut genug, um zu wissen, wie sie über Selbstmörder denkt und dass kein Geistlicher ihre Leichen begleiten wird. Doch all das kümmert sie nicht mehr. An ihrer Stelle kümmert es den Erzähler, der in ihrem Freitod den Mut der Verzweiflung ehrt, den Mut zur Flucht – beides schon keine Alltäglichkeiten –, vor allem aber ihre Unzertrennlichkeit, die Fähigkeit des Sterbens für eine Herzenssache. Auch die „beiden edlen Veroneser“ folgen einander nicht in den Tod, weil der aristokratische Ehrenkodex es so verlangt, sondern weil sie, nach von Villers’ eigenen Worten, „für ihre Liebe nirgends eine Zuflucht“ hatten. Dass Keller ähnlich dachte, zeigt seine beharrliche Verteidigung des Novellentitels.

Recht

Die Vorstellungen von Sittlichkeit und Ehre, die der Erzähler angreift, spiegeln den verwahrlosten Zustand des Rechts wider, auf den er bei der Recherche nach den Wurzeln des Unheils stößt. Er besteht darin, dass „Reichtum als Recht zum Unrecht“ verstanden und geduldet wird. Zug um Zug wird dieser Zustand aufgedeckt. Aus der Eingangsszene geht hervor, dass die zwei Bauern sich bewusst sind, wessen Erbteil sie da Furche um Furche schmälern. Sie tun damit nichts, als was die meisten anderen an ihrer Stelle nicht auch getan hätten. Doch als der Acker, oder was von ihm übrig ist, versteigert wird, wittern die Dorfbewohner ein in den Lüften umgehendes Unrecht, sind froh, dass nicht sie es begehen, und halten sich fern. Den Erlös bewahrt die Seldwyler Behörde einstweilen für den rechtmäßigen Erben auf. Das ist der schwarze Geiger, nur kann er es nicht beweisen, da Zeugnisse seiner heimatlosen Freunde vor Gericht nicht gelten. Sali und Vrenchen bekommen von ihm zu hören, wie er ihre Väter um eine Erklärung angefleht hat, wonach sie ihn „nach ihrem Gewissen für den rechten Erben halten“. Doch sie haben ihn vom Hof gejagt und damit um den „blutigen Pfennig“ gebracht, mit dem er hätte auswandern können. Uneigennützige Nebenwirkungen des Eigennutzes: Die Stadt Seldwyla kann den Erlös behalten und die Dorfgemeinde ist die Sorge los, einem Landstreicher Heimatrecht gewähren zu müssen.

Wo das Recht den Heimatlosen nicht länger vor Enteignung schützt, gleicht es einem verwahrlosten Deich: Es wird für die Enteigner selbst zur Gefahr. Das zeigt der Rechtsstreit um die Grundstücksgrenze, der gleich nach dem Verkauf ausbricht. Die Wut, mit der die Väter sich und ihre Familien dabei ruinieren, speist sich aus der in den Besitzverhältnissen aufgestauten, „sedimentierten Gewalt“. Einmal entfesselt, wirkt diese wie Naturgewalt, die Unschuldige wie Schuldige vernichtet. Die Kinder, durch Salis Schlag gegen Vrenchens Vater „unschuldig schuldig“ geworden, gehen in den Fluten unter.

Motivierung des Freitods

Hätte den Liebenden ein anderer Weg offengestanden als der ins Wasser? Warum schließen sie sich nicht den Heimatlosen an? – Der Erzähler bereitet ihre Entscheidung von langer Hand vor. Die Liebesgeschichte, die den größeren Teil der Erzählzeit in Anspruch nimmt, obwohl sie nur von Juli bis September dauert, besteht aus vier Begegnungen. Bei jeder werden Sali und Vrenchen mit dem Elend ihrer Elternhäuser konfrontiert; bei jeder wächst ihr Glücksgefühl und der Wunsch nach lebenslanger Dauer ihrer Liebe; bei jeder wird ihnen aber auch schmerzhaft klar, was ihrer Ehe entgegensteht. Vrenchen im Paradiesgärtlein angesichts des bevorstehenden Abschieds zu Sali: „Wir können nicht zusammen sein und doch kann ich nicht von dir lassen, nicht einen Augenblick mehr, nicht eine Minute!“

Hier unterbricht der Erzähler das Zwiegespräch mit einer Schilderung der Gefühle und Gedanken, die das Paar überwältigen:

Sali umarmte und drückte das Mädchen heftig an sich und bedeckte es mit Küssen. Seine verwirrten Gedanken rangen mit einem Ausweg, aber er sah keinen. Wenn auch das Elend und die Hoffnungslosigkeit seiner Herkunft zu überwinden gewesen wäre, so war seine Jugend und unerfahrene Leidenschaft nicht beschaffen, sich eine lange Zeit der Prüfung und Entsagung vorzunehmen und zu überstehen, und dann wäre erst noch Vrenchens Vater dagewesen, welchen er zeitlebens elend gemacht. Das Gefühl, in der bürgerlichen Welt nur in einer ganz ehrlichen und gewissenfreien Ehe glücklich sein zu können, war in ihm ebenso lebendig wie in Vrenchen, und in beiden verlassenen Wesen war es die letzte Flamme der Ehre, die in früheren Zeiten in ihren Häusern geglüht hatte und welche die sich sicher fühlenden Väter durch einen unscheinbaren Mißgriff ausgeblasen und zerstört hatten. [Es folgt die Bemerkung über die Mehrer der Hausehre auf Thronen und in Hütten (s. o.)] Sali und Vrenchen hatten aber noch die Ehre ihres Hauses gesehen in zarten Kinderjahren und erinnerten sich, wie wohlgepflegte Kinderchen sie gewesen und dass ihre Väter ausgesehen wie andere Männer, geachtet und sicher. Dann waren sie auf lange getrennt worden, und als sie sich wiederfanden, sahen sie in sich zugleich das verschwundene Glück des Hauses, und beider Neigung klammerte sich nur umso heftiger ineinander. Sie mochten so gerne fröhlich und glücklich sein, aber nur auf einem guten Grund und Boden, und dieser schien ihnen unerreichbar, während ihr wallendes Blut am liebsten gleich zusammengeströmt wäre.

Im Rückblick auf die Entstehung ihrer Motive bietet der Erzähler behutsam eine Erklärung an, warum die beiden nach Tanz, Mahl und Aufbruch in die Wälder sich vom Zug der Heimatlosen absondern, Ringe tauschen und den Weg zum Fluss einschlagen.

Die Stelle wird häufig zitiert und ausgelegt, da in ihr der Grundriss der Erzählung zutage tritt. Indessen gelangen die Interpreten zu keinem einheitlichen Verständnis der Motive des Freitods. Im Bestreben, der historischen Distanz gerecht zu werden, entfernen sie sich oft weit vom Kellerschen Text. „Noblesse“, Ehrgefühl, Empfinden für Recht und gute Sitten wird den bäuerlich-bürgerlich geprägten Kindern nun nicht mehr abgesprochen, eher neigt man in einigen neueren Deutungen zur Ansicht, sie besäßen zu viel davon:

  • Das Paar bleibe „bürgerlichen Normen verhaftet, bis zur Weltvergessenheit und Selbstaufgabe.“ „Die von Sali und Vrenchen beschworene Idee der Ehe ist die Verinnerlichung der wirtschaftlichen Kategorie Privateigentum.“ Dagegen wird eingewendet, dass die beiden weniger vor der proletarischen Existenz – er Soldat oder Knecht, sie Dienstmagd – zurückschrecken als vielmehr vor der damit einhergehenden Trennung, vor der „Erfahrung des zweiten Verlusts […] nach dem ersten Verlust der Kindheit“. Was beide verbindet, ist die Erinnerung an ein noch nicht durch Zank, Gewaltandrohung und Misshandlung vergiftetes Familienleben, die Väter geachtet und sicher, noch keine Haustyrannen und öffentlichen Narren.
  • Sali und Vrenchens Verhalten sei analog zu dem ihrer Väter: „Wie die Väter als streitende Parteien setzen sie ihre ‚Sache‛ über die Selbsterhaltung.“ Die Liebenden hätten „die ‚Ehre des Hauses‛ zum Fetisch erhoben“, wollten sich „als treue Kinder einer bis zum Phantasma idealisierten väterlichen Ordnung“ beweisen. Ihre unbeschwerte Kindheit sei Schein, „Konstruktion eines Familienromans“, ihr Ehrgefühl „Produkt einer Erinnerung an etwas, das es nie gegeben hat.“ Dem widerspricht die Darstellung des Erzählers, wonach die beiden als Kinder Glück erfahren, die Ehre des Hauses wirklich gesehen haben.
  • Der Entschluss des Paares zum Freitod wird „hochmütig“ genannt. Teilen Sali und Vrenchen die Verachtung ihrer Väter für die Heimatlosen, wenn sie sich ihnen nicht anschließen? Wiederholen sie gar „wissentlich und willentlich, was die Väter dem Geiger angetan haben“? Näher am Text liegt die Deutung von Thomas Koebner: „Sie wählen den Freitod, den hohen Mut, die Seligkeit bis zum letzten Augenblick zu erhalten. […] Weil ihre Glückseligkeit verbunden ist mit der halb ernsten, halb spielerischen Selbstinszenierung als ordentliche Leute, mit der Sehnsucht nach dem unangefochtenen Frieden und Wohlstand der unwiederbringlichen Kinderzeit, und nicht zuletzt mit einer Leidenschaft, die sich nicht mehr abweisen, die beide nicht mehr warten lassen will, schlagen sie am Ende den Weg des freien Lebens ein, den ihnen der schwarze Geiger vorgezeichnet hat, eben nur radikaler und verkürzter Weise.“

Symbolik. Verweise auf Dichtung, Mythos, Bibel

Romeo und Julia auf dem Dorfe bietet Interpreten vielfache Gelegenheit, den symbolischen Bedeutungen nachzugehen, die Keller wohlvertrauten Dingen und Erscheinungen beilegt. Die Novelle ist von einem Geflecht aus Sinnbildern, Metaphern und Gleichnissen durchzogen, kaum ein Gegenstand im Fokus des Erzählers, der nicht Gedankliches sinnfällig macht, so der Mohn, der in Kornfeldern blüht: Die Mohnblüte, mit der die Kinder spielen, der feuerrot von Mohn überwucherte Steinhaufen, von dem herab der schwarze Geiger das Paar anredet, und die Mohnblumen, aus denen Vrenchen sich einen Kranz windet, weisen über das Wohlvertraute hinaus auf Rausch, Vergessen und Todesschlaf am Ende der Erzählung. Ebenso der tiefe Fluss und die schweren Steine: „Die Gravitation ist allbeherrschendes physikalisches Gesetz, und Keller tut alles, der grausamen Gesetzmäßigkeit dieser Kraft in seiner Erzählung volle Geltung zu verschaffen bis ins Moralische hinein. […] Das Unrecht entfaltet in der von Keller entworfenen Welt mit der Majestät von Naturgesetzen unabänderlich und ruhig seine Wirkung, so wie Steine und Wasser naturnotwendig der Tiefe zustreben.“

In der Eingangsszene vergleicht der Erzähler die Pfluggespanne mit Sternbildern, die regelmäßig hinter dem Hügel auf- und untergehen, nennt sie Weberschiffchen des Geschicks und fügt Heine zitierend hinzu: „was er webt, das weiß kein Weber!“ Selbst den realistisch charakterisierten Personen sind symbolische Attribute beigelegt, besonders dem schwarzen Geiger. Auf der sachlichen Ebene verkörpert dieser einen Typus, wie jeder ihn kannte, der mit dem sozialen und juristischen Problem der Heimatlosen in der Schweiz befasst war. Auf der allegorischen Ebene aber steht die Figur für den Tod: In der Kornfeldszene sehen die Liebenden ihn als dunklen Stern vor sich hergehen und erschrecken, im Paradiesgärtlein naht er sich ihnen mit freundschaftlichem Rat: „Laßt fahren die Welt und nehmet euch und fraget niemandem was nach!“ Eine während der Arbeit an der Novelle auf die Schreibunterlage gekritzelte Karikatur zeigt den seltsamen Spielmann als den mit süßen Tönen lockenden „Freund Hein“.

Dingsymbole: Sie tragen wie die Mohnblumen epische Vorausdeutung oder bezeichnen wie die unveränderlichen Kleiderfalten der beiden Pflüger (wie in Stein gemeißelt) deren bäurischen Starrsinn oder fungieren wie der verwilderte Acker als Leitmotiv; wild und Verwilderung sind überhaupt Leitbegriffe, ebenso Haus: dem Lebkuchenhaus, das Sali Vrenchen auf dem Jahrmarkt schenkt, ist die Bedeutung buchstäblich eingeschrieben, es trägt sie als gereimte Inschrift: Die Liebste sprach: „O Liebster, / Mich schrecket nichts zurück! / Hab alles wohl erwogen: / In Dir nur lebt mein Glück!“ Angesichts von Heuschiff und Wasser spricht Vrenchen unerschrocken aus, was beiden bevorsteht: „Fische fingen wir damals, jetzt werden wir selber Fische sein und zwei schöne große!“ Auch hier liegt das Gemeinte nahe und ist zugleich weit hergeholt. Die poetische Fernbedeutung zu erraten, stellt der Erzähler jedoch dem Leser anheim. Sie liegt – an Auerbachs Kennzeichnung der Novelle als „erweitertes Volklied“ zu denken – in der Ballade von den zwei Königskindern.

Klangerscheinungen: Was den Liebenden ans Ohr dringt, ob fern oder nah, vergangen oder gegenwärtig, bewegt sie tief: Jeder in der Sonntagsstille verhallende Ton oder ferne Ruf klang ihnen erschütternd durch die Seele; denn die Liebe ist eine Glocke, welche das Entlegenste und Gleichgültigste wiedertönen läßt und in eine besondere Musik verwandelt. Als der Tumult des bacchantischen Zuges der Heimatlosen außer Hörweite ist, tönt in Vrenchen etwas „wie ein schöner Gesang oder ein Geläute“. Sali hält es für das Rauschen des Wassers oder des eigenen Blutes, der Erzähler schreibt es der großen Stille oder der magischen Wirkung des Mondlichtes zu. Den hohlen Puppenkopf, in dem eine Fliege summt und den spielenden Kindern alte Märchen zu künden scheint, vergleicht er mit einem weissagenden Haupte, wie es aus dem Orpheusmythos überliefert ist.

Kinderspiele: Bei ihrer Schilderung in der Eingangsszene scheint der Erzähler selbst in die Rolle des Weissagers zu schlüpfen. Wenn Sali und Vrenchen die bereits lädierte Puppe vollends auseinandernehmen und das Haupt samt eingesperrter Fliege begraben, so deutet dieser Vorgang, bei dem die Kinder Grauen empfinden, auf die spätere Ächtung der Väter als Sündenböcke voraus, besonders auf das lebendige Begräbnis Martis in der Irrenanstalt.

Religion: Obwohl die Novelle in diesem Punkt „geradezu als auffällig defizient“, als „christliche Leerstelle“ gelesen werden kann, bezieht der Erzähler den Glanz der Seligkeit, in den er das Liebespaar taucht, zu einem guten Teil aus biblischer Quelle. Gerhard Kaiser: „Sali ist eine Koseform von Salomon, und auf den König Salomon wird das Hohe Lied Salomons zurückgeführt.“ Vrenchens brünetter Typus und leidenschaftliches Wesen erinnern an die Geliebte, die dort besungen wird. Sali fühlt sich reich, weltkundig und weise wie ein Königssohn, nachdem ihm Vrenchens Schönheit aufgegangen ist. So wie ihm die alte Heimat nun als ein himmlisches Jerusalem erscheint, so werden im Hohen Lied die „Töchter Jerusalems“ als Zeugen für die Schönheit der Geliebten angerufen (Hld 1 ). Das himmlische Jerusalem der Liebenden besteht, Kaiser zufolge, nicht länger in einem Jenseits, zu welchem der Tod den Durchgang bildet, „sondern in einem geheiligten Diesseits des Gefühls, das die Wirklichkeit sprengt und den Tod in sich aufnimmt.“ Wie in anderen Dichtungen des Feuerbachianers Keller komme in Romeo und Julia auf dem Dorfe ein „frommes und sehnsüchtiges Heidentum zum Ausdruck“, Ergebnis einer Säkularisierung christlicher Gehalte – die spirituelle Deutung eines Theologen. Mit gleichem Recht lässt sich Kellers Anleihe beim Hohen Lied aber auch als Wiederherstellung des jahrhundertelang durch theologische Auslegung überfremdeten Sinns einer ursprünglich weltlich-erotischen Dichtung auffassen.

Adaptionen

Opern

Orchesterwerk

  • 1968: Herbert Baumann: Drei Szenen aus Romeo und Julia auf dem Dorfe, Musikverlag Vogt & Fritz, Ettlingen

Filme

Literatur

Textausgaben

  • Gottfried Keller: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016. (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)
  • Gottfried Keller: Sämtliche Werke. Siebenter Band (Die Leute von Seldwyla). Herausgegeben und textkritisch bearbeitet von Jonas Fränkel. Eugen Rentsch Verlag, Erlenbach-Zürich und München 1927.
  • Gottfried Keller: Romeo und Julia auf dem Dorfe. Mit Kommentar und Nachwort von Klaus Jeziorkowski. Insel-Taschenbuch Nr. 756, Frankfurt am Main 1984 (8. Aufl. 2005), ISBN 978-3-458-32456-0.
  • Gottfried Keller: Romeo und Julia auf dem Dorfe. Reclams Universal-Bibliothek Nr. 6177, Stuttgart 1998, ISBN 978-3-15-006172-5

Sekundärliteratur

Literaturwissenschaftliche Darstellungen

  • Hans Richter: Gottfried Kellers frühe Novellen. Rütten und Loening, Berlin (Ost) 1960, (2. Aufl. 1966).
  • Gerhard Kaiser: Sündenfall, Paradies und himmlisches Jerusalem in Kellers „Romeo und Julia auf dem Dorfe“. In: Euphorion 65 (1971).
  • Heinrich Richartz: Literaturkritik als Gesellschaftskritik. Darstellungsweise und politisch-didaktische Intention in Gottfried Kellers Erzählkunst. Bouvier-Verlag, Bonn 1975, ISBN 3-416-01035-3.
  • Winfried Menninghaus: Artistische Schrift. Studien zur Kompositionskunst Gottfried Kellers. Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-518-03649-1.
  • Thomas Koebner: Gottfried Keller: Romeo und Julia auf dem Dorfe. Die Recherche nach den Ursachen eines Liebestods. In: Erzählungen und Novellen des 19. Jahrhunderts. Reclams Universal-Bibliothek Nr. 8414, Stuttgart 1997, ISBN 978-3-15-008414-4.

Lektüre- und Unterrichtshilfen

  • Reiner Poppe: Romeo und Julia auf dem Dorfe. Analysen, Reflexionen und Anregungen für die Unterrichtsgestaltung. Beyer, Hollfeld 1982, ISBN 3-921202-83-3.
  • Edgar Hein: Romeo und Julia auf dem Dorfe. Interpretation. Oldenbourg, München 1988, ISBN 3-486-88607-X.
  • Rudolf Kreis: Romeo und Julia auf dem Dorfe. Primärtext und Materialien zur historisch-soziologischen Erschließung. Diesterweg, Braunschweig 1995, ISBN 3-425-06262-X.
  • Beate Hermes: Lektürehilfen: Romeo und Julia auf dem Dorfe. Klett, Stuttgart 2002, ISBN 3-12-922322-3.
  • Klaus-Dieter Metz: Lektüreschlüssel zu Romeo und Julia auf dem Dorfe. Reclam, Stuttgart 2003, ISBN 3-15-015324-7.
  • Gert Sautermeister: Erläuterungen und Dokumente zu Romeo und Julia auf dem Dorfe. Reclam, Stuttgart 2003, ISBN 3-15-016032-4.
  • Gerhard Friedl: Romeo und Julia auf dem Dorfe. Klassen 8–10. Schöningh, Paderborn 2004, ISBN 3-14-022298-X.
  • Peter Haida: Romeo und Julia auf dem Dorfe. Textausgabe mit Materialien. Klett, Stuttgart 2006, ISBN 3-12-354100-2.
  • Walburga Freund-Spork: Romeo und Julia auf dem Dorfe. Erläuterungen und Materialien. Bange, Hollfeld 2010, ISBN 3-8044-1790-6.

Audio

  • Julia Straube (Leserin): Romeo und Julia auf dem Dorfe. Ungekürzte Lesung mit Text und Bildern. Reclams Klassiker auf CD-ROM, 2001, ISBN 3-15-100036-3.
  • Gottfried Keller: Romeo und Julia auf dem Dorfe. Ungekürzte Lesung. Gesprochen von Stephan Schad. GoyaLiT, Hamburg 2019. ISBN 978-3-8337-4085-5

Einzelnachweise

  1. In Schrägschrift: wörtliche Zitate nach dem Text von Sämtliche Werke, Bd. 7, hrsg. von Jonas Fränkel, Erlenbach-Zürich und München 1927, S. 83–187.
  2. Vgl. Gottfried Keller#Freischärler
  3. Züricher Freitags-Zeitung vom 3. September 1847, zitiert nach Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 391.
  4. Eintrag vom 20. September 1847, Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 391.
  5. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 392 f. Wörter in [ ] sind im Ms ausgestrichen. Statt Hat (Zeile 3) lesen neuere Herausgeber Hob (vgl. Historisch-Kritische Gottfried Keller-Ausgabe, Bd. 21, S. 412).
  6. Vgl. Thomas Koebner, der seiner Deutung der Novelle den Untertitel „Die Recherche nach den Ursachen eines Liebestods“ gibt. In: Interpretationen. Erzählungen und Novellen des 19. Jahrhunderts. Bd. 2, Stuttgart 1997, S. 203–234.
  7. Walter Benjamin: „Gottfried Keller. Zu Ehren einer kritischen Gesamtausgabe seiner Werke“ (1927). In: Gesammelte Schriften, Bd. II/1, Frankfurt 1980, S. 287.
  8. Hans Richter: Gottfried Kellers frühe Novellen, Berlin (Ost) 1960, 2. Aufl. 1966. Darin: „Romeo und Julia auf dem Dorfe“, S. 111–141.
  9. Zum Ineinander von literarischer und sozialer Kritik vgl. Heinrich Richartz: Literaturkritik als Gesellschaftskritik. Darstellungsweise und politisch-didaktische Intention in Gottfried Kellers Erzählkunst. Bouvier-Verlag, Bonn 1975.
  10. Vgl. die Briefe an Berthold Auerbach vom 3. Juni 1856 und an Ferdinand Weibert vom 29. August 1875, Gesammelte Briefe, hrsg. von Carl Helbling, Bd. 3.2, Zürich 1953, S. 168 und 262.
  11. An die Namen des unglücklichen Liebespaares und an die näheren Umstände ihres Freitodes erinnern bis heute die Volkmarsdorfer Pflastersteine, eine als Blog gestaltete Chronik des Leipziger Ortsteils. (Suche auf der Webseite nach Wilhelm und Auguste; abgerufen am 14. Februar 2020).
  12. Koebner: „Die Recherche nach den Ursachen eines Liebestods“, S. 226.
  13. 1 2 An Heyse, 10. Juni 1870, Gesammelte Briefe, Bd. 3.1, S. 16.
  14. Vischer: "Gottfried Keller. Eine Studie". In: Kritische Gänge, Bd. 6, hrsg. von Robert Vischer, München 1922, S. 278.
  15. 1 2 3 Über das Antike bei Keller vgl. Walter Benjamin, „Gottfried Keller“, S. 289.
  16. Keller an Ludmilla Assing, 21. April 1856, Gesammelte Briefe, Bd. 2, S. 43.
  17. Allgemeine Zeitung vom 17. April 1856, zitiert nach Walter Morgenthaler. Auerbach verglich die Novelle mit alten, traurigen Volksweisen und zitiert dazu die zweite und dritte Strophe von Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht.
  18. Theodor Fontane: Schriften und Glossen zur europäischen Literatur, hrsg. von Werner Weber, Bd. 2, Zürich und Stuttgart 1967, S. 348.
  19. Otto Ludwigs Werk in sechs Bänden, hrsg. von Adolf Bartels, Bd. 4, Leipzig o. J. [1900], S. 285 f.
  20. In dem Sonett „Gottfried Keller“, veröffentlicht in der Deutschen Rundschau vom Februar 1877.
  21. Paul Heyse
  22. Richter, Kellers frühe Novellen, S. 124 und 126.
  23. Arthur Henkel: „Beim Wiederlesen von Gottfried Kellers Erzählung Romeo und Julia auf dem Dorfe“, in: Text und Kontext, Jg. 6 (1978), S. 187–199.
  24. Winfried Menninghaus: Artistische Schrift. Studien zur Kompositionskunst Gottfried Kellers, Frankfurt am Main 1982, S. 109. Menninghaus verweist hierzu auf Jürgen Rothenberg: Gottfried Keller. Symbolgehalt und Realitätserfassung seines Erzählens, Heidelberg 1976.
  25. Vgl. Richartz: Literaturkritik als Gesellschaftskritik, S. 82–103. Richartz wies erstmals den engen Zusammenhang der Novelle mit Kellers Gotthelf-Rezensionen nach.
  26. Georg Lukács: „Gottfried Keller“ (1939). In: Deutsche Realisten des 19. Jahrhunderts, Berlin (Ost) 1951, sowie in: Die Grablegung des alten Deutschland. Essays zur deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts, Reinbek 1967.
  27. Richter, Kellers frühe Novellen, S. 141. Vgl. auch Die Leute von Seldwyla#Realismus.
  28. Vgl. die Kritik an Richter durch Gerhard Kaiser: „Sündenfall, Paradies und himmlisches Jerusalem in Kellers Romeo und Julia auf dem Dorfe“, in: Euphorion 65 (1971), S. 45; sowie die Kritik an Lukácz, Richter und Richartz durch Harold D. Dickerson: „The Music of This Sphere“ in Keller’s „Romeo und Julia auf dem Dorfe“, in: The German Quarterly 51 (1978), passim.
  29. Vgl. die Kritik an Richter, Richartz und Koebner durch Michael Schmitz: „Um Liebe, Leben und Tod. Zur Struktur und Problemreferenz in Gottfried Kellers Romeo und Julia auf dem Dorfe“, in: Wirkendes Wort 52 (2002), S. 67 et passim.
  30. Anonymer Rezensent im Literaturblatt des Deutschen Kunstblatts, Jg. 1856, Nr. 15; zitiert nach Richter, Kellers frühe Novellen, S. 141.
  31. Menninghaus, Artistische Schrift, S. 120.
  32. Brandes an Keller, 13. Dezember 1875, Gesammelte Briefe, Bd. 4, S. 161.
  33. Alexander von Villers: Briefe eines Unbekannten, Wien 1881; zitiert nach Alfred Zäch: Gottfried Keller im Spiegel seiner Zeit, Zürich 1952, S. 47.
  34. In der ersten Gotthelf-Rezension, S. 97.
  35. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 176, eingeschaltet in die Zusammenfassung der Motive des Paares.
  36. Vgl. Koebner, „Die Recherche nach den Ursachen eines Liebestods“, S. 210, sowie Schmitz, „Um Liebe, Leben und Tod“, S. 69 f. Textstellen: Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 98 f. und S. 104.
  37. Koebner, „Die Recherche nach den Ursachen eines Liebestods“, S. 204.
  38. Richter, Kellers frühe Novellen, S. 123.
  39. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 89.
  40. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 97.
  41. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 131.
  42. Menninghaus, Artistische Schrift, S. 105. Menninghaus folgt dem Deutungsmodell Benjamins zu Goethes Wahlverwandtschaften, welches Recht, Gewalt, Schuld, Schicksal und Tragik zueinander in Beziehung setzt.
  43. Menninghaus, Artistische Schrift, S. 110. Vgl. auch Tragödie#Der Begriff „Tragödie“.
  44. Vgl. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 127, S. 139 und S. 144.
  45. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 175 ff.
  46. Gert Sautermeister: „Gottfried Keller – Kritik und Apologie des Privateigentums. Möglichkeiten und Schranken liberaler Intelligenz“, in: Gert Mattenklott, Klaus R. Scherpe (Hrsg.): Positionen der literarischen Intelligenz zwischen bürgerlicher Reaktion und Imperialismus, Kronberg/Ts. 1973, S. 69 f.
  47. Koebner, „Die Recherche nach den Ursachen eines Liebestods“, S. 219.
  48. Peter Stocker: „Romeo und Julia auf dem Dorfe. Novellistische Erzählkunst des Poetischen Realismus“, in: Walter Morgenthaler (Hrsg.): Interpretationen: Gottfried Keller. Romane und Erzählungen, Reclams Universalbibliothek 17533, Stuttgart 2007, S. 70.
  49. Herbert Uerlings: „‚Zigeuner‛, Heimat und Heimatlosigkeit in Kellers Romeo und Julia auf dem Dorfe“, in: Ulrich Kittstein, Stefani Kugler (Hrsg.): Poetische Ordnungen. Zur Erzählprosa des deutschen Realismus, Würzburg 2007, S. 168.
  50. Uerlings, „‚Zigeuner‛, Heimat und Heimatlosigkeit“, S. 166 und 179.
  51. Alexander Honold: „Vermittlung und Verwilderung. Gottfried Kellers Romeo und Julia auf dem Dorfe“, in: DVjs, Jg. 2004, S. 479.
  52. Uerlings, „‚Zigeuner‛, Heimat und Heimatlosigkeit“, S. 170, mit Bezug auf Vrenchens Gelächter über das groteske Aussehen des Geigers.
  53. Koebner, „Die Recherche nach den Ursachen eines Liebestods“, S. 219 f.
  54. Vgl. dazu Schlafmohn#Herkunft und Geschichte.
  55. Klaus Jeziorkowski im Nachwort zu Romeo und Julia auf dem Dorfe, Frankfurt am Main 1984, S. 122
  56. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 96. Aus Heines Romanzero, Hebräische Melodien, Jehuda Ben Halevy II.
  57. Vgl. Die Schweiz und ihre Zustände. Reiseerinnerungen, Hannover 1847, von Theodor Mügge. Keller war mit dem Autor befreundet. Vgl. ferner Thomas Dominik Meier und Rolf Wolfensberger: Eine Heimat und doch keine. Heimatlose und Nicht-Sesshafte in der Schweiz (16.–19. Jahrhundert), Zürich 1998.
  58. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 129.
  59. Helmut Rehder: „Romeo und Julia auf dem Dorfe. An Analysis“, in: Monatshefte für deutschen Unterricht, (Madison/Wisconsin), 35 (1943), S. 423 ff.
  60. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 167.
  61. Vgl. Helmut Rehder: „Romeo und Julia auf dem Dorfe. An Analysis“, in: Monatshefte für deutschen Unterricht, (Madison/Wisconsin), 35 (1943), S. 429.
  62. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 158. Vgl. dazu Kaiser, „Sündenfall, Paradies und himmlisches Jerusalem“, S. 237, sowie Dickerson, „The Music of This Sphere“, S. 50 f.
  63. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 93.
  64. Vgl. Honold, „Vermittlung und Verwilderung“, S. 477.
  65. Anton Reyntjes: Beispiel eines Familien-Modells aus dem literarischen Realismus (Juli 2012)
  66. Kaiser, „Sündenfall, Paradies und himmlisches Jerusalem“, S. 271.
  67. Sämtliche Werke, Bd. 7, S. 123.
  68. Kaiser, „Sündenfall, Paradies und himmlisches Jerusalem“, S. 274.
  69. Kaiser, „Sündenfall, Paradies und himmlisches Jerusalem“, S. 259 f.
  70. Vgl. Herbert Anton im Nachwort zu: Romeo und Julia auf dem Dorfe, Ferdinand Schöningh-Verlag, Paderborn 1982, S. 72 ff.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.