Schland [ˈʃlant] ist ein humoresk konnotiertes Kunstwort und sprachlich eine Abkürzung von Deutschland. Es bezeichnet die überschwängliche Feierlaune im öffentlichen Raum zu Zeiten großer internationaler Fußballturniere.

Entstehung

Der Begriff Schland wurde erstmals durch den Künstler Knut Kargel in seinen satirisch-kritischen Fotocollagen „Kohl and the Gang“ (1988) und „Schland“ (1990) verwendet.

Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Schland 2002, als Stefan Raab in seiner Fernsehsendung TV total den Begriff erstmals als verballhornten Fangesang propagierte. Bundesweite Bekanntheit erlangte Schland vier Jahre später zur darauf folgenden Fußball-WM; laut Max Lazarus im Stern tauchte „das Kunstwort Schland erstmals während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 als mehrfache Einblendung in TV total auf und ist seither auch geschütztes Markenzeichen.“ Als Begründung für die aufkommende Popularität des Kunstwortes fügte Nina Anika Klotz im Magazin The European an: „Dieses Wort, ‚Schlaaand‘ mit Tripel-A mindestens, geht so schön schmelzig ins Ohr und macht automatisch schmunzelnd. Schlaaand ist echt süüüß.“

Schland o Schland von Uwu Lena, eine Coverversion von Satellite, war ein bekanntes Lied zur Fußball-Weltmeisterschaft 2010.

Verwendung

Inzwischen beschreibt Schland eine durch Fußballbegeisterung ausgelöste Stimmung zwischen enthemmter Feierlaune und unpolitischem Patriotismus.

Daneben hat der Begriff auch schon Verwendung gefunden bei der Beschreibung von Peinlichkeiten von B-Prominenz, dem Outfit der Altkanzlerin Angela Merkel („Schlandkette“ und „Schlandtasche“) oder der Marketinggestaltung in den Farben der deutschen Flagge von Verkaufsverpackungen („verschlandete Produkte“).

Das Mannheimer Institut für Deutsche Sprache (IDS) nahm das Kunstwort Anfang August 2014 in das Nachschlagewerk Neuer Wortschatz auf und definierte es wie folgt: „Deutschland als Land, dessen Bewohner ihre Fußballnationalmannschaft in einer Welt- oder Europameisterschaft feiern.“ Schland gehört zur linguistischen Häufigkeitsklasse 16.

Kurioserweise wird in der Redeschrift der Deutschen Einheitskurzschrift (DEK) die Stammsilbe „deutsch“ tatsächlich mit dem Zeichen für sch abgekürzt, woraus sich in Stenoschreibweise für „Deutschland“ die Zeichenfolge schland ergibt.

Gesellschaftliches Phänomen

Jürgen Mittag, Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln, versteht unter Schland eine „als Partyerlebnis gelebte Deutschland-Atmosphäre“. Sichtbarer Ausdruck dieser Atmosphäre ist für gemeinhin ein öffentlich gezeigter, eher spielerischer Umgang mit der Flagge Deutschlands und deren Farben Schwarz-Rot-Gold. Nach Arne Lichtenberg malen sich Menschen „schwarz-rot-goldene Flaggen ins Gesicht, singen die Nationalhymne, schmücken „Wohnungen, Häuser und Autos“ mit deutschen Fahnen und „pilgern in Fangruppen zum Public Viewing. Lichtenberg beschreibt Schland als eine „kollektive Nationaleuphorie bei Fußball-Großereignissen“.

Michael Ebmeyer schreibt in der Tageszeitung Die Welt, dass das „Flaggenmeer“ 2006 ausgebrochen sei und das „Spektakel“ sich „bei allen folgenden Länderspielturnieren mit deutscher Beteiligung“ wiederhole, dabei habe sich „Schwarz-Rot-Gold“ als „mehr oder weniger expliziter Dresscode beim Public Viewing“ etabliert.

Laut Friedrich Teuffel im Tagesspiegel war „schon mal mehr los im Schland“, da eine Fußballweltmeisterschaft in „solcher Regelmäßigkeit“ stattfinde, dass „sie kein Ausnahmezustand mehr ist“.

Markenrecht

Seit dem 18. November 2005 ist Schland als Wortmarke beim Deutschen Patentamt geschützt, die Rechte daran hält Stefan Raabs Produktionsfirma Raab TV GmbH, an der die Dachorganisation Brainpool seit 2008 zu 50 Prozent beteiligt ist. Die Raab TV GmbH vertreibt verschiedene mit dem Markennamen „Schland“ versehene Merchandisingprodukte.

Verwandte Begriffe

Eine mit dem heutigen Wortgebrauch vergleichbare Wortschöpfung ist Ingerland als scherzhafte Landesbezeichnung in englischen Fußballgesängen. Mit dem ursprünglich satirischen Sinn vergleichbar sind die Bezeichnungen ’murica für die USA und ’straya für Australien, bei denen ebenfalls jeweils die erste Wortsilbe fehlt. Allerdings handelt es sich bei den beiden Begriffen jeweils um eine Elision der unbetonten ersten Silbe sowie einer umgangssprachlich veränderten Aussprache der übrigen Silben, im Gegensatz zu Schland, welches die unbetonte zweite Wortsilbe ohne Lautwandel bewahrt.

Wiktionary: Schland – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

  • Michael Ebmeyer: Das Spiel mit Schwarz-Rot-Gold. Kein & Aber Verlag, Zürich 2014, ISBN 978-3-0369-5697-8.
  • Dagmar Schediwy: Ganz entspannt in Schwarz-Rot-Gold? – Der Neue deutsche Fußballpatriotismus aus sozialpsychologischer Perspektive. Lit Verlag, 2012, ISBN 978-3-643-11635-2.

Einzelnachweise

  1. «Schland»: Ein Fall für die Sprachforschung – Von der Fanmeile ins Wörterbuch? In: Neue Zürcher Zeitung. 10. Juli 2014, abgerufen am 6. Mai 2021.
  2. Austria Presse Agentur: «Schland» – bald ein Begriff in Nachschlagewerken. In: Die Presse. 11. Juli 2014, abgerufen am 25. Juli 2014.
  3. Schland. In: Neologismenwörterbuch des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache. Abgerufen am 15. Juli 2023.
  4. Knut Kargel: Kohl and the Gang, Fotocollage, 1988, Archiv-Nr. 671. Abgerufen am 15. Juli 2023.
  5. Knut Kargel: Schland, Lithografie, 1990, Archiv-Nr. 983. Abgerufen am 15. Juli 2023.
  6. Max Lazarus: Wo kommt die Bezeichnung „Schland“ her? In: Stern. 17. Juni 2014, abgerufen am 6. Juli 2014.
  7. Nina Anika Klotz: Schlaaand ist so süüüß. In: The European. 13. Juli 2010, abgerufen am 24. Juli 2014.
  8. „Schland!“ – Hasselhoff für deutschen WM-Sieg. In: Die Welt. 13. Juli 2014, abgerufen am 26. Juli 2014.
  9. sba: Merkel trägt „Schlandtasche“. In: n-tv. 14. Juli 2014, abgerufen am 22. Juli 2014.
  10. Michael Ebmeyer: Sanfte Posterboys trotzen den Berserkertruppen von einst. In: Berliner Morgenpost. 16. Juli 2014, abgerufen am 25. Juli 2014.
  11. Deutsche Presse-Agentur: „Schland“ in Nachschlagewerk aufgenommen. In: Rheinische Post. 5. August 2014, abgerufen am 15. Februar 2015.
  12. Wortschatz (Memento des Originals vom 13. September 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. der Universität Leipzig.
  13. 1 2 3 Arne Lichtenberg: Ich finde gut, dass ich nicht mehr der Einzige bin mit einer Flagge am Auto. In: Deutsche Welle. 12. Oktober 2012, abgerufen am 6. Juli 2014.
  14. Michael Ebmeyer: Noch ist Schland nicht verloren. In: Die Welt. 14. April 2014, abgerufen am 6. Juli 2014.
  15. Friedhard Teuffel: Diese Nationalmannschaft passt zu Deutschland. In: Der Tagesspiegel. 6. Juli 2014, abgerufen am 12. Juli 2014.
  16. Rainer Leurs: Fußball-Sprachgeschichte: Wie Deutschland das „Schland“ entdeckte. In: Spiegel Online. 4. Juli 2014, abgerufen am 6. Mai 2021.
  17. Registerauskunft. In: Deutsches Patent- und Markenamt. 18. November 2005, abgerufen am 6. Juli 2014.
  18. Lorenz Bockisch: Schland: Fünf Antworten eines Fanschal-Verkäufers. (Nicht mehr online verfügbar.) In: fudder.de. 14. Mai 2010, archiviert vom Original am 16. April 2016; abgerufen am 3. Juli 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
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