Rabbi Samuel Marx von Trier (eigentlich Samuel Abraham ben Mordechai Halevi; geboren im Oktober 1775 in Saarlouis; gestorben am 20. Februar 1827 in Trier) war ein Oberrabbiner und Onkel von Karl Marx.

Die Familie

Eltern und Geschwister

Samuel Marx Levi, seit 1808 Samuel Marx, wurde wahrscheinlich als erstes Kind seiner Eltern, des Rabbiners Samuel Marx Levi (auch Mordechai) (geb. ca. 1746 in (Bosenberg) / Böhmen; gest. 24. Oktober 1804 in Trier) und seiner Mutter, der Rabbinertochter Eva (Chaje) Moses Lewuw (ca. 1757 in Ansbach – 13. Mai 1823 in Trier) im Oktober 1775 in Trier geboren. Am 5. August 1788 starb sein Großvater, der Rabbiner Moses Lwów in Trier. Samuel hat sieben weitere Geschwister:

  • Heinrich (Heschel, Henry) wurde in Saarlouis geboren, wo sein Vater zeitweise als Rabbiner tätig war. Der Advokat-Anwalt Heinrich Marx ist der Vater von Karl Marx.
  • Esther Marx (erste Hälfte 1786 in Trier – 16. Juli 1865 in Frankfurt am Main). Sie heiratete den Kaufmann Gabriel Kosel (1780–1857). Karl Marx, der sie 1863 besucht, wird durch fehlerhafte Testamente ihr Erbe mit allen lebenden Kindern und Enkeln.
  • Moyses (Moises) Marx (ca. 1788/1789 – 19. März 1808 in Trier) Schüler.
  • Babette Marx (März 1789 in Trier – 7. Juni 1875 in Trier) heiratet am 19. Mai 1813 in Straßburg Alexandre Blum (1782–1862) und zieht mit ihm nach Algier. Nach dem Tode ihres Mannes wohnt sie gemeinsam mit ihrer Schwester Esther Kosel in Frankfurt am Main, wo sie 1863 Karl Marx besucht.
  • Cerf (Zerf, Hirsch) Marx (geb. März 1790 in Trier) besuchte eine Trierer Schule mit Auszeichnungen (1804–1808). 1813 reist er mit seinem Bruder Samuel nach Paris um Uhrmacher zu werden. Heiratet am 11. Oktober 1819 in Aachen Henriette Medex und tritt Pfingsten 1831 mit seiner Frau und seinen sechs Kindern zum katholischen Glauben über.
  • Golem Levi (August 1798 in Trier – 2. August 1799 in Trier).
  • Jacobus (Jacques) Marx Lewy (16. Juni 1800 in Trier – 6. Januar 1850 in Schlettstadt). 1808 bestimmt sein Bruder Samuel, dass er Jakob Marx zukünftig heißt. Er ist Kaufmann in Schlettstadt und verheiratet mit Rose Blum (1. Juni 1826). Er hat zwei Töchter, Rachel und Henriette.

Frau und Kinder

Im Jahre 1809 heiratete Samuel Marx in Luneville Michle Brisac (Brisack) (April 1781 in Lunéville – 27. Mai 1860 in Trier). Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor, die alle in Trier geboren wurden:

  • Malka (Amalia) (geb. 30. Oktober 1810) heiratet um 1830 Jacob Baer in lebt in Tholey und hat zwei Kinder
  • Marcus (Marc) (13. Mai 1812 – 25. März 1852 in Trier) Gärtner, ledig.
  • Caroline (geb. 4. Januar 1814) heiratet am 20. August 1839 in Zweibrücken Max Gugenheim in lebt in Paris.
  • Dr. Moses (Moyses) (geb. 14. Mai 1815) heiratet am 2. Juli 1858 Regina Freund und war Hebräischlehrer in Gleiwitz. Er stirbt am 30. Juli 1894 in Frankfurt a. M.
  • Sara (geb. 2. Juli 1819) heiratet am 22. August 1849 in Trier Israel Lazarus in lebt nach 1877 in Trier.
  • Bella (Betty) (26. Oktober 1821 – 7. Februar 1906 in Tholey) heiratet den Handelsmann Jacob Baer (geb. 1802) am 11. Juni 1842. Ihr Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in Tholey ist noch erhalten. Ihre Enkelin Elasa (Elise) Haas kommt mit ihrem Mann Wilhelm Haas 1943 in KZ Theresienstadt. Ihr Gatte stirbt dort am 14. September 1944. Sie selbst überlebt den Holocaust. Elise Haas ist eine Lyrikerin, von der fast siebzig Texte erhalten sind.
  • Henriette (17. Februar 1823 – 17. Februar 1823 in Trier).

Alle Geburten meldet Samuel Marx persönlich auf dem Standesamt an. Bei der Geburt von Caroline ist auch sein Bruder Heinrich als Zeuge der Geburtsanmeldung anwesend.

Leben

Wo Samuel Marx seine Ausbildung machte ist bisher noch unbekannt. Als sein Vater am 24. Oktober 1804 verstarb und auf dem jüdischen Friedhof in Trier von seiner Gemeinde beigesetzt worden war, erhielt sein Sohn Samuel das Amt des Oberrabbiners in Trier, das er bis zu seinem Tode innehatte. Er wohnte die ganze Zeit über mit seiner Familie in der Synagoge (Judenschul) in Trier in der Straße Weberbach 183.

Ein Höhepunkt in seinem Leben dürfte die Teilnahme an dem von Kaiser Napoleon I. einberufenen großen Sanhedrin (Hoher Rat) in Paris gewesen sein, der vom 9. Februar 1807 bis 23. Februar 1807 unter Vorsitz von David Sinzheim tagte. Die Beschlüsse des Sanhedrins wurden größtenteils von Napoleon gebilligt und führten zur wesentlichen bürgerlichen Gleichstellung der Juden im französischen Staat, auch wenn später einige Auflagen (Handelspatente, Zinsvorschriften, Diskriminierung der elsässischen und linksrheinischen Juden etc.) wieder eingeführt wurden.

Am 16. August 1807 veranstaltete die jüdische Gemeinde unter dem Vorsitz von Samuel Marx eine Feier zu Ehren von Napoleon. Samuel Marx rief „die Jugend der Israeliten“ auf. „daß sie Handwerk, den Ackerbau und die Wissenschaften erlernen sollten“. Am 4. Juli 1808 erklärte Samuel Marx gemäß Dekret vom 20. Juli 1808, für sich und seine Geschwister den Familiennamen „Marx“ anzunehmen.

Durch kaiserliches Dekret vom 13. April 1809 wurde er zum Großrabbiner und zum Vorsteher des Konsistoriums des Saar-, Wälder- und Sambre/Maas-Departements ernannt. Am 6. September des gleichen Jahres heiratete seine Mutter den Rabbiner der Hochdeutschen jüdischen Gemeinde von Amsterdam Moses Saul Löwenstamm. Am 10. August 1810 war er Trauzeuge mit seinem Bruder Heinrich Marx bei der Hochzeit seiner Schwester Esther Marx mit Gabriel Kosel in Trier.

Ende 1813 begleitete er seinen Bruder Cerf nach Paris, der dort das Uhrmacherhandwerk erlernen sollte. Am 4. August 1814 bestätigte Samuel Marx mit sieben weiteren Zeugen, dass sein Bruder Heinrich im April 1777 in Saarlouis geboren wurde. Am 3. Juni 1815, zum Ende der napoleonischen Herrschaft, erwartete die jüdische Gemeinschaft in Trier, allerdings vergeblich, die Gleichstellung der Juden, wie sie im Judenedikt von 1812 vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. versprochen worden war. An der Beerdigung auf dem Jüdischen Friedhof an der Weidegasse seines Neffen Mauritz David (1815–1819), der am 15. April 1819 starb, hat Samuel sicher teilgenommen. In den Jahren ab 1823 kümmerte sich Samuel insbesondere um die Einrichtung und Förderung des Schulwesens auch für jüdische Kinder. Am 13. Mai 1823 starb seine Mutter, die in Wasserbillig (Luxemburg) wohnte, bei einem Besuch in Trier. Am 27. Februar 1827 verstarb der Trierer Oberrabbiner Samuel Marx in Trier und wurde auf dem jüdischen Friedhof begraben. Samuel und seine Familie pflegten Kontakt zu seinem Bruder Heinrich Marx und dessen Familie, auch über seinen Tod hinaus.

Literatur

  • Collection des procés-verbaux et décisions du Grand Sanhédrin, convoqué à Paris, par ordre de sa majesté l´impereur et roi, dans le mois de février et mars 1807, poubli 130e par M. Diogène Tama. Paris 1807.
  • Aus finsteren Zeiten. In: Die Neue Welt. Beilage Vorwärts. Berlin 19. Jg. 1894, Nr. 18 und 19.
  • Bernhard Wachstein: Die Abstammung von Karl Marx. In: Festkrift i anledning af Professor David Simonsens 70-aarige Fodestag. Kobenhavn 1923, S. 278–289.
  • Eugen Lewin-Dorsch: Familie und Stammbaum von Karl Marx. In: Die Glocke. 9. Jg., 1923, S. 309 ff. und 340 ff.
  • H. Horowitz: Die Familie Lwów. In: Monatszeitschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums. 72. Jg., 1928, S. 487–499.
  • Bernhard Brilling: Beiträge zur Geschichte der Juden in Trier. In: Trierisches Jahrbuch 1958, Trier 1958, S. 46–50.
  • Heinz Monz: Karl Marx und Trier. Verhältnisse Beziehungen Einflüsse. Verlag Neu, Trier 1964.
  • Theresia Zimmer: Zur Geschichte der Juden am Beginn des 19. Jahrhunderts. In: Neues Trierisches Jahrbuch 1965, S. 103–108.
  • Erwin Schaaf, Die niedere Schule im Raum Trier-Saarbrücken von der späten Aufklärung bis zur Restauration. 1780–1825. Phil. Diss., Trier 1966.
  • Eugen Rapp: Epithaphen für Vorfahren von Karl Marx auf dem jüdischen Friedhof in Trier. In: Trierer Zeitschrift für Geschichte und Kunst des Trierer Landes und seiner Nachbargebiete. 1970, S. 175–182.
  • Adalbert Bauer: Karl Marx zum 150. Geburtstag. Kurzer Hinweis auf Vorfahren und Nachkommen. In: Genealogie. Deutsche Zeitschrift für Familienkunde. Bd. IX., 17./18. Jg., 1968/69, Neustadt a. d. Aisch 1968, S. 179–181.
  • Heinz Monz: Karl Marx. Grundlagen zu Leben und Werk. NCO-Verlag, Trier 1973, S. 214–238.
  • Monz, Heinz: Die jüdische Herkunft von Karl Marx. In: Jahrbuch des Instituts für Deutsche Geschichte. Band II. Tel Aviv 1973, 173–197.
  • Albert Rauch: Der „Große Sanhedrin“ zu Paris und sein Einfluß auf die jüdische Familie Marx in Trier. In: Richard Laufner, Albert Rausch: Die Familie Marx und die Trierer Judenschaft. Trier 1975. (= Schriften aus dem Karl-Marx-Haus. Heft 14)
  • Gero von Wilcke: Karl Marx' Trierer Verwandtenkreis. Zu seinem 100. Todestag. In: Genealogie. Deutsche Zeitschrift für Familienkunde. Heft 12/1983. Neustadt a. d. Aisch 1983, S. 761–782.
  • Isabell Laufner: 100 Jahre Straße Weberbach in Trier, 1785–1885. Anmerkungen zu ihrer Bau-, Religions- und Sozialgeschichte. In: Landeskundliche Vierteljahresblätter. 30, 1984, S. 95–107.
  • Juden in Trier. Katalog einer Ausstellung von Stadtarchiv und Stadtbibliothek Trier. März–November 1988 unter Mitwirkung von Horst Mühleisen und Bernhard Simon, bearb. von Reiner Nolden, Trier 1988. (= Ausstellungskataloge Trier Bibliotheken. Nr. 15),
  • Manfred Schöncke: Karl und Heinrich Marx und ihre Geschwister. Pahl-Rugenstein, Köln 1993, ISBN 3-89144-185-1, S. 19–97.
  • Heinz Monz: Marx, Samuel. In: Trierer Biographisches Lexikon. Gesamtbearbeitung: Heinz Monz. Verlag der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Koblenz 2000, ISBN 3-931014-49-5, S. 285.
  • Michael Brocke und Julius Carlebach (Herausgeber), bearbeitet von Carsten Lorenz Wilke: MARX, Samuel. In: Biographisches Handbuch der Rabbiner. Teil 1: Die Rabbiner der Emanzipationszeit in den deutschen, böhmischen und großpolnischen Ländern 1781–1871. K. G. Saur, München 2004, ISBN 3-598-24871-7, S. 647 f.
  • Willi Körtels: Elise Haas. Eine Lyrikerin aus Trier. Förderverein Synagoge Könen; Konz 2008. (aktualisierte Ausgabe. Eigenverlag, Konz 2018).

Einzelnachweise

  1. Der Orden Brie Briss, Mitteilungen der Großloge für Deutschland VIII U.C.B.B. (= United Order B’nai B’rith). Sammelbl. jüd. Wiss. 167.
  2. Epidat: Jüdischer Friedhof Trier.
  3. Manfred Schöncke: Eine unerwartete Erbschaft. In: Jahrbuch des IMSF. 12. Internationale Marx-Engels-Forschung, Frankfurt/M. 1987, S. 181 ff.
  4. Leonhard Aloys Joseph Nellessen: Die Taufe einer Juden-Familie am Vorabende des heiligen Pfingstfestes 1831 in der Hauptpfarrkirche, zum heil. Nicolaus in Aachen. Verlag der Cremer'schen Buchhandlung 1831.
  5. Grab auf dem Ratbeil Friedhof in Frankfurt.
  6. Eugen Rapp: Epithaphien für Vorfahren von Karl Marx auf dem jüdischen Friedhof in Trier.
  7. In seinem Reisepass vom 13. Dezember 1813 wird Samuel Marx beschrieben: „Größe 168 cm, schwarze Haare, braune Augen, Bart.“
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