Das Schaffgotsch-Palais (polnisch Pałac Schaffgotschów Cieplice Śląskie-Zdrój), auch Schaffgotsches Palais und Schloss Warmbrunn genannt, im polnischen Cieplice Śląskie-Zdrój (Bad Warmbrunn), einem Stadtteil von Jelenia Góra (Hirschberg), ist ein frühklassizistischer Schlossbau mit einem ausgedehnten Schloss- und Kurpark.

Geschichte

Der heutige Schlossbau wurde in den Jahren 1784–88 errichtet, die Ausgestaltung zog sich länger hin. Baumeister war Johann George Rudolf (1725–1799) aus Oppeln, der unter anderem auch für das Stift Grüssau arbeitete, Bauherr Graf Johann Nepomuk Schaffgotsch.

Warmbrunn erscheint 1281 erstmals in einer Urkunde, als Herzog Bernhard von Jauer und Löwenberg den Johannitern aus Striegau Grund und Boden an der „warmen Quelle“ schenkt. Das Patrozinium der katholischen Pfarrkirche (hl. Johannes der Täufer) erinnert bis heute daran. Hundert Jahre später kaufte Gotsche II. Schoff, dessen Vater in den Besitz der Burg Kynast gekommen war, das Dorf „mit allen Zugehörungen… fürstlichen Rechten und Gerichten“.

Ein Schloss in Warmbrunn wird erstmals 1687 anlässlich eines Badeaufenthaltes der Königin Maria Kasimira von Polen, der Gemahlin Jans III. Sobieski, erwähnt. Dieser Bau war zwischen 1550 und 1600 entstanden und ähnelte vermutlich dem heute noch erhaltenen Schloss Schwarzbach (Czarne), erbaut 1559. In beiden Fällen waren Vertreter der Familie Schaffgotsch, die sich bis zum 16. Jahrhundert weit verzweigt hatte, die Bauherren.

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde dieses Schloss die zentrale Residenz der schlesischen Hauptlinie der Grafen Schaffgotsch, und zwar wohl schon vor dem Brand des Kynast 1675. Der Vergleich zwischen der engen und schwer zugänglichen Burg und dem Schlosse an der wenige Schritte entfernten Thermalquelle legt das zumindest nahe, und die Reihenfolge der Rückgabe der Güter nach der Katastrophe des Freiherrn Hans Ulrich 1635 (1638 Greiffenstein, 1649 Kynast) scheint die Nachricht, der Kynast sei gewöhnlicher Wohnsitz der Familie gewesen, nicht zu unterstützen. 1720 ließ Graf Hans Anton Schaffgotsch 50 m östlich des „Alten Schlosses“ einen später „Stiegenhaus“ genannten Bau aufführen, um Familie und Gästen mehr Raum zu bieten. Sein Sohn Carl Gotthard gab 1773 einen Umbau dieses Gebäudes in Auftrag, der einem Neubau nahekam.

Das Renaissanceschloss brannte am 27. Oktober 1777 um 10 Uhr abends infolge Blitzschlags samt den nahegelegenen Wirtschaftsgebäuden vollständig ab. Der 80-jährige Graf Carl Gotthard und sein Sohn Johann Nepomuk entschlossen sich, da das ‚Stiegenhaus‘ von dem „famosen Baumeister“ „so ungeschickt gebaut und alles so unvernünftig gemacht“ war, beide alten Bauten durch einen einzigen neuen zu ersetzen. Graf Carl erlebte das Ende der langwierigen Planungen nicht, die sein Sohn mit der Erbauung des heute bestehenden Schlosses verwirklichte, das bis 1945 Sitz der Hauptlinie der schlesischen Schaffgotsch blieb.

Im Schlossgarten und dem anschließenden Kurpark entstanden nach und nach weitere Bauwerke. Südlich des Schlosses ließ noch Graf Johann Nepomuk zwischen 1797 und 1800 von Carl Gottfried Geisler (der gleichzeitig das Schloss Milicz (Militsch) baute) ein klassizistisches Gesellschaftshaus, die „Galerie“, für den Kurbetrieb errichten. Unter Graf Leopold Gotthard folgten um 1820 Orangerie und Gewächshäuser, mit Carl Anton Mallickh als Baumeister. 1836 ließ Graf Leopold Christian durch den Schinkel-Schüler Albert Tollberg ein klassizistisches Theater erbauen. 1906 ergänzte man die Kuranlagen durch den Volkspark, in dem ein norwegisches Blockhaus aufgestellt wurde.

Nach Eingliederung der Region in die Volksrepublik Polen wurde das Schloss zunächst als Lazarett genutzt. Mobiliar und Sammlungen der Schaffgotsch wurden abtransportiert oder zerstört. Ab 1946 diente es als Erholungsheim des Staatsrats, seit 1975 beherbergt es eine Außenstelle der Technischen Universität Breslau.

Heutiger Zustand

Das Schloss ist heute restauriert und im Inneren mit Mobiliar aus anderen schlesischen Schlössern versehen worden. Schloss- und Kurpark bilden ein gemeinsames Ensemble. Das norwegische Blockhaus beherbergt ein Naturkundemuseum.

Bauwerk

Der heutige Bau bezieht teilweise Grundmauern zweier Vorgängerbauten ein, über die wir nur ansatzweise unterrichtet sind.

Vorgängerbauten

Für das 1777 abgebrannte Renaissanceschloss des 16. Jahrhunderts ergibt sich aus den in die Pläne zum Neubau von 1784 eingezeichneten Grundmauern, dass es ein Geviert von 58 Ellen (36,7 m) im Quadrat um einen Innenhof ohne Arkaden war. Alte Stadtansichten zeigen ein zweigeschossiges Gebäude mit einfachem Satteldach und Treppengiebeln, die an eine Miniaturausgabe des Schlosses Oels (von den Herzögen von Münsterberg zwischen 1558 und 1617 in die jetzige Form gebracht) denken lassen. Auf seinen Fundamenten steht die Nordwestecke des heutigen Schlosses.

Baumeister des 1720 errichteten „Stiegenhauses“ war vermutlich Elias Scholtz. Den Auftrag zum Umbau von 1773 erhielten der Hirschberger Maurermeister Christian Seidel und der Stadtzimmermeister Wilhelm Predow. Das zweigeschossige Haus hatte einen rechteckigen Grundriss von 58 mal 32 Ellen (36,7 mal 21,3 m), 9 Fensterachsen längs und 4 quer. Die drei mittleren Fensterachsen der Längsfront waren mit dem Portal gruppenartig zusammengeschlossen und von einem Giebel bekrönt, der in den unteren Teil des gebrochenen Walmdaches hineinragte.

Das Palais

Das dreigeschossige Schloss erhebt sich über einem hufeisenförmigen Grundriss, der sich nach Süden zum Park hin öffnet. Die Stadtfront misst 82 m mit 21 Fensterachsen, die Seitenflügel zählen je 7 Fensterachsen bei 30 m Länge. Die Hauptfassade wird durch zwei schwach vorspringende, dreiachsige Risalite mit Toreinfahrten gegliedert. Deren Fenster sind jeweils im obersten Geschoss oval ausgebildet, ihre Pilaster tragen Balustraden mit Vasen und in den aufgebogenen Mittelfeldern das Wappen der Schaffgotsch. Abgesehen von sparsamen Ornamenten an den Fenstereinfassungen ist die Fassadenfläche dazwischen schmucklos und ungegliedert. Das hohe, gewalmte Satteldach wird von einer Reihe geschweifter Gaffern und 8 derben Schornsteinen aufgelockert. Das Äußere des Gebäudes erfuhr nur eine Änderung. Auf der Gartenseite wurde 1838 im Mittelteil über 6 Achsen Breite ein im Erdgeschoss verglaster Altan angebaut.

Das Innere atmet die gleiche, großzügige Nüchternheit. Durch die Mitte des ganzen Baus zieht sich in allen Geschossen dem Grundriss folgend ein langer Gang, der sämtliche Zimmer erschließt und sich nur hinter den Risaliten als Treppenpodest hallenartig zur Gartenseite hin erweitert. Hinter dem westlichen Risalit liegt straßenseitig der 1809 im Empirestil ausgestaltete, zweigeschossige Festsaal, dessen feine Stuckornamente zwischen wuchtigen Pilastern die Hauptwirtschaftszweige des Riesengebirges darstellen. Die Schlosskapelle wechselte zweimal ihren Platz und war zuletzt im 2. Stock über dem Ostportal nach Norden gelegen. Das Altarbild kam aus der 1799 zerstörten Kapelle der Burg Greiffenstein hierher und zeigte Christus am Kreuz.

Zur Ausstattung gehörte bis 1945 auch eine Porträtsammlung, die mit über 180 Bildnissen zu den größten ihrer Art in Schlesien zählte. Sie enthielt vor allem Bilder Angehöriger der Besitzerfamilie und ihrer Verwandten, zeigte aber auch Vertreter von Herrscherhäusern, vor allem der schlesischen Piasten, der Habsburger, Hohenzollern und Wettiner. Thematischer Höhepunkt der Galerie war die östliche Halle mit sechs lebensgroßen Piastenportraits. Ein Teil der Bilder befindet sich heute im Nationalmuseum Breslau, einzelne im Nationalmuseum Warschau. Die weitaus meisten sind verschollen.

Von den baulichen Moden des 19. Jahrhunderts wurde das Schloss in seiner Substanz nicht angegriffen, wenn wir vom Anbau des Altans und einem größeren Innenausbau 1865–66 absehen. Der letztere wurde vom letzten Standesherren, Graf Friedrich, teilweise rückgängig gemacht, sodass das Schloss in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als eines der besterhaltenen und gepflegtesten Kunstdenkmäler des ausgehenden 18. Jahrhunderts in Schlesien angesehen werden konnte.

Südlich des Schlosses bestand ein barocker Schlossgarten, der 1819 zum englischen Landschaftsgarten umgestaltet wurde.

Literatur

  • Günther Grundmann: Schlesische Architekten im Dienste der Herrschaft Schaffgotsch und der Propstei Warmbrunn, Veröffentlichung aus dem Graf Schaffgotschen Archiv. In: Studien zur Deutschen Kunstgeschichte. Heft 274. J. H. Ed. Heitz, Strassburg 1904, S. 214 Seiten und 60 Tafeln.
  • Arne Franke (Hrsg.): Kleine Kulturgeschichte der schlesischen Schlösser. Band 1. Bergstadtverlag Wilhelm Gottlieb Korn, 2015, S. 177178.
  • Heinrich Nentwig: Schoff II. Gotsch genannt, Fundator. In: Mitteilungen aus dem Reichsgräflich Schaffgotsch'schen Archive. III. Heft. Max Leipelt, Warmbrunn 1904.
  • Johannes Kaufmann: Die Erhaltung der Schaffgotschischen Stammgüter durch Fideicommisse. In: Hausgeschichte und Diplomatarium der Reichs-Semperfreien und Grafen Schaffgotsch. Zweiter Band, Besitzgeschichte, Zweiter Teil. Leipzig-Bad Warmbrunn 1925.
  • K. A. Müller: Die Burgfesten und Ritterschlösser Schlesiens (beider Antheile), so wie der Grafschaft Glatz,. In: Vaterländische Bilder in einer Geschichte und Beschreibung der alten Burgfesten und Ritterschlösser Preussens. Erster Theil. Carl Flemming, Glogau 1937.
  • Magdalena Palica: Die Portraitgalerie im Warmbrunner Palais Schaffgotsch. In: Joachim Bahlcke, Ulrich Schmilewski, Thomas Wünsch (Hrsg.): Das Haus Schaffgotsch, Konfession, Politik und Gedächtnis eines schlesischen Adelsgeschlechts vom Mittelalter bis zur Moderne. Bergstadtverlag Wilhelm Gottlieb Korn, Würzburg 2010, ISBN 978-3-87057-297-6, S. 317328.
Commons: Schaffgotsch-Palais Bad Warmbrunn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Heinrich Nentwig, Schoff II. Gotsch genannt, Fundator, Warmbrunn 1904, S. 12.
  2. Günther Grundmann, Schlesische Architekten im Dienste der Herrschaft Schaffgotsch und der Propstei Warmbrunn, Studien zur Deutschen Kunstgeschichte, Strassburg 1930, S. 83.
  3. Grundmann, S. 83f.
  4. Vgl. Johannes Gotthelf Luge, Chronik der Stadt Greiffenberg in Schlesien, Greiffenberg 1861, S. 41.
  5. Vgl. Johannes Kaufmann, Die Erhaltung der Schaffgotschischen Stammgüter durch Fideicommisse, Hausgeschichte und Diplomatarium der Reichs-Semperfreien und Grafen Schaffgotsch, Zweiter Band: Besitzgeschichte, Zweiter Teil. Leipzig - Bad Warmbrunn, 1925, S. 38.
  6. Grundmann, S. 84f.
  7. Graf Carl Gotthard in einem Brief, zit. n. Grundmann, S. 85.
  8. Vgl. Grundmann, S. 142–153.
  9. Vgl. Grundmann, 154 ff.
  10. Vgl. Grundmann, 166 ff.
  11. Vgl. https://polska-org.pl/8179659,foto.html?idEntity=529893.
  12. Grundmann, S. 83f.
  13. Grundmann, S. 85 und https://polska-org.pl/6047676,foto.html bzw. https://polska-org.pl/772498,foto.html?idEntity=529893.
  14. Vgl. Grundmann, S. 98f.
  15. Vgl. Grundmann, S. 115f.
  16. Vgl. Magdalena Palica, Die Portraitgalerie im Warmbrunner Palais Schaffgotsch, in: Joachim Bahlcke, Ulrich Schmilewski, Thomas Wünsch (Hrsg.), Das Haus Schaffgotsch, Konfession, Politik und Gedächtnis eines schlesischen Adelsgeschlechts vom Mittelalter bis zur Moderne, Würzburg 2010, S. 317, 321, 328.
  17. Vgl. Grundmann 116.
  18. Vgl. Franke 178.

Koordinaten: 50° 51′ 54″ N, 15° 40′ 55″ O

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