Samuel Dickson Selvon (* 20. Mai 1923 in San Fernando; † 14. April 1994 in Port of Spain) war ein Schriftsteller, Essayist und Journalist aus Trinidad und Tobago, der in Großbritannien und Kanada wirkte. Sein berühmtestes Werk ist der in kreolisiertem Englisch geschriebene Roman The Lonely Londoners (1956).

Leben und Schaffen

Samuel Dickson Selvon wurde 1923 auf Trinidad geboren. Sein Großvater väterlicherseits stammte aus dem südindischen Madras, sein Großvater mütterlicherseits aus Schottland. Seine Schulausbildung am Naparima College in San Fernando beendete er 1938. Von 1940 bis 1945 leistete er seinen Militärdienst bei der Royal Naval Reserve, als Funker für die in der Karibik patrouillierenden Schiffe der Royal Navy.

Ab 1946 arbeitete er als Reporter und Literaturlektor beim Trinidad Guardian. In dieser Zeit begann er Kurzgeschichten zu schreiben, die unter den Pseudonymen Michael Wentworth, Esses, Ack-Ack und Big Buffer u. a. im westindischen Literaturmagazin Bim erschienen. 1947 heiratete er Draupadi Persuad.

1950 ging Selvon nach London, wo er in einem Immigrantenheim, später in einer Kellerwohnung in Notting Hill lebte und als Büroangestellter für die indische Botschaft arbeitete. In dieser Zeit begann er, mit kritischem Blick über das Immigrantenleben zu schreiben. Seine Gedichte und Kurzgeschichten erschienen u. a. im London Magazine, New Statesman und The Nation. 1952 erschien sein Debütroman A Brighter Sun, gefolgt von zahlreichen weiteren Romanen – darunter sein bekanntester: The Lonely Londoners (1956). 1963 heiratete er Althea Nesta Daroux.

Selvon wandelte mehrere seiner Prosawerke in Hörspiele um, die von der BBC im Programm Caribbean Voices gesendet wurden. Für die BBC schrieb er zudem zwei TV-Drehbücher Anansi the Spiderman (1974) und Home Sweet India (1976). Mit dem ebenfalls von Trinidad stammenden Regisseur Horace Ové schrieb er das Drehbuch zu dem Spielfilm Pressure (1976).

Seit 1978 lebte Selvon in der kanadischen Prärieprovinz Alberta, wo er u. a. Moses Migrating (1983) veröffentlichte, jedoch kaum von der Kritik wahrgenommen wurde. Er unterrichtete Kreatives Schreiben an der University of Victoria und war writer-in-residence an der University of Calgary. 1994 verstarb er auf einer Reise nach Trinidad.

Bedeutung

Selvon führte das Kreol als Erzähl- und Dialogsprache in die anglophone Literatur ein und machte es zu einem Darstellungsmittel karibischer Identität. Damit hatte er maßgeblichen Einfluss auf Autoren mit Migrationshintergrund in Großbritannien.

Ehrungen

Sein Werk wurde zweifach mit dem Guggenheim Fellowship gefördert sowie mit der Hummingbird Medal (1969) und der Chaconia Medal (1994) geehrt. Er erhielt die Ehrendoktorwürde der University of the West Indies und der University of Warwick. 2012 wurde Selvon posthum mit dem NALIS Lifetime Literary Award für seine Verdienste um die Literatur von Trinidad und Tobago ausgezeichnet.

Werke (Auswahl)

Romane und Kurzgeschichten
  • A Brighter Sun. 1952.
    • dt.: Eine hellere Sonne. Roman. Aus dem Englischen von Miriam Mandelkow. dtv, München 2019, ISBN 978-3-423-28192-8.
  • An Island is a World. 1955.
  • The Lonely Londoners. 1956.
    • dt.: Die Taugenichtse. Roman. Aus dem Englischen von Miriam Mandelkow. Mit einem Nachwort von Sigrid Löffler. dtv, München 2017, ISBN 978-3-423-28117-1.
  • Ways of Sunlight. 1957.
  • Turn Again Tiger. 1959.
    • dt.: Kehr um, Tiger: Ein Roman aus Trinidad. Aus dem Englischen von Curt Meyer-Clason. Brockhaus, Wiesbaden 1960.
  • I Hear Thunder. 1963.
  • The Housing Lark. 1965.
  • The Plains of Caroni. 1970.
  • Those Who Eat the Cascadura. 1972.
  • Moses Ascending. 1975.
  • Moses Migrating. 1983.
Hörspiele
  • Eldorado West One. 1989.
  • Highway in the Sun and Other Plays. 1991.
Drehbücher
  • Anansi the Spiderman. 1974.
  • Home Sweet India. 1976.
  • mit Horace Ové: Pressure. 1976.

Literatur (Auswahl)

  • Kathie Birat: Seeking Sam Selvon: Michel Fabre and the Fiction of the Caribbean. In: Transatlantica. 1/2009. (online)
  • Curdella Forbes: From Nation to Diaspora: Sam Selvon, George Lamming and the Cultural Performance of Gender. University of West Indies Press, Mona 2005, ISBN 976-640-171-3.
  • Roydon Salick: The Novels of Samuel Selvon: A Critical Study. Greenwood Press, 2001, ISBN 0-313-31636-8.
  • Mark S. Looker: Atlantic Passages: History, community, and language in the fiction of Sam Selvon. Peter Lang, New York 1996, ISBN 0-8204-2836-1.
  • Austin Clarke: Passage Back Home: a personal reminiscence of Samuel Selvon. Exile Editions, Toronto 1994, ISBN 1-55096-060-1.
  • Margaret Paul Joseph: Caliban in Exile: The Outsider in Caribbean Fiction. Greenwood Press, 1992, ISBN 0-313-28107-6.
  • Clement H. Wyke: Sam Selvon's Dialectical Style and Fictional Strategy. University of British Columbia, Vancouver 1991, ISBN 0-7748-0364-9.
  • Susheila Nasta (Hrsg.): Critical Perspectives on Sam Selvon. Three Continents Press, Washington 1988, ISBN 0-89410-238-9.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 Sam Selvon auf: peepaltreepress.com, abgerufen am 8. August 2015 (englisch).
  2. 1 2 3 4 Louis James, Obituary: Sam Selvon auf: www.independent.co.uk, abgerufen am 8. August 2015 (englisch).
  3. The Caribbean Hall of Fame, Samuel Selvon auf: caribbean.halloffame.tripod.com, abgerufen am 8. August 2015 (englisch).
  4. 1 2 Samuel Selvon: An Inventory of His Papers at the Harry Ransom Humanities Research Center auf: norman.hrc.utexas.edu, abgerufen am 8. August 2015 (englisch).
  5. Encyclopædia Britannica, Samuel Selvon auf: britannica.com, abgerufen am 8. August 2015 (englisch).
  6. 1 2 Samuel Selvon auf: bestoftrinidad.com, abgerufen am 8. August 2015 (englisch).
  7. 1 2 3 NALIS.gov.tt: Sam Selvon. Abgerufen am 19. August 2020.
  8. Alison Donnell (Hrsg.): Companion to Contemporary Black British Culture. Routledge, London 2002, ISBN 0-415-16989-5. (englisch)
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